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Sie das frühere Geständniß widerrufen? Haben Sie sich denn damals eines Meineides schuldig gemacht f A n g e k l.: Ich mich es damals aus Angst gesagt haben. Als erster Zeuge wird der Vorsitzende des Spiritistenvereins »Psyche", Dr. Hans Spatzier, vernommen. Derselbe giebt an, das er etwa 50 Sitzungen beigewohnt habe, in denen die An- geklagte als Medium aufgetreten sei. In den meisten Fällen habe er für dse Vorstellungen nichts bezahlt, vielleicht 5 mal einen Veitrag zugesteuert, der zwischen 2 und 5 Mark schwankte. In feien 10 bis 12 Personen zugelassen worden, sodaß er schätze, die Angeklagte habe jedesmal einen Verdienst von ca. 30 Mark gehabt. Vors.: Sind Sie Anhänger des Spiritistenvereins, sind Sie Gläubiger? Zeuge: Jawohl. Vors.: Wollen Sie uns mal erzählen, wie derartige Sitzungen� verliefen? Zeuge: Die Anwesenden setzen sich zunächst um einen runden Tisch herum und legen me Hände sämmtlich auf die Platte, bis der magnetische Strom erzielt ist. Zunächst wird der Geist dann befragt und die Antivort durch das Medium erfolgt durch Klopfen. Ein dreimaliges Klopfen bedeuteja", ein ein- Maligesnein". Sodann pflege der zweite Theil der Sitzung zu folgen, das sogenannte automalische Schreiben seitens des Mediums. Auf die Fragen der Anwesenden schreibe das Medium auf einen ihr vorgelegten Bogen die Antwort des Geifles nieder. Er, der Zeuge, halte diese Art des Verkehrs mit Verstorbenen nicht für Schwindel. Das Medium gerathe tn einen übernatürlichen transcendenten Zustand, den die Spiritisten kurzweg alstrans " bezeichnen. In einem solchen Zustande seien die Augen des Mediums ganz nach oben gerichtet, die Pupille sei vollständig unter dem Augenlid verschwunden und nur das Weiße zu sehe». Man könne dem Medium den Finger auf das Auge legen, ohne daß es zucke. Jeder Ort, an den einer der Anwesenden sich hin- denke, könne bis aufs Genaueste von dem Medium beschrieben werden und dies habe Frau Töpfer häufig gelhan, ohne je an dem beschriebenen Ort gewesen zu sein. Wen» z.B. heute Jemand im Gerichtssaale gewesen sei, so könne ein Medium auf Anfrage den Saal in einer Sitzung heute Abend beschreiben, ohne den Saal je betreten zu haben. Er Halle dies für eine 9Ut_ Gedankenübertragung. Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt der Zeuge, daß er einer Geisterbeschwörung nie beigewohnt 'habe. Ter Vertheidiger stellt a» den Zeugen die Frage, ob er sich für betrogen halte, wenn er wüßte, daß die Angeklagte ihn betrogen habe. Ter Zeuge erwidert vernernend, denn er hätte das Opfer schon im wissenschaftlichen Interesse gebracht. Er habe die Bezahlung nur als eine Entschädigung angesehen für 'die Umstände, welche die Angeklagte, die in Schmargendorf wohne, gehabt habe, um nach Berlin zu kommen und hier ihre Zeil zu opfern. Verth.: Wie denken Sie sich eine Gedanken- Übertragung, weiß das Medium, was in ihm vorgeht? Z e il g e Nein, es ist vollständigtrans". Es wird sogar gefühllos, man kann ihm Nadeln durch die Haut stecken, ohne daß es das empfindet. Der nächste Zeuge, Kaufmann Frankfurter, bekundet folgendes: Ich habe. einen Bekannten, der Anhänger des Spi- «ritisliius ist. Ich war von jeher sehr ungläubig und um mich zu belehren, drängte mein Freund darauf, daß ich einer Sitzung deiwohnen solle. Ich ging daraus ein. Bei der ersten Sitzung konnte ein Resultat nicht erzielt werde». Wir saßen unserer acht Personen um eine» Tisch aber kein Geist wollte klopfen. Tie Töpfer meinte dann:Es uiüsse ein Ungläubiger am Tische sein." In einer zweiten Sitzung sollte der Geist eines französische» Tambours, der im Jahre 1791 gefallen ist. seine Anwesenheit durchTrommelu kund- geben. Es trommelte auch, aber merkwürdiger Weise die Mar- feillaise, die doch erst 1792 bekannt wurde. Sodann folgte das automatische Schreiben durch das Medium Frau Töpfer. Der Geist schrieb französische Brocken und deutsche Worte wild durch- einander. Es fiel mir auf, daß der Geist das Wortmosi- mit einem i schrieb, während man vor dem 19. Jahrhundert das Wort ino� stets mit einem y schrieb. Ich sah ein, daß die Sache Schwindel war und ging davon. Geschädigt fühle ich mich nicht; ich habe gern bezahlt, hatte aber nicht gedacht, daß die Leute mit so plumpen Mitteln arbeiten. Ter folgende Zeuge, Kaufmann Sally Cohn hat im Verein mit seinem Vetter, dem zur Zeit in Leipzig weilenden Dr, med. Cohn, die Entlarvung der Angeklagten bewirkt. Schon im vorigen Jahre hatte der Zeuge eine Sitzung in seiner Privat- wohnuiig in der Kurzestraße anberaumt, in welcher die An- geklagte als Medium ihre übernatürliche Kraft durch das be- kannte Lösen von ihr angelegte» Banden beweisen wollte. Die Angeklagte wurde am Stuhl gefesselt, jedenfalls etwas zu sicher, denn Frau T. erklärte nach einiger Zeit, daß der Geist ihr nicht beistehen wolle und vertröstete aus eine spätere Sitzung. Einige Zeit darauf fand eine solche im Komtoir des Zeugen, Kiofterstraße 76, statt. Hierbei begleitete ein Herr Frilsche die Angeklagte als Impresario. Dr. Cohn hatte sich so hinter den Geldschrank versteckt, daß er beide Räume überblicken tonnte, ohne selbst gesehen zu werden. Tie Beleuchtung bestaub aus einer Hängelampe, die den Raum erleuchtete, in welchem die Zuschauer sich befanden. Der Neben- räum, in welchemder Geist" sich zu erkennen geben sollte, war nicht erleuchtet. Hier wurde die Augeklagte recht oberflächlich an einem Stuhl festgebunden. Nach einiger Zeit sah Dr. Cohn, wie das Medium auf>laud, aus einer Ecke des Raumes leise einen Spazierstock holte, sich diesen wagerecht durch die Haare steckte und sich wieder niedersetzte. Man bewunderte, als sie sich dann zeigte, die Wunderthat des Geistes, während das Medium anscheinend in lieiem Schlafe lag. Sodann sollte ein zweites Experiment vorgenommen werden. Es wurde dem gefesselten Medium auf- gegeben, eine» mehrere Schritte von ihr entfernt stehenden Ofen- schirm umzustoßen. Wieder senkte sich der Vorhang. Dr. Cohn sah, wie das Medium sich erhob und demGeiste" Folge leisten wollte. In diesem Augenblick sprang Tr. Cohn aus seinem Ver- steck mit den Worte» hervor:Sie sind ja eine ganz gemeine Betrügerin!" Es entstand ein großer Aufstand. Nur der Impresario meinte kalt lächelnd:Aber meine Herren, haben Sie denn etwas Anderes erwartet?" Der Zeuge erklärt aus Befragen, daß er sich allerdings für geschädigt halle . Achnlich lautet die Schilderung eines anderen Zeugen, der sich ebenfalls für betrogen erachtet. Vors.: Nun Herr Zeuge Dr. Spatzier! Was sagen Sie zu diesen Bekundungen? Halten Sie die Sache noch nicht für Schwindel? Zeuge; In diesem Falle mag es Schwindel sei», aber ich bin überzeugt, daß die Fälle, in denen ich zugegen war, nicht auf Täuschung beruhten. Giebt es doch Mondsüchtige und Somnambulen, die in diesem Zustande Dinge begehen, von denen sie in wachem Zupande nichts wissen. Präs.: Meinen Sie denn überhaupt, daß Geister erscheinen können? Zeuge: Nein, nur ein Phantom. Das seelische Element hat einen besonderen Leib. Goethe und Lord Byron halten bekanntlich Doppelgänger und auch«ant verlrat die Theorie des Phantoms. Rechtsanwalt W r o n t e r: Wie denken Sie sich nun, Herr Zeuge; wenn nun zum Beispiel zwei Medien gleichzeitig säßen und beide kämen auf ui« Idee, den Geist Napoleons zu ziiiren müßte derselbe dann Zweimal erscheinen? Dr. Spayier: Das kann wohl mög- �ich sein! Dann muß aber der eine ein Betrüger sein. (Heiterkeit.) Der Vorsitzende verliest sodann zivei Zeitungs - berichte, in welchen Entlarvungen der Angeklagten in ähnlicher Weise geschildert werden, wie in dieser Verhandlung. Damit mird die Beweisausnahme geschlossen. Die Angeklagte blieb dabei, daß sie von allen Vorgängen, die mit ihr passirt sein sollen. Nichts wisse. Der Staatsanwalt hielt zwei Fälle des vollendeten und «neu Fall des versuchten Betruges für erwiesen. Es sei -weifellos. daß die Angeklagte auf die Einfalt und Leicht- gläudjgkeit der Menschen spekulire, und wenn sie in den vorliegenden Fällen auch keine großen Summen er- deutet, so s,i die Art und Weise, wie die Belrügereten begangen seien, doch so verwerflich, daß ein höheres Strafmaß am Platze sei. Er beantrage eine Gesammtstrafe von sechs Monaten. Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Wronker, plädirte für Frei- sprechung. Tie Angeklagte befände sich in einer gewissen Roth- läge durch ihre früher in Dresden eidlich erhärtete Aussage. Man möge über den Spiritismus denken wie man wolle, der Ausspruch Hamlets, daß es viele Dinge zwischen Himmel und Erde gäbe, von denen die Wissenschaft sich nichts träumen lasse, müsse doch als wahr bestehen bleiben und wenn man auch sprachlos vor der Thalsache stehen müsse, daß es gebildete Menschen gäbe, welche an die Beschwörung von Geistern glauben, so könne in dem Gehirn der wenig intelligenten An- geklagten doch die Anschauung herrschen, daß sie über übernatür- liche Kräfte verfüge. Im Uebrigen vermißte der Vertheidiger den Kausalzusammenhang zwischen dem Treiben der Angeklagten und der angeblichen Schädigung der Zeugen. Bei der Intelligenz der Letzteren und bei der Absicht, die Angeklagte zu ent- larven, könne man von einer Schädigung aber nicht sprechen, denn dieselben wußten im Voraus, daß sie getäuscht werden sollten, wie man auch wisse, daß die Borstellungen eines Taschenspielers auf Täuschung beruhten. Nach kurzer Berathung verkündete der Vorsitzende das Urtheil dahin: Der Gerichtshof hat ziveierlei ausscheiden zu müssen ge- glaubt: 1. die theologisch-philosophischen Fragen, welche von de» Spiritisten ventilirt werden und 2. die juristischen Fragen, welche bezüglich des Vorgehens der Angeklagten aufgeworfen werden könnten. Der Gerichtshof habe die betrügerischen Manipulationen der Angeklagten in vollem Umfange für eriviesen erachtet und er schicke dies voraus, um dem Jrrthum vorzubeugen, als ob der Gerichtshof von atheistischen oder materialistischen Gesichtspunkten aus zu feinem Urtheil gekommen sei. Der Gerichtshof halte die Jrrthumserregung zum Zwecke des Gelderwerbs für durchaus erwiesen und halte eine sortgesetzte Strafthat, bestehend theils aus ver- suchten,, theils aus vollendetem Betrug, für feststehend. Gerichts- notorisch sei es, daß in solche Sitzungen auch sehr viele Personen kommen, welche in ihren Anschauungen über die vierte Dimension noch im Zweifel sind. Als mildernd habe der Gerichtshof er- wogen, daß die Angeklagte Mutter von 4 Kindern ist und durch den leichten Erwerb und die wunderbare Leichtgläubigkeit gewisser Leute verführt wurde. Auf der anderen Seite sei aber erwogen, daß das Treiben der Angeklagten besonders gemeingefährlich sei. Das Fortschreiten derartiger Wahn- Vorstellungen unter der Bevölkerung liege nicht im öffent- lichen Interesse und die Zahl Derer, die auf den Unfug der An- geklagtenhineingefallen", sei eine so große, daß die Gemein- gefährlichkeit des Handelns daraus klar hervorgehe. Aus allen diesen Gründen habe der Gerichtshof die Angeklagte zu zwei Jahren Gefängniß und füiij Jahren Ehrverlust verurtheilt. Die Angeklagte verblieb auf freiem Fuße. Der erste Fall, daß eine im deutschen afrikanischen Schutz- gebiet begangene Strafthat vor einem Berliner Gerichtshofe zur Aburtheilung gelangte, hat sich gestern(Mittwoch) vor der zweiten Strafkaminer des Landgerichts l ereignet. Der auf der Anklagebank befindliche frühere Unteroffizier Ernst Ermisch wurde vor einigen Jahren nach Neu-Guinea gesandt, wo er den Posten eines Polizei-Unteroffiziers bekleidete. Es lag ihm u. A. die militärische Ausbildung einiger jugendlicher Eingeborenen ob. Die Anklage legt ihm zur Last, daß er in einem Falle seine amtliche Slellung gemißbraucht und sich gegen ß 175 des Slraf- gcsetz-Buchs vergangen hat. Die Verhandlung, welche unter Aus- schluß der Oeffentlickkeit stattfand, ergab die Schuld des An- geklagten, der infolge dessen zu einer Gefängnißstrafe von sechs Monaten verurtheilt wurde. Das Gericht nahm an, daß der Angeklagte eine amtliche Stellung eingenommen, trotzdem er nicht vereidet war. Beseitigung der Akkordarbeit ist eine politische Angelegen- heit und wer dieselbe verlangt, ist bereits sozialdemokratischer Bestrebungen überführt, wenigstens nach den Begriffen des Polizei- Inspektors zu Landsberg a. W. Vor dem dortigen Schöffen- gericht standen kürzlich, wie dieNeumärkische Zeitung" berichtet, die Tischlergesellen Marten, Krüger, Hensel, Stein ke> Kalweit, Michaelis, Hersurt und Braun auf der Anklagebank unter der Beschuldigung, am 2. Februar d. I., wo von dem Erstgenannten eine Versammlung von Tischlergesellen im Berg'schen Lokale einberufen worden war, zu welcher aber eine Erlnubniß der Ortspolizei nicht eingeholt, die Abhaltung einer Versammlung auch nicht einmal polizeilich angemeldet war, sich, nachdem seitens eines Polizeibeamten die Auslösung der Ver- sammlung verkündet war, nicht sofort entfernt zu haben; die Angeklagten führten an, es bestände hier eine Zahlstelle des Ver- bandes deutscher Tischlergesellen, dem sie angehörten, sie ver- folgten nur»ach Inhalt des Verdandsstatuts die Förderung ihrer gewerblichen Interessen und Verhandlungen über religiöse oder politische Fragen wären ausgeschlossen. Sie hätten sich auch, nachdem die Auflösung der Versammlung ausgesprochen worden wäre, entfernen wollen, aber der Polizeibeamte hätte er- klärt, sie sollten noch warten, er müsse ihre Namen ausschreiben und deshalb hätten sie sich nachher noch längere Zeit aufgehallen. Nur Braun bemerkte, sofort sich entfernt zu haben nach der aus- gesprochenen Auflösung. Seitens des vorgeladenen Polizei- Inspektors R. wurde darauf hingewiesen, daß in dem betreffen- den Statute als zu den vom Verbände zu erstrebenden Zielen auch der Passus sich befinde:Beseitigung der Akkordarbeit" und daß dieser Passus doch eine Tendenz ausspreche, welche als eine politische aufzufassen sei und auch in Verbindung stehe mit den sozialdemokratischen Bestrebungen. Weiter spreche der Umstand dafür, daß die Angeklagten derartige Be- strebungen und sonstige Ziele der Sozialdemokraten versolgten, daß am 17. Februar dieses Jahres eine Versammlung von Marten berufen sei und getagt habe, in welcher eine als zur sozialdemokratischen Partei gehörige Person einen Vortrag ge- halten habe.(Diese Versammlung war eine öffentliche Tischler- Versammlung, die auch angemeldet war. Anm. der Red.) Vom Polizeiwachtmeister L. als Zeugen wurde noch hervorgehoben, daß, nachdem er die Namen der Personen habe aufschreiben wollen, Marten den andern zugerufen habe, ihre Namen nicht zu nennen, ihre Namen seien ja der Polizei durch ihre Anmeldung von ihren Werkstätten aus bekannt. Ter Gerichtshof erkannte gegen Marten aus 10 Tage Gefängniß, gegen Krüger auf 20 M. oder 4 Tage, gegen Her-urt auf 40 M. oder 8 Tage, gegen Hensel, Sleinke, Kalweit und Michaelis auf je 15 M. oder 3 Tage Gefängniß und gegen Braun auf Freisprechung. Zwei weitere Angeklagte, nämlich Grützmacher und G e i s l e r, waren nicht erschiene» und wurde gegen sie die Verhaftung beschlossen. Die Verurlheilten haben natürlich Berufung eingelegt. Soziols Ltelierstrhk. An die Mitglieder des Berbandes aller in der Metall- iudustrie beschäftigten Arbeiter Berlins und Umgcgeud! Kollegen, es ist uns seit der letzten Generalversammlung am 10. Mai nicht möglich gewesen, in dieser kurze» Zeit für alle Branchen, welche zu unserem Verbände gehören, Versammlungen einzuberufen. Wir werden daher für diejenigen Branchen, für welche bis zur nächsten beschließenden Versammlung keine Branchen- versainmlung mehr stattfinden kann, die Wahl der Vertreter in der beschließenden Versamnilung selbst vornehmen. Es werden deshalb die Gürtler, Drücker, Schnittardeiter u. s. w. speziell er- sucht, recht zahlreich in der Versammlung zu erscheinen, um ihre Vertreter zu wählen. Auch ist jedes einzelne Mitglied zum Besuch der Versammlung verpflichtet; jeder Kollege hat theilznnehmen an den Beschlüssen, welche dort gefaßt werden. Die beschließende Versammlung findet am 25. Mai, Abends präzise Ve9 Uhr, im Louisenstädtischen Konzerthaus, Alte Jakobstraße, statt.(Siehe Näheres im Inserat desVorwärts".) Wir ersuchen daher noch- mals um zahlreiches und pünktliches Erscheinen. Mit kollegialem Gruß Der Vorstand. I. A.: G. Wegner. Achtung Vergolder! Die Veraolder u. s. w. in der Fabrik von M a t h l a s und F r o st in B u r g stehen mit den Fabri- kanten aus nachstehendem Grunde in Differenzen.>Seit längerer Zeit wird den Akkordarbeitern genannter Fabrik der verdiente Lohn nicht voll ausgezahlt, sondern nur höchstens 15 M.; am letzten Sonnabend wurde diese Summe sogar auf 13 M. reduzirt. Darauf traten sämmtliche Arbeiter zusammen und stellten eine Forderung aus Erhöhung ihres Lohnes bis zu 13 M. Als diese Bitte nicht gewährt, sondern ihnen geantwortet wurde, sie sollten nur alle gehen, denn in 3 Tagen würden andere Arbeiter m genügender Zahl dasein, so stellten die auf diese Weise Abgewiesenen sämmtlich die Arbeit ein. Da in Burg die Lebensmittelpreise und die Miethe nicht allzu gering sind; außerdem jeder Arbeiter eine wöchentliche Ausgabe von 0,751 M. für Handwerkzeug hat, so können hier also für fremde Kollegen keine besonderen Vortheile erzielt werde». Wir ersuchen daher alle Kollegen, Burg auf ihrer Reise zu meiden, da Hierselbst an Arbeitskräften, wenn die Bezahlung nur einigermaßen erfolgt, kein Mangel ist. Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck gebeten. Die Kollegen aus B.urg b/M. Die Maurer uud Zimmerer Kolberas stehen in einer Streikbewegung wegen der von den Meistern ihnen oktroylrten Ar- beitsordnungen, bei deren Abfassung man die Arbeiter gar nicht gehört hat. Die Schriftgießer Dresdens befinden sich wegen der Hausordnung im Ausstande. Zur Buchdrucker- Bewegung. Die von den deut che» Buchdrucker-Pnnzipalen unter der Gehilfenschaft in Szene gesetzte Wahl von Vertretern zur Tariskommission hat, wie vorauszusehen war, init einer Niederlage der Prinzipale geendet. Trotz des prinzipiellen Beschlusses gegen die Neubelebung der Tarifgemein- schuft nahm bekanntlich ein Theil der organtsirten Gehilfen an der Abstimmung Theil, um zu verhindern, daß notorische Streik- brecher in die von den Prinzipalen zu konstruirende Kommission gelangten. Es sind denn auch überall die alten Vertreter der organtsirten Gehilfen wiedergewählt worden. Einen Provinzialtag halten die Maler, Lackirer und Anstreicher der Provinzen Pommern , Brandenburg , Posen, Ostpreußen , Westpreußen und Schlesien am 1. Pfingst- feiertags im Waldmann'schen Lokale zu Stettin , Apfel-Allee 99, ab. Die Beschlüsse der Frankfurter Generalversammlung und die Frage, wie die Kollegen der genannten Provinzen am besten zur Organisation herangezogen werden können, bilden die Haupt- punkte der Tagesordnung. Auflösung einer freie« Hilfskasse. In der am 15. Mai in Altona abgehaltenen außerordentlichen Generalversammlung der in Hamburg domizilirten Zentral-Krankenunter- stützungs- und Sterbekasse der deutschen Schmiede(E. H. Nr. 39) wurde mit 25 von den vertretenen 27 Stimmen beschlossen, die Kasse aufzulösen. Es wurde erklärt, daß es unmöglich wäre, eine Kasse, die nach den neuen gesetz- lichen Besttmmunge» umgeformt sei, auf die Dauer hoch zuhalten. Dieserhalb wurde auch der Anschluß an eine andere Kasse als zwecklos verworfen. Die Umwandlung in eine Zuschußkasse wurde abgelehnt, weil bei der vorhandenen Mitgliederzahl das doch nur ein Zwergunternehmen sei, und weil einige andere Kassen damit schlechte Erfahrungen gemacht hätten. Die General- Versammlung erkannte jedoch das Prinzip der Zuschußkassen an; nur müßte es, wie dies leider von der Krankenkassen-Konferenz in Hamburg abgelehnt ward, in Form einer einzigen großen Zuschuß- lasse zum Ausdruck kommen. Freisinniger Bauernfang. Die Würzburger Freisinnigen führe» die Agitation gegen das Alters- und Invaliden- Versicherungsgesetz noch unverfrorener als ihre Nürn - berger Gesinnungsgenossen. Während der kürzlich daselbst ab- gehaltenen Kreis-Thierschau etablirten sie, wie dieFränk. Tages- post" berichtet, aus dem Festplatze in einer Meßbude einBureau" uud hingen Plakate aus, auf welchen es hieß:Hier werden Unterschriften gegen das Klebegesetz entgegengenomnien." Das Hamburger Gewerkschaftskartell hat über die Zeit vom 20. Februar 1891 bis 30. April 1892 folgende Bilanz ver- öffentlicht: Einnahme 66 356,75 M.. Ausgabe 65 741,80 M., Bestand 1114,95 M. Aufgenommene Darlehen 87 000 M., davon abgetragen 62 000 M.. bleibt ein Echuldenrest von 25 000 M. Eine Gewerkschafts-Kommission errichten die organistrten Arbeiter Arnstadts. Der magere Arbeiterschutz, den die neue Gewerbe-Ordnung bietet, stößt bei seiner Durchführung noch auf ganz erhebliche Schwierigkeiten. So wird z.B. aus Netzschkau i. V. berichtet. daß die gesetzlichen Vorschriften über die Frauenarbeit und sonstige Bestimmungeu wenig oder gar nicht befolgt werden. Andererseits bürdet man den älteren Arbeitern dort, wo die Bestimmungen über den Schutz der jugendlichen und weiblichen Arbeiter befolgt werden, die Arbeit dieser letzteren Kategorien mit auf, wenn sie dem Gesetz gemäß die Arbeit früher deendigen. Auch das Bestreben, die Arbeiterschutz- Maßregeln des Gesetzes zur Steigerung des Unternehmerprostts auszunützen, macht sich geltend. An verschiedenen Orlen des Vogtlandes haben nun, da der Gewerbe- Inspektor nicht überall sein kann, um die Durch- sührung des Gesetzes zu überwachen, die Arbeiter Stellen bestimmt, wohin sich Diejenigen wenden können, welche alle solche Ungesetzlich- leiten und Ungehörigkelten dem Gewerbe-Jnspektor gemeldet wissen wollen, aber aus gewissen Gründen sich scheuen, beim Gewerbe» Inspektor selbst vorstellig zu werden. Für Plauen und Um- gegend hat sich die Expedition desBogtländischen Volksblaits" bereit erklärt, Beschwerden entgegen zu nehmen und dieselben dem Gewerbe-Jnspektor niitzutheilen. Mit Nachtheil für die be- treffenden Arbeiter ist diese Einrichtung nicht verbunden, und wird natürlich auf sorgfältige Prüfung der Beschwerden hinsichtlich ihrer Richtigkeit Äedacht genommen. Anderwärts werden wohl die Fachvereine ähnliche Einrichtungen treffen. So müssen sich die organisirten Arbeiter noch eine Menge Arbeit aufbürden, um ein Gesetz durchführen zu helfen, das von den Vertretern der Unternehmerklasse selbst redigirt, deshalb die Kapitalsinteressen durchaus wahrt und trotzdem von den Unternehmern entweder gar nicht oder in mangelhafter Weise beachtet wird. In«iuer Berichtigung» welche die kaiserliche Kanal- kommission in Kiel einem unserer Bruderorgane zugehen ließ, heißt es bezüglich des Streiks der am Nordostsee-Kanal in ? Holtenau beschäftigt gewesenen Arbeiter,daß der Minimallohn ür wirkliche Arbeiter der Firma Förster, Cordes und Soenderop vor Ausbruch des Streiks 22 bis 30 Pf. pro Stunde betragen hat. Außerdem sind 9 Leute gegen 20 Pf. Stundenlohn be- schäftigt gewesen; von diesen sind 2 wegen Trägheit entlasse», 1 Mann ist 19 Jahre alt und schwächlich, so daß er als Bote benutzt wird; auch die übrigen 6 sind entweder schwächlich, in- valide oder alt, so daß sie nicht voll erwerbssähig sind. 2 als Lausburschen beschäftigte Jungen erhalten einen Stundenlohn von je 12 Pf." Jedenfalls find das keine Löhne, bei welchen ein Slrbeiter auf den bekannten grünen Ziveig kommen kann, den die satten Leute dem darbenden Proletarier mit begreiflicher Hartnäckigkeit i» Aussicht stellen, um ihr Wirthschastssystem noch so ,ange wie möglich zu erhalten.