zusammen. und ihr Träger wird nächstens wegen gemeinerGaunereien sich vor den Berliner Richtern verantwortenmüssen. Was dem Einen recht ist, muß dem Andernbillig sein. Und Herr Baare kann sich alsStaatsrath, Kommerzienrath, Handelskammer-Gewaltiger,Staatslieferant wohl berühmen, der Vertreter einer»angesehenen, unbescholtenen Fabrik* zu sein. Der Richter-spruch wird über ihn so gut wie über Herrn Löwe entscheiden. Von diesem letzteren wissen die Leser des„Vor-wärts* zum mindesten Eines sicher. Mag das Geschäftauch noch eine so„angesehene, unbescholtene Fabrik* sein,die systematische Lohndrückerei und die Arbeitermaßregelungensind seit Jahren ein hervorstechendes Kennzeichen der Löwe-schen Waffenfabrik; die Rücken und Chikanen dieses Unter-nehmens, verübt gegen seine Arbeiter, sind in Versammlungenso gut wie im„Vorwärts" zur Genüge dargelegt und ge-bührend gewürdigt worden. In diesem Betracht steuertenLöive-Knhn sicherlich im allerneuesten Kurs.—Slustveisung aus Berlin. Unsere Vermuthung, daßdie preußische Regierung auf die Lügennachricht der imrussischen Solde stehenden„Allg. Reichskorrespondenz", derGesundheitszustand des Sultans gebe zu größten Besorg-Nissen Anlaß, mit der Ausweisung des Urhebers jener Nach-richt antworten werde, hat sich natürlich erfüllt. Zwangs-maßregeln gehören ja zum eisernen Bestand der Mittel,mit welchen die Staatsmänner der alten Gesellschaft ar-beiten. Es� ist schon betont worden, daß wir für das ge-nannte lügenhafte Bureau eben so wenig Sympathie hegen,wie für die übrigen. Gleichviel aber, die Ausweisung einesJournalisten, der lästig gefallen, ist eine Maßregel, diepolitisch gar keinen Nutzen hat. Den einen Lügenpeter weistman aus, und zehn andere kommen dafür herein. Undwas heute die deutsche Regierung thut gegenüber einemrussischen Agenten, das kann morgen jede beliebige andereRegierung gegenüber einem nichtoffiziellen ParteigängerDeutschlands gleichfalls vollführen. Ob der Sultan oderein anderer Regent krank ist oder nicht, davon hängtheute das Schicksal der Völker glücklicherweise nicht mehrab. Die„Possische Zeitung" hat recht, wenn sie sagt, derganzen Angelegenheit sei viel zu viel Bedeutung beigelegtworden. In Sachen des Ententcich-Projekts und der Episodedes Gesreiten Lück, Angelegenheiten, welche das deutscheVolk weit mehr interessiren, als die Frage, ob der Sultankrank ist oder nicht— hat man bis heute noch die amtlicheStellungnahme vermiffen lasten.In jener Sache schreibt man uns noch: Zur Be-schönigung der Maßregel wird mitgetheilt, daß Bog-danowitsch«in russischer Spitzel war, und wir habenkeinen Grund•,• dies zu bezweifeln. Was ist heutenicht alles Spitzel? Und insbesondere die politischenAgenten Rußlands, auch die höheren, sind allesammt Spitzel.Das rechtfertigt, aber nicht die Ausweisung. Es macht—von der prinzipiellen Verwerflichkeit solcher Polizeimaßregelnganz abgesehen— einen gar kleinlichen Eindruck, daß dasgroßmächtige Deutsche Reich in solcher Art gegen einenunbequemen Menschen vorgeht— und noch dazu um einersolchen Lappalie willen.—„Umsturzpolitik" und„kurzsichtige Fanatiker".Die Worte haben ihre Geschichte, so gnt wie die Bücher.Vor wenigen Jahren hatte Jeder, der obige Krastausdrückelieft, darauf schwörest können, daß die Sozialdemokratie ge-meint sei. Heute ist es das amtliche Organ der sächsischenRegierung, die ultra-reaktionäre„Leipziger Zeitung", dievon der„Kölnischen Zeitung" mil diesen Liebenswürdig-leiten traktirt wird. Wohl bekomm'?.—Ein Majestätsbeleidigungs-Prozest weniger. AusFrankfurt a. M. wird telegraphirt:Das auf Grund des Aufsatzes„Gekrönte Worte"(von demSchriftsteller Maximilian Harden) gegen den Verfasser unddie Redaktion der„Fraiilsurter Zeitung" eingeleitete Ver-fahren wegen Majestatsbeleidigung ist nunmehr eingestelltworden.Es läge nur im Interesse der Monarchie, wenn vondem Majestätsbeleidigungs-Paragraphen überhaupt kein Ge-brauch gemacht würde.—Stost ins Herz-Politik. Der dieser Tage erfolgteTod des ehemaligen ungarischen Revolutions- GeneralsK l a p k a erinnert uns an die wenig rühmliche Rolle,Zügel der Regierung müssen für den Augenblick strengangezogen werden, damit die Leute vor allen Dingen wissen,mit wem sie es zu thun haben. Alles Andere findet sichdann von selbst.".Kaum hatte Raffmaus geendet, als lautschallende Musikdie Straße hcraufklang. Die Anwesenden eilten an dieFenster und meldeten das Annahen eines Fackelzuges.Raffmaus bat die Anwesenden zurückzutreten, aber dieFenster offen zu lassen. Bald leuchtete der Fackelzug zuden Fenstern hinauf, und ein Gesangverein sang zur Melodie„Wer ist der Rsttcr hochgeehrt" ein Lob- und Preisgedichtouf den Führer der liberalen Partei, der siegreich eine neueAera herausgeführt habe, und auf die wackeren Männer,die ihm in den heißen Tagen des Kampfes so wacker zurSeite gestanden.Alsbald trat Dr. Rassmau» vor und sprach:„Verehrte Freunde! Eine lange schwere Periodesinsterer Reaktion liegt wie ein böser Traum hinter uns;die holde Göttin der Freiheit schaut plötzlich mit ihremlugendlichen Lockenhaupl zwischen den gebrochenen Wolkenun goldenen Schimmer hervor. Vieles ist mit dem heutigenTage errungen worden. Vieles ist noch zu erringen, weifnSie aber treu bleiben der Fahne, die Sie erkoren und die«h Ihnen mit unerschütterlicher Treue vorantrage, dann inder Thot ist der Tag nicht mehr fern, von dem man mitStolz wird sagen können: er sieht glückliche Menschen ineniem glücklichen Staat. Und so stimmen Sie mit mir ein111 den nie verstummenden Wunsch:„Es lebe die Freiheit," lebe der Fortschritt!"„Hurrah, hoch!" scholl es von unten herauf.Raffmaus trat zurück, und an seine Stelle trat, ehe5 Jemand hindern oder auch nur ahnen konnte, der Wein-handler Tieftrunk mit einem Glase Wein in der Hand undunter dem breiten Kinn geknüpfter, etwas befleckterServiette.„Meine Herren," rief er,„es freut uns zu hören und»u sehen, daß Sie unseren Verdiensten Gerechtigkeit wider-lehren lassen; auch ich, wenn ich auch nicht ins Ministerium�ufen ward en bin, kann sagen, daß ich durch meine�emsendungcn Vieles zum Siege der liberalen Parteiwelche dieser einstmalen bei Napoleon Hl. und später beidessen Schüler Bismarck gespielt hat. Im Jahre 1859,vor Ausbruch des Jtalienerkrieges, verhandelte der fran-zösische Staatsstreich-Kaiser mit Klapka und anderen Ungarn,die sich auch bereit erklärten, für französisches Geld einenAufstand im Rücken der österreichischen Armee in Szene zusetzen. Der rasche Verlauf und Abschluß des Krieges ver-hinderte die Ausführung des Plans, und die geprelltenPsendo-Revolutionäre zogen sich grollend zurück. Als abersieben Jahre später Bismarck, der im Einverständniß mitNapoleon den Krieg gegen Oesterreich vorbereitete, den ge-prellten Pseudo-Revolutionären winkte, da kamen sie aber-mals, fraßen abermals aus der Hand des Gewalthabers.versprachen abermals Revolution zu machen, und wurdenabermals geprellt. Auch diesmal verlief der Krieg wiederzu rasch, und Herr Klapka mit seiner„Ungarischen Legion"hatte keine Zeit, den famosen„Stoß ins Herz" zu führen.Im Volke der Denker gab's aber Viele, die sich vorlügenließen, der im Einverständniß mit Napoleon und im Bundemit Italienern und Ungarn von Bismarck unternommene„Bruderkrieg" sei eine national-deutsche That gewesen.—Kannegiesierei. Der Kannegießer unterscheidet sichvon dem vernünftigen Menschen dadurch, daß er mit großerWichtigkeit über Dinge spricht, von denen er nichts versteht,auf willkürliche Annahmen hin Luftschlösser baut, und sichum Dinge den Kopf zerbricht, die nur für einen gedanken-losen Müßiggänger Interesse haben. Der Kannegießer isteine Spielart der gefährlichen Zunft der Wetterpropheten.— Wie der gewöhnliche ordinäre Wetterprophet sich tief-sinnig jeden Tag Stunden lang mit der Frage beschäftigt:welchen Wind werden wir morgen haben? Wird's regnenoder wird die Sonne scheinen? so behandelt der politischeWetterprophet, oder Kannegießer an seinem Stammtischoder in der Zeitung, die ihm anheimgefallen ist, mit ernsterAusführlichkeit die Fragen: wann werden die englischenNeuwahlen fem? Im Juni, Juli oder in welchemMonat sonst? Wird der Zar nach Berlin kommen odernicht? Und was bedeutet es, wenn er nach Berlin kommtund wenn nicht? Hat der König von Italien bei dentraurigen Verhältnissen in seinem Lande noch die Lust oderden Muth, eine Vergnügungsreise nach Berlin zu machen,oder ist ihn» der Spaß vergangen? Trinkt der Ex-k a n z l e r selber den sogenannten Kornschnaps, den ihmein paar sächsische„Kümmeltürken" neulich zumGeschenk machten, oder läßt er ihn durch seinenSchwenninger oder irgend einen anderen gleichwürdigenLakaien austrinken? Und was ähnliche Fragen mehrsind. Wir, die wir vor den Kannegießern heiligen Respekthaben, bekümmern uns um all diese Fragen nicht. Wanndie englischen Wahlen sind, das wissen wir nicht und wirwarten es ruhig ab, bis der Termin veröffentlicht wird.Und ob der Zar nach Berlin kommt; ob der König vonItalien Rciseplänc hat oder nicht; ob der SchnapsbrennerBismarck seinen eigenen und anderen christlich-germanischenFusel trinkt oder seinen Aerger in reichsseindlichem Kognakhinunterspttlt-- das ist uns ungefähr ebenso gleichgiltig,als die Frage:■ ob der Stöcker oder sein ehemaliger Gönnerin dem letzten Wahrheitsduell am meisten nichtgeloaenhat; oder ob die neu entdeckte„Sibylle von Friedrichsruhe"männlichen oder weiblichen Geschlechts ist, und ob„Sibylle"besser mit altem Waschweib oder mit Hexe zu übersetzenist. Freilich der„Sibylle von Friedrichsruhe" würde eswohl kaum„Wurst" sein, wenn sie auf gut Deutsch genanntwürde: das alte Waschweib von Friedrichsruhe. Es warwieder recht geschwätzig— Schwamm drüber, t—Griechisches. Der durchgefallene Delyannis, der— wie andere„treue Vasallen"— seinem Souverän schonwiederholt die Zähne gezeigt hat(wobei er allerdings einenStärkeren hinter sich wußte), scheint nicht gewillt,seine Niederlage ruhig hinzunehmen. Er hat das Wahl-resultat öffentlich als das Ergebniß unerhörter Mahl-fälschungen bezeichnet und soll das Volk zur revolutionärenErhebung aufgefordert haben. Den Telegrammen zufolgesei es bereits zu Zusammenstößen und Blutvergießen ge-kommen. Ans und über Griechenland wird aber bekannter-maßen soviel gelogen, daß man allen Nachrichten gegenübersehr vorsichtig sein muß.Mit den„unerhörten Wahlfälschungen" wird es wohlseine Richtigkeit haben. Nur hätte Herr Delyannis selberbeigetragen habe. Sie kennen meinen Wein, meineHerrn, und Sie werden selber sagen müssen, daß er imhöchsten Grade geeignet ist, den Menschen in die gehörigeBegeisterung zu versetzen. Selbst Dr. Raffmaus, unser all-verehrter Ministerpräsident, welcher meinen Weinen jederZeit Gerechtigkeit widerfahren zu lassen verstand, wirdIhnen sagen können, daß meine Weine nicht nur gut undpreiswürdig sind, sondern, daß es so recht eigentlich diePflicht eines jeden liberalen Mannes ist, dieselben Vorzugs-weise..."Die Unruhe unten war so groß gewesen, daß kaumnoch die ZLorte des weinscligen Redners vernonimcn werdenkonnten; der Rest der Rede wurde aber auch dadurch ab-geschnitten, daß man den Berauschten zu seinem höchstenAerger am Frackschoß vom Fenster zurückzog. Ein ironischesBravo scholl von unten herauf, und es bedurfte deS ganzenTaktes auf Seiten des Inspektor Zahler, um der Szeneeinen einigermaßen befriedigenden Abschluß zu sichern.Die Austegung, welche dieses Ständchen herorgebracht,hatte sich aber noch kaum gelegt, als von Neuem Musikerscholl und neuer Lichterglanz die Straße erhellte. DieGäste traten wieder an das Fenster und horchten laut aus,als nach beendigtem Musikstücke sich eine Solostimme mitdem folgenden Vers vernehmen ließ:„Ob wohl der Freiheit Morgen tagt,Wenn eine Maus den Staat benagt?Und wenn es eine Raffmaus ist,Ob die uns nicht zu Grunde frißt?O, Raffmaus, Raffmaus, duck' Dich fein,Du wirst nicht lang Minister sein!"Dieser Vers wurde nach Beendigung des Vortrags ineiner Abschrist, um einen Stein gewickelt, ins Zimmer geworfen,worauf ein fürchterliches Heulen, Schreien und Kreischen wievon Katzen, ein Zusammenwerfen von Geschirr und einWimmern sämmtlrcher Instrumente erfolgte. Die Lichterwurden dabei im Nu verlöscht und mit einen, höhnischenJohlen und Pfeifen stob die ganze nächtliche Gesellschaftauseinander.(Fortsetzung folgt.)eS eben so gemacht, wie seine Gegner, wenn er in der Re-gierung gewesen wäre.—Aus England. Lord Salisbury, der Premierminister,hat wieder eine„große Rede" gehalten, in welcher er denArbeitern und den Grundbesitzern schmeichelt— den Arbeitern,indem er sie die besten Stützen des Staates nennt, und ihreBestrebungen nach Gleichstellung für durchaus berechtigt er-klärt— natürlich nur im Prinzip; und den Grundbesitzern,indem er— ebenfalls im Prinzip— sich gegen den un-bedingten Freihandel und zu Gunsten sogenannter Gegen-seitigkeitsverträge mit schutzzöllnerischen Staaten aussprach.Es war eine Wahlrede, und oamit ist die praktischeTragweite dieser Auslassungen gekennzeichnet.—Wahlgesetzgebung ia England. Das Unterhausverwarf eine von dem Deputirten Shaw-Lefevre beantragteBill, wonach bei den Wahlen zum Parlament Niemand inmehr als einem Wahlkreise stimmberechtigt sein soll. DasGesetz von 1835 betreffend die Neueintheilnng der Sitze imUnterhause, welche den größeren Theil des Landes inDistrikte mit nur einem Vertreter eintheilte, hätte, so führteder Antragsteller aus, die Erwerbung von Pluralstimmenund das Pluralabstimmungs- System(die Einrichtung,wonach ein Einzelner mehrere Stimmen in verschiedenenBezirken abgeben kann) wesentlich erleichtert. Er selber be-säße 5 Stimmen und er kenne Leute, die sich das Recht ge-sichert hätten, in 59 bis 100 Wahlbezirken an der Ab-stimmung theilzunehmen. Der irische Unionist Ruffelstellte den Zusatzantrag, das Haus aufzufordern, der Reformseine Zustimmung zu versagen, bis eine neue Eintheilungder Sitze erfolgt sei, wodurch die Zahl der Vertreter vonEngland, Wales, Schottland und Irland in ein gehörigesVerhältnis zur Bevölkerung der Landestheile gebrachtwerden würde. Aus dem liberalen Lager wurde d,e Vor-läge durch Stuart Trevelyan und Harcourt warm be-Sürwortet, während Sexton namens der Jrländer denlntrag Ruffel's kritisirte. Seiten? der Regierung be-kämpfte Schatzkanzler Goschen die zweite Lesung, welcheschließlich mit 243 gegen 196 Stimmen vom Hause ab-gelehnt wurde.—V>Patfcmatfivirijfcn.Znm Fall PeuS wird uns noch geschrieben: Nach derStrafprozeß-Ordnung unterliegen die seitens Untersuchungs-gefangener an Andere als ihren Vertheidiger gerichteten Briefeder Kontrolle des Untersuchungsrichters. Abgesendet werden inder Regel solche Briefe nicht, die sich in irgend welcher Weiseüber die Strafsache selbst auslassen. In welcher Weise von dieserdem Richter zustehenden Befugniß der Untersuchungsrichter inMagdeburg in der Strafsache wider Genossen P e u s Ge-brauch gemacht hat, ergiebl die einfache Wiedergabe des Anfangseiner Anzahl Briefe. Zurückbehalten sind z. B. folgende Briefevom IS. und 19. Dezember 1891:„Werther Parteigenosse! Dies ist der zweite Brief, denich von hier aus an Sie schreibe. Der er st e ist konfiSzirtworden, weil ich etwas über die Untersuchungssache an Sieschrieb. Ich möchte Sie um zweierlei bitten: 1. meiner armenErau, die mit einem Kinde auf dem Arm und einem unter demerzen nun ohne meine Hilfe dasteht, Unterstützung zu Theilwerden zu lassen, 2. niir einen Rechtsanwalt, am liebsten Stadt-Hägen, zur Seite zu stellen."Auch als zur Absenkung nicht geeignet wurde folgenderan die verschiedene Frau Pens gerichteter Brief erachtet:„Meineheißgeliebte Minna,.... I Fasse Muth, wenn ich während Deinerschweren Stunde nicht bei Dir bin...." Abgesendet wurdeaber vier Tage später ein Brief des ersten Staatsanwaltsan Frau Peus, in der dieser ihr mittheilte, daß ihr Mann eine„schwere Strafe zu gewärtigen habe". Die Niederkunft erfolgteam 1. Januar 1892.Zurückbehalten wurden ferner u. A. an zwei Genossenunter dem 19. Dezember geschriebene Briefe, beide beginnend,„dies der zweite Brief, den ich von hier an Dich schreibe.Der e r st e wurde k o n f i s z i r t, weil ich über die Sache schrieb",und die herzlichste Bitte enthaltend, der Frau des Angeklagtensich anzunehmen.—Jeder Kommentar hierzu ist überflüssig. Erst in der zw eitenWoche des Januar erhielt dann endlich Genosse Stadchagen dieNachricht, daß Peus durch ihn vertheidigt zu werden wünsche.Bon da an erhielt auch Frau Peus Nachrichten. Dringend zurathen ist jenen Genossen, welche wegen irgend einer vermuthetmHandlung in Untersuchungshast genommen werden, direkt anihren Vertheidiger zu schreiben.••Kahla(Saale). Das war'eine Aufregung, als am Sonntag, den IS. d. M., hier eine Volksversammlung abgehaltenwurde, zu welcher Frau F a r ch m i n aus Gera das Referat über-nommen hatte. Wir sind ja hier schon gewöhnt, viele Neugierigebei derartige» Versammlungen zu haben, aber wie diesmal ist esdoch»och nicht gewesen. Dickt gedrängt lauschte die Menge,darunter auch ca. 20 Frauen, den bewegten Worten der.Rednermüber die Organisationsbestrebungen der Arbeiter und die Sozial-demokratie. Dieselbe schilderte an der Hand der Geschichte dieKämpfe des arbeitenden Volkes und die Bestrebungen der Be-sitzende», dasselbe in seinem Siegeslauf zu hindern, und forderteschließlich die Anwesenden auf, einzutreten in die Reihen derSozialdemokratie, um mit zu arbeiten an der Befreiung vomkapitalistischen Druck. Mit einem begeistert ausgenommenen Hochauf unsere Partei schloß der Vorsitzende Genosse Horn dieimposante Versammlung. Noch lange nach derselben konnte manin den Straßen der Stadt Menschen gruppen sehen, welche ihreGenugthuung über das Gehörte bekundete» und bei jeder Ge-legenheit dafür zu wirken versprachen, daß der Sozialismus hierweitere Fortschritte mache. So sind wir denn auf dem bestenWege, uns das Landvolk zu gewinnen, indem hier gerade inden Sonntagsversammlungen die Landbevölkerung stark vertretenist. Nur schade, daß wir nicht immer Lokale und Referenten auf-treiben können» welche für uns passen.ES wird fort aeboykottet' Infolge der Maifeier ist demRendsburger Militär der Besuch der„Tonhalle", desgrößten dortigen Etablissements, sowie der GastwirthschaftenSimon, Saß und Soll verboten worden. Wird denn nicht baldeinmal die Organisation der deutschen Gastwirthe ein solidarischesVorgehen aller Gckstwirthe gegen diese Boykottirerei einleiten?Naive Frage. Zur Erledigung solch ernster Berufsarbeit hatdie Gastwirthsorganisation keine Zeit und noch weniger Kourage.Die Theilnehmer am deutschen Gastwirlhstag z. B., der kürzlichin Mecklenburg abgehalten wurde, hatten genug zu thun, um dasVergnügungsprogramm zu bewältigen.»»Polizeiliches,' Gerichtliches.— Aus Magdeburg berichtet der Telegraph, daß derBuchoruckercibesitzer Wille, sowie die Maurer Leitenrothund S ch r o h wegen wissentlichen Meineids unter Anklage gestelltund in Untersuchungshaft genommen seien.