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Mr. 138a. Hbonnemcnf S'Bedlnfltingoi: HBonnemcntä. Preis pränumerando i Vierteljährig Z.Z0 Ml, monatl. l,10 Ml, wöchentlich LS Pjg. frei in» Hau». Einzelne Nuimncr 6 Pfg. Sonntag». nmnmer mit illustrierter Sonntag»« VellageDie Reue Welt' 10 Pfg. Post» Abonnement: l.lll Mark pro Monat, Eingetragen in der Post-ZeitungS- PreiSIiste für ISVS unter Nr. 8203. Unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich-Ungarn s Mark, für da» übrige Ausland» Mark pro Monat. CrfchtlRt täglidi außer Itlonta«. SO. Jahrg. Devlinev Volkslklakk. Centrawrgcm der sorialdemokratischen Partei Deutschlands . Die TnlcrflonS'GebUbr beträgt für die fechsgespaltene Kolonel- zrile oder deren Rauni 40 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins- und Versammlungs-Anzeigen 20 Pfg. Kleine Hnzeiaen" jedes Wort 5 Pfg. (nur da» erste Wort fett). Inserate« die Nächste Nummer niüssen bis S Uhr nachmittag» in der Expedition abgegeben werden. Die Expeditton ist an Wochen- tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn-»nd Festtagen bis 8 Uhr vormitttags ßcfiggafc Telegramm-Aoressei i Sotlaldernoltrat Rerli»". Redahtion: SM. 68. Llndenetraooe 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983. Mittwoch, den 17. Juni 1903. Expedition: SM. 68» Lindcnatraaoc 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1981. 57 Soeialdemokraten im ersten Wahlgange gewählt! Die Soeialdemokratie ist an folgenden Stichwahlen beteiligt: Berlin I. mit Frs. Vp. Celle mit Natt. Harburg mit Natl. IS. hannoverscher mit Natl. Goslar mit Natl. Hildesheim mit Centr. Einbeck - Northeim mit Ratl. Göttinge» mit Ratl. Potsdam mit Kons. R» u. S. �ithmarschen mit Frs. Vg. Minden mit Kons. Kassel mit Antis. Düsseldorf mit Centrum. Frank- furt a. Oder mit Kons. Guben mit Natl. Magdeburg mit Natl. Nordhanseu mit Frs. Vp. Frankfurt a. M. Elbing mit B. d. L. Stettin mit Frs. Vg. Bochum mit Natl. Königsberg sOstpreussen) mit Frs. Königsberg- Ncumark mit Kons. Tilsit mit Kons. Eschwcge mit Freis. Strasburg mit Lib. Köln- Stadt mit Crntrmn. Danzig -Stadt mit Frs. Vg. Duisburg mit Natl. Görlitz mit. Freisinnige Volkspartei . KottbuS mit Konservativen. Halberstadt mit Nationalliberalen. Bunzlau mit Konservativen. Breslau -Ost mit Konservativen. Lirgnitz mit Freistnuige Volkspartei. Hirsch- brrg Echles. mit Fretsinnige Volkspartei. Schweidnitz Schief, mit Konser- vativen. Flensburg mit Antisemiten. Essen mit Centrum. Dortmund . Hagen mit Frs. Vp. Jcrichow mit Wild. Wanzleben mit Natl. Stendal mit Kons. Beuthen mit Centr. Hanau . Memel mit Kons. Merseburg mit Kons. Ober-Barnim mit Kons. Kalau- Luckau mit Kons. Lennep- Mettmann mit Freis. Lucken­ walde mit Kons. Eisenach mit Natl. Weimar mit B. d. L. Sangerhauscn mit Np. Mainz mit Natl. Fricdbcrg-Hessen mit Natl. Pforzheim mit Natl. Durlach mit Natl. Hof. Gießen mit Natl. Karl-Snihe mit Natl. Reutlingen mit D. Vp. Hcilbron mit B. B. Göppingen mit Centrum. Ulm mit D. Vp. Cannstntt mit D. Vp. Eßlingen mit Natl. Fürth mit Frs. Gießen mit Natl. Mannheim mit Natl. München I mit Lib. Schwarzburg-Sondcrshausen mit Natl. Dessau mit Lib. Gotha mit Lib. Koburg. Oldenburg I mit Frs. Vp. Oldenbnrgll. Lndwigshafcn. Miilhcnsen-Elsaß . Schwerin . Lcipzig-Stadt. Brnnnschweig III. Mecklenburg!V. Bautzen . Würzen mit Kon- servativen. Frcibcrg-Sachsen mit Ocrtel. Borna -Pegau mit Kon- servativen. Straßburg -Land. Das Volksgewitter! Siebcmindfünfzig socialdcmokratische Abgeordnete haben wir bisher gleich in der Hnuptwahl gewonnen, einen mehr als die Fraktion 18S3 nach der Erledigung der Stichwahlen stark war. Bei den letzten Wahlen brachten wir im ersten Gang nur 32 Mandate durch das ist ein Zuwachs gegen die Hausttwahl 1893 um 26 Mandate. Dabei haben wir zwei Mandate mit ein paar Stimmen Minderheit gegen die koalierte Reaktion verloren: Sorau -Forst und Bernburg . Ferner sind wir bis jetzt an 89 Stichwahlen beteiligt, von denen ein großer Teil sehr aussichtsvoll, und sogar sicher sind. Damit wird die Soeialdemokratie neben dem Centrnm zur mächtigsten Partei des Reichstags. Wesentlicher aber als die Zunahme der Mandate ist das über« wältigcnde Wachstum der socialdcmokratischen Stimmen: in Berlin allein und den Nachbarkreisest wurden circa 166 666 Stiinmcn niehr gewonnen. Dabei ist unser glorreicher Sieg nicht etwa ans die Lauheit der bürgerlichenNichtWähler" zurückzuführen. Nein, allenthalben ist die Wahlbeteiligung überraschend groß gewesen: In Berlin stieg die Wahlbeteiligung im ersten Wahlkreise von 67 Proz. 1898 ans 73 Proz.; im II. von 73 Proz. auf 76; im III. von 77 Proz. auf 79; im IV. von 62 Proz. auf 74; im Y. von 66 Proz. auf 73; im VI. von 61 Proz. ans 68. Vor nnsrcm Vormarsch hat keine Partei stand gehalten. Der Freisinn ist vor uns zusammengebrochen. In die Burgen des Centrunis sind wir stürmisch eingebrochen. Die konservativen Agrarier weichen vor uns zurück. Und die Nationalliberalen haben wir niedergerungen und bedrängen sie in günstigen Stichwahlen. Die Hauptstädte des Reiches sind fast alle unser. Ans dem Lande haben wir gewaltige Fortschritte gemacht. Unter den Proletariern des Landes in den katholischen Gegenden gärt eS verheißungsvoll. Der Freisinn gefiel sich in der Rolle unsrer Erzieher und Verleumder. Cr belehrte uns, wie man richtige Politik treiben müsse. Er denunzierte unfre Obstruktion, er rüffelte uns noch zuletzt wegen unsrer Opposition gegen schlechte Handelsverträge. Keinen einzigen ihrer Helden hat sie in der Hauptwahl dnrchgcbracht, acht Wahlkreise hat sie definitiv verloren. Die beiden freisinnigen See städte Kiel und Bremen sind unser geworden. In Böblingen fiel der Demokrat Hausmann ans der Stichwahl. Die Agrarier scheinen, nach allem, was bis jetzt bekannt ist, einen argen Mißerfolg erlitten zu haben. Ihr Führer Diedrich Hahn kommt nicht einmal in die Stichwahl. Der dicke Ocrtel wird sehr wahrscheinlich nicht in den Reichstag zurückkehren, namentlich nicht, wenn die Nationalliberalen, wie sie drohen, ihn ini Stich lassen. Den 5lonservativcn haben wir Randow-Grcifenhagen abgenommen. Zwei Antisemiten sind schon jetzt ausgetilgt, darunter Marburg , wo der Nationalsociale nnt den Konservativen in die Stichwahl kvnimt. Das C e n t r u m wird wobl seinen Besitzstand ziemlich bc> haupten. Die Nachricht über Kattowitz erweist sich als falsch; allerdings haben es die Soeialdemokraten dort in der Hand, den Centrumsmann Letocha zur Strecke zu bringen. In der Stichwahl ausgefallen ist das Centrnm in Bochum und in Fraustadt -Lissa, wo der Pole mit dem deutschen Kompromiß- kandidaten in die Stichwahl konunt. Hochbedeutsam aber ist unser sieghaftes Eindringen in die katholische Arbeiterbevölkerung Rheinland- Westfalens. Im rheinisch- westfälischen Industrie- revier hat die Soeialdemokratie riesige Fortschritte gemacht. Daß in Solingen der socialdemokratische Kandidat glatt siegte, besagt noch nicht soviel wie die ungeheure Stimmeiiznnahme in Essen, Bochum und Duisburg . In Essen wuchs nach der Kruppaffaire und nach der Tafeltuch- Rede unsre Stimmenzahl von 4400 auf 22 009 Stimmen! In Duisburg vermehrten sich die socialdemokratischen Stimmen von 7800 auf 25 000! Und auch in Bochum betrug der Stinimcnzuwnchs nicht weniger als 18 000 Stinnncn, erhielt doch Genosse Hn4 46 666 Stimmen gegen- über 22 666 im Jahre 1893. Das ist in den drei Wahlkreisen Essen , Duisburg und Bochum ein Zuwachs von 52 800 Stimmen! Fast märchenhaft aber sind unsre Erfolge im Königreich Sachsen, dem Land der Wahlentrechtimg. In 18 sächsischen Wahlkreisen haben wir gleich im ersten Wahlgang gesiegt. In den übrigen fünf Kreisen kommen wir in durchweg aussichtsreiche Stichwahlen. Sachsen ist jetzt ein socialdemolratischer Staat. Die Zusammenrottung aller bürgerlichen Parteien zu einem reaktionären Kartell hat sich als un- wirksam erwiesen. Diesen unerhörten Erfolgen gegenüber will es wenig besagen, daß es uns diesmal nicht gelang, Königsberg i. P., Magdeburg und Frankfurt a. M. gleich in der Hauptwahl zu nehmen. Auch hier ist keinerlei Rückgang unsrer Stimmen schuld daran, daß wir noch acht Tage warten müssen. Drei Millionen Stimmen werden wir sicher erreichen. I» 112 Wahlkreisen zählen wir 1637 364 socialdcmokratische Stimmen, 422 545 mehr als bei der Hauptwahl 1898. Ein reinigendes Gewitter ist über die deutsche Reaktion gebraust, mächtig und allgewaltig. Aller Volksverrat der herrschenden Klassen der letzten fünf Jahre hat seine dröhnende Antwort erhalten. Die deutsche Soeialdemokratie ist zum ehernen Felsen geworden, an dem alle Niedertracht und Rückwärtserei ohnmächtig abprallt. Der deutsche Socialismns ist fortan eine unüberwindliche Thatsache, mit der sich jede Politik abfinden muß bei Strafe ihrer Ver» nichtnng I_ Stimmen der Verzweiflung. In dieser frühen Morgenstunde, da wir die Berliner Morgen» blätter durchmustern, ergreift uns in der milden Stimmung des über alles Erwarten großen Sieges fast ein Mitleid mit diesen armen bürgerlichen Kollegen, welche den Zusammenbruch der letzten Hoffnungen besprechen muffen. DieVossischc Zeitung", die am 12. Juni noch orakelte:Die Wahrnehmung wird allgemein bestätigt, daß... die Social- demokraiie in vielen Großstädten und Jndustriebezirken ihren Höhe- Punkt überschritte» hat," klagt jetzt:In Berlin ist das charakteristische Merkmal der Wahl ein erheblicher Erfolg der Soeialdemokratie". Sie gesteht zu, daß selbst im ersten Wahlkreise sich dasStimmen- Verhältnis nicht unerheblich zu Gunsten der Soeialdemokratie ver­schoben" habe. Das Blatt dessoliden" Bürgertums tröstet sich schließlich mit dem Gedanken, daß die Konservativen in Berlin noch jämmerlicher zusammengebrochen seien: Die freisinnige Partei wird keinen Versuch machen. die Schwere der Niederlage, die sie in der Reichshauptstadt erlitten hat, zu beschönigen. Um so eifriger dagegen wird sie sich bemühen. wenigstens das letzte Berliner Manoat, um das sie noch kämpfen muß, in der Stichwahl zu behaupten.'Wenn aber der Wahlkampf um die Handelsvertrags-Polittk, um die Erhöhung der Lebensmittel- Zölle, um den Kardorff-Tarkf geführt wurde, so ist die Nieder- läge, die der Schntzzöllnerei und dem Agrariertum, den Ver- büudeten der Bündler. den Vorkämpfern derMittelstands-Politik", in Berlin bcschieden ist, noch weit schwerer als die der liberalen Partei." DasBerliner Tageblatt", das der Freisinnigen Vereinigung zuneigt, hat, wie man das bei Mosse liebt, alles richtig geahnt: Der Ausfall der Berliner Wahlen, wie er oben mitgeteilt wurde, mußte leider erwartet werden. Er enttäuscht wohl, aber er überrascht nicht." Die Schuld mißt dasBerliner Tageblatt" demunglückseligen Zolltarif" zu: Auch der Freisinn hat, wir sprechen es mit Bedauern ans, nicht alles gethan, was in diesem entscheidenden Kampfe gc- schehen mußte. ES war viel Müdigkeit, viel Verdrossenheit in der Art bemerkbar, wie der Freisinn agitierte. Ein Wunder ist das ja nicht. Alle Mahnungen an die verschiedenen liberalen Richtungen, sich zu einigen und geschlossen vorzugehen, fielen auf unfruchtbaren Boden. Die taktischen Zänkereien, die schon den Zollkampf ver- giftet hatten, waren in der Wahlzeit nur mühsam zum Schweigen gebracht. Kaum wurde erreicht, daß die Freisinnige Volks- Partei nicht offen gegen die Freisinnige Vereinigung kämpfte; und selbst dieser dürftige Waffenstillstand war nur durch eine weitgehende Nachgiebigkeit der Freisinnigen Vereinigung zu erreichen. Die eigenwillige Politik de» Führers der Freisinnigen Volks- Partei hat die Niederlage des Liberalismus in Berlin mit ver- schulden helfen. Das muß offen ausgesprochen werden, da ein System der Vertuschung ebenso nutzlos wie unwürdig ist. Der freisinnige Niedergang trat schon bei der Auswahl der Kandidaten zu Tage. Wir halten Herrn Kreitling für einen tüchttgen und gescheiten Mann. Aber ist er wirklich berufen, den zweiten Berliner Wahlkreis zu vertreten, denselben, den einst ein Virchow zierte? Weiter die Herren Jäger und Zwick und Licbenow, sind sie die richttgen Männer gewesen, uin die Stadt der Intelligenz im Sieichstage zu vertteten? Wir sagen nichts gegen die bürgerliche Respektabilität dieser Herren. Sie sind alle, alle ehrenwert. Nur um die Reichshauptstadt im Reichstage zu vertteten, dazu fehlte eS ihnen doch allzu sehr an Volkstümlichkeit, Autorität und klangvollem Namen. Das Bedenklichste an dem gestrigen Wahlresultat ist noch nicht einmal, daß der Liberalismus unterlegen ist; schlimmer noch will es uns scheinen, daß die freisinnigen S t i m m e n fast Überall zurück- gegangen sind. Das bedeutet keine Absage an den Liberalis- mus, aber es bedeutet eine Absage an die Partei, die ans- schließlich die fteisinnigen Kandidaten präsentiert hat. DaS Ver- trauen ist auch in weiten bürgerlichen Kreisen geschwunden. Man will sich nicht mehr von einer Partei beherrschen lassen, die je länger je mehr die Fühlung mit den Lebensfragen des Volkes verloren hat." In der letzten galgenhumoristtschcn Wendung steckt ein Körnchen Wahrheit: In der That ist das Wahlresnltar kerne Absage an jenen e r n sl e ii Liberalismus, dessen Fpederungen nur von der Social- demokratie noch vertteten werden. Zum Schluß fordert dasV.T." eineReform des Berliner Freisinns an Haupt und Gliedern." Und Eugen RichtersFreisinnige Zeitung"? Sie fährt fort. In der alten Weise alle Wahrheit fortzuredigieren. Wenn man ihr Resumö" liest, so ist eigentlich nichts Sonderliches geschehen, ja die Volkspartei hat sogar einen Erfolg erzielt, daß sie doch bereits in 26 Wahlkreisen siegreich? ach nein: an der Stichwahl be- teiligt ist: Die Telegramme über die Wahleraebnisse sind erheblich später als voi/ö Jahren bei uns eingetroffen. Bis jetzt sind ge- zählt 26 Wahlkreise, in denen die Freisinnige Volkspartei in die Stichwahl kommt, zimteist unter günstigen Verhältnissen. Unter diesen Wahlkreisen befinden sich fünf, bei denen die Freisinnige Volkspartei bisher nicht bis zur Stich- Wahl gelangte, nämlich Eschivcge-Schmalkalden, Tondern - Husum , Kaiferslautern. Königsberg und Erlangen -Fürth . Es stehen bis jetzt noch aus Nachrichten aus den bisherigen Wahl-