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geschlossen werden, und dieDeutsche Tageszeitung', die vorher eben den Socialdemokraten ihre Unfähigkeit bescheinigt hat. bemerkt dazu: Diese Ausführungen verdienen entschieden Beachtung. Die jetzt vielfach üblichen Redeturniere zwischen Ordnungsparteien und Socialdemokraten halten auch wir für vollkommen zwecklos und die Aufklärung der Wähler wird durch dieselben kaum befördert. Die Freisinnigen, die das hier empfohlene Verfahren schon viel- fach anwenden, werden danach in arge Verlegenheit geraten: sollen sie die Socialdemokraten zu ihren Versammlungen zulassen, weil diese ja über keine Redner von Bedeutung verfügen und sich überall gründlich blamieren, oder sollen sie sie ausschliefen, weil deren Redner in schneidiger pikairter Weise und dabei nach Berliner Parole in parlamentarischen Formen kämpfen und die Gemüter gefangen nehmen? Für Marburg ist noch kurz vor Thoresschlutz von antisemitischer Seite an Stelle des Abg. B ö ck e l der frühere Abg. Oswald Zimmermann - Dresden als Kandidat aufgestellt worden. poUtiscde CJeberficbt. Berlin , den 26. Mai. Hüsscncr. Zu vker Fahren Gefängnis ist der Seekadett Hüssener verurteilt worden, der in Essen in Ausübung seiner harten, harten Soldaten- Pflicht einen Soldaten erstach. Der Prozeh stand unter dem Zeichen, dah, um das System des Militarismus zu retten, der erregten öffentlichen Meinung eine Konzession gemacht und der ganze Fall zu einer Ausnahme- Erscheinung abgeschwächt werden muhte. Auherdem war der Er- stochene ein guter Bürgerssohn, nicht etwa ein socialdemokratischer Proletarier. Die Verurteilung war nur möglich, indem man Hüssener eine instruktionswidrige Handlung vorwarf. Der Angeklagte und sein Verteidiger haben sehr eifrig betont, dah die That lediglich in Ausübung militärischer Schneidigkeit geschehen sei, während der Ankläger sowie das Gericht und die als Zeugen vernommenen militärischen Vorgesetzten das nicht gelten lassen wollien. Trotzdem haben wir den lebhaften Eindruck, dah der verurteilte Hüssener nur gethan hat, was er in den Jnstruktionsstunden gelernt hat: das, was die militärische Kaste als Wahrung der Ehre und schneidiges Verhalten empfindet. Wenn der Offizier die Waffe zieht, muh Blut fliehen das scheint uns, ist eine all- gemeine militärische Anschauung und nicht nur die Einbildung eines unreifen eitlen Burschen. Aber ob instrnktionsmähig oder ob instruktionswidrig unter allen Umständen ist die Verurteilung Hüsseners zugleich die schwerste Belastung der verantwortlichen Marinebehörde. Es ist vor Gericht festgestellt worden, dah Hüssener in seinem Prüfungszeugnis und von seinen Vorgesetzten als ein unbegabter, stark aufgeregter Mensch gekennzeichnet worden ist, der zum Vorgesetzten nichts tauge. Dennoch wurde er im Dienst belassen, dennoch stattete man ihn mit all den ungeheuren Machtvollkommenheiten aus, die einem militäri- schen Vorgesetzten gewährt sind, der ohne Urteil und Gerichtsverfahren auf der Stelle sich als Richter und Rechtsvollstrecker auswerfen kann. So hat der unbegabte, aufgeregte, zum Vorgesetzten ungeeignete junge Mann eben so gut gehandelt und so gut getötet wie er es verstand. Hüssener ist verurteilt. Schuldig aber ist das militärische System und schuldig find insbesondere die für seine Dienstbelassung Ver- untwortlichen. Sie sind die in jedem Sinne und voller Bedeutung Hastpflichtigen des Totschlags. Militärische Wahlrcchtsderaubung". Aus Stettin wird uns gemeldet: Heute, am Dienstag, den 26. Mai, haben die hiesigen Reser- visten eine Zustellung erhalten, wonach sie sich nicht am 8. Juni, sondern erst am 1. Juli zur Reserve-Uebung zu stellen haben. Unsre Beschwerde hat also erfreulichen Erfolg gehabt. Wie steht eS aber nun mit den andren von uns erwähnten Fällen militäri- scher Wahlrechtsberaubung?_ 25 000 Wurm kranke. Mit der in Arbeiterangelegenheiten bekannten Nachlässigkeit be- schäftigten Reichstag und Abgeordnetenhaus sich mit der gefahr- drohenden Wurmkrankheit im Ruhrrevier. Natürlich hatte die Arbeiterpresse fürchterlich übertrieben aus politischen Gründen, wie die Vertreter des Kapitals aus nationalliberalen und ultra- montanen Kreisen behaupteten. Der Reichstag lehnte die Forderung auf Hergabe von Mitteln zur Bekämpfung der Seuche ab. Die in Aussicht gestellte Konferenz in Berlin sollte volle Aufklärung über die Krankheit und deren Gefahren bringen. So hiefi es. Die Konferenz hat stattgefnnden. Aber das Endresultat ist fast gleich Null. Die Vertreter der Werksbcsitzer erklärten, man sei über die bestehenden Vorschriften vielfach noch hinausgegangen und so wurden denn auch alle Anwäge, welche eine energischere Bekämpftmg der Krankheit bezweckten, ab- gelehnt. Unter anderm wurde gesagt, es fehle noch an einer aus- reichenden Statistik über den Umfang der Erkrankungen. Trotzdem sagte der Minister Möller am Schlüsse der Verhandlungen: es sei wohl selten in so energischer und zielbewußter Weise der Kampf gegen eine neue Krankheit aufgenomnien worden, wie dies bei der Wurmkrankheit in Westfalen geschehen sei... Das war am 4. April IvOZ. Bereits im Jahre 1897 hat der Knappschasts-Oberarzt Dr. Tenholt eine Abhandlung über die Wurm- krankhcit herausgegeben, in welcher auf die Gefahr der Weiter- Verbreitung der Krankheit nachdrücklichst hingewiesen wird. Und seit dieser Zeit hat der Arzt jedes Jahr seine Warnungen wiederholt. Herr Minister Möller bekämpft trotzdem eine neue Krankhcit! Und während man auf der Konferenz in Berlin die geforderten Matznahmen ablehnte, war in eingeweihten Kreisen bereits bekannt, daß im Ruhrrevier mindestens schon 20000 Bergarbeiter von der Krankheit befallen waren, so berichtete unterm 22. März dem Oberschlesischen Knappschaftsverein dessen Vereins- arzt, der einer Besprechung der Kommission zur Bekämpfung der Wurmkrankheit beigewohnt hatte.-- Aber heute ist man wotz alledem noch nicht aus dem Stadium der Untersuchungen heraus, obwohl bereits vor Monaten erklärt wurde, das Menschenmögliche zur Bekämpfung der Seuche sei gethan. Zur Beruhigung der Bc- teiligten verkündete man bei Bekanntwerden der erschreckenden Aus- breitung der Seuche, Anfangs dieses Jahres, Herr Professor Löbker werde schleunigst eine Studienreise nach dem ungarischen Seuchen- Herd unternehmen. Die Studienreise wurde gemacht, aber das, was Herr Dr. Tenholt, der seit fast zehn Jahren die Wurmkrankheit studierte, zur Eindämmung der Seuche forderte, unterblieb und die Verseuchung der Rnhraruben nahm immer größeren Umfang an. In der letzten Versammlung des Vereins für die berg- baulichen Interessen wurde berechnet, daß zur Zeit etwa 25 000 Bergleute an der Wurmkrankheit leiden. Es geht nnaufhalt- sam weiter und sofort beschloß man. den Herrn Professor Löbker eine Studienreise in das L ü t t i ch e r Wurmrevier machen zu lassen. Wenn die Reise beendet ist, haben wir jedenfalls 30 000 Wurm- kranke; wenn es 100 000 sind, denkt vielleicht auch der Herr Minister, es sei doch noch nicht energisch genug die Bekämpfung der neuen Krankheit aufgenommen worden. Vielleicht!--- Aus einem Orte bei Dortmund wird ein Fall von Verschleppung der Wurmkrankheit bekannt, der auch wieder beweist, wie furchtbar leichtsinnig die verantwortlichen Organe jetzt noch handeln. Es sind mehrere Familienangehörige eines Betriebsfiihrers schwer von der Wurmkrankheit heimgesucht. Die angestellte Untersuchung hat ergeben, daß der Wurm verschleppt tvorden ist, indem die Abortkübel ans der Grube ans Gartenland entleert worden sind und die Hühner, welche das Land absuchten, die keimfähigen Eier oder Larven ans irgend eine Weise übertragen haben. Schließlich ist kein Mensch mehr vor Jnfizierung sicher. Und selbst aus dieser Blume wollen die Unternehmer anscheinend Honig saugen. Während man bisher freventlich leichtsinnig war in Anlegung neuer Bergarbeiter, eine Untersuchung der Leute oft über- Haupt nicht stattfand will man jetzt ganz strenge werden. Es soll kein Bergmann , der auf einer andern Grube abkehrt, angelegt werden, bis er nicht durch ärztliches Zeugnis über drei stattgefundene Untersuchungen nach- weist, daß er nicht wurmbehastet ist.-- Die Kosten der ärztlichen Untersuchung soll der Arbeiter tragen! Da das für die allermeisten Bergarbeiter unerschwingliche Aufwendungen sind, bedeutet die Maßregel in der Praxis, Aufhebung der Frei- zügigkeit. Sämtliche Bergarbeiter im Ruhrrevier wären faktisch ge- zwungen, von einem Wechsel der Arbeitsstelle abzusehen und so hätten die Unternehmer das Mittel in der Hand, durch Lohndrnck, die Kosten der durch ihre Schuld eingeschleppten Seuche ganz ans die Arbeiter abzuladen. Die Büxenstein-Bilder werden durch Anschlag aus der fiskalischen Schiffswerft am neuen Hafen in Magdeburg für 75 Pf., bei Ab- »ahnte von 10 Stück für 65 Pf. angepriesen. Wer gleich 100 Stück nimmt, bekommt sie gar schon für 50 Pf. Die Beamten sollen die Bilder auf dem Dienstwege nach Anweisung der Finna Buxenstein bekanntlich schon im einzelnen ftir 50 Pf. bekommen. Da sollte man doch keinem Arbeiter zumuten, gleich 100 Stück zu kaufen; dem Büxenstein-Patriotismus ist entschieden gedient durch möglichst billigen Verkauf. Die Partei der Fälschungen. Es ist kein Vergnügen, sich mit den krankhaft verlogenen»Leuten herumschlagen zu müffen, die jetzt dieFreisinnige Zeitung" zusammen kleben. DieFreisinnige Zeitung" windet sich mitleiderregend in dem Fangeisen. Sie redet über Sonne, Mond und Sterne, nur nicht darüber, worauf es ankommt. Unsre Feststellung, daß sie bereits ain 1. Februar 1902 der Regierung höhere Zölle angetragen hat, erwähnt sie noch immer mit keiner Silbe. Dafür erzählt sie die wichtigsten Geschichten:Wenn derVorwärts" den ganzen Artikel abdrucken wollte, so würde jedermann erkennen, daß derselbe der Regierung nahelegt, im Interesse des Zustandekommens von Handels­verträgen den ganzen neuen Zolltarif zurückzuziehen". Damit unser Leser das erkennen, brauchen wir wahrhaftig den Artikel nicht abzudrucken. Denn das leugnen wir weder noch urter- essiert es in unserm Fall. Dagegen konunt es lediglich darauf an, daß dieFreis. Ztg." mit der Begründung die Zurückziehung des Zolltarifs angeregt hat getreu ihrer ganzen Taktik, diese ihr unbequeme Affaire aus der Welt zu schaffen daß die Linke bereit sein würde, höhere Zölle zu bewilligen. Das hat dieFrei- sinnige Zeitung" bisher init keiner Silbe erwähnt. Man begreift, daß die Volkspartei in ihren Versammlungen keine Diskussion duldet und auf ihren Parteitagen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit tagt. Ihre paar Anhänger sollen nur erfahren, was in derFreisinnigen Zeitung" steht i und in dem Blatt wird aus- schließlich gelogen! Die Lüge will sich gegen den unlauteren Wett- bewerb der Wahrheit schützen. Der Liberalismus meldet sich lebendig! DasB. T." bemüht sich, diesocialdemottattschen Heißsporne", die über den angeblich altersschwachen Liberalismus höhnen, durch den Genossen V o l l m a r belehren zu lassen, der in München dieser Tage nach denMünchener Neuesten Nachrichten" gesagt hat: Für die Socialdemokratie sei es durchaus kein Nutzen, daß das deuffche liberale Bürgertum sich in einer so zerklüfteten Stellung befinde und wenn sich eine deutsche Linke bilden würde, die in allen Fällen am Platze sei, so würde das niemand mehr begrüßen als er." Nach unsrem Münchener Parteiblatt schilderte Wollmar anläßlich einer Anfrage wegen der in München entstandenenneuen Linken" die Halbheit und Zerfahrenheit der kleinen bürgerlichen Opposinonsparteien; die Möglichkeit sei äußerst gering, daß diese je zu einer planmäßigen entschiedenen Opposition sich zusammenfinden würden. Sollte es aber doch so weit kommen, daß die fteisinnigen Elemente des Bürgertums mit Ausnahme der Nattonalliberalen denn wer nach den letzten Ereignissen jetzt noch sich so nennt, dessen freiheitliches Empfinden ist auf ein Niveau herab- gesunken, daß von ihm nichts mehr zu erwarten ist sich zu einer ernsthaften, energischen und andauerrnden Bekämpfung jeder Reaktton vereinigen, dann würde dies niemand freudiger begrüßen als die Sorialdemokratte. Hier in München liegen die Dinge so, daß alle entschieden fteisinnigen bürgerlichen Elemente bei den Wahlen nichts andres thun können, als für die Socialdemokratte ein- zutreten." So Vollmar l Es giebt in der Partei niemand, der diese An- schauungen nicht teilt. Aber mit Vollmar glaubt die Partei nicht an eine ernsthafte und ehrliche Demokratie; es wird sich immer nur um kleine Kreise handeln. Die Masse desfteisinnigen" Bürger- tums ist nicht besser wie die um Engen Richter, erzreakttonäre Ver- treter des vorgeschrittenen Kapitals! Zwei MajestätSbeleidigungs-Prozesse. Aus Halle meldet uns ein Privattclegramm: Genosse Thiele wurde von der Anklage der MajcstätSbeleidigung freigefprochen. Der Staatsanwalt hatte 6 Monate beanttagt. Aus dem gleichen Grunde wurde unser Genosse Levy ttotz seines schwer leidenden Zustandes für ein Jahr ins Gefängnis gesperrt. Aus Hamburg wird uns telegraphiert: Redakteur Genosse W a b e r s k y vomHamb. Echo" wurde wegen Majestätsbeleidigung, begangen durch ein humoristisches GedichtFürst von Babel" zu drei Monaten F e st u n g verurteilt. Drei Monate Gefängnis waren beantragt. Der Trakehner Schulprozeß zurückverwiesen. Das Reichs- g e r i ch t verhandelte heute über die Revision des Trakehner S ch u l p r o z e s s e s. Da SanitätSrat Dr. Paalzow- Berlin, der am 24. Oktober 1902 wegen Beleidigung des Landstallmeisters v. Oettingen -Trakehncn zu 300 M. Geldstrafe verurteilt war. am 5. April 1903 gestorben ist, kam nur die Revision des wegen Beihilfe ver- urteilten Lehrers O. Nicke l-Trakehnen zur Verhandlung. Der Verteidiger. Rechtsanwalt Sonnenfeld-Berlin, rügt insbesondere die Nichtanwendung des§ 193 des Strafgesetzbuches, da Nickel dem Sanitätsrat Paalzow die Mitteilung nicht m der Absicht, v. Oettingen zu beleidigen, ge- macht habe. Der ReichSauwalt beantragt die Verwerfung der Revision, weil Nickel von dem Artikel vor der Veröffentlichung Kenntnis genommen habe. Das Reichsgericht erkannte auf Aufhebimg des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht I Berlin . Das Gericht schloß sich den Ausführungen des Verteidigers insofern an, als es der Ansicht war, daß �in der bloßen Mitteilung einzelner Thatsachen durch Nickel au den Sanitätsrat Paalzow noch nicht eine Beihilfe zu der von Herrn Dr. Paalzow begangenen Beleidigung des Landstallmeisters v. Oettingen zu erblicken sei. Luise von Toskana . DerFränkische Kurier" läßt sich von unterrichteter Seite" melden: Alle offiziösen Mitteilungen über Erkrankungen. Schwermut, geistliche Zuspruchnahme durch die Prinzessin Luise sind e r- f u n d e n, um auf die Nachricht vorbereiten, daß die Prinzessin in einem Kloster oder einer Heilanstalt Zuflucht suche, für Ivelchen Fall sie ihr Kind bis zum fünften Jahr behalten dürfte. Die Prinzessin ist vollkommen gesund, und falls demnächst die Nachricht komme, daß sie ein Kloster oder eine Heilanstalt aufgesucht habe, sei jetzt schon zu konstatieren, daß derartiges o h n e W i l l e n der Prinzessin ge­schah. Die Absperrungsmaßregeln gegen die Prinzessin seien in der letzten Zeit noch verschärst worden, Wenn solche Absicht gewaltsamer Einsperrung wirklich bestehen sollte, so würden sich die Verantwortlichen des schweren Verbrechens der Freiheitsberaubung schuldig machen. Hudtand. Oestreich-Ungarn . Die Unruhen in Kroatien beschäftigten gestern erneut das öst- reichische Abgeordnetenhaus. Ministerpräsident Dr. von Koerber erklärte in Erwiderung auf die Ausführungen Biankinis über die Vorfälle in Kroatien dessen Darlegungen für übertrieben. Nach den ihm zugegangenen amtlichen Meldungen seien seit Beginn der Unruhen von den Gendarmen nur zwei Personen tödlich verletzt worden. tLebhafte Entrüstungsrufe bei den Südslaven und radikalen Czcchen.) Bezüglich der Audicnzverweigerung der kroatischen Ab- geordneten beim Kaiser bemerkt der Ministerpräsident, die Abweisung des Gesuchs habe aus staatsrechtlichen Gründen erfolgen müssen, und verweist aus seinen bereits gekennzeichneten Standpunkt in dieser Angelegenheit, vop dem die Regierung sich nicht abdrängen lasse. Oestteich habe genug eigne Sorgen. Wenn er auch das nationale Mitempfinden verstehe, so bitte er doch, die Ruhe des Staates zu schützen und ihm nicht Verpflichtungen aufzuerlegen, die er nicht erfüllen könne.(Die Ausführungen des Ministerpräsidenten werden wiederholt durch stürmische Zwischenrufe der Südftaven und radikalen Czechen unterbrochen. Am Schluß der Rede lebhafter, anhaltender Beifall und Händeklatschen, heftiger Widerspruch und Lärm bei den Südslaben und radikalen Czechen.) Agram, 26. Mai. (B. H. ) Die hiesigen Bürger beabsichtigen die Absendnng einer Massendcputation an den Kaiser. Neuerdings wurden der Staatsanwaltschaft zahlreickie� Personen, darunter die Socialistenführer Korac, Pukseg und die>socialistin Anna Bukovic, eingeliefert. Frankreich - Milde Richter haben die fünf Schwestern vomGuten Hirten" zu Annonay , welche wegen Mißhandlung ihrer Zöglinge angeklagt waren, gefunden. Durch die Verhandlungen, welche vor 14 Tagen vor dem Strafgericht zu Tournon stattfanden, wurde festgestellt, daß die Zöglinge(Waisenkinder, und zwar Mädchen im Alter bis zu 18 Jahren) dieser christlichen Wohlthätigkeitsanstalt auf das schamloseste ausgebeutet werden. Die Kinder müssen von früh- morgens 5 bis abends 8 Uhr mit geringen Unterbrechungen arbeiten. Dabei erfolgen Mißhandlungen der brutalsten Art, Faustschläge, Fußtritte sind an der Tagesordnung. Mädchen wurden wegen ge- ringen Anlässen an den Haaren herumgezogen. Einem Mädchen, der Antonia Bonnardel, wurde ganz besonders hart mitgespielt; es wurde ihm einmal eine Schüssel schmutzigen Wassers über den Kopf gegossen, mit dem Schlüssel, selbst mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen. Das Kind ist seiner Zeit gesund in die Anstalt ein- geliefert und hat jetzt einen Buckel. Der Arzt hat Verkrümmung der Wirbelsäule festgestellt, hervorgerufen jedenfalls durch schwere Arbeit, schlechte Ernährung und Mißhandlung. Trotz all dieser Fest- stellungen hat das Gericht die frommen Schwestern doch nur zu einer Geldstrafe von je 15 Fr. verurteilt. Dazu haben sie gemeinschaftlich die Kosten zu tragen, und zu diesem Urteil(wahrscheinlich zu der Begründung) brauchte der Gerichtshof 14 Tage. Nachwahlen. Paris , 25. Mai. (Eig. Bcr.) Während innerhalb der Kammermehrheit antiministerielle Jntriguen geschmiedet werden, wird die ministerielle Polittk von der Wählerschaft gebilligt. Deut- lich kam das in den gestrigen drei Nachwahlen zum Ausdruck. In einer Kammer- Nachwahl im Doubs - Departement siegte der Radikale Reville über den klerikalen Großindusttiellen Jaspy mit 1500 Sttmmen Mehrheit. Im Unteralpen- Departement kommt der Socialist Jsoard in gesicherte Kammer-Sttchwahl mit dem klerikalen Kandidaten, da die fünf radikalen Kandidaten zu Gunsten des Socialisten zurücktraten. Im Haute-Saone-Departement wurde ein ministerieller Republikaner in den Senat gewählt mit 466 gegen 395 nationalistisch-klerikale Sttmmen. In allen drei Nachwahlen handelte es sich um die Behauptting alter ministerieller Mandate. Türkei . Uever den Kampf bei Smerdcc(Wilajet Monasttr), der am letzten Freitag zwischen türkischen Truppen und einer bulgarischen Bande stattgefunden hat, berichtet das Wiener K. K. Telegr.-Korresp.- Bureau aus Konstantinopel , daß etwa neun Zehntel der 300 Häuser des Dorfes durch das Geschützseuer der Truppen zerstört worden seien. Explosionen seien gehört worden, die wahrscheinlich durch Dynamitbomben verursacht waren. Die bulgarischen Verluste sollen 100 Mann betragen, darunter auch Bewohner des Dorfes. Zur Untersuchung der Vorfälle ist der Kommandant der 6. Division Husni Pascha nach Smerdec entsandt worden. Im ganzen Wilajet Monasttr finden infolge der letzten Bandenbewcgungen militärische Strvifungen statt, bei denen zahlreiche Verhaftungen vorgenommen wurden_ Die Blutthat in Essen vor dem Marine-Kriegsgericht. Kiel , den 26. Mai 1903. Die lebhafte Hafenstadt Kiel steht vollkommen unter dem Ein- druck des Prozesses, der heute Dienstag vor dem Kriegsgericht der I. Marine-Inspektion beginnt. Die gesamte Bevölkerung sieht dieser Verhandlung mit größter Spannung entgegen. Schon seit Wochen wird die Militärgerichts-Schreiberei und der Marine-Kriegsgerichts- rat de Bary um Gewährung von Eintrittskarten' bestürmt. Allein auf Befehl des Gerichtsherrn, Konter-Admiral v. Dresky, ist beschlossen worden, überhaupt keine Einttittskarten auszugeben, sondern dem Publikum ausnahmslos Zuttitt zu gewähren, soweit der Raum ausreicht.- Der Sitzungssaal ist allerdings äußerst beschräntt. Er bietet für das Publikum kaum mehr als 30 Plätze. Für die sehr zahlreich erschienenen Zeitungsberichtcrstatter hat Marine- KricgSgerichtsrat de Bary bevorzugte Plätze reserviert. Schon in früher Morgenstunde strömen zahlreiche Menschen. darunter zahlreiche Offiziere der Garnison Kiel und auch Damen nach dem Garnison -Arrcstgebäude, aber nur wenige finden Einlaß. Den Gerichtshof bilden: Korvettenkapitän Starke. Vorsitzender. Marine-Kriegsgerichtsral Tamaschke. Verhandlungsleiter, Hauptmann Graf v. Soden, Oberlieutenant Leonhardi, Gerichtsassessor Wachsmut, Beisitzer. Vertreter der Anklage ist Marine-Kriegsgerichtsrat de Bary. Verteidiger des Angeklagten ist Rechtsanwalt Stobbe-Kiel. Protokoll- führer ist Marine-Gerichtsschrciber Korth. Als Sachverständige sind geladen Medizinalrat Dr. Rossini und Stabsarzt Dr. Skorczewski aus Essen. Als Zeugen sind unter andern erschienen: der Student des Bergsachs Lutscher, Kaufmann Walde, Kanfmnnn Katz, Kriminal-Wachtmcister Kuhnert, Polizeisergeant Mercke, sämt- lich aus Essen a. d. R., Oberlieutenant Weiße , Oberlieutenant Dziobeck, die Fähnriche Brandes, Conrad, Sergeant Borgolte u. a. m. Der Angeklagte Robert Hüssener ist im Februar 1883 in Gelsenkirchen geboren und evangelischer Konfession. Er ist ein Sohn des verstorbenen Generaldireftors des Gelsenlirchener Hütten- und BcrglverkSvcrcins. Er besuchte die Ober-Realschule in Schalke und soll dann durch besondere Befürwortung in das Kadettencorps aufgenommen worden sein, ifsin 21. März dieses Jahres bestand er die Offiziers- Hauptprüsimg. Zu den Osterferien bekam er Urlaub. Am Ostersonnabend nachts gegen 12 Uhr kam der junge Hartmann mit zwei Schulkameraden aus Lüdenscheid . In dem Augenblick, als die jungen Leute in das Müllersche Restaurationslokal traten, ttat Hüssener auf sie zu und forderte Hartmann auf, ihn zur Wache zu begleiten. Die weiteren Einzelheiten der That sind unfern Lesern noch bekannt. Bei einein Fluchtversuch stach ihn Hüssener von hinten mit seinem Stilct nieder. Hartmann war 2 Minuten, nachdem er den Stich erhalten hatte, eine Leiche. Hüssener bekannte sich sofort als Thäter. Er hat sich nun heute wegen vorsätzlicher körperlicher Mißhandlung eines Untergebenen, wodurch der Tod verursacht wurde und wegen rechtswidrigen Waffen- gcbrauchs auf Grund der§§ 122, 123 und 149 des Militär-Straf-