-
Aehnlich verfuhr man in Golzowo, to Major v. Rochow, der den Socialdemokraten das Abhalten von Versammlungen verbietet, Wahlvorsteher war. Als Wahlgefäß benutzte man einen alten Koffer, deffen Deckel jedesmal aufgeklappt wurde. Auch der Isolierraum war mangelhaft. Der Wähler fonnte von dem Amtsdiener, der daneben
faß, beobachtet werden. In Pernig Pernig find die Wahlcouverts gleichfalls in ein Gefäß, dessen Deckel jedesmal aufgeklappt werden mußte, glatt hineingelegt und beim Auszählen in derselben Folge herausgenommen worden. Die Tonservativen Wahlvorsteher geben sich immer noch alle erdenkliche Mühe, den gesetzlichen Schutz des Wahlgeheimnisses möglichst zu durchbrechen. Am Stichwahltage werden jämtliche Wahllokale in Bauch- Belzig und Jerichow von uns durch Vertrauenspersonen fogenannte Aufpasser, wie sie die Wahlvorstände auf dem Lande nennen besetzt und wird den Wahlmoglern gehörig auf die Finger gesehen werden.
es zum Stehen. S. bat den Lieutenant, den Weg frei zu geben, aber] der Marsjünger forderte noch energischer, zu wissen, wem S. bei der Wahl seine Stimme gegeben habe. Um ihn los zu werden, fagte der Milchhändler, er habe überhaupt nicht gewählt, aber nun wollte der Herr Lieutenant wissen, warum er nicht ge= wählt habe. Er fragte, wo S. wohne, zu welchem Kreise er gehört, und schließlich erklärte er:" Da Sie nicht gewählt haben, müssen Sie sofort umkehren und jetzt wählen gehen!" wohlgemerkt: am Morgen des 18.(!) Juni. Kurz entschlossen nahm der Herr Lieutenant das Pferd beim Zügel, wendete es um und schickte sich an, den Wagen nach Schöneberg zurückzuführen. S. ließ den Mann gewähren, weil er ihm gegenüber wehrlos war. Ein paar andre Milchhändler, die denselben Weg kamen und ihm begegneten, sahen mit Staunen den sonderbaren Aufzug. Sie wollten eingreifen, mußten aber angesichts der Haltung des aufgeregten Lieutenants darauf verzichten. Erst einem zufällig daherkommenden Schutzmann gelang es, den Milchhändler zu befreien. Ja, was fängt man mit dem an?" fragte ratlos der Kaum verebbt die Flut der Telegramme und Briefe, die uns Schußmann, als er sich den Lieutenant näher besah. die Grüße unsrer Genossen aus allen Ländern zutragen, so trägt " Man fängt fängt dasselbe mit ihm an, wie mit jedem uns die Poſt auch schon eine Welle von Protesten, Entrüstungsrufen andren", sagte einer der Milchhändler, die dazu gekommen und Beschwerden aus allen Teilen Deutschlands zu über die schmutzige waren, man bringt ihn zur Wache." Das ging mun freilich und gewaltthätige Wahlmache, die von unsern Gegnern im letzten Das ging nun freilich Wahlkampfe geübt worden ist. Kaum bleibt Zeit und Raum, das einnicht an; denn ein Offizier darf durch keinen Schuhmann laufende Material zu registrieren, aber jetzt schon steht fest, daß ein festgenommen werden. Man mußte sich daran genügen lassen, den Teil davon nicht nur für die Wahlprüfungs- Kommission des Reichstags, Herrn Lieutenant nach seinem werten Namen zu fragen. Er be- sondern auch für den Staatsanwalt sehr interessant sein zeichnete sich als ein Lieutenant Freiherr v. Usedom , worauf man wird. Die Genossen im ganzen Reiche werden gut daran thun, sich ihn laufen ließ. zu den Stichwahlen alle für die Wahl geltenden Bestimmungen auf das genaueste einzuprägen und allüberall die schärffte Kontrolle zu üben, damit den reaktionären Wahlmachern durch Wahlproteſt oder Anzeige das Handwerk gelegt werden kann. Wir lassen eine Reihe der interessantesten Fälle folgen:
Klerikale Wahlumtriebe.
Der Milchhändler hat am andren Tage sein wohl einzig dastehendes Abenteuer auf der Polizei zu Protokoll gegeben. Seine Zeugen find drei ihm bekannte Milchhändler und der Schußmann, dessen Nummer, Name und Wohnung er kennt. Am Sonnabendnachmittag erhielt S. in seiner Wohnung den Besuch eines-Offiziers, der sehr bescheiden auftrat und ihn bat, die Sache nicht der Deffentlichkeit zu übergeben. S. fonnte ihm nur antworten, daß bereits alles Erforderliche veranlaßt sei.- Wahlunruhen in Oberschlesien . Der katholischen Germania" m zu verhindern, daß unsre Partei in den Centrums wird telegraphiert:
*
Wir haben wiederholt von rohen Gewalthaten berichtet, die fromme Centrumsanhänger gegen socialdemokratische Flugblattverteiler verübten; nirgends hat die„ Sicherheitsbehörde" die Socialdemokraten geschützt.
In Oberschlesien aber versucht Polizei und Militär das Centrum schon vor der Diskussion mit Polen zu schützen. Und so floß zur höheren Ehre des Centrums unschuldig Blut!-
-
Stimmentauf.
Zu Runowo, im Kreise Wirsiz, erließ der Besizer Joachim v. Bethmann- Honweg an seine" Arbeiter folgenden Utas:
" Anläßlich der Reichstagswahl, der ersten, während Runowo in meinem Besitz ist, möchte ich meinen Arbeitern meine Ansicht und Stellung zur Sache flarlegen, und zwar im Interesse des guten Einvernehmens zwischen mir und meinen Arbeitern.
Es kann nie eines aufrichtigen Mannes Sache sein, sein Brot im Dienste des Brotgebers zu verzehren, dessen Bestrebungen und Wünsche er nicht zu unterstützen, sondern sogar zu hintertreiben bestrebt ist, und das geschicht, wenn der Arbeiter bei der Wahl in Opposition zu seinem Dienstherrn tritt!
-
Mir macht es keine Freude, durch allerhand Wohlfahrts. einrichtungen und Annehmlichkeiten, die Ihnen wohl bekannt find, für Arbeiter zu sorgen, in deren Mitte ich Gegner meiner Bestrebungen vermuten muß!
Graf Wartensleben , der Landrat unsres Kreises, ist als Kandidat für den Reichstag aufgestellt, und werde ich selbst Herrn Grafen Wartensleben wählen, da ich mir von seiner Thätigkeit und Vertretung gerade für die Landbevölkerung viel verspreche. Graf Wartensleben ist selbst auf dem Lande groß geworden und eft felbft auf dem weiß am besten, wo es den Arbeitern auf dem Lande fehlt. Wie hat Graf Wartensleben so vielen im Notstandsjahr geholfen und Unterstützung zu Teil werden lassen, wo er nur konnte!
Ich wende mich an die Aufrichtigkeit und das Ehrgefühl meiner Arbeiter, indem ich sie auffordere, für die Wahl des Herrn Grafen Wartensleben einzutreten, da aber, wo sie Herrn Grafen Wartensleben nicht wählen wollen, sich der Wahl eines andern Kandidaten zu enthalten.
Diejenigen, welche meinen berechtigten Wünschen hierin entgegen handeln, können sich nicht wundern, wenn dies einen Einfluß auf ihre Stellung ausübt.
Ich verlasse mich auf Ihre Anhänglichkeit und die ergebene Gesinnung, deren Sie mich so oft versichert haben, und bitte Sie, meinen Wünschen nachzukommen. Runowo, Juni 1903. Joachim b. Bethmann- Hollweg."
meldet
Von ungeheuerlichen Wahlumtrieben erfährt man jetzt, nach der Aus Bayern wird uns geschrieben: Wahl, aus denjenigen oberpfälzischen und fränkischen Wahlkreisen, in denen noch das Centrum an der Herrschaft ist. Die schwarze Gendarmerie beobachtete besorgten Blickes die fleißige Aufklärungsarbeit der Socialdemokratie und entfaltete alle ihre Machtmittel, domänen an Boden gewinne. Kanzel und Beichtstuhl Ein schamloserer Stimmenkauf ist nicht denkbar, wie ihn der Die am Sonntagabend in Laurahütte aus einer Centrums- mußten dazu herhalten, um vor den Roten gruselig zu machen. Am Edelste an„ seinen" Arbeitern verübt. Wenn sich einer dieser bersammlung ausgewiesenen Nationalpolen veranstalteten Wahl- Wahltage selbst wurde zu den skrupellosesten Wahlbeeinflussungen erceffe vor dem Wahllokal; alsdann gingen fie gegen die Polizei gegriffen. Die Geistlichkeit fungierte in vielen Orten als Stimmzettel- Arbeiter, die dem Edlen erst ermöglichen, daß er„ standesgemäß" bor ; die Feuerwehr wurde mißhandelt und die Spriße in den verteiler vor den Wahllokalen und bearbeitete jeden Wähler, der leben kann, untersteht, nicht deß Lied zu singen, deß Brot er ist- Teich geworfen. Die Pfarrei, das Hüttengasthaus„ Konsumberein", an das Lokal fam, unter dem Hinweis auf ihre ewige in Wahrheit ist allerdings Herr Joachim das Brot seiner Arbeiter das Hüttenamt sind durch Steine zertrümmert. Militär aus Beuthen Seligkeit", die sie einbüßen würden wenn sie ihre Stimme so wird ihnen mit Entziehung der allerhand Wohlfahrtsschlichtete den Streit. Militär und Polizei töteten zwei Excedenten. einem Liberalen oder Socialdemokraten geben würden. Häufig einrichtungen und Annehmlichkeiten" gedroht. Das ist aber zweifelViele sind verlegt. hatten sich die Seelenhirten die Listen der Wahlberechtigten ver los indirekter Stimmenkauf. Zum leberfluß wird ihnen noch im Wolff Telegraphisches Bureau verbreitet folgende Meldung: schafft und ließen diese der Reihe nach in das Wahllokal Am Sonntag fam es, einer Mitteilung des Gemeinde- führen, wo dafür gesorgt wurde, daß sie keinen andren als Falle des Ungehorsams ein„ Einfluß auf ihre Stellung" angekündigt. Das Gut Rumowo liegt im Kreise Wirsiz. Und Herr Joachim borstandes von Laurahütte zufolge, in einer dortigen Centrums- einen Centrumsftinimzettel bekamen. Die socialdemokratischen Stimmwählerversammlung zu Ruheſtörungen. Angehörige der groß- zettel- Verteiler wurden von den Predigern der christlichen Nächsten- b. Bethmann- Hollweg fühlt sich berufen, die Polen zu germanipolnischen Partei drangen in den Saal ein und verübten der liebe in der schärfsten Weise verhöhnt. Besonders bunt ist sieren". Wenn die Germanisatoren in so brutaler Weise Mißbrauch artigen Lärm, daß die Sicherheitsbehörde einschreiten und von der es im Wahlkreise Weiden- Neustadt, ivo der Gerstendoktor mit ihrer wirtschaftlichen Uebermacht treiben, so darf man sich freilich Waffe Gebrauch machen mußte. Auf beiden Seiten wurden zahl- Heim wieder gewählt ist, zugegangen. In einem Orte dieses Wahl- nicht wundern, wenn bald der letzte Germaniſator aus den polnischen reiche Personen verwundet, eine Person wurde getötet. freises sagte der geistliche Herr zu den Wählern, die socialdemo- Gegenden verschwunden ist. Die Opfer sind dadurch gefordert worden, daß Polizei und fratische Stimmzettel erhalten hatten:" Tragt's nur glei' hint'n auf Militär ihre Aufgabe darin sah, die Centrumsleute gegen die den Abtritt!" Jeder Wähler, der erklärte, daß er schon einen demonstrierenden Polen zu schützen. Stimmzettel habe, wurde peinlich ausgeforscht, ob er auch den richtigen habe. Beim Verlassen des Wahllokals hieß es wiederum:" Han sa guats G'wiffen?" Nicht selten wurden Als Wahlvorstand fungierte der Rittergutsbefizer Baron den Wählern die liberalen oder socialistischen Zettel, die sie am v. Rocheidt. Von einem Jolierraum war gar nicht die Rede; Lokal erhielten, abgenommen, wofür man ihnen ultramontane ein- der konservative Stimmzettel- Verteiler und der Couvert- Verteiler händigte mit dem Bemerken:„ Das ist der richtige, den müßt Ihr stand neben einander. Wahlurne: eine Suppenschüssel, in die alle wählen". Der socialdemokratische Wahldienst konnte nur durch orts- Couverts sorgfältig über einander geschichtet wurden. Mehrere Leute, fremde Genossen geleistet werden, einheimische waren aus leicht be- die socialdemokratisch wählten, sind vom Baron beschimpft und greiflichen Gründen hierzu nicht zu haben. Es gehörte auch ein ge- entlassen worden. Aus dem zweiten anhaltischen Wahlkreis wird uns geschrieben: wisser Mut dazu, für die Socialdemokratie thätig zu fein; Wenn auch der fattische Sieg unsrer Partei nicht zufiel, der häufig genug mußten unsre Leute gegenüber den von der Geistlichmoralische Sieg ist dagegen unbestreitbar; war doch keine Lüge, feit in religiösen Fanatismus versetzten Centrumswählern auf ihre feine Verleumdung schlecht genug, um nicht gegen uns verwendet zu Sicherheit bedacht sein. Es kam auch vor, daß sie von der Polizei einfach fortgewiesen wurden. Die Jfolierräume waren zum Noch kein Wahlkampf dürfte von solchen Niederungen ausgeführt Teil unter aller Stritit, oft überhaupt nicht vorhanden. Die Wahlworden sein, als dieser. Obgleich Genosse Albrecht im Anfange der urnen entſprachen vielfach in keiner Weise den Vorschriften. Wahlagitation mit Nachdruck erklärt hatte, daß seinerseits der Wahl- In vielen Wahllokalen wurde gleicher Zeit Bier tampf in objektivster Weise werde geführt werden, begannen die ausgeschänkt, dem der Wahlausschuß fleißig zusprach; auch die Wähler Nationalliberalen ihre Agitation mit einer schweren persönlichen kamen dabei nicht zu kurz. Es ist daher nicht zu verwundern, daß Kränkung unfres Kandidaten, indem sie ihm die Qualifikation, in einem Orte der Oberpfalz fämtlichen Mitgliedern des Wahlein folches Amt ausfüllen fönnen, zu absprachen. Um= fomitees gegen Schluß des Wahlaktes das europäische Gleichfomehr wurden wir wißbegierig, welche„ Leuchte" man gewicht" vollständig abhanden gekommen war und unter uns in der Person des Geh. Kommerzienrates Wessel vorstellen der Wählerschaft eine Stimmung herrschte, wie uitter tverde. Eine arge Enttäuschung! Alle seine Reden waren Beweise einer Indianerhorde, die sich auf dem Kriegspfade befindet. einer nicht vorhandenen politischen und ökonomischen Bildung. Herr Es kam auch mitunter vor, daß ein Polizist im Wahllokale die Weffel wird sicherlich nicht den Reichstag geistig heben! offiziellen Wahlcouverts und die Centrums- Stimmzettel zu gleicher Die Freifinnige Volkspartei ist vollständig aufgerieben. Sie war Beit an die Wähler verabfolgte. Manchmal besorgte das der Lehrer es, die einen ihrer Führer an die Spize des reichstreuen und Entgegenkommen" gegen die Wähler Wahllomitees" delegierte und dabei einen Mann erfor, so weit, daß er ihnen die auf den ultramontanen Kandidaten der sein Landtags Mandat der Socialdemokratie verdankt! lautenden Stimmzettel eigenhändig in die Wahlcouverts steckte. Der Dant, den unfre Partei dafür erntete, bestand in gemeinen Die Namen solcher Wähler, die socialdemokratischer Gesinnung verVerleumdungen und Unterstellungen, die in einem von diesen Volts- dächtig waren, fehlten massenhaft in den Wählerlisten, während die parteilern unterzeichneten Wahlaufruf und in sonstigen Publikationen Gutgesinnten vollzählig eingetragen waren. Das ist natürlich nichts enthalten waren. Diese Wahl hat insofern viel Gutes gewirkt, als sie weiter als Zufall". In einem größeren Industrie- Drte der Oberwie ein Gewitter alles Faule und Modernde fortschwemmt.- Das große pfalz ging der Pfarrer mit den Ortsgrößen von einer Arbeitsstätte Sammelbecken„ Reichstreu". zur andren und bezeichnete den Unternehmern diejenigen Arbeiter Wir schließen unsre Wahlatten in der frohen Hoffumg, daß die in ihren Betrieben, die als Socialdemokraten gelten. Zu gleicher Wahl des Mischmaschkandidaten und der politischen Konfusion nur Beit wurden die Unternehmer aufgefordert, auf diese Arbeiter eineine Episode in der Geschichte des Kreises ist und daß dieser Sieg zuwirken, was denn auch im ausgiebigsten Maße besorgt wurde. bereits alle Merkmale trägt, daß Anhalt II eine uneinnehmbare In einem Orte des Wahlkreises Eichstätt wurden die Wähler der Burg der Socialdemokratie wird. Reihe nach, wenn sie zum Wählen kamen, von der Wahlfommission aufgeschrieben. Die Couverts mit den Stimmzetteln legte der Vorsteher säuberlich eins auf das andre in die offene Urne. Nach Schluß des Wahlaktes wurde die Urne einfach um
werden.
=
Eine unfreiwillige Prophezeiung. Ein von den Kriegervereinen berbreitetes Wahlflugblatt schloß wie folgt:
Die alten Krieger wissen, wo sie den Freund, und wo sie den Feind zu suchen haben. Darum sollen sie mutig vorwärts gehen, wie dereinst bei Düppel, Königgräß und Sedan , mit entfalteten Fahnen unter der Tageslosung:„ Vorwärts, mit Gott für Kaiser, Fürst und Vaterland gegen die Social demokratie!" Und der Sieg wird sich an ihre Fahnen heften!
Der Sieg hat sich in der That an ihre Fahnen geheftet, nämlich an die der Socialdemokratie, auf die sich das„ ihre" grammatikalisch beziehen mußte!
Wahlbeeinflussungen.
Aus der Mark Brandenburg
meldet die Brandenburgische Zeitung":
"
er trieb das
"
gestürzt, und so hatte man die abgegebenen Stimmzettel in genau derfelben Reihenfolge vor sich, wie die Wähler auf der Liste verzeichnet waren. Aehnliche Manöver wurden noch in verschiedenen andren Orten beobachtet.
cirkulieren:
Ein bismärkischer Wahlvorsteher.
Sogar die Agrarier Klagen über Wahlmache! Der Deutschen Tageszeitung" wird von Herrn Franz v. Bodelschwingh geschrieben:
Viele Bauern haben sich in ihrem festgewurzelten Autoritätsgefühl durch die Haltung der Regierung irre machen lassen; viele haben auch infolge persönlichen Druces seitens der Behörden oder auch der leider noch immer vielfach wenig zum Bunde haltenden größeren Befizer ihrer Ueberzeugung nicht Ausdruck zu geben gewagt. Im Wahlkreise SangerhausenEcartsberga haben, um nur einige Beispiele zu nennen, Drtsvorsteher meine Schriften forgfältig verschlossen, damit nur ja der Herr Vorgesetzte sie nicht bei ihnen finde; ebendort hat es mir oft viel Zureden gekostet, ehe ein Bundesmitglied es wagte, den Vorsiz in meinen Versammlungen zu übernehmen. Die ehrlichen unter meinen Geguern haben selbst anerkannt, daß die Socialdemokratie nicht annähernd mit gleich verwerflichen Mitteln gearbeitet habe, als die Vertreter der vereinigten ,, Ordnungsparteien". Ebenso haben im Wahlfreise Rotenburg- Hersfeld notorisch zahlreiche Wähler dem von der Regierung unterstüßteu Kandidaten der vereinigten Parteien ihre Stimme nicht gegeben, weil die zu dessen Gunsten beliebte Kampfes weise sie mit Abschen erfüllt hat. So wird die Autorität von oben nicht minder erschüttert als von unten. Wer ist dabei der lachende Dritte? Der gefährlichste Feind aller Ordnung, Zucht und Sitte, der geschworene Gegner des christlichen und monarchischen Gedankens, das internationale Judentum.
"
Dem internationalen Judentum" besorgen aber die konservativen Agrarier, wo sie an der Macht sind, selbst den besten Agitationsstoff.
Politische Ueberficht.
Wilhelm II. nach den Wahlen. Raiſers mit der Unterschrift:„ Der Besiegte des 16. Juni!" Ausländische Blätter brachten dieser Tage das Bild des deutschen Kaisers mit der Unterschrift:" Der Besiegte des 16. Juni!" Die Kaiserreden von Essen und Breslau waren im Auslande nicht vergessen und so betrachtete man naturgemäß die Wahlen als eine Antwort auf jene Rundgebungen.
In der deutschen socialdemokratischen Bresse hat man an die In der Ortschaft Nielebock bei Genthin ( Streis Jerichow I und II) Aufforderung zum Tischtuch- Zerschneiden und den schlichten Mann läßt der Gemeindevorsteher folgende amtliche Wahlbekanntmachung nur flüchtig noch erinnert.. Es wäre auch eine Verkennung der BeAm Donnerstag, den 25. d. Mts. von früh 10 Uhr bis abends deutung der Wahlen, wenn man in ihnen lediglich einen Protest 7 Uhr findet die Stichwahl zwischen dem Kandidaten der staats- gegen den Kaiser sehen würde. erhaltenden Partei dem Fürsten Bismarck, und dem Umstürzler dem Socialdemokraten Voigt statt, wozu die hiesigen Wähler eingeladen werden.
Nielebock, 21. Juni 1908.
Der Gemeindevorsteher Zimmermann als Wahlvorsteher.
Es ist ein socialistischer Wahlsieg im eigentlichen Sinne. Das socialdemokratische Programm hat ihn erkämpft. Selbst weini es ebenso wahr wäre, wie es erlogen ist, daß die Socialdemokratie mit zusammengerollter" Fahne in den Wahlkampf gezogen sei, so haben schon unsre Feinde dafür gesorgt, daß unser Programm„ ents schleiert" wurde. Die socialdemokratischen Thaten der letzten fünf NB. Zu meinem größten Bedauern und zum Standal für Jahre und die socialdemokratische Kritit der herrschenden Verhältunfre Narbarörter find leider, ich nehme an wohl durch Ver- niffe und Regierungsleistungen boten ausschließlich Argumente unfren Gunsten. Alles, hehung, von dummen Jungen und Tagedieben, die auf Kosten zu diesen Jahren andrer leben, 16 Stimmen für den Umstürzler abgegeben worden. an Gedeihlichem erreicht wurde, ist der Socialdemokratie zu Richte daher an diejenigen Wähler die Bitte, doch vernünftig und verdanken. Alles, was Schlimmes geschehen ist, konnten wir tlarsehend mit sich selbst vorzugehen. nicht verhindern, so daß uns als einzige Waffe nur die Kritik
was in
Die Beschaffenheit der Wahlgefäße in verschiedenen Orten, hat, wie die Manipulationen der Wahlvorsteher, was die Sicherung des Wahlgeheimnisses anbetrifft, immer noch viel zu wünschen übrig gelassen. Vielfach sind die Wahlgefäße nicht genügend verMan bedt gewefen. hat Deckel auf die zwar einen als Wahlgefäße benutten Kisten, Terrinen, Körbe und Koffer gelegt, aber den Deckel jedesmal, wenn ein Wahlcouvert hineingelegt werden sollte, abgehoben. Demnach ist dort das Couvert nicht in ein verdecktes, sondern ins offene Gefäß Daß man einen Mann nicht wählen darf, welcher und ist die übrig bleibt. Und diese Kritik, anfangs immer isoliert, beschimpft gelegt worden, meistens der Reihe nach, wie die Wähler kamen, Scholle noch so klein, vielleicht bestehend in einem kleinen Wohn- und wohl gar dem Staatsantvalt überantwortet, hat so sehr in so in Wu st. Dort bestand die Wahlurne aus einer Kiste. Der hause mit hübschem Garten, von dieſe vertreiben will.( 1) Ein jedem Punkt recht behalten, daß selbst die Schuldigen und WerDeckel wurde jedesmal aufgehoben und das Couvert eines nach Nein und wieder Nein muß man solch Gesindel zurufen. D. D. dem andern aneinandergereiht. Beim Auszählen wurden die Die Wähler des Ortes Nielebock können jetzt dem Ober- antwortlichen sich heute unsrer Gründe gelegentlich bedienen. Weil aber in unfren gethanen Handlungen nichts VerCouverts in derselben Reihenfolge herausgenommen und geöffnet. scharfmacher und Volksfeind Bismarck feinen größeren Gefallen man Im ganzen Dorf weiß man heute, wie jeder gewählt hat. Dem thun, als sämtlich socialdemokratisch zu wählen. Für den wendbares fand, darum malte man in Millionen Flugblättern Verlangen einzelner Wähler, die Couverts beim Auszählen durch Fürsten Bismard in Nielebod abgegebene Stimmen müßten jest ja einander zu werfen, kam der Wahlvorsteher nicht nach. Wahl- doch unter allen Umständen kassiert werden! vorsteher war hier der Gemeindevorsteher Brüggemann.
und Schriften die Schandthaten, die wir einmal begehen würden: Ueberall wurde mit dem Zuchthausstaat gearbeitet, der dem Handwerkameister selbst seine Schusterglocke und dem Bäuerlein die letzte