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It. 177. 20. 1. Inlogr ks Jorairts" ßtrlintt WksM Sonnabend, 1. August 1903. Lokales» Die Rauitier-Spiclschule des Zoolsgischen Garten?. EineRaubtier-Spielschule" das ist das Allerneueste! Sie besteht im Berliner Zoologischen Garten, und zwar eigentlich schon seit längerer Zeit; aber weiteren Kreisen war bisher noch nichts daritber bekannt geworden. ES handelt sich um eine Art Kinder- garten, einenKindergarten" für junge Löwen , Leoparden, Hyänen usw. Diese Einrichtung hat sich, wie Direktor Dr. L. Heck mitteilt, aus kleinen Anfängen sozusagen von selber entwickelt. Sie ist zurück- zuführen auf die neuere Methode der Freiaufzucht junger Raubtiere, die man«nicht mehr im Raubtierhause einsperrt, sondern in größeren, dazu hergerichteten Räumen auf dem WirtschastShofe in Gemeinschaft mit ihresgleichen und mit Hunden in stetem freundlichen, liebevollen Ver­kehr mit dem Menschen möglichst ungehindert sich bewegen und aufwachsen läßt". Die Tiere, die im Zoologischen Garten in dieser Weise aufgezogen worden sind, haben sich nicht nur körperlich sehr gut entwickelt, sondern sind auch ganz überraschend gutartig und anhänglich geworden und haben sich schließlich auch als gelehrige Schüler erwiesen, die sich ohne die üblichen Mittel gewöhnlicher Dresseure manches hübsche Kunststück beibringen ließen. Was durch diese Behandlung erreicht worden ist, soll nun in der nächsten Zeit auch den Besuchern des Zoologischen Gartens in öffentlichen Schau st ellungen gezeigt werden. Am Freitag hat die Direktion zunächst vor einem geladenen Publikum eine Abschlußprüfung veranstaltet. Neun Zöglinge nahmen daran teil: sechs Löwen , ein Leopard, eine Hyäne, ein Bär; als zehnter war ihnen ein Hnnd beigesellt. SogenannteWunder der Dressur" bekam man nicht zu sehen; es war aber auch gar nicht beabsichtigt, solche borgeführt wurde, war schlichter eines berufsmäßigenTierbändigers" als diese. Das Bild, das die vermochte mehr als bloße Schaulust war ein wertvoller Beitrag zur zu zeigen. WaS hier als die Produktionen und dennoch größer Raubtier-Spielschule bot, zu befriedigen; es Tierpsychologie. Inspektor Havemann, der die Tiere mit großer Hingabe auf gezogen hat, ist offensichtlich ein guter Kenner der Tierseele. Jede der als blutgierig und mordlustig verschrieenen Bestien wurde von ihm nach ihrer Eigenart behandelt, und jede folgte ihm. Die Spiele, die er sie vorführen ließ, waren, wie gesagt, keine sensationell wirkenden Dressurkunststücke, obwohl mit manchem davon auch ein eigentlicher Dresseur sich sehen lassen könnte. Aber es kam mehr nur darauf an, zu zeigen, wie tveit sich die Tiere an ihren Pfleger gewöhnt haben, wie verschieden ihre Individualität dem Pfleger gegenüber zum Ausdruck konimt, und mit welchem Ver ständnis der Pfleger der Individualität jedes einzelnen Tieres Rechnung ttägt. Interessant sind die Charakteristiken, die Direktor Heck von den Zöglingen entwirst. Hier sind einige: Turnidu, der große, schloere, aus Deutsch-Südwestafrika importierte Löwe, gutmütig und nicht unbegabt, aber auffallend ttäge und schwerfällig; nur dann rasch zur Hand, wenn ihn etwas Besonderes reizt. Felix, der erste westafrikanische Löwe aus Deutsch -Bornu im Tschadseegebiet, klug und folgsam, aber auch furchtsam, durch veränderte Umgebung leicht zu stören. Abdullah, importierter Senegallöwe, der gutmütigste und fügsamste von allen, aber nicht sehr begabt. Mahdi , importierter Abessynierlöwe, der klügste und gelehrigste, hält aber in Einzelheiten seine» Willen aufrecht. Fatime, unsre selbstgezogene Löwin, sehr nervös und nachttagend, dabei gegen ihre Genossen mit- llnter etwas heimtückisch. Suleika, indische Leopardin, sehr klug und eiftig, drängt sich geradezu zurArbeit". Kaukasusbär, der geborene Clown, hat immer Nebendinge im Kopf und stöhnt jämmerlich, wenn er zeigen muß, ivas er gelernt hat. Die Vorführung der so charakterisierten Zöglinge wurde durch Inspektor Havemann, der auf der umgitterten Bühne zwischen den Tieren umherspazierte wie im Kindergarten dieTante" zwischen ihren Kleinen, durch witzige und humorvolle Zuthaten zu einer recht unterhaltenden gestaltet. Mit einzelnen Tieren, die besonders gutmütig waren, erlaubte er sich manchen derben Spaß. Drollig war der Bär, mit dem Herr Havemann fast ein bißchen zu sehr Schindluder spielte". Die Gäste spendeten den eigenartigen Leistungen dieser Raubtier-Spielschule und ihres Leiters den ver- dienten Beifall. _ Die Entwicklung des inneren Personenverkehrs der Berliner Stadt- und Ringcisenbahn. Im Anschluß an die im Jahrgang 1898 desArchivs für Eisenbahnwesen" enthaltenen Angaben über die Ent- Wicklung des inneren Personenverkehrs, d. i. des Verkehrs der Stadt- und Ringbahnstationen untereinander(einschließlich der beiden Vor- ortstationen Grunewald und Eichkamp, aber ausschließlich des sonstigen Vorort- und des Fernverkehrs) bis Ende 1397. werden im neuesten Heft desArchivs" die gleichen Ergebnisse für die fünf Jahre 1898 und 1902 veröffentlicht. Unter Ausschluß des Äusstellungsjahres 1396 ergab sich seit Eröffnung der Stadt- und Ringbahn bis zum Jahre 1900 eine un- unterbrochene erhebliche Verkehrs- und Einnahmesteigerung, obgleich der Wettbewerb der Berliner Straßen- und Vorortbahnen seit ihrer elekttischen Bettiebsführung in den letzten Jahren mehr als früher bemerklich war. Ganz besonders trat die? hervor, als die Große Berlmer Sttaßenbahn am 1. Oktober 1900 auf einer größeren Anzahl ihrer Linien den Einheitstarif von 10 Pf. für jede Fahrt unter gleichzeitiger Herabsetzung ihrer Zeitkartenpreise einführte und diese erheblichen Tarifermätzigungen am 1. Januar 1901 auf ihr gesamtes Bahnnetz ausdehnte. Hauptsächlich infolge dieser Maß- nahmen stieg die Anzahl der von der genannten Sttaßenbahn be- förderten Personen von 236 Millionen im Jahre 1900 auf 282 Millionen im Jahre 1901, d. i. 19,6 Proz. Bei dem starken Wettbewerb der Straßenbahnen mit der Stadt- und Ringeisenbahn in vielen verkehrsreichen Stationsverbindungen war sonach der erhebliche Rückgang des Verkehrs auf der Stadt- und Ringbahn, der im Jahre 1901 eintrat, nicht überraschend; er betrug 8,9 Millionen Fahrten:= 9 Proz. und 916 000 M. an Einnahmen gleich 10 Proz.; überwiegend waren die einfachen Fahrkarten an diesem Ausfall beteiligt. Das Jahr 1902 ergab jedoch gegen 1901 bereits wieder eine Steigerung von 3.1 Millionen Fahrten= 3,5 Proz. und 115 000 M. Einnahme= 1,4 Proz., obgleich die am 18. Februar 1902 eröffnete Berliner Hoch- und Untergrundbahn gleichfalls wenn auch nur in einigen Stattonsverbindungen in den Wettbewerb mit ein- getreten ist. Leider wird die Eisenbahnverwaltung be, diesem relativ günstigen Verkehrsstand erst recht nicht an eine Herabsetzung des Fahrpreises denken. Der Magistrat hat 15 Gemeinde-Wahlbezirke ausgelost, in denen bei den bevorstehenden Stadtverordneten-Wahlen nach der Städte- Ordnung nur je ein Hausbesitzer gewählt werden kann. Diese Bezirke wurden bisher vertreten: In der HI. Abteilung der 13. durch S t a d t h a g e n, der 17. durch Hausbesitzer Schern, der 24. durch Gastwirt I. Wernau, der 37. durch Hutfabrikant Borg- mann, der 39. durch Hausbesitzer Th. Raaz, der 43. durch Gastwirt Ewald und der 47. durch Gastwirt A u g u st i n. Fünf von diesen müssen danach Hausbesitzer werden, falls sie in den bisherigen Wahlbezirken wieder aufgestellt werden sollen. In der II. Abteilung sind ausgelost: der 6. Wahlbezirk, durch Geh. Sanitätsrat Dr. Rüge(Hauswirt) vertreten, der 9., bisher durch Renwer Iben(Hausbesitzer), der 10., bisher durch Kaufmann Klaar(Hausbesitzer), der 11., bisher durch Obermeister Gemeinhardt und Kaufmann Ouednow(Hausbesitzer), der 15., bisher durch Justiz- rat Cassel, und der 16., bisher durch Apotheker Fritsch(Hausbesitzer) Vertreten. Justizrat Cassel zählt nicht zu den Hausbesitzern. In der I. Abteilung müffen in den beiden Wahlbezirken 10 und 14, die bisher durch Justizrat Dr. Fricdemann und Architett Baumann ver- treten werden, Hausbesitzer gewählt werden. Von diesen beiden ist Justizrat Dr. Friedemann kein Hausbesitzer. Auch ein geistiger Kampf gegen die Socialdemottatie. Aus dem Norden Berlins schreibt uns ein Parteigenosse: Hier zieht gegen- wärtig ein Händler von Hof zu Hof, der Briefpapier feilbietet. Um nun das Publikum und vor allem die Arbeiterschaft auf sich und seine Ware besonders aufmerksam zu machen, ruft er mit lauter Stimme: Wer von mir kauft, erhält noch gratis ein Buch überDie Bedeutung des 1. Mai und die Zukunft der Socialdemottatie". Bald aber merken die Käufer dann, daß ihnen auf diese Weise eine Sudelbroschüre desKorbmachersFi scher angedreht worden ist. Es dürfte wohl mit einiger Sicherheit anzunehmen sein, daß der Händler das Geistesprodutt des edlen Korbmachers im Aufttage irgend einesOrdnungs"-Konsorttums vertteibt. Run, die Arbeiter erhalten auf diese Weise schlimmstenfalls ein Stück Klosett- papier mehr. Die neue Sttaßcnbahnlinic. Unsre gestrige einer Lokal- korrespondenz entnommene Nachricht wird von der«Großen Berliner Sttaßenbahn" wie folgt dementitert: In der heutigen Morgen- ausgäbe Ihres geschätzten Blattes befindet sich eine Notiz, gemäß der am 1. August d. I. eine neue Straßenbahnlinie Alexaudcrplatz Tempelhof Südende Lankwitz Groß-Lichterfelde zur Eröffnung gelangen soll. Diese Nachricht, der wir vollständig fem stehen, ist imrichttg. Die Einführung einer solchen Linie ist von uns nicht beab- s i ch t i g t. Die neuen Notaußläffe, die für die Weinmeistersttaße, für die Schönhauser und Rosenthaler Vorstadt in diesem Jahre angelegt worden sind, haben sich nach den Feststellungen der Kanalisations- Verwaltung bereits ganz vorzüglich bewährt. Die in den letzten Tagen hernicdergegangenen Regenmassen, besonders die Niederschläge am Mittwochnachmittag waren so bedeutend, daß nach den bisherigen Er- fahrungcn an den bekannten Ueberflutungsstellen Hochwasser erwartet werden mußte. Obwohl die Niederschläge an einzelnen Stellen eine Höhe bis zu 28 Millimeter in einem Zeittaume von einer halben Stunde erreichten, ging der Wasser-Abfluß glatt von statten. Es ttat nicht einmal eine vorübergehende Stauung der Fluten in den Sammelkanälen ein. Nach diesen Erfahrungen ist anzunehmen, daß bei für Berlin normalen Regen-Verhältnissen in dem erwähnten Stadtteil Ueberschwemmungen ausgeschlossen sind. Bei einer Regen- katastrophe, wie am 14. April vorigen JahreS, würde diese Anlage natürlich nicht genügen. Abflußlcitungen für derartige Wassermengen zu schaffen, ist ganz unmöglich, doch sind auch solche Wasser- Katastrophen außerordentlich selten. Einen alten Trick erfolgreich zur Anwendung gebracht hat eine Diebesbande, welche in der gestrigen Nacht einen Einbruch in dem Konsektionsgeschäft von Cohn, Neue Schönhauserstraße 1. ausübte Die Bande bestand aus vier Personen. Um die Aufmerksamkeit der an der Ecke der Weinmeister und Neuen Schönhauserstraße mit ihren Gefährten haltenden Droschkenkutscher, sowie auch der Nachtpassanten von dem Thatorte abzulenken, entrierteu zwei Mitglieder der Bande eine Schlägerei, bei welcher sie sich natürlich nicht allzu wehe thaten. Während sich die beiden zankten und prügelten und eine größere Zu- schauermenge um sich vcrsr.nmelten, zertrümmerten die beiden Ge- Nossen einen großen Schaukasten, dessen aus wertvollen Kostümen be stehenden Inhalt sie sich aneigneten, nachdem der Raub in Sicherheit gebracht worden war, versöhnten sich die beiden Gegner und entfernten sich unbelästigt. Es ist übrigens bereits das vierte Mal, daß die oben genannte Firma durch derartige Schankästendiebstühle geschädigt wurde Die Indianer". Eine ganze Schar Jungen im Alter von 9 12r Jahren lagen gestern abend in der Schönholzer Heide dem Jndianerspiel ob. Sie begingen u. a. den bodenlose« Leichtsinn, Raketen und sog. Schlangen einzubuddeln nnd mit Steinen zu belegen. Durch ungeschickte Hantterung explodierte die eine Rakete und brachte dem 10jährigen Sohn des Schneiders Güntzel so schwere Brandwunden im Gesicht und an den Händen bei, daß er sofort zur Charitö geschafft werden muhte. Der unglückliche Knabe ist zeitlebens zum Krüppel geworden. Auch an der Erhaltung seines Augenlichtes wird go zweifelt. In der Zahl der tlnfiitfe im Straßenverkehr im Monat Juli ist zwar ein kleiner Rückgang zu verzeichnen, doch ist sie immerhin noch erschreckend groß. Es wurden 53 schwere Unfälle gegen 62 im Vor- monat festgestellt. Die Zahl der Getöteten ist von 9 auf 10 gestiegen. Zwei Personen lourden im Betriebe der Straßenbahn Siemens u Halske, je eine Person auf der Stadtbahn und durch ein Automobil getötet. Unter den 48 Schwerverletzten befinden sich 15 Personen, die im Bettiebe der verschiedenen Stratzcnbahn-Gesellschaften, davon nicht weniger als neun durch Besteigen resp. Verlassen in der Fahrt befindlicher Wagen zu Schaden kamen. Unter den Verunglückten be finden sich 35 Männer, 17 Frauen und 6 Kinder. Bei 23 Fällen konnte ein Selbstverschulden der Verunglückten festgestellt werden, während nur in sechs Fällen die Schuld der Kutscher erwiesen werden konnte. In allen übrigen Fällen lagen besondere Umstände vor, wie sie der starke Verkehr in der Großstadt häufig herbeiführt. Auf einem Eisenbahnübergang schwer verunglückt ist vorgestern abend der 52 Jahre alte Kutscher Adolf Hoffert, der bei seinem Bruder in Kremmen wohnt. Hosfert war mit seinem Fuhrwerk unter- Wegs und fand abends um 10 Uhr bei dem Ort Schwante die Schranke am Eisenbahnübergang nicht geschlossen. Daher fuhr er ohne Bedenken weiter. Als aber die Pferde eben das Geleise überschritten hatten, faßte ein Zug den Wagen und zertrümmerte ihn. Hoffert wurde am Kopfe schwer verletzt und heute morgen nach Berlin in ein Krankenhaus gc- bracht. Ob er vom Eisenbahnzug überfahren oder ob die Verletzung von den Wagenttümmern herrührt, ist noch nicht festgestellt; der Ver- unglückte weiß es nicht. Die Pferde blieben unverletzt. Der Staats- anwaltschaft ist von dem Unfall Anzeige erstattet worden. Ob die Behauptung Hofferts, daß die Schranke offen gewesen sei, der Wahr- heit entspricht, bedarf noch der Untersuchung. Zn dem Drama in der Lützowstraße wird noch berichtet, daß die beiden Schwestern Hedwig und Marie Guttknecht aus Stetttn ge- bürttg sind. Jene war ungefähr 48, diese 44 Jahre alt. Ihr Auf- enthalt seit dem Selbstmordversuch in der Putbusersttaße ist jetzt für die ganze Zeit festgestellt; noch unklar ist dagegen, wovon sie gelebt haben. Hedwig Guttknecht bezog als wissenschaftliche Lehrerin, die unfreiwillig den Dienst hatte verlassen müssen, nur eine kleine Pension, Marie nannte sich Mal- und Zeichenlehrerin, gab aber keinen Unterricht. Trotzdem haben beide monatelang Wohnung und Unter- halt regelmäßig bezahlt. Nach dem Selbstmordversuch in der Putbuser- straße lagen die beiden Schwestern sieben Monate lang im Lazarus- krankcnhause. Nach ihrer Entlassung zögen sie zu einem Vcnnieter Niebuhr am Hasenplatz Nr. 4. Dort wohnten sie neun Monate und bezahlten alles. Ihre Lebensführung war hier bescheiden, ihr Wesen sehr scheu. Den Pförtner des Hauses baten sie wiederholt, wenn eine Droschke vorfahre, ja nachzufragen, ob nicht ein Kriminalbeamter darin sei. Denn die Polizei verfolge sie, um ihnen Dokumente weg- zunehmen. Die Damen erzählten auch, daß sie aus Stettin und Amerika von Verwandten unterstützt würden. Daran glaubte man in Hause nicht recht, da man nie einen Geldbriefttäger bei ihnen sah. Die Zweifel wurden bestätigt durch einen Brief, den man im Hause fand und las. Hiettn antworteten zwei in Amerika lebende Schwestern der Verstorbenen auf eine Bitte um Unterstützung, ihnen geht es selbst schlecht, sie mutzten selbst arbeiten, waschen und nähen. Daher müßten auch sie in Berlin arbeiten, um leben zu können. Als Niebuhr nach Pankow verzog, mieteten die Damen bei der Witwe Kleber in der Köthenerstrahe, der sie, wie wir mitteilten, schließlich 400 M. schuldig waren. Während sie hier wohnten, versuchten sie bei einem Geschäftsmann unter Berufung auf reiche Verwandte in Amerika Kredit zu bekommen, hatten aber damit keinen Erfolg. Es wird vermutet, daß die Schwestern im wesentlichen von Schwindeleien gelebt haben, die noch nicht angezeigt und aufgeklärt sind. Durch ein Stück Mauerputz fand den Tod der 8 Jahre alte Sohn Franz des Tischlers Lamprecht ans der Grünauerstr. 6. Der Knabe begann vor drei Wochen über Kopsschmerzen zu klagen und zeigte eine auffallende Müdigkeit. Zlvei Tage später entdeckte sein Vater auf dem Kopfe eine kleine Wunde, die aber ganz belangslos zu sein schien. Auf Befragen erzählte nun der Knabe, daß ihm kurz vorher, als das Hans abgeputzt wurde,. beim Ueberschreiten des Hofes ein Stück Kalk auf den Kopf gefallen sei. Der Verletzte, der nun in ärztliche Behandlung gegeben wurde, bekam zu den andern Erscheinungen auch noch Erbrechen und starb schließlich unter allen Zeichen einer GeHirnverletzung. Die Leiche wurde beschlagnahmt und die Obduktion ergab in der That, daß das herabfallende Putzstück die Gehirnhaut verletzt und eine Entzündung hervorgerufen hatte. Der ttaurige Ausgang des Unfalls mahnt insbesondere die Kinder, sich irgendwelchen Bauarbeiten möglichst fernzuhalten. Um sich das Leben zu nehmen, hat sich der 53 Jahre alte Gast- Witt Heinrich Hjldcbrandt aus der Friedelstr. 16 zu Rixdorf heimlich aus seiner Wohnung entfernt. Hildcbrandt war früher in Stettin ansässig und hatte die Gastwirtschaft in Rixdorf erst seit April dieses Jahres. Es gefiel ihm hier so schlecht, daß er nervös wurde und sich vor einigen Tagen entfernte, um sich das Leben zu nehmen. Bisher hat man nichts mehr von ihm gehört inld auch seine Leiche noch nicht gefunden. Wahrscheinlich hat er seine Absicht irgendwo zwischen hier und Stettin ausgeführt. Der Vermißte ist mittelgroß und dunkelblond, hat blaue Augen nnd einen dunkelblonden Schnurr- bart nnd ttägt einen graugrünen Jackettanzug mit schlvarzer Schirmmütze und Zugstiefel. Sein weißes Hemd ist H. H. gezeichnet. Kinderspiele. Heute Sonntagvormittag von 912 Uhr Fort- sctzung der vom TurnvereinFichte" arrangierten und ge- leiteten Kinderspiele. Versammlungsort für den Nordost« Bezirk: Landsberger Platz am Kneger-Denlinal; Spielplatz: Sport- platz Fricdrichshain. Versammlungsort für den Sühost-Bezirk: Ober-Freiarchenbrncke am Schlesischen Busch; Spielplatz: Treptower Park. Versammlungsort für den Nord-Bezirk: Bahnhof Benssel- straße; Spielplatz: Jimgfernheide. Versammlungsort für Schön- hanser Vorstadt am Ringbahnbof Schönhauser Allee.' Vcrsnmmttmgs- ort für Rosenthaler Vorstadt und Wedding : Bahnhof Gesund- bnmnen, Eingang Fernbahnhof. Spielplatz für letztere beiden Ver- sammlnngSorte: Spottplatz Norden, Behmstraße. Abmarsch von allen Plätzen: pünktlich 8>/« Uhr. Die Beteiligung an den Spielen ist mit keinerlei Kosten seitens der Kinder oder deren Eltern ver« bnnden und ist jedes Kind ivillkommen. Das Erscheinen der Eltern ist nicht rmbedinat erforderlich. Wer sich aber für die Neubelebüng der Volks- und Kinderspiele interessiert, ist gern gesehen. flue den Nachbarorten. Borfigwalde. Die Mitglieder des Wahlvereins inachen mit Familie am Sonntag, den 2. August, eine» Ausflug nach Stolpe zu Bergemann. Abmarsch von Uhlmann pünktlich 2 Uhr nachmittags. Abfahrt mit der Nordbahn 3 Uhr 8 Min. von Waidmannslust . Wir bitten die Genossen, sich zahlreich zu be- teiligen. Die Genossen der andren Ortschaften bitten tvir, gleich nach dem Bahnhof WaidinannSlust zu gehen. Charlottcnvnrg. In der CharlottenburgerNeuen Zeit' lesen wir: Der Meldedienst in Krankenhäusern ist bekanntlich noch sehr verbesserungsbedürftig, eine Thatsache, die auch schon zu Erörterungen in den Parlamenten Anlaß gegeben hat. Einen neuen Beweis daflir, daß auf diesen» Gebiete eine Reform notwendig ist, liefert folgendes Vorkommnis: Im hiesigen städtischen Krankcnhause befand sich die Eheftau des Schloßstr. 13 wohnhasten Herrn Wilhelm Pankow, Frau Hedwig Pankow geb. Pritsch. Am Dienstag in der vorigen Woche hatte noch der Schwager des Herrn Pankow eine Unterredung mit dem die betreffende Abteilung leitenden Arzte; er bat, die Angehörigen von einer etwa im Zu- stände der Patientin eintretenden Verschlimmerung sofort in Kennt- nis zu setzen, ihnen auch besondere Wünsche, welche die Kranke äußere, mttzuteilen. Gleichwohl lief bei der Familie nicht die geringste Nachricht ein. Am Freitagabend 8'/. Uhr wurde Herr Pankoiv von einigen Bekannten gefragt, ob er denn noch nicht wisse, daß seine Frau gestorben sei. Herr Pankow erklärte, das sei ganz unmöglich, va er doch dann sicherlich eine Meldung erhalten hätte. Er begab sich hierauf nach dein Krankenhanse, wo man ihm b e st ä t i g t e, daß seine Frau plötzlich verstorben sei, und zwar bereits in der Nacht vom Donners- tag zum Freitag um l'/z Uhr. Das Vorkommnis wird noch ein Nachspiel in der 5ttankenhaus> Deputatton haben. a Schöneberg . lieber die Verwendung der kürzlich von den städtischen Körperschaften beschlossenen 26 Millionen- An- leihe, die je nach Wahl mit 3. 3V, oder 4 Proz. verzinst werden soll, liegt folgender Plan vor: Zur Tilgung der anläßlich des AuS- scheidens aus dem Kreise Teltow gezahlten Abfindungssumme 1 779 900 M., zum NcubaudesKrankenhauses4 352 400 Mark(inkl. 1 029 000 M. der aus der Anleihe von 1902 zur Ver- fügung stehenden Mittel), zum Neubau des Rathauses 2 570 000 M.. zum Neubau der höheren Mädchenschule 368 000 M.. zum Neubau je eines Real-Ghmnasiums im Berliner Ottsteil 990 000 M. und im Friedenauer Ortsteil 785 000 M., zum Neubau einer Realschule in Alt-Schöneberg 630 000 M., zum Neubau einer Gemeinde-Doppel- schule am Tempelhofer Weg 723 000 M., zum Neubau einer katholischen Gemeindeschnle cm der Straße K 503 000 M, zum Neu­bau eines Armen- und Siechenhauses 600 000 M., zum Neubau eines Sttaßenreinigungs-Depots 186 000 M., zum Neubau eines Ver- waltungsgebäudes für die Kanalisattons-Verwaltung mit Feuerwehr- Depot in der Speyererstraße 270 000 M., zum Neubau einer kleinen Feuerwache im Friedenauer Ottsteil 50 000 M., zum Neubau einer Polksbadeanstalt 240 000 M., zum Neubau der Kanalisation ür die ersten 6 Baujahre 11 500 000 M.(inkl. 2 480 000 M. der bei der vorjährigen Anleihe zur Verfügung gestellten Mittel), zur Her- tellung neuer und Umbau und Erweiterung alter Wegcunter- nhrungen unter den Eisenbahnanlagen abzüglich der Interessenten- beitrage 708 500 M.(inkl. 220 000 M. ans der vorjährigen Anleihe), zur Errichtung eines Stadtparkes im sogenannten Fennterrain(an der Erfurtersttaße) 1 002 500 M.. zur Bereit- tellung von BetttebSmitteln für einen Grunderwcrbsfonds 1 500 OOO Mark, für.Kursverlufte und sonstige einmalige Unkosten bei Ans- nähme und Begebung dieser Anleihe 465 000 M. Neben dem be­reits in Angttfs genommenen Krankenhause, deffen endlicher Erttchtung erst eine jahrelange Agitation vorausgehen mußte, imd der Kanali- 'atton, erscheint uns die Herstellung der Volksbadcanstolt als eine der wichtigsten Forderungen in hygienischer Beziehung. Stellt doch diese Position in der großen Millionen-Anlcihe gerade die