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Mr. 133.

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Ericheint täglich außer Montags.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

20. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr

beträgt für die fechsgespaltene Kolonel zeile oder deren Raum 40 ẞfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins. und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. ,, Kleine Anzeigen" jedes Wort 5 Pfg. ( nur das erste Wort fett). Infecate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Erpedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Festtagen bis 8 Uhr vormittags geöffnet.

Telegramm Aoreffe: ,, Socialdemokrat Berlin".

Centralorgan der socialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Ferusprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Donnerstag, den 11. Juni 1903.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Die socialdemokratischen Kandidaten für Berlin und die Nachbarkreise sind:

1. Kreis:

Privatdocent a. D. Dr. Leo Arons , Berlin .

2. Kreis:

4. Kreis:

Stadtverordneter Paul Singer, Berlin .

5. Kreis:

Buchhändler Richard Fischer, Berlin . Arbeitersekretär Robert Schmidt , Berlin .

3. Kreis:

6. Kreis:

Rechtsanwalt Wolfgang Heine , Berlin . Schriftsteller Georg Ledebour , Halensee . Niederbarnim : Stadtverordneter Arthur Stadthagen , Berlin . Teltow- Beeskow- Storkow- Charlottenburg: Stadtverordneter Fritz Zubeil , Berlin .

Der Wahltag ein Feiertag.

-

wirtschaft besitzt. Noch weiter kann die Landwirtschaft die Löhne oder die Fleischpreise der Berechnung zu Grunde, ergiebt sich eine be­nicht steigern, wenn sich ihre eignen Einnahmen nicht aufbessern! deutende Verschlechterung der Landarbeiter- Lage. Wenn aber die Landwirtschaft die Löhne ihrer Arbeiter nicht mehr Mit den fünfziger Jahren, nach dem Fall der englischen Korn­steigern kann: dann wird und muß sich der Prozeß der Abwanderung geseze, beginnt die Blütezeit der preußischen Grundbesizer. Der Der Wahltag ist ein so wichtiger Tag im Leben des vom Lande zur Stadt und in die Industrie noch weiter steigern englische Markt erwies sich in ungeahntem Maße aufnahmefähig. Staatsbürgers, daß er als ein Feiertag betrachtet werden sollte. in der Industrie nimmt zu. Die Industrie- Arbeiter erhalten hier- Centner Weizen und 1,4 Millionen Centner Gerste. Dazu begann Was ist dann die Folge? Das Arbeiterangebot in den Städten, Schon 1850 bezog England aus Deutschland ungefähr 5,3 Millionen Wir erheben seit je die Forderung, daß in Würdigung dessen durch eine verstärkte Konkurrenz, und die notwendige Folge ist, daß sich ein bedeutender Vieherport zu entwickeln, ferner versorgte die Wahl am Sonntag vorgenommen werde. Muckerei und die Industrielöhne sinken." Preußen vornehmlich den englischen Markt mit Flachs( 1855 bereits wahltaktische Erwägungen der herrschenden Parteien haben Es ist nichts als eine auf den Arbeiterfang berechnete Heuchelet, für über 47 Millionen Mark), Talg( 1855= 37 Millionen Mark), sich bisher diesem Verlangen widersetzt. Mögen daher die wenn in den obigen Sätzen so gethan wird, als würden bei Hanf( 1855= 15%, Millionen Mark) usw. Die goldene Zeit des höheren Getreidepreisen die ländlichen Grundbefizer in ihrer Be- preußischen Junkertums begann. Die Weizenpreise erreichten Arbeiter wenigstens versuchen, in friedlicher Verständigung mit forgtheit um das Wohl ihrer Arbeiter gar zu gerne beffere im Durchschnitt der Jahre 1871-1875 den hohen Stand von den Unternehmern wenigstens einen Teil des Tages zum Löhne zahlen. Die Wirtschaftsgeschichte lehrt das Gegenteil. beinahe 249 Mark pro Tonne, die Roggenpreise Feiertage zu machen. Wir richten an alle Arbeiterwähler das Eine unbestreitbare Thatsache, die alle konservative Entstellungskunst stiegen auf über 179 M., und im gleichen Verhältnis schnellten die Ersuchen, mit den Unternehmern in Unterhandlungen zu nicht aus der Welt schafft, ist es, daß in Deutschland während des Bichpreise empor. Güter, die 1850 noch 200 000 m. gekostet hatten, treten, daß am Wahltage von Mittag an die Arbeit voll- lezten Jahrhunderts gerade jene Perioden, in denen die Landwirt galten jegt 600 000 m. Die Pachtpreise in den preußi. treten, daß am Wahltage von Mittag an die Arbeit voll- schaft florierte, die Getreide- und Grundstückspreise stetig stiegen und schen Provinzen östlich der Elbe stiegen beispiels. ständig ruhe. auf den Schlössern der Landjunker ein Fest das andre jagte, die weise bon 1849-1869 pro Settar um 125, bon 1849 Löhne der Landarbeiter die allertraurigsten waren, während in den bis 1879 um etwa 156 Proz. Zeiten der sinkenden Getreidepreise die Landarbeiterlöhne stiegen. Ein reicher Segen strömte in die Taschen der frohlockenden Ja man fann mit einer gewissen Berechtigung sagen, daß die Junker; aber von Lohnerhöhungen war keine Rede. Nur außer­Perioden höchster landwirtschaftlicher Rentabi ordentlich langsam und mäßig steigen in den fünfziger, lität zugleich jene der niedrigsten Löhne und sechziger Jahren die Löhne der Landarbeiter. Erst nach 1866, der elenbesten Lebenshaltung der Landarbeiter besonders aber nach 1871 macht sich infolge des industriellen Auf­schwunges, der eine vermehrte Nachfrage nach Arbeitskräften hervor­ruft, eine Lohnsteigerung bemerkbar. Diesen Zeitpunkt nimmt der Kongreß deutscher Landwirte wahr, um in 1878, dem Jahre des Nach dem hohen Stand der im wesentlichen durch die fort- Milliardensegens, eine neue Erhebung über die Lage der ländlichen währenden Kriege mitbedingten Getreidepreise zu Anfang des acht- Arbeiter zu veranstalten. Und was ergeben diese Erhebungen? zehnten Jahrhunderts trat in den zwanziger Jahren zwar ein Preis- Sie zeigen, daß zu dieser Zeit der höchsten Wirt rückgang hervor, doch fest in den dreißiger Jahren ein neuer Preis- fchaftsblüte die Landarbeiter Ostelbiens es glüd­aufstieg ein, der auch während der vierziger Jahre anhält. In lich auf einen Durchschnitts- Tagelohn von 1 Mart Breußen stellten sich damals die Durchschnittspreise pro Tonne 17% Pf. gebracht hatten gegen 80 Pf. in 1848. Demnach ( 20 Centner):

Arbeitslöhne und Getreidepreise.

Wie es scheint, glaubt das agrarische Bündlertum thatsächlich mit dem schon gestern von uns gekennzeichneten, aus der Klapper­schen Blechschmiederei hervorgegangenen Flugblatt, in welchem die Bewegung der Brotgetreidepreise in einer graphischen Darstellung der Steigerung der Löhne gegenübergestellt wird, einen Haupttrumpf ausgespielt zu haben, denn die konservative Presse beginnt für dieses eigenartige Geistesprodukt emsig die Reklametrommel zu rühren.

waren.

Den Beweis dafür liefern die von konservativer Seite auf­genommenen Statistiken selbst.

In den Jahren 1821-1880 1831-1840 1841-1850

Weizen M.

Roggen Gerste Hafer M. M.

M.

121,4

126,8

76,6

79,8

138,4

100,6

87,6

91,6

167,8

123,0

111,2 100,6

Nochmals auf die Theorie zurückzukommen, daß, weil die Ar­beitslöhne gestiegen sind, nun auch die Getreidepreise durch Zölle gesteigert werden müssen, lohnt sich nicht der Mühe. Dieser An­spruch ist zu absurd, als daß er außerhalb jenes Kreises bündlerischer Intelligenzen, denen infolge der steten Anstrengung, das Ungereimteste zusammenzureimen, der legte Rest volkswirtschaftlicher Einsicht in die heutigen Produktionsbedingungen verloren gegangen ist, acceptiert werden könnte, und am allerwenigsten von einem denkenden Gleichzeitig stiegen die Bodenpreise, doch giebt es keine Statistik Arbeiter. Befagt doch dieser Anspruch, daß der ganze Vorteil unsrer darüber für sämtliche östlichen Provinzen des damaligen Preußens, kulturellen Entwicklung, der technischen Erfindungen, der verbesserten nur für einzelne Landesteile, und zudem ruht sie zumeist auf recht Arbeitsmethoden, durch welche die Produktionserträge erhöht oder unsicheren Grundlagen. Für die Provinz Posen giebt Sarazin als die Herstellungskosten verbilligt werden, ausschließlich dem Unter- Preise des Großgrundbesizes pro Hektar an: 1821-30183 m., nehmer gehört, während der Arbeiter keine Verbesserung seiner Lage 1881-40164 2., 1841-50= 274 M. zu beanspruchen hat, sondern ihm jede Lohnerhöhung, die er erringt, Wie stand es nun in jener Zeit mit den Landarbeitslöhnen? durch entsprechende Preissteigerungen seiner Lebensbedürfnisse wieder Das erste Wert, das eine auf einer umfassenden Enquete beruhende zu entziehen ist. Allerdings spricht das Flugblatt mur von den Zusammenstellung der Löhne der preußischen Landarbeiter bietet, Brotgetreidepreisen, aber es ist selbstverständlich, daß mit genau ist das 1849 erschienene Buch A. v. Lengertes über" Die demselben Recht der gleiche Anspruch auch für alle andren landwirt- ländliche Arbeiterfrage". Nach seiner Berechnung stellte sich 1848 schaftlichen Produkte und ebenso für alle Industriewaren erhoben der Tagelohn für den ostelbischen Landarbeiter im Durchschnitt auf 8 Silbergroschen. Die niedrigsten Löhne hatte der Gumbinner, die

werden kann.

Was uns zu einem nochmaligen Eingehen auf den Inhalt des höchsten der Stralsunder Regierungsbezirk, wo der Tagelohn im Flugblattes veranlaßt, ist die kuriose Thatsache, daß trotz dieser alle Jahresdurchschnitt sich auf 10 Silbergroschen belief. Berechnet nach Vorteile der technischen Entwicklung allein für die Unternehmer in dem Roggenwert war der Sohn des Landarbeiters seit Anspruch nehmenden Auffassung das Flugblatt es so darstellt, als 1815 nicht gestiegen, sondern eher ein wenig gefallen, so daß hinderte nur der Rückgang der Getreidepreise die Grundbefizer daran, sich selbst der bekannte fonservative Volkswirt Dr. Th. Freiherr ihren Arbeitern, wie sie so außerordentlich gern möchten, höhere v. d. Goltz zu dem Zugeständnis gezwungen sieht( Die ländliche Löhne zu zahlen, und als läge eine Erhöhung der Getreidepreise Arbeiterklasse", Seite 114): deshalb nicht nur im Interesse der Land-, sondern zugleich auch der Industrie- Arbeiter. Die Argumentation ist folgende:

" Für die schlechte Rentabilität der Landwirtschaft wirkten also zwei Umstände zusammen, einmal: das Sinken der Getreidepreise, zum andern: die Steigerung der Arbeitstoften. Das kann auf die Dauer fein Gewerbe aushalten. Hier tritt nun das große Intereffe flar zu Tage, das die gesamte Arbeiterschaft, die städtische wie ländliche, an der Rückkehr einer besseren Rentabilität der Land­

war allerdings der Geldlohn um 46 Prozent in den letzten 25 Jahren gestiegen, aber eine Besserung der Lebenshaltung nicht erzielt, denn nahezu in gleichem Verhältnis waren die Getreide, die Fleisch, Butterpreise 2c. in die Höhe geschossen.

Das war das Endresultat der Blüteperiode der Landwirtschaft: für den Großgrundbesitzer eine enorme Bermehrung seiner Einfünfte und Wertzunahme seines Besizes für den Landarbeiter nichts.

-

Auch die reaktionäre Zollreform des Jahres 1879 bringt feine Befferung der Landarbeiter- Löhne; erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre vollzieht sich infolge des Zuges aus dem Osten nach dem industriellen Westen ein weiteres Aufsteigen, obgleich diesmal die Kornpreise abnehmen und die Fleischpreise nur relativ mäßig steigen. Im Jahre 1892 stellen sich nach der bekannten Enquete des Vereins für Socialpolitik" die Durchschnittslöhne für dauernd be­schäftigte, in Geld gelohnte Arbeiter folgendermaßen: pro Arbeitstag 1,24 M.

In Ostpreußen auf

.

"

Westpreußen Pommern Posen

"

.

"

1,50 1,51

"

" P

"

Schlesien

"

9

"

Brandenburg

"

1,39 1,10 1,41

"

"

"

Jm Durchschnitt 1,36 M.

Als demnach der Großgrundbesiz es vermochte, seine Arbeiter besser zu stellen, ist es ihm gar nicht eingefallen. Erst das Auf­Für die Mitte des Jahrhunderts wurde oben der durchschnitt- blühen der Industrie, die Abwanderung der ländlichen Arbeiter nach liche Mannes- Tagelohn in den öfflichen Provinzen auf 0,80 W., nach den Städten und die dadurch hervorgerufene, Leutenot" awangen Roggenwert auf 13% Pfd. Roggen ermittelt und dabei festgestellt, ihn, etwas tiefer in seine bisher gegenüber den Ansprüchen der Arbeiter daß nach Roggenwert der Tagelohn von 1815 bis 1848 nicht geftiegen, von 1840 ab fogar eher noch stets zugeknöpften Taschen zu greifen. etwas gejunten ist."

Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Berechnung nach Roggenwert noch die relativ günstigste ist; legt man den Weizentvert