größte Erregung und außergeldöhnliche Verhältnisse hervorrufen�..tjjfe.Nur die vielbewährte Centrums- Scheinheiligkeit bernmgöas Freiberger Wahlbild so umzufälschen und so auszunutzen, wiees in der„Germania" versucht wird. Die„Germania" unterschlägtdurchaus alles, was im Freiberger Kreise von thätlichcn Bcrgcwnltigungcn seitens der konservativen Parteile utgegen Socialdemokraten nicht nur, sondern auchgegen Llationalliberale begangen worden ist.Die„Germania" ist auch sehr unvorsichtig. Wenn es ihr gefällt,sind wir gern bereit, ihr zu den schon mitgeteilten mit einigenweiteren Wahlbildern aus Centrumskreisen aufzuwarten,In Ccntrumskreisen ist es nicht eine weniger verantwortungsvolleMenge, die in lebhaften Worten ihren Empfindungen Lauf läßt, dafind es Parteimitglieder und Parteiführer, die zum Schimpfwort diebrutale That fügen. Weiß die„Germania" noch nichts davon, daßz, B, im Wahlkreise Dllren-Jülich der Vertrauensmann der Socialdemokratie mit Not dem Geschick entging, von fanatisierten Centruinsleutcn in den Teich geworfen und ertränkt zuwerden? Es ist freilich an der Zeit, die Wahlagitation desCentrums einer ernsten Prüfung zu unterziehen!Vom Landtngs-Wahlreglement.Der„Vorwärts" hat bereits darauf hingewiesen, daß die Abänderung des Wahlreglements als ein erster Erfolg der Social'demokratie zu betrachten ist. Freilich konnte, was wir seit längerals Jahresfrist betont haben, lange bevor der vorige preußische Land-tag zu seiner letzten Session zusammentrat, eine völlige Beseitigungder Schwierigkeiten nur auf dem Wege der Gesetzgebung, nicht desReglementerlasses erfolgen. In der That ist auch auf Grund desneuen Reglements die gesetzmäßige Durchfiihrung der Wahl z, B. inallen solchen Wahlorten völlig ausgeschlossen, wo kein Raum existtert,der sämtliche Wahlmänner gleichzeitig faßt,,Das neue Reglement ist aber sehr wenig durchdacht und führt zuallerlei kuriosen Zuständen, Der Z 27 bestimmt nicht nur, daß jederWahlmann in solchen Wahlkreisen, wo mehrere Abgeordnete zuwählen sind, gleich soviel Namen zu nennen hat, wie Abgeordnetezu wählen sind, sondern legt gleichzeitig der Reihenfolge derNamensnennung eine weitgehende Bedeutung bei. Im Z 27 heißtes:„Sind mehrere Abgeordnete zu wählen, so hat jeder Wahlmannsogleich anzugeben, wen er an erster, zweiter oder dritter Stelle zumAbgeordneten wählt." Und weiter im§ 28:„Gewählt ist, wer dieabsolute Stimmenmehrheit(mehr als die Hälfte der ftir dasbetreffende Abgeordnetenmandat abgegebenen gültigen Stimmen)erhalten hat. Ergiebt sich keine absolute Stimmenmehrheit, so findetzwischen denjenigen b e i d e n Kandidaten, welche die meisten Stimmenerhalten haben, eine engere Wahl statt; zc,"Wir wollen statt jeder Kritik an einem krassen, aber sehr leichtmöglichen Fall zeigen, daß nach dieser Vorschrift das Gegenteildes bei der Wahl beabsichtigten Resultats herauskommen kann, wenndie Wahlmänner außer den Namen der Kandidaten nicht auch dieReihenfolge gut auswendig gelernt haben oder aus sonstigen Gründendie Reihenfolge der Namensnennung abändern. Wir fassen alsBeispiel einen Wahlkreis der Provinz Posen ins Auge, in dem diedrei bisherigen Abgeordneten nur dadurch gewählt werden konnten, daßdie Konicrvativen, Nasionalliberalen und Freisinnigen gegen die Polengemeinsaine Sache machten, indem jede der drei Parteien ein Mandaterhielt. Nehmen wir an, daß dieses Mal von 100 Wahlmänncrn22 konservativ sü,), 18 nationalliberal in,), 11 freisinnig(f.) wären,während die Polen in zwei Richtungen zerfielen, eine demokratischeRichtung(dp.) mit 25 Wahlmännern, eine aristokratische(ap.) mit24 Wahlmännern. Verliefe die Wahl genau so, wie es die Verfasserdes neuen Reglements gedacht, so ergäbe das gleiche Wahlbündniswie 1898 folgendes Resultat:Die absolute Majorität 51 ist nirgends erreicht; es finßct alsofür alle drei Mandate Stichwahl statt und zwar füralle drei Mandate zwischen den beiden Polen, dievereinigten Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen sind trotzihrer absoluten Majorität vollständig ausgefallen!! Nehmen wirselbst an, daß dieser außerordentlich komische Fall sich nirgends vollverwirklicht, so lehrt das Beispiel doch, ivie viel Ueberraschungen dieneue Vorschrift bringen kann, namentlich auch, wie viel unnützeStichwahlen dadurch herbeigeführt werden können; dazu genügt, wieein Blick auf die zweite Tabelle lehrt, unter Umständen schon einIrrtum weniger Wahlmänner bei der Reihenfolge der Namen-nennung,Es hätte für das Staatsministerium außerordentlich nahe ge-legen, einfach das Verfahren für die UrWahlen(Reglement§§ 15, 1ö, 17), bei denen ja in den meisten Bezirken zwei Wahl-männer zu wählen sind, auf die Abgeordnetenwahl zu übertragen.Wir erlauben uns die bescheidene Anfrage an das hohe Staats-Ministerium, weshalb es geglaubt hat, hier eine neue Form findenzu müssen. Wir können unmöglich annehmen, daß es nur tnis demGrunde geschehen ist, um vor aller Welt zu beweisen, wie unfähigdie Herrn Regiernngsbeamten sind, die Konsequenzen ihrer Vor-schriften zu durchdenken.—Militärische BckleidungsreglementS.Die„Rheinisch- Westfälische Zeitung" bringt eine Betrachtungüber die Gründe des Rücktritts des K r i e g s m i n i st e r sv. G o ß l e r. Nur sind diese Gründe vollkomnien bekannt und manbraucht nicht nach neuen zu suchen; Herr v, Goßler gilt nicht alsgeeignet genug, um die bevorstehenden Heeresforderungen bor demReichstage zu vertreten. ES ist darum nichts als ironischer Scherz,wenn die„Rheinisch-Westfälische Zeitung" sagt, der Schlüssel zu derFrage des Goßlerschen Rücktritts sei zu finden,„wenn man die Be-leidunßsreglements des preußischen Heeres durchmustert undzusammenstellt, was in der Equipierung von Offizieren und Mann-schasten unter Goßlers Leitung alles verändert und neugeschaffenworden ist"; kaum e i n Stück der militärischen Ausrüstung habenicht in dieser Zeit eine neue Verordnung erfahren und es seim diesenunter derdie FormwechseltenStickereiendem Rangeine in militärischen Kreisen übliche Phrase,„daß,wenn Kaiser Wilhelm I. ans dem Grabe emporstiege, er denpreußischen Soldaten in seiner heutigen Ausstattung nicht mehrwiedererkennen würde".Natürlich war Herr v, Goßler nicht der leitende Mann bei allden Veränderungen) im Militär-Bekleidungswesen und er verdanktdiesen kostspieligen Veränderungen nicht den jetzigen Rücktritt, sondernumgekehrt die lange Dauer seiner Kriegsministerschaft, Es ist ge-imgsam bekannt, daß jene Verordnungen unmittelbar aus demMilitärkabinett des Kaisers kommen.Die„Rheinisch-Westfälische Zeitung", die ja in einiger Hinsichtdie Kritik des Modeknrses betreibt, plaudert weiterhin ganz amüsantüber diese Dinge und erzählt einiges, was noch nicht allgemein be'kannt war. Nichtig ist, sagt das Blatt, daß unter keiner VerwaltungDingen mehr Versuche gemacht worden sind alsdes letzten Kriegsministers, Die Farbe der Mäntel,der Litewken, die erst kürzlich wieder die Farbeund statt einer zwei Reihen Knöpfe erhielten, dieam Kragen, die Zulässigkeit der Kragenöffnung, je nachder Offiziere, die Form der Sporen, der Besatz derMützen: kaum eine Woche verging, wo nicht das Heer von einerneuen Reglementierung überrascht wurde. Diese unaiifhLrlichen Bcr-änderuuge» kosten natürlich sehr viel Geld. Die Bekleidung derOffiziere ist in den letzten Jahren außerordentlich viel kostspieligergeworden, und während besonders den jüngeren Herren dringendSparsamkeit angeraten wird, bereiten ihnen z, B, alleindie jetzt vorschriftsmäßigen hohen und elegante» Stiefeln eine JahresMehrausgabe von Hunderten von Mark. Von den Medaille» undAbzeichen, die als besondere Auszeichnungen im letzten Jahrzehntgeschaffen worden sind, soll nicht weiter gesprochen werden. EinWitzblatt brachte vor einiger Zeit das Bild eines Musketiers, ansdessen Uniform alle diese modernen Erfindungen angebracht waren.Es blieb kaum ein Centimeter seines Rockes, des Kragens, derAermel unbedeckt. Diese Dinge werden auch von loyalen Männerndes Heeres mit wachsendem Unwillen kritisiert. Demstärksten Widerstand begegnete die plötzliche und ganz unerwarteteEinführung eines neuen Griffes— das„angezogene Gewehr"— imvorigen Jahre. Es besteht nur eine Stimme, daß dieseNeuerung nicht nur vollständig überflüssig, sondern direktschädlich war, Sie erfolgte in Erinnerung an die Schlacht vonLeuchen, aber der Griff selbst soll aus Amerika geholt sein, woihn Prinz Heinrich bei der Parade von Milizen beobachtet hatte undwohin er in der Fnedericianischen Zeit von deutschen Soldaten im-portiert wurde. Dort aber wird cr mit Nonchalance geübt und ans-geführt, die bei der herrschenden losen Disciplin natürlich ist. Imdeuffchen Heere muß er, wie alles, bis zur Vollendung vervoll-kommnet werden, und da er höchst unbequem und im Marsche schwierigist, nimmt seine präzise Erlernung un verhält nisniäßigeZeit in Anspruch, Nun war gerade die diesem Griff entsprechende Ehrenerweisung mit„angefaßtem" Gewehr seit Anfangder neunziger Jahre abgeschafft worden, und niemand vermochte dasBedürfnis zu ergründen, jetzt dafür einen Ersatz zu schaffen.Außerdem aber sagte nian sich in dem Teile der Oeffentlichkeit, derselbst die zweijährige Dienstzeit für zu langerachtet, daß die Ausbildung des Infanteristen doch nicht so zeit-rgubend sein könne, wenn man sie ohne erkennbaren Grund mitderarsigen Aeußerlichkeiten von neuem belaste. Eine Zeitlanghat die Absicht bestanden, dieses Rovum in der ganzenArmee einzuführen. Glücklicherweise ist zunächst nur die Garde-Infanterie damit beschenkt worden, aber es dürste kaum einenLieutenant in der ganzen Armee geben, der über diesen neuen, that-'ächlich höchst unpraktischen Griff nicht seine Glossen gemacht hätte,Eine freisinnige Heldenthat. Aus Sachsen wird uns ge-schrieben: Die Freisinnigen im ersten sächsischen Reichstags-Wahl-kreise(Zittau zc.) hatten schon vor Beginn der Wahlagitation be-'chlossen, den socialdemokratischen Reichstags- Abgeordneten desKreises, Edmund Fischer, in ihren Versammlungen nicht redenzulassen. In der Oeffentlichkeit begründeten sie ihren Beschlußdamit, Fifcher habe die Freisinnigen in ungebührlicher Weise bekämpft,Daß dies lediglich eine Ausrede war, bedarf kaum einer Beweisführung.Das Wahlkomitee der Freisinnigen hatte sich auch an das Wahl-komitee der Nationalliberalen gewandt, in gleicher Weise gegenFischer vorzugehen. Die Nationalliberalen haben das abgelehnt mitder Erklärung, sie hätten keine Ursache, gegen Fischer die Klage desverletzten Anstandes zu erheben, wenn sie aber jeden Gegner ausihren Versammlungen ausschließen wollten, der den Anstandverletze, so hätten sie nie— einem fteisinnigen Rednerdas Wort geben dürfen. Etwas andres konnten die Frei-innigen ja auch nicht anführen, als einige Krastausdriicke, dieFischer in dem von ihm herausgegebenen„Armen Teufel" gegenden Inhalt einer Brofchüre gebrauchte, die von demLandesverein der Freisinnigen Volkspartei sin Sachsen zur Agitationherausgegeben wurde und die allerlei Verleumdungen über dieocialdemokratic enthielt,Aus Wut über ihre schmähliche Niederlage bei der Wahl habennun die Freisinnigen ihrem Vorgehen'gegen Fischer die Krone auf-gesetzt: Der„Geichäftsführer" des Landesvereins der FreisinnigenVolkspartei im Königreich Sachsen, der dies Pamplet verfaßt hat,hat nun Beleidigungsklage gegen Fischer eingereicht. Umdas richtig würdigen zu. können, mutz man den Inhalt derBroschüre kennen. Neben anderm heißt es in dieseroffiziellen Parteischrift der Freisinnigen Volkspartei aufSeite 12 wörtlich:„Eigentum ist Diebstahl", lautet derHauptlehrsatz der Anhänger von Karl Marx undEngels." An andrer Stelle wird gesagt, die Socialdemokratenkennen„mir Rechte des Arbeiters und Pflichten des Arbeitgebers,aber nie Rechte des Arbeitgebers und Pflichten des Arbeiters",und die Socialdemokraten erklärten das in ehrlicher Arbeiterworbene Kapital ebenso für„Diebstahl", wie das un-ehrlich erworbene. Ferner wird gesagt, nach dem social-demokratischen Programm solle die Familie beseitigt"werden,Mann und Frau sollten nur noch eine Schlafftelle haben usw. Fischerhatte die Broschüre, die im Zittauer Wahlkreise ver-breitet wurde, in einem Zeitungsarttkel— im Januar d. I,- erwähnt und den Inhalt„geradezu blödsinnig dumm",niedere Verlogenheit" und„hirnerweichende Dummheit" genannt.Außerdem sprach er von einem„fteisinnigen Lügenpeter" und„ftei-sinnigerESudelfritzen". In diesen Ausdrücken fühlt sich der Ver-'asser der Broschüre— dessen Namen Fischer nicht erwähnte—„be-leidigt". In allen Wahlversammlungen, die der mutige Freisinns-mann in der Lausitz abhielt, hatte er bereits angekündigt, erwerde daftir sorgen, daß Fischer auf ein paar Monate insGefängnis komme. Dieses freisinnige Endziel wird ja nunleicht noch nicht erreicht werden, da auch ein sächsisches Gerichtden Geschäftsführer der Freisinnigen Volkspartei nicht als eineMajestät bewerten dürste. Aber das Heldenstück, das sich der Landes-verein der Freisinnigen Volkspartei in Sachsen aus Wut über seineNiederlage hiermit leistet, zeigt, aus welchem Stoffe die„Führer"des spärlichen Restes der Freisinnigen beschaffen sind,Politik in Kriegervereinen. AuS Thüringen Ivird uns be-richtet: Der Kriegerverein in Mertendorf bei N a u m b u r gchloß eine Anzahl Mitglieder aus, von denen nachgewiesene i n s o l l, daß sie für den Genossen Thiele gestimmt haben undauch der socialdemokratischen Partei angehören. Woher weiß derVorstand für wen die Mitglieder gestimmt haben?— Im CoburgerLand, wo die Kriegerveremler, aller Berechnung nach für den Social-demokraten Krüger gestimmt haben müssen, taufte der Volkswitzeinige dieser Vereine Krüger vereine.— Einen Reinigungs-Prozeß sollen die Kriegervereine des Ziegenrücker Kreises vornehmen, sowünschte eK ein Herr v. Breitenbauch, seines Zeichens Land rat diesesKreises, auf demKreis-Kriegerfest inLiebschütz am vergangenen Sonntag.Vielleicht fällt die Reinigung so gründlich aus, daß von den ganzen„unpolitischen" Kriegervereinen nichts mehr übrig bleibt.— ImSchleusinger Kreise suchte man die Mitglieder dadurch zu cr-'chrecken, daß man ihnen sagte: Wenn Ihr socialdemokratisch wählt,nimmt man Euch die Fahne weg, und die Vereine, diekeine Fahne haben, dürfen nicht an der Kaiserparadeteilnehmen. Wie aus dem Stimmenverhältnis zu ersehenist, haben die Kriegerveremler, soweit sie Arbeiter, auf dieFahne* und die Parade gepfiffen, sie haben ihrem Arbeiter-Vertreter ihre Stimme gegeben. Wenn die„große Reinigung", umdie sich auch im Schleusinger Kreis ein Baron bemüht, erst los-geht, dann ade! ihr vielumworbenen Kriegervereine.Aus Trier wird uns geschrieben: Die„Trierische Landes-zeitung" berichtet über die Generalversammlung des hiesigenVeteranen- und Kriegervereins, In der Versmnmlung ist auch derO b e r b ü r g e r m e i st e r der Stadt, Regierungsrat de N y S, alsRedner aufgetreten. Im Anschluß an Ausführungen des Vereins-Vorsitzenden sagte der Oberbürgermeister nach dem Bericht des ge«nannten Blattes:„Man habe sich von politischen Dingen ferngehalten,aber wenn man das angreife, was die Wurzel des Vereins ist, sosei man doch verpflichtet, mit Energie einzugreifen. Die vorkurzem stattgefundene Reichstagswahl habe doch gezeigt, daß vieleini geheimen arbeiten und nicht ruhen. Die Socialdemokratengreifen Leute an, die im Kriegerverein sind, und wenn einer davonetwas leichtsinnig ist, dann sei er bald umgeworfen. Wenn einsolches Element auftrete, dann möge doch jedes Mitglied suchen, sichmöglichst davon fern zu halten und ihm kein Gehör schenken. Sollteaber ein Mitglied merken, d a ß ein andres Mitglied denSocialdemokraten Gehör schenke, dann solle er dasdem Vorstaude sofort mitteile», damit der Verein vondiesen Leuten gereinigt werde," Das kann eine netteSchnüffelei werden. Nicht einmal„Gehör schenken" dürfendie Kriegervereinler den bösen Socialdemokraten, Schade, daßman die Braven nicht kasernieren und von aller Politik absperrenkann!—Tüiislaucl.Oestreich-Ungarn.Tie Obstruktion der ungarischen Unabhängigkeitsvartei gegendas Kabinett Khuen-Hedervary hat zum Austritt einiger der hervor-ragendsten bisherigen Mitglieder aus dieser Partei geführt. In eineram Mittwochabend abgehaltenen Sitzung erklärte Franz Kossuth,daß er das Präsidium der Partei niederlege; ebenso erklärten dieVicepräsidenten Julius Justh und Bela Komjathi ihren Rücktritt.Gleichzeitig erklärten sie ihren Verzicht auf die Stellen im Ausschusse,die sie als Mitglieder der Unabhängigkeitspartei innehaben; siewürden denselben dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses mitteilen.Kofftith begründete seinen Rücktritt von der Leitung der Partei da-mit, daß eine Anzahl Mitglieder der Partei den einhelligen Beschlußbetreffend Einstellung der Obstruktion nicht beachteten. Die Fortsetzungder Obstruktion werde damit motiviert, daß auf diesem Wegenationale Errungenschaften in der Heeresfrage durchgesetzt werdenkönnten. Es sei sein heißester Wunsch, daß die nationalen Wünschein der Arnieefrage in Erfüllung gehen, doch glaube er nicht, daß dieserWeg zum Ziele führe, ja er müsse diesen für höchst bedenklich erklärenund voller Gefahren.—England.Der englische Außenhandel in den letzten sechs Monaten. London,13. Juli,(Eig, Ber.) Angesichts der neuen zollpolittschen PläneMr. Chamberlains wird die jetzt vorliegende Handelsstatisttk derersten Hälfte des laufenden Jahres viel untersucht und kommenttert.Sie wird vielfach als ein Beweis zu Gunsten des Freihandels be-wachtet, indem darauf hingewiesen wird, daß die Ausfuhr sich günstiggestaltet.Der Außenhandel des Vereinigten Königreichs zeigte währendder Berichtsperiode folgende Bewegungen:Einfuhr: 260 529 889 Pfd. Sterl.Ausfuhr: 178 570 493..Die Einftlhrziffer repräsentiert Kost, Versicherung und Fracht;die Ausftihrziffer nur Kost und Fracht bis zur Verschiffung.Gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahres zeigt dieEinfuhr eine Abnahme von 2 210 199 Pfd. Sterl,; die AuSftlhr eineZunahme von 7 147 051 Pfd. Sterl.In Gruppen geteilt, stellen sich diese Ziffern wie folgt:1. Nahrungsmittel und Tabak: Einfuhr: 105 290 534 Pfd. Sterl.Ausfuhr:2. Rohstoffe für Industrie:3. Halb- und Ganzfabrikate:6 788 83386 33144117 453 76367 727 867Einfuhr:Ausfuhr:Einftihr:Ausfuhr: 116 364 792.~4. Wiederausfuhr fremder und kolonialerEinfuhr: 36047 868„Die Abnahme der Einfuhr gegenüber der gleichen Periodedes Borjahres entfällt vornehmlich auf Kornstoffe und darf»hneZweifel dem bis jetzt bestandenen Kornzoll zugeschrieben werden.Und es ist interessant zu bemerken, daß Kanada das einzige Landist, das eine Zunahme aufweist.Die Zunahme der Ausfuhr verteilt sich ziemlich gleichmäßigauf alle Industriewaren; jedoch ist sie besonders bedeutend in derEisen- und S t a h l i n d u st r i e, wo die Zunahme 2 239 282Pfund Sterling bettägt. Diese Mehrausfuhr ging hauptsächlichnach den Vereinigten Staaten und nach den britischen Kolonien.Es wird allgemein hervorgehoben, daß auf den amerikanischen Marktnicht zu rechnen ist, da die Vereinigten Staaten bald im stände seinwürden, ihren Konsum an Eisen aus heimischen Ouellen zu decken.Dagegen zeigt die Ausfuhr von Baumwollwaren, derStapelindustrie Englands, nur eine Zunahme von 0,8 Proz., dieEinfuhr aber eine Zunahme von 35,4 Proz. Ebenso zeigt die Ein-fuhr von Kleidern eine Zunahme von 503,9 Proz,, die Ausfuhr abereine Zunahme von nur 13,7 Proz.Die Hauptausfuhr Englands besteht in Baumwollwaren, Eisenund Stahl und Kohle. In der Berichtsperiode stellten sich dieseAusfuhrziffern:Baumwollwaren... 36 520 665 Pfd. Sterl.Eisen und Stahl... 15 590 383„.Kohle....... 13 245 348.Vier Fünftel der englischen Rohstoff-Aussuhr bestehen in Kohle.Rnstland.Die russische Polizei gegen die revolutionäre Propaganda. DiePolizei von Charkow hat, wie dem„Pcuple" aus Petersburg ge-schrieben wird, eine strenge Ordre erlassen, wonach es den Einwohnernverboten ist, Feuerwaffen, Stockdegen, Schlagringe und ähnlicheWaffen zu tragen. Die Waffenhändler sind angewiesen, nur solchenLeuten Waffen zu verkaufen, die im Besitz eines polizeilichen Er-laubnisscheines sich befinden. Den Fabrikbesitzern ist aufgegebenworden, über ihre Arbeiter zu wachen, daß dieselben keine Waffenbei sich haben, keine verbotenen Schriften lesen und daß in den Werk-stättcn keine revolutionäre Propaganda gettieben wird. Für die ge-ringsten Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit sind Strafen bis zu500 Rubel bezw. 3 Monaten Gefängnis vorgesehen,— Die Regierungdes Zaren scheint nie begreifen zu wollen, daß man revolutionäreBewegungen nicht mit dem Polizeiknüppel totschlagen kann.—Asien.Zur Mandschnreifragc. Das„Rcutersche Bureau" fährt fort.über russische Kriegsvorbcreitungen in Ostasien zu berichten. Es weißaus Port Arthur vom 14, d. M, über Tschifu zu melden, daß dieBeratung russischer Diplomaten vorgestern beendet worden und derletzte Sonderzug mit Teilnehmern an der Beratung gestern nachMoskau abgegangen sei. Es wurde zugegeben, daß die Möglichkeiteines Krieges erörtert worden sei, doch werde erklärt, daß dies nichtder Gegenstand der Beratung gewesen. Es zeige sich deutlich, daßfeit der Ankunft des Kriegsministers Kuropatkin Rußlandskriegsmäßige Vorbereitungen im Wachsen seienund die Absicht bestehe, mehr Truppen in die Mandschurei zu bringen.Unternehmer in Port Arthur hätten in der vorigen Woche Aufttägeerhalten zur sofortigen Beschaffung von Baumaterialien zur Er-