frech mit Leben und Gesundheit spielenden Experimentierungssucht das geeignete lebende Material geliefert werde? Wem hat das Noll seine Söhne ausgeliefert, wenn solche Gräuel geschehen können? Darauf wollen wir eine Antwort hören. Das Reichs-Kriegs- Ministerium stammelt in einem Communique emige entschuldigende Redensarten von großer Hitze, in einer offiziösen Darstellung, die das Budapester Korrespondenzbureau bringt, wird gar die Dreistig- keit gewagt, den Soldatenmord damit zu rechtfertigen, daß bei großer Hitze solche Gefechtsübungen abgehalten werden müßten, weil ja auch im Ernstfalle die Möglichkeit eintreten könnte, daß unter ähnlichen Verhältnissen operiert würde. Soll man sich bei solch unnützem Gerede aufhalten? Gewiß dienen die Friedensübungen zur Ausbildung für den Ernstfall, aber ihr Ziel kann nur sein, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Leistungen, die über die Grenzen der Durchschnittskraft hinaus- gehen, kann gelegentlich der Krieg erfordern; Zweck einer Uebung können sie so wenig sein, als etwa beim Manöver scharf geschossen werden kann. Wurde die Truppe, von der jetzt fast ein Viertel in seiner Gesundheit und Kraft gebrochen ist, dadurch zum Kriegsdienst tauglicher gemacht? Nein,„die Notwendigkeit kriegsmäßiger Leistungen" ist hier wie in andren ähnlichen Fällen nur eine kläg- liche Ausrede für die brutalste Leutcschinderei. Aber ihre Ursache ist ganz etwas andres als Rücksicht auf die tüchtige Vorbildung für den Ernstfall. Die Eitelkeit und Streberei der Vorgesetzten treibt die Mannschaft zu wahnwitziger Ueberanstrengung, in Krankheit und Tod."— Für das gleiche Wahlrecht wird zur Zeit von unsren Lst- reichischen Genossen eine energische Massenagitation betrieben. In einer großen Anzahl Ortschaften fanden Sonntag stark besuchte Wahlrechts-Versammlungen statt. Von einigen Bezirkshauptleuten sind die Versammlungen unter dem Vorwand, daß die Wahl- bewegung staatsgefährlich sei, verboten worden, darunter auch vom Bezirkshauptmann von Borgo in Südtirol , demselben, der die Dieb- stähle des Ognibeni in Levico jahrelang duldete. Man wird diesen Herren, sagt die„Wiener Arbeiter-Zeitung", für die das Wer- sammlungsgcsetz nicht zu existieren scheint, im Parlament den Standpunkt klar machen müssen.— Italien . Eine Spaltung in der lokalen Partei-Organisation Mailands . Rom , den 23. Juli. (Eig. Ber.) Am 23. Juli haben die Mai- länder Socialistcn der Richtung T u r a t i beschlossen, aus der Federazione Socialista Milanese auszutreten und eine autonome socialistische Wahlvereinigung zu bilden. Dieser Entschluß hat eine lange und widerwärtige Vorgeschichte in unzähligen Feind- seligkeiten zwischen den Vertretern der reformistischen und denen der revolutionären Richtung der Partei. Wie bei der vor zwei Jahren eingetretenen Spaltung scheint es sich auch diesmal zumeist um persönliche Antipathien zu handeln, die durch eine von einflußreichen Parteigenossen seit Jahren zum Princip erhobene Disciplinlosigkeit weite Kreise zu ziehen vermochte. Seit Monaten kann von einem Zusammenarbeiten der beiden Richtungen in der Mailänder Partei-Organisation nicht mehr die Rede sein. Seit die „Jntransigenten" bei den Wahlen des Exekutionskomitees die Mehrheit erlangt hatten, haben die„Turakianer" sich nicht mehr an den Vcr- samnilungen beteiligt. Die äußere Ursache der heutigen Spaltung ist das Verhalten der Mailänder Partei-Organisation gegenüber einer Demonstration gegen den Abgeordneten S a c ch i, den Führer der italienischen Radi- kalen. Dieser war in Mailand ausgepfiffen worden, und die revolutionären Socialistcn sollen bei diesem Akt sehr lebhaft mitgewirkt haben. Die Reformisten schlugen in einer Parteiversammlung, zu der sie sich eigens darum eingefunden hatten, ein Protestvotum gegen dieses Vorgehen vor. Sie erklärten das Auspfeifen eines Gegners für unwürdig und mit dem politischen Anstände unvereinbar. Da- gegen fanden die Jntranfigenten, daß die Demonstration nicht in den Verantwortlichkeitsbereich der Partei-Organisation fiele, da sie nicht von dieser veranstaltet worden sei; auch bestünde keinerlei Widerspruch zwischen den Parteiprincipien und einer Demonstration der Mißbilligung gegen einen Gegner. Eine Tages- ordnung in diesem Sinne ging durch und gab den Anstoß zum Austritt der Turatianer aus der Partei-Organisation. Es entsteht nun heute, wie vor zwei Jahren die Frage: gehören die aus einer Partei- Organisation ausgetretenen Personen noch der Partei an oder nicht. Nach dem, dem Parteitag von I m o I a vorgelegten Organisationsstatut des Genossen L e r d a, das wegen Zeitmangels von dem Parteitag dem Parteivorstand überwiesen wurde, unbedingt nicht. Dem bisher herrschenden Gewohnheitsrecht nach auch nicht. Unter den Ausgetretenen befinden sich T u r a t i(Abgeordneter des V. Mailänder Wahlkreises), T r e v e s(Cheftedakteur der socialistischen Tageszeitung„Jl Tempo"), Gallea ni, Bolognesi, mehrere Stadträte usw. Der neue autonome Wahlverein soll bis jetzt über 200 Mitglieder zählen.— Wieder eine BerleumdungSklage gegen den„Avanti". Sogar die Anekdoten über den Papst geben zu Verleumdungsklagen gegen den „Avanti" Anlaß. Hat da unser Centralorgan am 19. Juli eine Episode aus dem vorpäpstlichen Leben Leo XIII . erzählt, in der die diplomatische Eleganz des damaligen Erzbischofs von Perugia hervorgehoben wurde. Die Zeituiig sprach auch von einem Besuch einer jungen Patrizierin, der Gräfin G a l l e n g a, bei dem damals 31jährigen Kirchenfürsten. Dieser Besuch sollte durch den Grafen Gallengo unterbrochen worden sein. Der„Avanti" hat von dieser Episode durch einen aus jener Zeit stammeuden Privatbrief Kenntnis erhalten. Wie sie durch ein Telegramm dem„Giornale d'Jtalia" meldet, hat nun die Gräfin Gallenga die Verleumdungs- klage gegen unser Centralorgan erhoben. Das wird zu einem recht eigenartigen Beweisverfahren führen, obwohl es zweifellos ist, daß der„Avanti", im Besitze jenes Privatbriefes, seinen guten Glauben bei der Veröffentlichung darthun kann.— Rumänien . Zur politischen und wirtschaftlichen Lage. Bukarest , 22. Juli. (Eig. Ber.) Ueber den Ausgang des Rentenschwindel-ProzcsseS und die ausgesprochenen Strafen hat Ihnen der Telegraph seit meiner letzten Korrespondenz bereits Mitteilung gemacht. Da alles wohl vorbereitet war, so verlief alles programmmäßig, trotz der Be- mühungen der Verteidiger, Bresche in das sorgfältig umbaute Prozeßverfahren zu legen, zu dem Zwecke, die eigentlichen Schuldigen zu entlarven. Man weiß sehr wohl, wo diese zu finden sind und daß die jetzt Verurteilten nicht viel mehr als die Verführten sind. Auch hier zu Lande hat das Sprichwort Geltung:«Kleine Diebe hängt man, große läßt man laufen." In diesem Sinne wird auch das im Verlaufe der Angelegenheit nicht mehr abweisbar gewesene Untersuchungsvcrfahren gegen Pictorian, den verantwortlichen Redakteur der großen„patriotischen" Fälschungen des Jahres 1901. verlaufen: der Untersuchungsrichter wird mit einer orckonnancs de non-lieu die Sache für beendigt erklären und Pictorian hierauf wieder Besitz ergreifen von seinem 40 099 Lei-Gehalt als Direktor der Depositenkasse. Aber abgewirt- schaffet hat die Partei, welche solche Blüten zeitigte, doch. Man spricht davon, daß das Kabinett Sturdza im Herbst seine Entlassung geben werde, ja sich dazu schon verpflichtet habe(jetzt, d. h. unmittelbar nach der Ausdeckung der Schwindelaffaire würde es das volle Odium für dieselbe mit in seine Zurückgezogenheit genommen haben) und daß um diesen Preis die Konservativen einen Waffenstillstand be- willigt haben. Die Ernte steht gut, nachdem sie durch wochenlange Nsgsngiiffc, die zun. Glück knapp vor der Ernte aufhörten, sehr fraglich geworden war. Hoffentlich kommt dann wieder mehr Geld ins Land. Jetzt mangelt es an solchem überall und es herrscht ein Elend namentlich in den unteren Volksschichten, das unbeschreiblich ist. Die Deuffche Bank will, wie bereits gemeldet, die Petroleum- gesellschaft Steaua Romana übernehmen und die Discontogesellschaft hat sich mittleriveile auch in den Besitz eines Petroleumunternehmens, der Telega Oil Company(eine englische Gründung) gesetzt und will mit 20 Millionen Lei der rumänischen Petroleumindustrie unter die Arme greifen. Hoffentlich entsteht da nun wirklich eine Industrie, denn was sich hier bis jetzt so nannte, verdiente diesen Namen kaum.— Asien . Japan und Rußland . Seit etwa zwei Wochen weiß die englische imperialistische Presse zu melden, Japan sei zum Kriege gegen Ruß- land bereit, es bedürfe nur eines geringfügigen Anstoßes, um Japan zu einer Kriegserklärung gegen das Zarenreich zu veranlassen. Ent- gegen diesen Nachrichten, die weit mehr den englischen Wünschen als den Thatsachen entsprechen, wird den„Times" aus Tokio unter dem 26. d. M. gemeldet: Die beunruhigenden telegraphischen Nachrichten über Kricgsvorbereitungen Japans , die in England veröffentlicht worden sind, sind völlig unbegründet. Zweifellos wächst in Japan die Entrüstung über Rußlands Verhalten, aber die Nation und die Re- giernng bewahren ihre Ruhe.— Amerika. Ein Akt rohester Lynchjustiz. Der Haß der weißen Bevölkerung gegen die Neger, der aus den Südstaaten der nordamcrikanischen Union längst seinen Weg in die Nordstaatcn gefunden hat, führte am Sonnabend Vi Danville(Illinois ) zu einem blutigen Straßenkampf zwischen Weißen, Negern und Polizei. Es wird uns darüber tele- graphisch berichtet: Am Sonnabend kam es in den Straßen von Danville zwischen der Polizei und Weißen, die einen Sturni auf das Stadtgefängnis unternahmen, um einen Neger, Namens Wilson, herauszuholen und zu lynchen, weil er angeblich eine weiße Frau überfallen hatte, zu einem erbitterten Kampf. Vor dem Angriff der Weißen auf das Ge- fängnis kam es zu einem Zusmmnenstotz zwischen ihnen und einer zahlreichen Negerschar, die den Weißen den Weg zum Gefängnis verlegen wollte, um Wilson vor dem Lhnchgericht zu retten. Zwischen beiden Parteien kam es zum offenen Gefecht, wobei von Feuer- und Handwaffen rücksichtslos Gebrauch gemacht wurde. Ein Weißer wurde dabei von einem Reger Namens Mayfield getötet. Die Wut der weißen Angreifer richtete sich nun gegen Mayfield, den die Polizei nur mit großen Schwierigkeiten und energischer Anwendung ihrer Waffen nach der Polizeistation in Sicherheit bringen konnte. Es gelang den Schutzleuten zwar, mit Mavfield in ihrer Mitte die Station zu erreichen, aber bald rückten die Weißen heran, stürmten das Polizcigebäude, drangen in Mayfields Versteck, holten ihn heraus, hängten ihn und verbrannten seinen Leichnam. Dann ging es weiter zum Gefängnis, um an Wilson das Volksurtcil zu vollziehen. Der Sheriff und seine Beamten suchten vergeblich unter Anwendung ihrer Revolver den Ansturm zurückzuwerfen. Eine große Anzahl der Stürmenden wurde von den Kugeln der Verteidiger verwundet und einer getötet; aber nach kurzem Kampfe war der Widerstand der Polizei niedergeschlagen. Nun strömten die Weißen in das Gefängnis, fanden nach längerem Suchen Wilson, prügelten ihn zu Tode und schleppten den Leichnam hinaus, der dann im Triumph durch die Straßen geschleift wurde.— Aus dem Vatikan . Vorläufige Beisetzung der Leiche Leos XIII. Llm Sonnabendabend 7 Uhr fand die Feier der vorläufigen Bei- setzung des Papstes Leos XHI. in der Peterskirche, der mehr als 2000 Geladene beiwohnten, statt. Nachdem unter Vorantritt der kerzentragenden Pönitentiare der Peterskirche das vatikanische Kapitel in der Sakraments-Kapelle erschienen war, segnete der Dekan des Kapitels die Leiche ein und stimmte das Miserere an, in das der Sänger- chor einfiel. Sodann wurde die Leiche in feierlichem Zuge aus der Sakraments-Kapelle durch das Mittelschiff der Kirche um den päpst- lichen Altar herum nach der Chorkapelle getragen. Voran schritten die Stabträger des Kapitels; dann folgten das vatikanische Seminar, die Pönitentiare und das Kapitel von St. Peter. Hinter ihnen trugen Mitglieder des Kapitels die Bahre mit der Leiche deS PapsteS, von Nobelgarden und Mitgliedern der Erzbruderschaft von San Michele in Borgo umgeben, die brennende Fackeln trugen. Die Bahre wurde in der Mitte der Chorkapelle, das Haupt der Leiche gegen den Altar, niedergestellt. In der Chorkapelle waren die Mitglieder des heiligen Kollegiums, die hier anwesend sind, bereits vollzählig versammelt. In der Kapelle nahmen ferner das diplomatische Corps sowie Vertreter des römischen Adels auf besonderen Bänken Platz, die übrigen Teilnehmer des Zuges stellten sich rechts und links von der Bahre auf; die Vereine und Körperschaften blieben außerhalb der Kapelle, deren Gitter darauf geschlossen wurden. Nunmehr eröffnete Chorgesang die eigentliche Feier. Der Dekan des vatikanischen Kapitels erteilte der Leiche, die er mit Weihwasser besprengte, die Absolution. Darauf trat der Majordomns an die Leiche deS Papstes heran und bedeckte schweigend deren Antlitz mit einem weißen Schleier. Der Präfett der Ceremonien deckte den Körper mit rotseidenem Schleier zu und schlug die Enden des Bahr- tuches über ihm zusammen. Nobelgarden nahmen darauf die Leiche von der Bahre auf und betteten sie in einen ganz mit karmesin- farbigem Sammet ausgeschlagcnen Sarg aus Cypressenholz. In den Sarg wurden drei rotseidene Börsen niedergelegt, die soviel goldene bezw. silberne und bronzene Medaillen enthalten, als das Pontifikat des Verblichenen Jahre gedauert hat, ferner eine in Blei eingeschlossene Glasröhre mit einem Pergamentblatt, daraus Lebenslauf und Verdienste des Papstes geschildert sind. Darauf wurde der Deckel des Sarges geschlossen und mit den Siegeln des Kardinal-KämnicrerS Oreglia, des Kardinals Rampolla , des Erzpriesters der Basilika und des Majordomns versiegelt. während alle Anwesenden in und außer der Kapelle laut beteten. Der versiegelte Sarg wurde sodann in einen Bleisarg gestellt und dieser verlötet: auf dem Deckel des letzteren kündet eine Inschrift Lebensalter, Pontinkatsjahre und Todestag des Verstorbenen. Nach der Verlötung. während welcher der Kapitelnotar eine auf Tod und Beisetzung des Papstes bezügliche lateinische Urkunde verlas, wurde auch der Blei- sarg versiegelt und in einen dritten Sarg, aus Ulmenholz mit dem Wappen-des Papstes auf dem Deckel, gestellt. Nach einer noch- maligen, letzten Einsegnung wurde nun der Sarg aus der Kapelle zu dem Sarkophage gettagen, in dem die vorläufige Beisetzung der Päpste stattfindet. Das Testament des PapsteS. In dein veröffentlichten Testament des PapsteS wird über dessen Vermögen folgende Verfügung getroffen: „Und indem wir Verfügung treffen über daS uns gehörende Familiengut, setzen wir zum Erben ein unsren Neffen, den Grafen Ludovico Pecci. Von diesem Gut sind in Abzng zu bringen die unsrem andern Neffen, dem Grafen Riccardo, aus Anlaß seiner Verheiratung gegebenen Güter. Desgleichen sind in Abzug zu bringen alle in'Carpineto gelegenen Güter, welche gemäß unsrer eigenhändigen Verfügung vom 3. Februar 1900 Eigentum des Heiligen Stuhles find. Wir haben in diesem Testamente keine Verfügungen zu Gunsten unsres Neffen Camilla, unsrer Nichten Anna und Maria sowie der Söhne und Töchter unsres Bruders Giovanni Battista getroffen, da wir bei Lebzeiten für die- selben gelegentlich ihrer Heirat schon in angemessener Weise gesorgt hckben. Wir erklären, daß niemand aus unsrer Familie irgend ein Recht an alledem geltend machen kann, was nicht in gegenwärtiger Urkunde in Betracht gezogen ist, denn alles sonsttge Gut jeglicher Art ist uns in unsrer Eigenschaft als Pontifex zugefallen und ist daher— jedenfalls wollen wir, daß es so sei— unantastbares Eigentum des Heiligen Stuhles." DaS Kardiiialskollegium. Das Kardinalskollegium, das zur Papstwahl berechttgt ist, setzt sich aus 36 italienischen, 9 französischen, 5 spanischen, 5 östreich- ungarischen, drei deutschen und je einem belgischen, amerikanischen, irischen und australischen Kardinal znsammen. Kardinäle französischer Nationalität sind: Alfonso Capecelatro (geboren in Marseille ), Benoit Marie Langümieur, Franeois Mane Benjamin Richard, Adolphe Louis Albert Perraud , Victor Luden Sulpice Lecot, Ginseppe Sarto, Hcctor Conillö, Guillaume Josef Labouro, Gian Fransvis Desire Mathieu. Kardinäle spanischer Nationalität: Josö Sebastiao Nett». Ciriaco Maria Sancha y Herdas, Salvadore Casanas y PagäS, Jose Maria Martin de Herrera y de la Jglesia, Jose Calasanzio ViveS y Tuto. Kardinäle in Oestreich-Ungarn : Anton Josef Gruscha , Claudius Vaszary, Leo Freiherr von Skrbensky, Johann v. Kzielsko- Puzhna, Katschthaler, Erzbischof von Salzburg (ernannt am 22. Juni 1903). Kardinäle in Deutschland : Georg Kopp , Andreas Stemhuber, Erzbischof Fischer in Köln (am 22. Juni dieses Jahres ernannt). Das K a r d i n a l k 0 l I e g i u m hat sicherem Vernehmen nach am 22. d. Mts. einstimmig den Protest Pius IX. und Leos XIII. gegen die Usurpation des Kirchen st aates und die von der Regierung erlassenen kirchenfeindlichen Gesetze erneuert. Der Protest wurde gestern den Mächten mitgeteilt. Die Parteibilduiigen für die Papstwahl. Als diejenigen„Papabili", die nach den neueren Meldungen am meisten Aussicht haben, den päpstlichen Stuhl zu besteigen, gelten Luigi Oreglia di San Stefano, Dekan des heiligen Kollegiums und Kämmerer der Kirche, Gotti, Generalpräfckt der Propaganda, und Serafino Vannutelli , Großpönitenttar und Inhaber des Sub- urbikar-Bistums von Tuskulum. Der Wahl des letzteren sollen be- sonders die deutschen und östreichischen Kardinäle� ge- neigt sein, ferner der nordamerikanische Kardinal Gibbon? und der französische Kardinal Richard. Die Wahl des früheren Staatssekretärs Rampolla gilt nach neueren Mitteilungen für völlig aussichtslos. Wie es heißt, ist zwischen seinen Anhängern und denen Gottis eine Verständigung erfolgt, der zufolge die Anhänger Ram- pollas für Gotti eintreten unter der Bedingung, daß dieser, nach- dem er gewählt ist, Rampolla zum Präfekten der Propaganda und Ferrata zum Staatssekretär ernennt. Wirrwarr im Vatikan . Ueber das zur Zeit im Vattkan herrschende Treiben wird der „Franks. Ztg." berichtet: Im Vatikan herrscht große Konfusion. Niemand hat sich in diesem Uebergangsstadiunl noch an die neuen Dinge gewöhnen können. Insubordinationen und Respektlosigkeiten kommen auch vor. So griff gestern ein Mönch im Vorzimmer des Thronsaales den portugiesischen Gesandten mit Scheltworten an, weil sein König nur wenige Worte des Beileids telegraphiert hätte.(Nun, der Köitig von Portugal hat doch noch nicht vergessen, daß Leo XIH. ihm 1895 unter Androhung der Thronentsctzung den Besuch seines Oheims Umberto verbot. A. d. B.) Diesem und andern kurzen Telegrammen andrer Souveräne werden in Vatikankreisen die Telegramme Kaiser Wilhelms und des Präsidenten Roosevelts als leuchtende Beispiele vorgehalten. Partei- j�ackrickten. Eine socialdemokrattsche Konferenz für den Regierungsbezirk Merseburg , die von über 60 Delegierten besticht war, fand am Sonn« tag in Halle statt. Genosse Leopold- Zeitz referierte über die Stellungnahme zu den bevorstehenden preußischen Landtagswahlen. worauf man in der Diskussion allgemein zu der Ueberzeugung kam: den Freisinnigen ist bei den Laiidtagswahlen noch viel weniger Ver« trauen entgegenzubringen, als bei den Reichstagswahlen. Ehrliche Führer der Freisinnigen hätten dies auch ohne weiteres zugegeben. So haben einige Führer des Halleschen Freisinns, darunter der Stadt« verordnete Schmidt, der jüngst für den Reichstag kanditicrte. 1898 vor der Landtagswahl erklärt, wenn sie ihren freisinnigen Partei- genossen die Parole geben würden, unter gewissen Bedingungen für den Socialdemokraten zu stimmen, so könnten sie gar keine Verant- Wartung dafür übernehmen, ob die Parole befolgt würde. Bei der Socialdemokratie wäre das allerdings anders. Der Delegierte von Sangerhauscn erklärte, ein Teil der Freisinnigen in seinem Kreise wären so beschaffen, daß er sich genierte, öffentlich freisinnig zu wählen. Trotz alledem beschloß aber die Konferenz gemäß den Be« schlüssen des preußischen Parteitages, sich mit aller Energie an den bevorstehenden Landtagswahlen zu beteiligen. GewerklcbaftUcbes. Berit» und Umgegend. Der Tarifvertrag der Bauarbeiter, der am 15. Mai d. I. in Kraft trat, ist noch immer nicht auf allen Bauten durchgeführt. Am Sonntag tagte im Gewerkschaftshause eine Versammlung der im Stundenlohn beschäftigten Bauarbeiter Berlins und Umgegend, um gegen diejenigen Baugeschäfte Stellung zu nehmen, die den Vertrag nicht innehalten. Es handelt sich hierbei zum Teil um Firmen, die dem Verband der Bau- geschäfte angehören, also einen Vertrag brechen, den ihre eigne Organisation anerkannt hat. Der Referent Karl Heidemann führte aus. daß in einigen Fällen auf Grund von Erngaben an die Untcrnehmerorganisation Abhilfe geschaffen worden ist, das letzte Schreiben blieb jedoch ulibcantlvortct. Eine Baukontrolle, die kürzlich vorgenommen wurde, hat ergeben, daß noch 1050 Bauarbeiter in Berlin und Umgegend vorhanden sind, die unter 43 Pf. Stundenlohn erhalten. Dabei wurden allerdings eine Anzahl Leute mitgezählt, die nicht als geübte Bauarbeiter gelten können. Diefe abgerechnet ergiebt sich, daß mindestens 800 von den 6000 hier beschäftigten Bau- arbeitcrn den ihnen im Vertrag zugesicherten Stundenlohn von 45 Pf. nicht erhalten. Im übrigen muß jedoch festgestellt werden, daß seit dem vorigen Jahre, wo man noch 1700 Bauarbeiter mit Löhnen von unter 40 Pf. zählte, eine bedeutende Verbesserung eingetreten ist. daß der Vertrag also sehr günstig gewirkt hat. Es soll nun. wie der Redner weiter ausführte, unter allen Umständen dafür gesorgt werde». daß der Vertrag überall zur Anerkennung gebracht wird. Die OrtS« Verwaltung, sowie die Vertretersitzung haben sich bereits mit der Frage befaßt und einem energischen Vorgehen ihre Zustimmung gegeben. Zunächst soll eine Sitzung der Schlichtungskommission ver- anlaßt werden.— D,e Vcrsamntlung nahm einstimmig folgende Resolution an: „In Erwägung, daß trotz des Abschlusses des Vertrages immernoch verschiedene Baugeschäfte vorhanden sind, die den im Vertrag vorgesehenen Lohn nicht zahlen, die Bauarbeiter Berlins und Um- gegend aber Forderungen stellen, die von der überwiegenden Zahl der Baugeschäfte laut Vertrag anerkannt sind, verpflichten sich die heute versammelten Bauarbeiter centraler Richtung, um endlich diese Forderungen auf der ganzen Linie zur Anerkennung zu bringen, auf allen Bauten, wo am 27. Juli der Lohn nicht ge- zahlt wird, die Arbeit so lange ruhen zu lassen. bis der vertragsmäßige Lohn anerkannt ist."_ Die Feilenarbeiter nahmen am Sonntag in einer gut besuchten Versammlung endgültig Stellung zu ihrer nunmehr eingeleiteten Lohnbewegung. Von der Lohnkommission wurde mitgeteilt. daß dem Einigungsamt die Angelegenheit bereits unterbreitet worden ist. um, wenn angängig, eine friedliche Verständigung über die Tarif- forderungen mit den Arbeitgebern herbeizuführen. Im übrigen faßte die Versammlung einstimmig folgenden Beschluß: In allen Betrieben. deren Inhaber bis zum Sonnabend, den 1. August, den Tarif nicht unterzeichnet haben, wird am Montag, den 3. August, einmütig die Arbeit niedergelegt. Der Streik der Müllkutscher und Schaffner der Firma Rhöricke u. C 0. dauert unverändert fort. In der am Sonntag stattgefundenen Versammlung waren sämtliche Müllabfuhrbetriebe durch ihre Ver« trauensleute vertreten und nahmen dieselben Kenntnis von den Nr- fachen des Streiks. DaS Verhalten des Inspektors wurde in jeder Weise gemißbilligt. Da die Firma Rhöricke u. Co. an dem großen Unternehmen Berliner Abfuhr-Gesellschaft beteiligt ist, so suchte dieselbe unter dieser Firma Arbeiter durch Inserate in der .Morgenpost" zu bekommen. Es haben sich auch einige Arbeits- lvillige gefunden, doch können dieselbe die schwere Arbeit nicht
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