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der bekanntlich den Genossen Singer'einenLügner" nannte, falls er be- Haupte, die Interessen deutscher Wähler ehrlich vertreten zu können. Soweit wäre ja die Sache ganz in der Ordnung. Die positiven Ergüssenationaler" Kandidaten wären in ihrer Schwärmerei für Mordspatriotismus und eine chimärische Mittelstandspolitik, von der selbst die Oertel und Jacobskötter nichts wissen wollen, auch zu sterbenslangweilig, wenn sie nicht durch wüstes Schimpfen auf Juden und Socialdemokraten ein wenig belebt würden. Das Eigen- artige und Humoristische an der diesjährigennationalen" Wahl- campagne ist aber nicht das Schimpfen auf dieverjudete" Social- demokratie, fondern die Berjudung unsrer sich doch so radau-antisemitisch gebärdendenNationalen"! Das Attributverjudet" wird von unfern Nationalen bekanntlich nicht nur der Socialdemokratie, sondern auch, ja sogar erst recht, dem Freisinn beigelegt. Nichtsdestoweniger wurde in Berlin in zahl- reichen konservativen Versammlungen das Eintreten für dender- judeten" Freisinn im Falle einer Stichwahl offiziell empfohlen I Und das, trotzdem für einen der freisinnigen Kandidaten, den Stadtrat Kämpf, nach seinen Wahlreden für den neuen Reichstag keine wichtigere Aufgabe zu existieren schien, als die Aufh ebung des Verbots des Getreideterminhandels! Aber alle jüdische und börseanische Verseuchung" des Freisinns vermochte unsre Nationalen nicht vor einem Eintreten für den Freisinn abzuschrecken! Selbst Herr Bruhn, der Impresario des Dreschgrafen Pückler, be- kannte sich ja, wie wir schon gestern hervorhoben, als Schrittmacher des Freisinns I Aber nicht genug damit, daß sich allem antisemitischen Maul- Heldentum zum Trotz das bourgeoise Solidaritätsgefühl der Nationalen" als stärker erwies, als der Konkurrenzneid gegen das geldmächtige Judentum auch die Agitation der Nationalen selbst stand stellenweise direkt unter dem Zeichen des Philosemitismus! Im ersten Wahlkreise berief sich der konservative Kandidat, General- major v. Bartels, darauf, daß die Konservativen ja selbst einmal einen Juden, und gar einen Rothschild, ins Parlament entsandt hätten I Wenn die Konservativen einen Angehörigen der mächtigsten Börsendhnastie in Europa ins Parlament schicken, so ist das ganz in der Ordnung; wenn aber die Socialdemokratie keinen Anstoß daran nimmt, daß ein langjähriger verdienter Parteigenosse zufällig durch Heirat mit der Zweiglinie einer be- kannten Bankiersfamilie verwandt ist, so ist das ein Zeichen der Verjudung der Socialdemokratie! Nun, es mag ja ein Unglück sein, Schwiegersohn eines Millionärs zu sein; eine Schande, die den Aus- schlutz aus der Partei nach sich ziehen müßte, ist es jedenfalls nicht. Aber wir sprachen ja von der Verjudung unsrerNationalen". Nicht genug, daß man sich stolz auf den toten Parteigenossen Rothschild berief, man präsentierte auch einen lebenden Juden als kon- servativen Parteimann und Agitator, den Rechts- anwalt Morris. Und dieser Herr figurierte nicht nur als konservativer Agitator und Referent im ersten Wahlkreise, sondern er trat auch im vierten Wahlkreise als Referent für den famosen Dr. Wegner ein! Für denselben Dr. Wegner, der sich im Böhmischen Brauhaus wenige Tage zuvor durch den Rassen. - Antisemiten Dr. Böckel hatte empfehlen lassen! Die Herren Nationalen werden steilich sagen: Ja, unser Herr Morris ist Rothschild war es nicht! getauft. Na, Herr Böckel hat über die Wirkung einer solchen Taufe jedenfalls seine eignen Gedanken. Etwa dieselben, die seiner Zeit Börne hatte, der, selbst ein Jude und ein Mann von Geist, Heine einmal ftagte, ob er denn glaube, daß man durch Begießen mit Wasser Läuse in Flöhe verwandeln könne. Der Witz ging natürlich nicht gegen die Juden überhaupt, sondern gegen Renegaten vom Schlage der Arthur Bern- stein und Morris... Wir Socialdemokraten find weder Anti- noch Philosemiten. Wir beurteilen wie jeden Menschen auch den Juden lediglich nach seinem persönlichen Wert. Deshalb ist uns jeder ehrenhaste Jude, der sich als überzeugter Socialdemokrat ausweist, willkommen. Daß wir deshalb Freunde der von den Juden beherrschten Börse sein sollten, ist eine geradezn idiotische Folgerung. Als Feinde des Kapitalismus schlechthin kann es keine geschworeneren Feinde auch des Börsenkapitals geben, als die Socialdemokratie. Aber wir führen einen Klassenkampf, einen Kampf gegen Institutionen, kemen Kampf gegen Personen oder Rassen. Wir sind deshalb auch die geschworensten Feinde aller Ausnahmegesetze gegen die Juden. Unsre Stellung zur Judenfrage ist die denkbar klarste und ehr- lichste. Nicht so die derNationalen", die heute demagogisch gegen die Juden Hetzen, um sie morgen hündisch zu umschmeicheln. Der doppel- züngige, klägliche Dr. Wegner, der sich heute von einem Dr. Böckel, morgen von einem Rechtsanwalt Morris gleich einem Mühlendamm- Artikel anreißen läßt, ist der typische Vertreter unsrer korrupten und verlogenenNationalen"!__ Die Schule im Kampfe gegen die Socialdemokratie. Eine Wahlagitation ist eigentlich eine verteufelt ernste Sache wer in den letzten Monaten und Wochen an der Agitation zu den Reichstagswahlen mitgearbeitet hat, wird das ohne weiteres unterschreiben aber unsre lieben Gegner sorgen doch immer wieder dafür, daß es auch an erheiternden Beigaben nicht fehlt. Das folgende, drollige Stücklein, das uns aus einer Schule gemeldet wird, ist wohl ebenfalls ein Produkt des jetzt herrschenden Agitationsfiebers und es möge daher von unsren Lesern entsprechend gewürdigt werden. Der Volks schullehrer soll, so will's die Regierung, an dem Kampfe gegen die Socialdemokratie teilnehmen. In Berlin soll er in diesem Kampfe, so will es der Freisinn, sich zu Gunsten der freisinnigen Partei bethätigen. Die Berliner Volksschullehrer thun denn auch in dieser Beziehung das Ihre, und die Eugen Richter , Zwick, Cassel, Kreitling usw. können mit ihnen zufrieden sein. Auch ein Lehrer E i ch h o f. der draußen auf dem Wedding in der 166. Gemeindeschule(Ruheplatzstraße) an- gestellt ist, wollte das Seine thun. Und da er sich besann, daß wo- möglich auch die Schule selber dem Kampf gegen die Socialdemokratie dienstbar gemacht werden soll, so hielt er am letzten Mittwoch den dreizehnjährigen Jungen der ersten Klasse einen Vortrag über den Unterschied zwischen Socialdemokratie und Freisinn. In der Geschichtsstunde war'S, da kam er im Anschluß an die Schilderung der Thaten eines der Hohenzollern plötzlich auf die Socialdemokratie und die augenblickliche Wahlagitation zu sprechen. Wessen Vater war denn gestern abend in der Ver- sammlung?" ftagte er die Jungen. Sofort stand fast die ganze Klasse auf.Ja. wo denn, im Eiskeller oder im Feldschlößchen?" Im Feldschlößchen!" antworteten die meisten. Das war fteilich gar nicht nach Herrn Eichhofs Geschmack.Da, wo Ledebour ge- sprachen hat?!" ftagte er.Jawohl." Und nun ging die Pauke los. Die Socialdemoftaten können nur schimpfen, eiferte Herr Eichhof, besonders auf den Freisinn. In ihren Flugblättern stehen zahlreiche Unwahrheiten. Sie rühmen sich, daß sie in der Zolltarifdebatte am entschiedensten aufgetreten seien, und nennen die Führer des FreisinnsVerräter", aber sie thun den Freisinnigen unrecht. Gegen Andersdenkende zeigen sie sich gewaltthätig, einen nicht-socialdemokratischen Arbeiter haben sie mal angespuckt, und so weiter. Wir würden es nicht glauben, daß ein Lehrer in der Unterrichts- stunde, die ja wohl zu andern wichtigeren Dingen bestimmt ist, seine Schüler mit solchen Erzählungen unterhält, aber es wird uns von den verschiedensten Seiten bestätigt. Herr Eichhof steht in einem Lebensalter, das ihm gestattet, jetzt zum ersteninal an der Wahl teilzunehmen; da mag der Agitationseifer des ftischbackenen Wählers manches entschuldigen. Als Lehrer sollte er aber auch in diesem Alter bereits wissen, daß er andres und Besseres zu thun hat als die guten Beziehungen zwischen Schule und Haus zu stören, indem er derartige wir wollen uns milde ausdrücken Spielereien treibt. Wie kommt der Herr dazu, in dieser Weise vor seinen Schülern eine Partei herabzusetzen, von der er weiß, daß ihr die meisten der Väter seiner Schüler angehören? Kennt er nicht das Gebot:Du sollst Vater und Mutter ehren", das er im Religionsunterricht zu predigen hat? Die Jungen haben übrigens den Vortrag ihres Lehrers mehr von der spaßhaften Seite aufgenommen, wiewohl es durchaus ernst gemeint war. Einzelne versuchten, Herrn Eichhof zu opponieren, und einer erklärte dreist, er werde am andren Tage nial ein Flug- blatt mitbringen. Herrn Eichhof wurde die Sache denn doch wohl etwas peinlich, und er brach rasch ab. Er dürfte gemerkt haben, wie sehr er d i e Achtung vor demLehrer untergraben hat. In den Kreisen der Eltern hat sein Austreten Verwunderung und Entrüstung hervorgerufen, aber am Ende haben diesmal doch die Jungen das Richtige getroffen, indem sie die antisocialdemokratische Standpauke komisch fanden. Eine Mutter ftagte uns:Kommt denn danach eine Strafe?"I wo", erwiderten wir ihr,aber wohl auch kein Orden. Höchstens, daß dieser und jener dem braven Lehrer dankbar die Hand drückt." Sie wollt' es nicht glauben. Durch einen Sturz vom Gerüst tödlich verunglückt ist gestern nachmittag ein Maler Paul Sigismund auf dem Grundstück Grüner Weg 120. Der Mann stand hier beim Streichen des Seitenflügels auf dem Gerüst in der Höhe des vierten Stockes und stürzte infolge eines Schwindelanfallcs oder eines Fehltrittes plötzlich auf das Asphaltpflaster des Hofes hinab, wo er mit schweren Kopfverletzungen und gebrochenen Beineu liegen blieb. Arbcitsgenossen trugen den Verunglückten nach der nahe gelegenen Unfallstntion. Von dort sollte er mit einem Wagen nach dem Krankenhause am Friedrichshain ge- bracht werden. Er starb aber schon unterwegs an den Folgen eines Schädelbruches und seine Leiche wurde dem Schauhause zugeführt. Eine erschütternde Scene spielte sich gestern, Sonnabendmorgen um 6>/z Uhr, am Schönhauser Thor ab. Ein Mann von etwa 50 Jahren kam in eine Schankwirtschaft und verlangte einekleine Weiße". Da er taumelte, so hielt ihn die Wirtin für betrunken, während er thatsächlich unwohl war, und verweigerte ihm jedes Ge- tränk mit der Begründung, daß er ohnehin genug getrunken habe. Mit den Worten:Nicht einmal für sein Geld bekommt man etwas!" wankte er wieder hinaus. Kaum hatte er die Straße wieder be- treten, da brach er bewußtlos zusammen. Der nächste Schutzmanns- Posten vom 50. Revier nahm sich des Kranken an und brachte ihn mit einer Droschke nach der Unfallstation in der Schönhauser Allee 31. Hier konnte aber der Arzt nur noch feststellen, daß unterdessen schon der Tod eingetreten war. Die Leiche wurde nach dem Schanhause gebracht. Der Mann ist noch unbekannt; nach einigen Notizen, die man bei ihm fand, scheint er Emil Kaiser zu heißen und Handels- mann gewesen zu sein. Selbstmord oder Unfall? Die 69 Jahre alte Kaufmannswitwe Rentnerin Auguste Mendt aus der Urbanstr. 184 wurde vorgestern morgen an Leuchtgas erstickt in ihrem Schlafziinmer tot aufgefunden. Als ihre beiden Söhne morgens um 6 Uhr aufwachten, den Gas- geruch wahrnahmen und die Fenster im Schlafzimmer der Mutter auftissen, war es schon zu spät. Die betagte Frau, die vor zwei Jahren zwei Söhne durch den Tod verlor und mit großer Liebe an einer bei ihr wohnenden elfjährigen Enkelin hing, litt in der letzten Zeit wiederholt an Schwindelanfällen, so daß sie vor vierzehn Tagen schon einmal aus dem Bett fiel. Wahrscheinlich hat sie in- folge eines solchen Anfalls den Gashahn nicht mehr schließen können. Der Abschluß einer Liebestragödie. Das Verschwinden eines Liebespaares, des 21jährigen Droguisten Alfred Heinrich und der 17jährigen Anna Pflug hat nunmehr eine schreckliche Aufklärung ge- funden. Das junge Paar hat thatsächlich Doppelselbstmord verübt und die Leichen wurden gestern im Grunewald , in einer Schlucht, zwischen Kaiser Wilhelm-Turm und Havel , unmittelbar am Wasser, von zwei Waldarbeitern aufgefunden. Heinrich, der bei seinen Eltern, Culmstt..18, wohnte, hatte sich vor einiger Zeit mit der 17jährigen Aizga Pflug, Bautzenerstraße 5 wohnhaft, verlobt. Anfänglich hatten die Eltern der jungen Leute gegen diese Verbindung nichts einzuwenden, jedoch wurden nachträglich dem jungen Paare aus konfessionellen Gründen, seitens der Mutter des Mädchens. Schwierigkeiten entgegengesetzt. Am Sonnabend, den 6. Juni, holte Heinrich seine Braut aus deren Wohnung ab und seit diesem Tage wurden dann beide vermißt. Der Droguist teilte in einer Postkarte seinem Vater mit, daß er mit seiner Geliebten gemeinsam in den Tod gehen wolle, und es wurde auch festgestellt, daß sich Heinrich einen Gistschein verschafft hatte. Die Hoffnung der Eltern, daß die jungeif Leute vielleicht nur mit dem Selbst­morde gedroht hätten und wieder lebend zum Vorschein kommen würden, hat nunmehr eine schreckliche Enttäuschung gefunden. Die Leichen des Liebespaares wurden an der obengenannten Stelle des Grunewaldes, innerhalb des Jagens 140, dicht neben- einander liegend, aufgeftinden. Neben den Toten lagen zwei leere Weinflaschen, die zweifellos das tödliche Gift enthalten haben. Die Gesichtszüge der Leichen waren schrecklich verzerrt und der Ver- wesungsprozeß ziemlich weit vorgeschritten. Der Doppel-Selbstmord dürfte nach dem Befund schon vor ca. 8 Tagen erfolgt sein. Der von der furchtbaren Entdeckung sofort verständigte Amtsvorsteher von Grunewald benachrichttgte die hiesige Berliner Polizei von der Auffindung der Leichen, die noch am gestrigen Spätabend von den An- gehörigen rekognosciert und dann nach dem Selbstmörder- Kirchhof in Schildhorn übergeführt wurden. Gegen die Selbstentzündung von Prcßkohlen-Stapeln empfiehlt das Polizeipräsidium folgende Vorkehrungsmaßregel: Mehrfache in letzter Zeit vorgekommene Fälle von Selbst- entzündungen selbst kleinerer Haufen Preßkohlen lassen es dringend geboten erscheinen, daß die Prcßkohlen-Stapel auf je zwei Meter Länge Ventilationskanäle in ihrer ganzen Tiefe und Höhe erhalten. Diele Kanäle lassen sich leicht dadurch herstellen, daß zwei Preß- kohlen mit 6 Centimeter Zwischenraum als Läufer und über die- selben gleichfalls zwei Preßkohlen mit demselben Zwischenraum als Binder, und in der gleichen Weise durch den ganzen Stapel flach hingelegt werden, und zwar dergestalt, daß dadurch nicht nur ein senkrechter Lustkanal, sondern auch zwei sich kreuzende horizontale Kanäle gebildet werden. Die durch letztere stattfindende Lust- erneuerung erscheint geeignet, Selbstentzündungen der Preßkohlen zu hindern. Der Stand der Pest-Erkrankungen ist heute unverändert. Bei allen Isolierten haben Untersuchungen des Rachenschleims statt- gefunden, außer bei Marggraf sind aber bisher Pestbakterien nicht gefunden worden. Die Bazillen, die der Schleim des Wärters enthielt, waren stark lebend und lebensfähig. Eine Ratte und ein Meerschweinchen, die damit infiziert wurden, verendeten nach kurzer Zeit. Nach dem Ergebnis der Untersuchung muß Marggraf mit den Batterien stark behaftet gewesen sein und sie müssen bei ihm einen guten Nährboden gefunden haben. Wenn trotzdem sein Allgemein- befinden jetzt gut ist, so wird man das ohne Zweifel der Serum- behandlung zuschreiben müssen. Einen Selbstmordversuch machte am Freitagabend um 8 Uhr ei» Droschkenkutscher. Nach der Angabe eines Augenzeuge» stürzte sich der Mann über das Geländer der im Zuge der Grünauer» Sttaße liegenden Hobrecht-Brücke in den L a n d w e h r k a n a l. Da der Vorgang von Passanten bemertt worden war, so gelang es mit Hilfe eines in der Nähe liegenden Schiffers, den Kutscher zu retten. Nach der Ursache seines verzweifelten Schrittes gefragt. erklärte er, daß er wegen der vielen Polizei st rasen mit seiner Familie Not leide und unter diesen Umständen den Tod vorziehe. Er wurde in seiner eignen Droschke, die er auf der Brücke hatte stehen lassen, von einem Steinkutscher nach seiner Wohnung gefahren. Sein Name wurde nicht ermittelt, da Polizei nicht zur Stelle war. Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt. Die ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt wird vom 18. d. M. an für das Publikum geöffnet sein. Als Besuchszeit ist vorläufig für die Wochentage mit Aus- nähme des Montags, an loelchem die Ausstellung geschlossen bleibt, die Zeit von 8 bis 11 Uhr vormittags, außerdem für jeden Dienstag und Donnerstag die Zeit von 6 bis 9 Uhr abends und für die Sonntage die Zeit von 1 bis 6 Uhr nachmittags festgesetzt. Arbeiter-Bildungsschule. Wegen der am Dienstag, den 16. Juni stattfindenden Reichstagswahl fällt a« Montag der Unterricht in Nationalökonomie und am Dienstag in Geschichte aus._ Huö clen Nachbarorten. Neu-Weißeusee. Als erster Punkt der Tagesordnung der letzten Sitzung der Gemeindevertretung wurde über die Einführung einer allgemeinen Sttaßenreinigung verhandelt. Bekanntlich war vom Amtsausschuß die Polizeiverordnung, wonach die Sttaßenreinigung den Grundbesitzern oblag, aufgehoben, da ein Kammergerichts- Entscheid die Herren Grundbesitzer davon befteite, indem eine Observanz verneint wurde. Nichts war natürlicher, als daß von nun ab die Sttaßen in Dreck und Speck liegen blieben, bis ein ge» harnischter Artikel imVorwärts" die Zustände änderte, indem der Gemeindevorsteher, welcher kurz vor einem Urlaub stand und daher keine Sitzung mehr einberufen wollte, der Kommission für die Kanalisarionswerke die Ermächtigung gab, Vorkehrungen zu tteffen. die Straßen, soweit dieselben bebaut sind, auf Genieindekosten zu reinigen. Hiergegen wandte sich unser Genosse Taubmann. Derselbe berief sich auf den§ 103 der Landgemeinde-Ordnung, wo- nach die Ueberwachung der Gemeindeverwaltung der Gemeinde- Vertretung obliegt und protestierte gegen die Matznahmen des Gemeindevorstehers. Er beanttagte ferner, ein Ortsstawt zu erlassen, lvonach die Haus- und Grundbesitzer einen Teil zu den Kosten der Reinigung beizutragen hätten, da diesen doch die bis dahin bestehende Pflicht und die damit verbundenen Kosten abgenommen wurden. Jedoch stieß er hier in ein Wespennest, großes Gejammer entstand bei den sowieso schon hoch belasteten und notleidenden Hausbesitzern. Welche endlich zufrieden sind, von dieser üblen Last befteit zu sein. Da nun allgemein behauptet wurde, daß nach dem Kommunal- abgabengesetz einem solchen Ortsstatut die Genehmigung versagt wird, wurde von unsrer Seite beantragt, hierüber ein. Gutachten einzuholen, was gegen die Stimmen unsrer Genossen abgelehnt wurde. Die weitere Vornahme der Sttaßenreinigung ging an eine Kommission, der u. a. die Genossen Kasielke und Schumann an- gehören. Einem in der Diskussion gestellten Anttag, die Sttaßen zweimal in der Woche zu reinigen, konnte nicht stattgegeben werden, da es der Gemeindesäckel nicht gestattet. Die uns besuchenden Berliner brauchen sich daher nicht zu wundern, wenn ihnen die Papier - und sonsttgen Abfälle bei windigem Wetter nur so um die Ohren sausen. Die armen Hausbesitzer haben die Schuld daran. Ober-Schöncweide. Zwischen Katholiken und Evange- l i s ch e n ist hier ein Streit um die Schäflein, als da sind Schul- kinder entbrannt. Es ist nämlich in letzter Zeit des öfteren vor- gekommen, daß man evangelisch getaufte Kinder, nachdem sie schon jahrelang an dem evangelischen Religionsunterricht teil- genommen hatten, ohne weiteres diesem entzogen, und kurzerhand dem katholischen einverleibt hat, mit der Mottvierung, daß einer der Eltern der katholischen Kirche angehöre. Merk- würdigerweise hat sich die Schulbehörde im Orte nicht gerührt. Erst des energischen Einspruches der Eltern bedurfte es, daß Wandel ge- schaffen wurde. Auf welche Weise die U n t e r s ch r i f t e n für ein von den staatserhaltenden Parteien des Niederbarnimer Kreises verbreitetes Wahlflugblatt zu stände gekomnien sein mögen, mag folgendes beweisen. Mehrere hiesige Einwohner sind ganz überrascht, ihre Namen dort zu finden, leiten es aber daraus her, daß sie vor Jahren auf einer staatserhaltenden Sammelliste einen Bettag zeichneten; sie wollen Einspruch dagegen erheben. Viel Furcht vor ungerufenen Gästen scheint man hier zu haben, daß man eine Versammlung staatserhaltender Wähler an einem Wochentage, nachmittags 3 Uhr, hinter verschlossenen Thüren abgehalten hat. Wird allerdings nichts nützen, die Socialdemokratie ist in Ober- Schöneweide Trumpf! Zehlendorf . Ueber den Terrorismus der Social- demokratie wird so viel geschimpft, daß fich aber der Drucker des hiesigenAnzeigers" weigert, aus Furcht vor Nachteilen, eine Annonce des Genossen Köster aufzunehmen, worin er nur sagt, Herr Hammer hat gegen ihn Anschuldigungen erhoben und er wird ihm Gelegenheit geben, dieselben vor Gericht zu beweisen, wie nennt man denn eine solche Unparteilichkeit? Ja, Bauer, das ist etwas andres. A u ch die hiesige Eisenbahnverwaltung will was für Hammer thun. sie läßt daher unter alle Beamte und Arbeiter die Broschüre von H. Bürger(Sociale Thatsachen) verbreiten. Hoffentlich wissen die schlecht bezahlten Arbeiter besser, von wem ihre Interessen mit Füßen getteten werden. Herr Hammer spricht am Montag(vor der Wahl) in Teltow hinter verschlossenen Thüren. Social- demoftaten, heißt es in der Versammlungs- Ankündigung, haben keinen Zutritt. Ist es denn jetzt mit der ernstlich ob- j e k t i v c n Bekämpfung vorbei? Hat denn der biedere Kunstmaler- meister schon jetzt alle Hoffnung aufgegeben? In Alt-Landsberg hat sich nach demNiederbarnimer Kreisblatt" die Polizei als fürsorgliche Hüterin der dorttgen Kleingewerbe- treibenden erwiesen. Und das kam so: Ein Herr aus Neuenhagen hatte zu Montag das Lindenbergsche Lokal zu einer Wähler- Versammlung der Kleingewerbetreibenden gemietet und hier- für dem Wirt fünf Mark für Saalmiete enttichtet. Als Referent war der Reichstags- Kandidat Anton Ringel- Pankow eingeladen.Bei der Anmeldung der Versammlung", schreibt dasNiederbarnimer Kreisblatt",kamen der Polizei über den mittleren Charakter der Versammlung Bedenken und eine Erkundigung in Neuenhagen ergab, daß der Einberufer ein ausgekochterSoci" ist." Da nicht an- zunehmen war, daß Herr Sch. seine Gesinnung plötzlich geändert habe, so lag die Vermutung nahe, daß die Socialdemottaten unter falscher Flagge in den Hafen von Alt-Landsberg zu segeln be- absichtigen. Herr Lindenbera hat dem Mieter die ö M. Saal- miete zurückgegeben und öffentlich erklärt, daß bei ihm am Montag keine Versammlung stattfindet." Wie wir hören, denkt der Einberufer gar nicht daran, auf den Verttag zu verzichten, und es wird abzuwarten sein, wie sich der Saalinhaber am Montag verhalten wird. Interessant bleibt aber, wie ganz offenkundig die Polizei, in den Wahlkampf eingreift, wie sie von Bedenken über den mittleren Charatter der Versammlung ergriffen wird und Erkundi- gungen über den Einberufer einzieht, die dann Entziehung des Lokals zur Folge haben._ Maklverlammwngen. Die Parteigenossen des ersten Wahlkreises hatten zum Freitag eine Versammlung für die Wähler des Hansa-Viertels nach demTicrgartenhof" einberufen. Die Versammlung war außer- ordentlich stark besucht, wie es m dieser Gegend kaum erwartet