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Politische Uebersicht.

Berlin  , den 11. Juni.

gewiesen, die Wahlergebnisse aus allen Wahlbezirken telegraphisch, eine Abstimmung der Versammlung herbeigeführt hatte. Die Der Gesang verstummte plötzlich, und die Bauern, angefeuert durch telephonisch oder durch Expreßboten bis 5 Uhr morgens zu über- Entgegnung der Herren Irmer und Ringel ließ die Verlegenheit er- den Geistlichen, drangen in einer Stärke von ca. 80 Mann mit mitteln. Die Postämter sind deshalb in der Nacht vom 16. zum tennen, auf jenes perfide Wahlmanöver festgenagelt zu sein; Herr Knütteln auf unsre Genossen ein. Junge Burschen und Frauen 17. Juni geöffnet. Die Vermittelung der Wahlergebnisse an die Frmer meinte sogar, die Broschüre habe mit der gegenwärtigen Ver- schlossen sich an und so wurden unsre Genossen buchstäblich das Die Frauen und Burschen warfen mit Wahlkommissarien geschieht auf Staatskosten, das heißt gebühren- sammlung nichts zu thun und der Vorredner hätte besser gethan, Dorf hinaus geprügelt. frei. Früher war den Wahlvorständen drei Tage Zeit belassen zur darauf nicht zurückzukommen. Parteigenosse Stubis- Pankow stellte Steinen, so daß unsre Genossen verschiedentlich Verletzungen davon Leibe gerissen Einem derselben waren die Kleider schriftlichen Uebermittelung der Wahlresultate. darauf fest, daß Herr Ringel in der nationalen" Wähler- Versamm trugen. lung, die er vor kurzem in Pankow   abgehalten, sich persönlich zum worden. Gegen den Geistlichen mit seinem Kirchenchor wird Straf Zu den Reichstagswahlen erläßt die königl. Eisenbahn Verbreiter der Verleumdungen der Fischerschen Broschüre gemacht antrag gestellt werden, damit in Zukunft derartige Ueberfälle unter­Direktion Berlin an ihre Inspektionen, Dienststellen- Vorsteher habe, indem er dieselbe fast wörtlich citierte, eine Feststellung, die bleiben. fowie sämtliche Beamten und Arbeiter die nachfolgende Verfügung: Herr Ringel vergeblich mit einigen lahmen Worten zu entfräften Mit Rücksicht auf die am 16. d. Mts. stattfindenden Wahlen zum versuchte. Von den übrigen Stimmen, die aus der Versammlung Reichstag   wird allen Beamten und Arbeitern in Erinnerung gebracht, daß zu Worte kamen, sind diejenigen bemerkenswert, die zwar für Herrn es besondere Pflicht der in einem staatlichen Betriebe beschäftigten Ringel am Tage der Wahl einstehen wollen, sich aber gegen den Beamten und Arbeiter ist, das jedem Staatsbürger ver Bolltarif aussprachen. Bevor der Vorsitzende am Schluß der Ver­fassungsmäßig zustehende Wahlrecht sowohl bei sammlung das Kaiserhoch" ausgebracht, hatten unsre Genossen den Der Ladenschluß und die Socialdemokratie. den Hauptwahlen, als auch bei etwaigen Stichwahlen auszuüben. Saal verlassen. Wir haben uns gestern mit der Behauptung der Staatsbürger­Die Wahl zum Reichstag ist nicht auf einige Stunden des Tages beschränkt, sondern fann am ganzen Tage ausgeübt werden. Wenn Ueber Beschimpfungen durch anonyme Zuschriften beschwert sich Beitung" beschäftigt, daß die Socialdemokratie 1890 für den Vieruhr­trotzdem bei Arbeitern eine Arbeitsversäumnis nicht zu ver- der bisherige Abg. Frese in Bremen  ( fri. Vg.) und sucht sie der Ladenschluß am Sonntag eingetreten sei. Wir haben demgegenüber Freſce in festgestellt, daß die Socialdemokratie mit ihren Forderungen weiter­Die Methode, meiden ist, so findet nach der Bestimmung im Abschnitt Hunter Socialdemokratie in die Schuhe zu schieben. , S. 150 des Teils XII der Finanzordnung ein Lohnabzug jemandem in anonymen Buschriften etwas vorzuwerfen, das gehenden Schuzes von den bürgerlichen Parteien im Stiche gelassen nicht statt. 19 umständen Um it and worde man nicht öffentlich zu vertreten wagt, ist unter alten berächtlich, aber womit denn Die Socialdemokratie hatte zunächſt, wie wir gestern erinnert Herr Frese, daß die ihm zugegangenen Briefe von Socialdemokraten haben, den Antrag gestellt: fünfftündige Deffnung der Ladengeschäfte Bekanntlich werden bei den Reichstagswahlen vielfach sehr un herrühren? Wir können ihm verraten, daß uns und vielen unsrer am Sonntag( spätester Schluß 4 Uhr) und einen freien Tag zulängliche und zum Teil höchst fragwürdige Behälter als Wahlurnen Abgeordneten, vielleicht allen, fortwährend soviel anonyme Zu- in der Woche für die am Sonntag beschäftigten Gehilfen. Da dieser verwendet, worunter die sichere und zuverlässige Ausführung des schriften voller unflätiger Befchimpfungen zugehen, daß wir aus der weitergehende Antrag keine Aussicht auf Annahme hatte, stellten Wahlgeschäfts schwer leidet. Der bekannte Schriftsteller R. Sieg Entrüstung gar nicht herauskämen, wenn wir uns darüber entrüsten wir dann zur zweiten Lesung den Antrag: dreistündige Deffnung der fried in Königsberg   i. Pr., welcher sich speciell mit wahl: wollten. Und wenn wir Parteien dafür verantwortlich machen Ladengeschäfte, 12 Uhr Schluß. Wir hatten die Staatsbürger- Zeitung" aufgefordert, diese That­technischen Fragen beschäftigt, ersucht nun von überall her um Mit- wollten, dann könnten wir wohl jeder Partei den Inhalt solcher teilungen über derartige Fälle unter möglichst genauer Beschreibung Verächtlichkeiten in die Schuhe schieben. and 30 fachen ihren Gejern zu unterbreiten. geben würde. Aber in der Beigung Dee Wahlores( bei Städten des Wahlbezirks). Andrer in Leipzig   mitgeteilt. Es wird wohl auch noch andren Leuten so Wahlzeit muß man sich leider auch mit den kleinen gewerbs­zeichnung des der Genannte auch um Auskunft über Fälle, in denen die gehen, daß sie mit anonymen Zuſchriften belästigt werden; man ver- mäßigen Lügenblättern ernsthafter beschäftigen, die man zu andern Wahlurnen während der ganzen Dauer der Wahlhandlung mittels ichone aber uns mit dem Vorwurf, schuld zu sein an Dingen, Zeiten überhaupt nicht zu beachten braucht. eines Schlüssels verschlossen gehalten worden sind, so daß die Ein- wir jederzeit entschieden mißbilligen. führung der Wahlcouverts nur durch eine Spalte im Deckel erfolgen fonnte. Gerade dieser für eine absolute Sicherung des Wahlgeschäfts höchst wünschenswerte Gebrauch dürfte bisher( etwa von den größeren Zu dem Wahlaufruf der nationalliberalen Jugend" sagt die Städten abgesehen) noch viel zu wenig in Uebung sein.

Wahlurnen- Enquete.

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der Mängel der betreffenden Wahlurnen sowie unter specieller Be- Soeben wird ja die Verwerfung der Revision des Herrn Golla daß das Blatt der Wahrheit die Eatürlich erwarteten wir nicht,

Solche Materialsammlung kann für die Bekämpfung des Un­fugs, der heute noch mit den Wahlurnen getrieben wird, sehr nützlich sein; wir empfehlen deshalb, den Wunsch des Herrn Siegfried nach Möglichkeit zu erfüllen.

Gegen die Isolierkifte, die der Landrat von Sorau   als aus­reichende Einrichtung gegen Beobachtung der Wähler den Gemeinden empfahl, hat das socialdemokratische Wahlkomitee für Sorau  - Forst beim Regierungspräsidenten eine Vorstellung erhoben, worauf dieser folgenden Bescheid gab:

Die in Ihrer telegraphischen Vorstellung vom 4. d. M. ent­haltene Behauptung, daß die in der Kreisblatt- Bekanntmachung des Herrn Landrats zu Sorau   enthaltene Hinweisung auf die zweckmäßige Herstellung eines Isolierraumes für die Stimm­abgabe bei der Reichstagswahl wider die gesetzlichen Vorschriften verstoße, erachte ich für unzutreffend. Es steht nicht zu besorgen, daß jene Hinweisung Anlaß zu Einrichtungen geben wird, durch welche irgendwie in Frage gestellt wird, daß der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag zu legen vermag. Bekanntlich hatte der Landrat empfohlen, auf den Nebentisch eine umgefippte Kiste von 50 Centimeter Höhe zu stellen. Wenn das befolgt wird, dann bleibt der Wähler nicht unbeobachtet. Unfre Parteigenossen werden diesen Isolierkisten jedenfalls alle Auf­merksamkeit widmen.

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Bemooste Häupter.

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Es ist ganz amüsant, zu sehen wie sich das Büdler- Drgan für germanische Ehrlichkeit der ihr zugemuteten Aufgabe unterzieht, einmal die Wahrheit zu sagen. Sie erzählt in unverfälschtem Ritual­mordstil:

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National- Zeitung", unsre Glossen über die Minderjährigkeit dieser wären bewußte rreführung, nachdem wiederholt festgestellt worden sei, daß diese Jugendvereine" wahlmündige Männer bis zum 45. Lebens­jahre aufnehmen. Wir gestehen, die Thatsache war uns nicht gegen wärtig, aber sie scheint uns auch unerheblich. Wenn wir uns auch freuen über das Jugendfeuer, das in den mit etlichen 50 Semesteri begabten bemooften Häuptern lebt, so kommt es doch weniger darauf an, bis zu welchem Alter Mitglieder aufgenommen werden, als vielmehr darauf, von welchem Alter an die Mitgliedschaft erworben werden kann und wie alt die Mehrzahl der Mitglieder ist. Oder sollte der Name Jugendvereine und der auf junge noch nicht wahl­berechtigte Leute berechnete Inhalt des Aufrufs eine bewußte Irre- aſſe ſo nahe ſtehen, die socialdemokratische Fraktion veranlaßt hat, führung" der Deffentlichkeit sein?

Statistik, Herr Professor! Der bisherige Abgeordnete und jetzige konservative Kandidat für Oberbarnim, Professor Pauli, sagte in einer konservativen Versammlung:

" Ich will nicht auf die landwirtschaftlichen Zölle besonders ein­gehen, wird doch in dieser Beziehung von unfren Gegnern, nicht nur den. Socialdemokraten, in unglaublichster Weise mit Zahlen­material operiert. Die Einen behaupten, jeder Pfennig Zoll ver­teuere in demselben Maße das Brot, andre bestreiten das. In solchen Fragen kann niemand etwas Genaues und positiv Richtiges sagen. Ich richtete gelegentlich an einen großen Berliner  Bäckermeister die Frage, ob die Erhöhung des Zolles auf den Brotpreis von Einfluß sein würde. Er erklärte mir, daß die Bäcker gar nicht daran dächten, das Brot kleiner zu backen, wenn ein erhöhter Zoll eintreten sollte."

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Eine konservative Wählerversammlung für den dritten Wahlkreis tagte am letzten Mittwoch bei Buggenhagen. Der Saal war schwach besetzt, unter den Teilnehmern befanden sich auch Socialdemokraten. Der Herr Gymnasialprofessor hat wohl in seinem Bekannten­Der Vorfizende eröffnete die Versammlung gleich mit der liebens- treise auch einen oder den andren Herrn, der sich mit der Statistit würdigen Ankündigung, daß er von seinem Hausrecht energisch auskennt. Wenn er den statt des Bäckermeisters befragt hätte, hätte er Gebrauch zu machen gedente. Das Referat des ersten Redners, am Ende erfahren, wie man Genaueres über die Sache rauskriegt. Herrn Wegner, der die bekannten konservativen Anschauungen über Sen Mittelstand vortrug, wirkte trotz zahlreicher Angriffe auf die Socialdemokratie durch die Trockenheit des Tones sehr beruhigend. Alls aber später Herr Hahn angebliche Citate aus Bebels Reden verlas, erſcholl der Zwischenruf: Wo steht das?" Einen andren Zwischenruf haben wir nicht vernommen, auf alle Fälle bewies der Borsigende eine merkwürdige Auffassung von seinem Amte, da er von der Tribüne herab über Unverschämtheit und dergleichen zu schimpfen begann.

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Noch angeregter ging es bei der folgenden Rede des Schneider­meisters Donner zu, der die socialdemokratischen Kandidaten per­fönlich angriff. Vom Genossen Robert Schmidt behauptete er, er habe in einer Wählerversammlung gesagt, er pfeife auf die Stimmen der Gewerbetreibenden. Diese merkwürdige und nebenbei gefagt frei erfundene Nachricht wurde noch ruhig mit einem Kopf­ichütteln aufgenommen. Als aber der Redner dann mit wutkreischender Stimme gegen Genossen Singer loszuziehen begann, einen Zettel vorzeigte, der auf der einen Seite Singers Bild, auf der andren eine jüdische" Geschäftsreklame enthielt und hinzufügte: Gleich und gleich gefellt sich geru!" wurde der Nuf Ehrabschneider" laut. Der Rufer wurde sofort umringt und aus dem Saal gezerrt. Ms er draußen war, richtete Herr Hahn, der plötzlich am Vorstandssize erschienen war, an den Delinquenten die Aufforderung, den Saal zu verlassen. T

Der Kaiser und die Wahlen.

Wir gaben in unsrer Nr. 131 eine Meldung der" Frankfurter Zeitung  " wieder, das in Schierstein   bei Wiesbaden   eine social demokratische Versammlung verboten worden unter Berufung auf eine Verfügung, daß wegen der Anwesenheit des Kaisers auf zwei Meilen im Umkreise keine Versammlung unter freiem Himmel ab­gehalten werden dürfe. Dazu wird uns heute mitgeteilt, daß aus demselben Grunde am 7. Juni auch Versammlungen in Meden bach und Wallau   im Landkreise Wiesbaden  ( zum Reichstags­Wahlkreise Höchst gehörig) verboten worden sind. Der Kaiser scheint von dem Landrat des Wiesbadener   Kreises nur als günstiger Vor­wand zu Versammlungsverboten benutzt worden zu sein. Aus einer Verfügung, die er schon am 22. Mai an die Bürgermeister seines Streises erließ, geht hervor, daß ihm die socialdemokratischen Ver­sammlungen überhaupt sehr unbequem sind. In der Verfügung heißt es:

" In Anbetracht der sich mehrenden Versammlungen unter freiem Himmel verfüge ich, daß die Ortspolizeibehörde hierzu ohne meine Zustimmung Genehmigung nicht zu erteilen hat.

Der Antrag ist mir, wenn die Ortsbehörde nicht schon selbst aus maßgebenden polizeilichen Gründen, die Genehmigung ver= sagt, mit einer gutachtlichen Aeußerung einzureichen."

An Stelle der verbotenen Versammlung in Medenbach   wurde Die Sache war allerdings der Aufregung nicht wert. Es giebt für später eine andre angemeldet, die, anscheinend unter der Wirkung bekanntlich Bülow- Heringe, die von einem hiesigen jüdischen" der citierten Verfügung vom 22. Mai, zwar genehmigt wurde, Warenhause mit ausdrücklicher Genehmigung des Reichskanzlers jedoch in folgender bedenklichen Form: unter dessen Namen verkauft werden, es giebt Hohenzollern  - Cafés jedoch in folgender bedenklichen Form: und dergleichen mehr. Natürlich hat aber Genosse Singer feinen Namen zum Zwecke der Geschäftsreklame nicht hergegeben, ist also an dem ungeheuerlichen Verbrechen, dessen Herr Donner ihn be­zichtigte, vollkommen unschuldig.

Es ist nur dem Tatte unsrer Genossen zuzuschreiben, wenn es zu schlimmeren Scenen nicht gekommen ist. Jedenfalls wird jeder, ber nicht provoziert und dann nach Haustnechtsmanier behandelt zu werden wünscht, gut thun, konservative Wählerversammlungen zu

meiden.

Die Nationalen" in Niederschönhausen  .

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Ihrem Ersuchen vom 7. Juni betreffend Abhaltung einer öffentlichen Wählerversammlung wird hiermit unter dem Vor­behalt, daß die öffentliche Ruhe nicht gestört wird, die Genehmigung erteilt.

Irgendwelche Kundgebungen, einerlei welcher Art, oder laute Rufe, Lärm usw. geben dem anwesenden Polizeibeamten die Be­fugnis, die Versammlung sofort aufzuheben. Der Bürgermeister. Fischer.

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Die Socialdemokraten haben im Reichstage nicht den Zweiuhr Ladenschluß gewünscht, sondern sie haben den Antrag eingebracht, daß die Geschäfte erst um vier Uhr nachmittags am Sonntage ge­schlossen werden sollen, haben also den freien Sonntag, wie er heute geschlich festgelegt ist, den Handlungsgehilfen zwei Stunden verkürzen wollen. Wenn der Vorwärts" es heute so darstellt, als ob die Socialdemokraten diesen Vieruhrs Ladenschluß nur als eine Art Abschlagszahlung, als Mindest­forderung aufgestellt hätten, so ist das nicht wahr. Wahr ist, daß nur die Rücksicht auf die Klufthändler am Mühlen damm", die ja den Singer, Stadthagen   und Genossen in ihrer nicht den Zweiuhr- Ladenschluß, sondern den Bieruhr- Ladenzluß an Sonntagen zu beantragen, um den Mühlendammern noch ein paar Stündchen am Sonntag zum Fischzug durch die Arbeitermaffen zu gönnen. Erst als in den Reihen der Handlungsgehilfen sich ein Entrüstungssturm gegen diesen socialdemokratischeu Antrag: geltend machte, lenkte die Fraktion ein und kam mit einem andren Antrage, der auf den Zwölfuhr- Ladenschluß hinaus­lief, der aber immer noch hinter den Anträgen der Konservativen zurückblieb, die den Zehnuhr- Badenschluß forderten. Also nicht aus warmem Interesse fir die Handlungss gehilfen, sondern unter dem Drucke der Agitation aus diesen Kreisen haben die Socialdemokraten sich zum Zwei­Uhr- Ladenschluß verstanden. Wenn also die Handlungsgehilfen ihr Heil bei den Socialdemokraten gesucht hätten, würden sie heute den Zweiuhr Ladenschluß an Sonntagen nicht haben. Die Socialdemokraten haben sich also als falsche Freunde der Handlungs­gehilfen gezeigt."

Das Blatt, das die Jutereffen der Handlungsgehilfen zu vers treten behauptet, ist so unglaublich unwissend, daß es in aller Gemütsruhe von einem gesetzlichen Zweiuhr- Ladenschluß an Sonn­tagen redet. Vielleicht bemüht es einmal statt lediglich seine durch Ritualmorde und rollende Segeraugen" vertvirrte Phantasie eine Ausgabe der Gewerbe- Ordnung. Dann würde fie sehen, daß es gar keinen gesetzlichen Ladenschluß an Sonntagen giebt, sondern nur 5 Stunden vorgeschrieben find. Daß die Konservativen den Zehnuhr- Ladenschluß beantragt haben, ist uns nicht bekannt; wir haben auch keinen dahingehenden Antrag in den Reichstagsakten finden können, die Staatsbürger- Zeitung" wird uns also schon die Quelle ihrer Mitteilung angeben müssen.

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Das wichtigste aber unterschlägt die Staatsb.- 3tg." in be­wußter Fälschung: Die Socialdemokratie hatte den Vieruhr- Ladenschluß nicht als Mindestforderung gestellt, sondern gerade im Gegenteil in Ver­bindung mit dem freien Tag in der Woche als weitest gehende For­derung. Wird die Staatsbürger- 3tg." sich nicht entschließen, diesen un­lösbar dazugehörigen socialdemokratischen Antrag auch zu er wähnen, der in seiner praktischen Wirkung die vollständige Arbeits­ruhe der Handelsgehilfen an Sonntagen zur Folge gehabt hätte? Die Staatsbürger Zeitung" begnügt sich natürlich nicht mit der Unterschlagung der einen von uns festgestellten Thatsache, sondern. sie fügt noch als Zugabe eine neue, noch blödsinnigere Fälschung hinzu:

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Im Jahre 1896 1896 verlangten die socialdemokratischen Handlungsgehilfen, daß der Parteitag in Gotha   fich für den Achtuhr- Ladenschluß erkläre. Dieser Antrag wurde wiederum von den jüdischen Führern der Socialdemokratie aus Mühlendammer­Rücksichten bekämpft. Herr Stadthagen   war es, der erklärte, der Achtuhr- Ladenschluß wäre feine revolutionäre Maßnahme, durch Annahme einer dahingehenden Entschließung würde man die Socialdemokratie zu einer bürgerlichen Reformpartei degradieren, mit derartigen Kinkerkitchen dürfe man einen social­demokratischen Parteitag nicht belasten. Auch in diesem Falle stellten die Socialdemokraten das Interesse der Handlungsgehilfen. zurück hinter das Interesse der Mühlendammer. Ihnen war der Achtuhr- Ladenschluß Kinkerlißchen", und sie verbrämten die brutale Zurückweisung der berechtigten Forderung der Handlungs­gehilfen mit revolutionären Phrasen."

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Die Staatsbürger- Zeitung" bezieht ihre Enthüllungen über socialdemokratische Parteitage offenbar über Konig oder Kischinew. Eine Abwechslung. Bisher konnten wir eine ganze Anzahl Fälle Wie war es in Gotha  ? Die Reichskommission für Arbeiterstatistik melden, wo Behörden die Wahlschlußzeit noch nach dem alten Regle- hatte den Achtuhr- Ladenschluß beantragt. Darauf wütende Opposition Der konservative Gegenkandidat Ringel- Pankow stellte sich Mitt- ment auf 6 Uhr festießten. Fortschrittlicher ist der Gemeindevorstand in der gesamten Unternehmerpresse; vielleicht schlägt die Staats­wochabend einer nationalen" Wählerversammlung in Niederschön in Heegermühle( Ober- Barnim). Er macht bekannt, daß die Wahl bürger- Zeitung" ihre alten Jahrgänge nach, um den deutsch  - nationalen hausen vor. Da die Einladung sich schlechthin an nationale Wähler bis um 8 Uhr dauert. Wir empfehlen allen Behörden die von Handlungsgehilfen mitzuteilen, was sie damals geschrieben. Nur richtete, so hatten sich auch unsre Parteigenossen in Uebereinstimmung unsrer Partei- Buchhandlung herausgegebenen Winke für die die Socialdemokratie trat für den Achtuhr- Ladenschluß ein. Um den mit der bekannten Auffassung Mommsens über den Begriff national" Reichstagswahl  ", da steht alles ganz genau drin. eingefunden. Nachdem Herr Ringel sein Mittelstandsprogramm in möglichst holperiger Weise unter vielem Kneiferpuzen abgelesen und Pommersche Wahlidylle. Aus dem Dörfchen Wildenbruch die deutsche Sprache um etliche Schönheiten wie produrieren" die im Kreise Nandow- Greifenhagen wird uns berichtet, daß dort der 5. Auflage des Reichstags" und so fort bereichert, auch entdeckt hatte, Gemeindediener im Orte Geld für den konservativen Wahlfonds ge­daß jedes im Reichstag von Socialdemokrateu gesprochene Wort sammelt hat. Er hatte gleich eine Liste sämtlicher Bauern, Hand­10 000 m. tofte, wetterte sein getreuer Schritt- und Gelegenheits- werker und Einsizer nebst Sammelaufruf, der unterschrieben war vom macher Jrmer gegen die revolutionäre, antimonarchische Social- Pastor, vom Gemeindevorsteher und vom Amtmann, und damit ging den teilen wolle, von Gleichheitsdusel lebe, er von Haus zu Haus. Das war gewiß ein zugkräftiges Mittel, um demokratie, die alles das Deutsche Reich in ein Zuchthaus zu verwandeln suche die konservative Striegskasse zu füllen, und so fort. Dabei Klang die elegische Erinnerung an die schönen

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Zeiten durch, da man östlich der Elbe von dem roten Umsturz" Die geistigen Waffen des Centrums. Eine Anzahl Genossen aus noch nichts wußte, da sich unter konservativ- liberalem Klingel in Krefeld   waren am vergangenen Sonntage bei einer Flugblatt­fchöne Zeit nun unwiderdringlich vorbei ist. Beide Herren vermieden einen Bezirk zugewiesen, welcher seinen Ausgangspunkt nach der es ängstlich, auf die Broschüre des bekannten Korbmachers Fischer, holländischen Grenze hat. Schon in dem ersten Dorfe hinter Dülten, die von konservativer Seite gleichzeitig mit den nationalen" Flug- Dilkrath hieß der Ort, merkten unsre Genossen, daß die Bewohner blättern im Kreise Nieder- Barnim allenthalben vertrieben wird, verhetzt waren, doch gelang es ihnen, die Leute zu beruhigen und einzugehen. Parteigenosse Dr. Laufenberg zapfte, von den Gegnern nun ging's nach Amern St. Anton. Kaum daß sie mit der Ver­wiederholt stürmisch unterbrochen, die Herren auf jenes Wahlmanöver breitung begonnen, kam ein Polizeibeamter, welcher das Verteilen Während der Unterhaltung an. Da die Redezeit auf 5 Minuten bemessen war, wurde ihm nach der Flugblätter verbieten wollte. Ablauf derselben das Wort entzogen, und zwar wie mit dem Beamten war der Kirchenchor, welcher unter Leitung anerkannt werden soll, nachdem Der Vorsitzende zuvor des Ortsgeistlichen eine Probe abhielt, mobil gemacht worden.

idyllischer Ruhe leben ließ, während durch has boje Sloſettgesetz diese verbreitung im Kreiſe Kempen   thätig. Sechs derselben erhielten

Plan zu Fall zu bringen, erfand man das Märchen, die Arbeiter würden durch den Achtuhr- Ladenschluß geschädigt. Der Parteitag zu Gotha  ( 1896) nahm nun sofort Anlaß, gegen diese Berufung auf die Arbeiter energisch zu protestieren. Es wurde folgende Resolution vorgeschlagen und angenommen:

" Der gesetzliche Achtuhr- Ladenschluß, wie ihn die Reichs­tommission für Arbeiterstatistik vorschlug, ist nur ein durchaus un­genügendes Verbot der Nachtarbeit und entspricht keineswegs berechtigten Ansprüchen Ansprüchen der im Handelsgewerbe be­schäftigten Personen. Da aber deren kapitalistische Gegner­schaft dieses bißchen Arbeiterschutz verweigert, weil angeblich durch. ihn die Interessen der kaufenden, besonders der arbeitenden Bevölkerung benachteiligt würden, erklärt der Parteitag, daß die Arbeiter für die Forderung der im Handelsgewerbe beschäftigteu Personen eintreten, die Einführung des gesetzlichen Achtuhr- Laden­schlusses als keine Schädigung ihrer Interessen betrachten und selbstverständlich für den Schnt jeder Arbeiterkategorie eintreten." Der Referent Wurm begründete die Resolution, indem er hinzu-: fügte: Wir treten für die gemeinsamen Interessen der Arbeiter im Arbeitskittel und der Arbeiter im schwarzen Rod ein." Es wurde ein Amendement zur Resolution beantragt, das den Achtuhr- Ladenschluß als einen Schritt zur weiteren Verkürzung der Arbeitszeit" bezeichnet wissen wollte. Gegen diese Ueber=