Einzelbild herunterladen
 
Zu diesen Auslastungen schreibt ein waschechtes Centrun, sblatt, die �Rheinisch- Volksstinime", das Organ der rheinischen Centrums- dauern, folgendes: Es ist wirklich tief zu bedauern, dast unsre leitende Centrums- presse nicht endlich dieses System öder Schaumschlägerei und Rabulisterei aufgeben will. Kein Mensch, der auch nur ein wenig das Getriebe unsrer Parteipolitik kennen gelernt hat, wird ein Wort von diesen Drohungen derKöln  . Bolkszeitung" glauben. Einerausschlaggebenden Partei", ohne deren Willen angeblich Reichstag und Regierung nichts durchführen können, steht es wirklich nicht gut an, bei jeder neuen politischen Frage und jeder neuen Geldforderung der Regierung anfangs unter laut tönenden Drohungen ein bedingungsloses Nein" hinauszurufe», während man doch ganz genau weiß, daß man fich schließlichin das Unvermeidliche schicken wird". Dadurch erreicht man doch nur, dast einerseits die Negierung dieausschlag- gebende Partei" überhaupt nicht mehr ernst nimmt, und daß andrerseits dieses System der inneren Unaufrichtigkeit unser ganzes Parteileben vergiftet." Das agrarische Centrumsblatt, das so treffend die Centrums- Politik charakterisiert, versteht doch genug vom Kuhhandel, um die Motive dieser widerlichen Posse zu würdigen. Es ist die Sprödig- keit, die hoch bezahlt werden will l Kein Gebet für den Papst. An der Spitze ihrer heutigen Aus- gäbe bringt dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" diese auffällige Berichtigung: Ein Berliner   Börsenblatt hat am 7. d. M. berichtet. Seine Majestät der Kaiser habe am letzten Sonntage beim Schiffs- Gottesdienste an Bord derHohenzollern  " ein Gebet für den erkrankten Papst gesprochen; andre Blätter wußten zu melden, daß der Antritt der Nordlandsreise sich deshalb verzögert habe, weil Seine Majestät sich im Falle des Todes des Papstes zu den Beisetzungsfeierlichkeiten nach Italien   begeben wolle. Wir sind ermächtigt, alle diese Meldungen als erfunden zu be- zeichnen. Die NordlandSreise wird voraussichtlich morgen an- getreten werden." Es klingt fast wie Entrüstung aus dem offiziösen Organ des Reichskanzlers, daß der Kaiser sich so innig um das Seelenheil des andren der beidengrößten Herrscher der Jetztzeit", wie Erzbischof Fischer sagte, gesorgt habe I Ist die Meldungerfunden", so ist sie doch sicherlich psychologisch richtig erfunden. Zur Landtagswahl im Kreise Teltow-Charlottenburg schreibt die Frcis. Ztg.":Diesmal wird die Zahl der Wahlmänner weit über 2000 hinausreichen. Im Jahre 1893 waren die Freisinnigen und Nationalliberalen verbunden in diesem Kreise. Jede Partei stellte einen Kandidaten für das Abgeordnetenhaus. Bei besserer Wahl- Vorbereitung gegen früher erlangten die Liberalen 795 Wahl- männer gegenüber 1049 Konservativen. Seitdem hat sich für die Liberalen durch das Anwachsen der Bevölkerung gerade in liberalen Bezirken die Aussicht noch verbessert. Es erscheint jetzt möglich, eine sichere liberale Mehrheit zu erlangen, wenn Freisinnige Volkspartei  und Nationalliberale sich rechtzeitig für den Wahlkampf zu einigen verstehen. In jedem Falle kommt es auch angesichts der voraus- sichtlichen Beteiligung der Socialdemokratie vor allem darauf an, bei den Hauptwahlen möglichst viel liberale Wahlmänner durch- zubringen."_ Die Polizei im Dienste des Unternehmertums. Aus Mainz   wird uns geschrieben: Hessen   erstellte sich im Gegensatz zu den nicisten andren unsrer deutschen   Vaterländer nicht nur einer steieren Handhabung des Vereins- und Versammlungs- rechtes, sondern in Hessen   nahm auch die Polizei bei Lohnkämpfen meist eine recht verniinftige Haltung ei». Das scheint anders werden zu sollen. In Mainz   sind gegenwärtig etwa 700 Maurer und 100 Zimmerer von den Unternehmern ausgesperrt. Die Unternehmer zogen Italiener als Arbeitswillige heran, nin die Ausgesperrten zu ersetzen. Angeblich zum Schutze dieser Italiener wurde ein starkes Polizci-Aufgebot entfaltet. In dem Bestreben, den Bauunternehmern dienstbar zu sein, ließen sich die Polizeibeamten grobe Gesetzesverletzungen zu schulden konnncn. So wurden beispielSiveise seitens der Ausgesperrten den an einein Bau arbeitenden Italienern eingeschriebene Briefe geschickt, die Polizisten aber hinderte», de» Bricfboten daran, seine Pflicht zu thirn und den Arbeitswilligen die Briefe zu geben. Der Kommissar erklärte, er habe die strengste Weisung, zu verhindern, daß den Arbeitswilligen irgend et w a s gegeben würde oder jemand mit ihnen spräche. Wenn die arbeits- willigen Italiener von ihrem Quartier morgens ans die Baustelle und abends zurück transportiert werden, sind sie von vielen Schutzleuten umgeben, drei oder vier Schutzleute gehen dem Trupp voran und treiben alles vor sich her. Keiner der Anwohner der Straßen, welche der Zug' passiert, darf sich auf der Straße blicken lassen, selbst Frauen werden mit Ver- Haftung bedroht. Die Bauten, an denen die Italiener arbeiten, sind den ganzen Tag von zahlreich?» Schutzleuten unter Führung von Kommissaren und Wachtmeistern umgeben. Gegen die Ausgesperrten und das Publikum gehen die Polizeibeamten in schroffster Weise vor. Diese polizeilichen Uebergriffc der letzten Tage waren Veran- lassung zu einer Interpellation unsrer Genossen im Mainzer Stadtverordneten- Kollegium. Ober- Bürgermeister Dr. G a ß n e r sagte Untersuchung und strenge Bestrafung der Polizeibeamten zu. Das überaus starke Polizeiaufgebot aber sei nicht von der Bürgermeisterei, sondern vom Krcisamt auf Wunsch der Unternehmer veranlaßt worden. Landtags-Abgeordneter Genosse Dr. David hat daraufhin an die hessische Regierung folgende Interpellation gerichtet: Sind der Großh. Regierung die polizeilichen Maßnahmen bekannt, welche unter grober Verletzung der persönliche»»nd der Berkehrsfreihcit vom Kreisamt Mainz   zu Gunsten der Bauunter- nehmer im Kampfe gegen die ausgesperrte» Maurer getroffen worden sind? Was gedenkt die Großh. Regierung zu thun, um ein derartiges parteiisches Eingreifen der Polizei-Organe i» Lohn- kämpfe unter Richtigmachung der vcrfaffungsmäßigcn Rechte der Staatsbürger für die Zukunft unmöglich zu machen?" Zwar wird eine Besprechung, da der Landtag vorerst nicht zu- sannnentritt, für die nächste Zeit nicht erfolgen, aber es ist ivohl anzunehmen, daß die Regierung diese Besprechung nicht abwartet, sondern sofort Schritte unternimmt, um hier Wandel zu schaffen. Jungliberales." München  , v. Juli. fEig. Ber.) Einer besonders heiteren Sorte von Liberalismus erfreut sich die bayerische   Hauptstadt. Die liberale Partei leistete sich hier bei der Reichstagswahl das Stückchen, für München   l einen Zollgegner und für München   II einen Schutz- zöllner als Kandidaten aufzustellen. Zu gleicher Zeit betonte die liberale Presse bei jeder Gelegenheit, in Zukunft werde ihre Partei mit größerer Enffchiedenhert eine wirklich liberale Politik treiben, um die in dieser Beziehung bisher begangenen Sünden wieder gut zu machen. Aus diesen Versicherungen zog der jungliberale Rechts- anwalt Kehl   die Konscguenzen und verlangte am 13. Juni in einer liberalen Wählerversammlung, die Partei dürfe, wenn sie sich ihres Namens nicht ganz unwürdig machen wolle, in Zukunft solche Rechts- brüchc nicht mehr mitmachen, wie es bei dem Antrag Kardorff geschah. Dieses Verlangen des Herrn Kehl hat nun eine furchtbare Sühne gefunden. Wie er heute den Zeitungen mitteilt, wurde er vom Ausschuß des Jungliberalen Vereins aufgefordert, er solle seine Rede als eineEntgleisung" bezeichnen und eingestehen, daß er sie «nn unrichtigen Ort und zur unrichtigen Zeit gehalten hätte. Natür- lich gab er eine solche Erklärung nicht ab, sondern teilte seinen Parteigenossen noch mit, daß er bei der Wahl sogar für Gcnoffen v. Bollmar gestimmt habe. Daraufhin ist»»» der Ausschluß des Herr Kehl   aus dem Junglibcralcn Verein erfolgt l Die liberale Presse hat wiederholt versichert, daß nun der Liberalismus wieder zu neuem Leben erwacht sei. Daran kann man nach den oben geschilderten Vorgängen in der That keinen Augenblick mehr zweifeln. Das ist wirklich der deutsche  Liberalismus  ", dessen' ganze Fähigkeit darin besteht, daß er jeden wirklich liberalen Gedanken sofort totschlägt oder mindestens als eilteEntgleisung� bezeichnet. Und solche Diitge passieren bei den Jungliberalen", die den Alten noch viel zu radikal sind! Herr Kehl   hat übrigens seine früheren politischen Freunde recht hübsch charakterisiert, indem er bemerkte, wenn er die verlangte Erklärung abgegeben hätte, so hätte man ihn wegen»unehrenhafter Gesinnung" ausschließen müssen. Für den Milchzoll. In einer Versammlung des rheinischen Bauernvereins in Cleve wurde lebhaft die Ablehnung deS Milch- zolles beklagt. Sobald die holländische Grenze geöffnet werde, lind das sei nur eine Frage der Zeit, würde der Niederrhein   und das Ruhrrevier mit billiger holländischer Milch im wahren Sinne des Wortes überschwemmt, und dies sei der Ruin der nieder- rheinischen Landwirtschaft. Es wurde beschlossen, folgende Reso- lution an sämtliche Abgeordnete der konservativen und der Centrums- Partei zu senden'In der Erkennwis, daß bei Aufhebung der Grenzsperre die niederrheinische Landwirtschaft ihrem Untergange geweiht ist, beklagt die heutige zahlreich besuchte Kreisversammlung des rheinischen Bauernvereins, daß bei den Verhandlungen des t olltarifs der Milchsoll gefallen ist, und ersucht deshalb Euer ochwohlgeboren, keinem Handelsvertrage Ihre Zustimmung zu geben, durch welchen nicht der heimischen Milchwirtschast der volle Schutz gewährt wird." /Zuslanck. Oestreich-Ungarn  . Die Ausschußwahlen bei der Bctriebs-Kraukeukasse der öst- reichischcn Nordbahn enderon mit einem Siege der socialdemokratischen Kandidaten. Sie erhielten von 15 759 Stimmen 9526 bis 9607 Stimmen, während auf die Direktionskandidaten, die zugleich die der Christlichsocialen waren, nur 6029 bis 6097 Stinunen entfielen. Seit den letzten Wahlen im Jahre 1900 hatten die socialdemokratischen Stimmen einen Zuwachs von 3000 Stiimncn zu verzeichnen. Frankreich  . Klerikale Mordprcdigt. Das Pariser BlattLa Delivrauce" (Die Befreiung"), das von dem Protestantenfresser Ernst Renauld geleitet lvird, entfaltet plötzlich eine überaus rege Bethätigung. Es wird in unzähligen Exemplaren gratis auf den Boulevards verteilt und kündigt an, daß es jetzt im Besitze der Mittel ist, diese Propaganda lveiter fortzusetzen. Mit er- quickender Offenheit wird in der Dienstagnummer klargelegt, ivorauf man hinzielt.Ein Oppositionsblatt muß nicht nur die schändlichen Verbrechen des gegenwärtigen Regimes aufdecken und schnelle Mitteilimge» veröffentlichen, es muß vor allem ein Centrum werden, um den R ä ch e r h a tz zu schüren in der Hoffnung, daß sich ei» Hirn finden wird,»m ihn aufzunehmen, und ei» Arm, um ihn zu kühlen, indem er die Hallunken verjagt, die die Regierung des Landes entehren. Wir erklären rundheraus: Alle Mittel sind gut, um unser Land zu retten, und wir würden mit ruhigem Gewissen vor Gott   erscheinen, wenn Frankreich  dank dem heiligen Hasse, den wir hier im Garten unsrer patriotischen Hoffnungen zu pflegen und großzuziehen gedenken, eines schönen Tages die Verhaftung der Schurken der Revolution und des Block", und selbst ihre Abreise in eine bessere Welt erftihre. Was kommt eS aus die Beseitigung einiger Existenzen an, wenn es sich um die Rettung des ganzen socialen Körpers handelt l Ob man nun wolle oder nicht. nur durch einen Gewalt- st reich und nicht durch Stimmzettel kann uns die Rettung kommen. Ein Gewaltstreich setzt Opfer voraus. Um so schlimmer stir die, die für die gute oder für die böse Sache fallen; an jenem Tage wird Gott   die Seinen erkennen. Vor allem muß Frankreich   leben. Es siecht jetzt aber hin, unser teures Vaterland; es stirbt an dem revolutionären Liberalismus, an den f a l s ch e n D o g m e n von 1789, die aus dem Protestantismus geschöpft sind, der die bewunderungs- würdige religiöse und politische Einheit zerstört hat, dank welcher wir in der Welt eine so große Rolle spielen konnten... Wir wollen mit allen Mitteln, selbst dc» gesetzwidrige», nnsrem Glauben und unsren Uebcrlieferungcn zum Siege verhelfen.... Nieder mit den Hugenottensektierern 1 Nieder mit den Inden, den Freimaurern! Es lebe das katholische, das traditionelle Frankreich  !" (Griechenland  . Athen  , 9. Juli. R a l l i erklärte in einer Vereinigung dclyannisti- scher Abgeordneter, die Bildung eines Kabinetts sei schwierig wegen der Unmöglichkeit, das Fmanzprogramm Delyannis beizu- behalten, da die Majorität der Kammer dagegen sei. Er sagte ferner, die parlamentarische Erledigung des Korinthenmonopols sei unmöglich, bevor die Verhandlungen mit den beteiligten Mächten beendigt seien. Delyannis erklärte in einem Interview, die K a m m e r m n s s e a u f g e l ö st lv e r d e n, da das Kabinett sich nicht einer feindlichen Majorität vorstellen könne. Wenn die Meinungsverschiedenheiten zwischen Delyannis und Ralli an- dauern sollten, würden sie das Scheitern der Kabinettsbildung oder eine völlige Trennung zwischen Ralli und Delyannis herbeiführen können. Asien  . Bahnbau im Jangtsc-Gebiet. Aus Shanghai   wird denTimes" unter dem 9. Juli gemeldet: Heute wurde hier der endgültige Ver- trag für den Bau der Shanghai SutschaNanking-Eisenbahn durch Scheng und die Vertreter der englischen   und chinesischen Gesellschaft unterzeichnet. Die Arbeiten müssen innerhalb eines Jahres be- ginnen und in 5 Jahren vollendet sein. Es sei sicher, daß dieses Unternehmen zur Entwicklung des Handels am unteren Jangtse  viel beitragen werde. Afrika  . Aus Tanger   melden dieTimes": Eine Gesellschaft angesehener Marokkaner aus Tanger   wurde von dem Beni-Jgdir-Stamme ge- fangen genommen, unter ihnen der Bruder des eingeborenen Sekretärs der englischen Gesandtschaft und ein eingeborener Artillerie-Osfizier. Zwei Mauren   sollen bei dem Zusammenstoß ge­tötet sein. Die Gesellschaft befand sich aus einer Wallfahrt nach einer berühmten, zwei Tagereisen von Tanger   entfernten Grabstätte. Die Fähigkeit der Regierung, die Ordnung aufrechtzuerhalten, wird täglich geringer._ Streifzüge durch das Wahlfeld. Wie Herbert Bismarck   gewählt wurde! Unser Magdeburger  Parteiblatt stellt eine große Anzahl von Ungesetzlichkeiten fest, die im Wahlkreise Jerichow I und II vorgekommen sind. In zahlreichen Orten wurden die kontrollierenden Genossen aus dem Wahllokal ge- wiesen. Die Wahlurne bestand in G r ü tz ans einer Suppenterrine. In B ü tz e r haben die Wähler gewählt, ohne den Jsolierraum zu be- treten. Ein Wähler erhielt einen Stimmzettel im Wahllokal. In Neuermark   befanden sich verschiedentlich mehrere Wähler zu gleicher Zeit im Jsolierraum. Aus Böhne wird folgendes Wahlbild gezeichnet: Das Wahl- lokal befand sich auf dem Gute des gleichzeitig als Wahlvorsteher fungierenden Rittmeisters a. D. Briefen. Als Wahlraum diente ein kleines Zimmer in einem Hintergebäude. Auf dem Hausflur stand in einer Ecke ein Tischchen, auf dem konservative Stimmzettel lagen. Durch die stets offene Thür des Wahlzimmcrs konnten Mitglieder des Wahlvorstandes ohne viel Mühe beobachten, welche Wähler von dem Tischchen Zettel nahmen. Ob auch diese geringe Mühe den Wahlvorstand noch verdroß? Das Tischchen mit den Zetteln befand sich mit einem Male vis-a-vis der offenen Thür des Wahlzimmers. Die Wahlzelle war durch eine spanische Wand hergestellt und so un- zweckmäßig aufgestellt, daß etwaige neu eintretende Wähler den in der Wahlzelle hantierenden Wähler von hinten beobachten konnten. Speciell schien sich der Herr Inspektor ftir die Vorgänge in der Wahl- zelle zu interessieren, als Gutsarbeiter ihr Wahlrecht ausübten; er stellte sich, die Wahlcouverts verabfolgend, so auf, daß er in die Wahl- zelle blicken konnte. Daß der Gemeindevorsteher einem Wähler im Wahllokal(II) in diensteifriger Weise einen Stimmzettel verabreichte, sei hier auch gleich erwähnt. Die Wahlurne, eine Cigarren- kiste größeren Formats, war in ihrer Art ein Meisterstück. Mt bewundernswertem Raffinement war sie so eingerichtet, daß in ihr stets die peinlichste Ordnung herrschte; ein Couvert fiel immer fein säuberlich auf das andre. Damit ja nicht etwa ein Couvert auS Reih' und Glied kam. war der innere Raum der Kiste durch eine geschickt angebrachte Scheidewand auf zwei Drittel seiner Größe ver» ringert. Nach Schluß der Wahlhandlung wurden die aufeinander liegenden Couverts vorsichtig herausgenommen und gezählt. Mit einigem Gedächtnis war es auf die Art möglich zu erraten, wie einzelne Wähler gewählt hatten. Die Unflätigkeiten, die gegenüber unsren Kontrolleuren von den wildgewordenen Bismarck  -Wählern verübt wurden, sind zahllos. AuS dem Wahlkreise Höchst-Nfingen-Homburg wird uns ge- schrieben: Auch in'unserm Wahlkreise war keine Verleumdung zu gemein und kein Gewaltakt zu roh, als daß sie Aicht gegen die Partei des Umsturzes" verübt worden wären. Besonders das Centrum war es, das in niederträchtigster Art und Weise den Wahl- kämpf führte. Der Centrumskandidat, Landrichter I t s ch e r t. ein Busenfreund des Reichstags-Abgeordneten Wellstein, der ihm in Versammlungen zu Hilfe eilen mußte, damit er nicht entgleiste. war anfänglich schüchtern. Jedoch hatte auch er bald erlernt, die rote Rotte" zu bekämpfen. Die Nationalliberalen, vereint mit den paar Freisinnigen, hatten den Landtags-Abgeordneten L o t r ch i u s aus Sankt-Goarshausen auf den Schild erhoben, konnten jedoch keinen wesentlichen Erfolg mit ihrem langgesuchten gemäßigten liberalen Kandidaten erringen. Auch der Bund der Landwirte zum Aerger der Nationalliberalen   stellte einen Kandidaten, einen Generalmajor a. D. von Kloeden-Wiesbaden, auf. DieserBauern- retter" erhielt aber nur ganze 1680 Stimmen. Ausgerüstet mit der Macht des Wissens und der Wahrheit zog die Socialdemokratie in den Klassenkampf denn das war die Wahl« bewegung in unserm Kreise. Vielfach wurde unsre Agitation er- schwert durch Abtreibung der Säle, Einschüchterung der Wirte und dergleichen, wobei sich vor allem die Kriegcrvcreine, Kommunal- und Kreisbeamten und die Kreaturen der Fabrikanten, verdient machten. Alles dies konnte nicht verhindern, daß auch im ersten Nassauischen Wahlkreise die Socialdemokratie eine Macht geworden ist, mit der für die Zukunft alle bürgerlichen Parteien zu rechnen haben. Bei der Hauptwahl wurden von 42 736 Wahlberechtigten 39 585 Stimmen abgegeben. Davon erhielten, unter Abzug der ungültigen Stimmen, Brühne(Soc.) 14 239, Jtschert(C.)Z 9496, Lotichius(Natl.) 7120 und v. K l o e d e n(Bündler)! 1680. Es fand somit Stichwahl zwischen dem Kandidaten des CentrumS und dem der Socialdemokratie statt. Jetzt galt es. ver- eint den Kampf gegen den Umsturz zu führen. Flugblatt auf Flugblatt erschien, in denen die wahren(I) Ziele der Socialdcmo- kratie enthüllt wurden: Vernichtung der Verfassung des Deutschen Reiches, gewaltsame Revolution usw. Das wurde besonders der Landbevölkerung in den Aemtern Usingen  , Idstein   und K ö n i g st e i n erzählt. Die evangelischen Geistlichen und die Landbürgermeister thaten ihr möglichstes, um den Sieg der Umsturz- Partei zu vereiteln. Die Nationalliberalen folgten getreu der Parole ihres Partcivorstandes und traten für den Centrumsmann ein. Der elende Freisinn hatte nicht den Mut, offen zur Stimmabgabe für den linksstehenden Kandidaten aufzufordern, sondern überließ es seinen Getreuen, zu thun was ihnen beliebt und sie gingen hin und stimmten, mit nur wenigen Ausnahmen, für den Centrmns- kandidaten Jtschert. Trotz der Verleumdungen in der Centrumspresse, in den Auf- rufen und Flugblättern, trotz der Verächtlichmachung unsrer Agitatoren konnten die vereinigten Ordnungsparteien wesentliche materielle Erfolge nicht erzielen. Es fielen in der Stichwahl von 32 735 abgegebenen Stimmen, abzüglich 268 ungültigen, darunter eine Anzahl weißer Zettel, auf Jtschert(C.) 16 477 und auf unsren Genossen Brühne 16 040 Stimmen. Das Mehr von 1437 Stimmen wurde durch die unerhörtesten- ungesetzlichen Wahl- becinflussungen ergaunert, abgesehen von dem Einfluß, welcher in den Fabriken, besonders in denHöchster Farbwerken", von Be- amten, Aufsehern usw. auf die Arbeiter ausgeübt wurde. In einzelnen Orten im Taunus   wurden durch Polizeidiener und Briefträger Flugblätter für die bürgerlichen Parteien ver- teilt; Suppenschüsseln wurden zu Wahlurnen verwandt und katholische Geistliche hielten sich wiederholt in Wahllokalen auf, um Wähler zu beeinflussen. In den Orten Lenzhahn  , Dasbach   und Ober-Seclbach wurde der Wahlakt schon mittags um 2 Uhr ge­schloffen, obwohl in den zwei letztgenannten Orten noch 1 und 13 Wähler zu wählen hatten. Weitere Ungesetzlichkeiten find noch genauer festzustellen, um den socialdemokratischen Wahlprotcst zu begründen. Infolge der unlauteren Machinationen gelang es uns diesmal nicht, den Kreis zurückzuerobern. An eifriger Arbeit ließen es unsre in der Agitation thätigen Genossen, besonders aber auch unser Kandidat, Genosse Brühne, welcher rastlos die Orte im hohen Taunus   besuchte und bearbeitete, nicht fehlen. Partei-I�admebteu. Arbeitersekrctariate. Nachstehend veröffentlichen wir die Adressen der zur Zeit in Deutschland   errichteten Arbeitersekretariate. Die Veröffentlichung soll periodisch erfolgen, jedesmal bei Beginn eines neuen Quartals. Wir ersuchen die Interessenten, uns in der Vervollständigung des Verzeichnisses zu unterstützen und von einer Adressenänderung uns rechtzeitig Kenntnis geben zu wollen. Arbeitersekretariate bestehen in: Altenburg  (S.-A.>, Unterm Schlöffe 1. Altona, Große Bergstr. 204 I. Berlin   80., Engel-llfer 15. Bochum, Johanniterstr. 22. Bremen  , Osterthorstr. 26 1. Breslau  , Mcssergasse 18/19 I. Brombcrg, Berlinerstr. 32. Cassel  , Wildemannsgasse 20 IL Darmstadt  , Elisabethstr. 31. Dortmund  , 1. Kampstt. 73 I. Frankfurt   a. M., Am Schwimmbad 8/10. Gera  , Hospitalstr. 21 I. Gelsenkirchen  , Hochstr. 53. Gotha  , Erfurtcrstraße(altes Gerichtsgebäude). Salle a. S., Geiststr. 21. amburg, Gänsemarkt 35 IL annovrr, Artillcriestr. 13. arburg a. Elbe  , Erste Bergstr. 72. scrlohn, Karrenstt. 2. Jena  , Saalbahnstr. 3. Kattowitz  , Rathausstr. 6. Kiel  , Gasstr. 24 parterre. Köln   a. Rh., Poststt. 50. Kronach  , Kirchenplatz 74. LandeShut i. Schl.,Gasthof zur Sonne", L Lübeck, Johannisftr. 46, part. Mannheim  , 8. 3, 10. Mühlheim   a. Mam, Wiesenftr. 8. . München  , Baadersw. 1 I. Neu-Ruppin  , Karlstr. 13. Nürnberg  , Egydienplatz 22. Posen, Breitenstt. 21. Remscheid  , Kölnerstr. 18. Striegau  , Ziganstraße. Stuttgart  , Etzlingerstr. 17/19. Tuttlingen  , Schaffhäuserstr. 24. Waldcnburg-Altwasser. "Wolgast  , Kronwiekstr. 4, part. links. Wnrzburg, Blumcnstr. 12. Berlin  , den 3. Juli 1903. Der Parteivorstand. Kreuzbergstr. 30.