Einzelbild herunterladen
 

Der neue Papst.

Politifche Uebersicht.

-

Terrorismus.

Summum Pontificem?" Darauf erwiderte der Neugewählte, daß er 1 Die Post" entdeckt weiter, daß die Socialdemokratie an nichts so hoher Würde unwert sei; aber, da es Gott gefallen habe, die eifriger denke, als an die Beseitigung der Hohenzollernmonarchie! Nachdem es in den letzten Tagen sechsmal vergeblich über dem Stimmen des Heiligen Kollegiums auf ihn zu Tenten, beuge er sich Die" Post" fündigt an, daß sie in den nächsten Nummern diese inter Batikan geraucht ein Zeichen, daß das in Rom versammelte seinem Willen, auf seine Hilfe vertrauend. Sodann fragte der Dekan: essanten Entdeckungen fortsetzen wolle. Der Dr. Giesebrecht darf sich Konklave der Kardinäle sich noch nicht über die Person des neuen" Quomodo vis vocari?" orauf der Papst antwortete:" Pius X." getrösten, daß ein Blatt ebenso in offener Treue wie in fongenialer Nachfolgers Petri durch die erforderliche Zweidrittel- Majorität zu Alle Kardinäle knieten vor dem Papst nieder und er segnete sie zum Geistesgröße zu ihm steht. Die treue Gesinnung der" Post" ist einigen vermocht hatte- verkündet heute der Telegraph den Namen erstenmal. Ein apostolischer Protonotar nahm über die An- darum nicht weniger erfreulich, als Dr. Giesebrecht ihr alter Mit­des Neugewählten. Es ist der bisherige Kardinalpriester und Patriarchnahme der Wahl eine Urkunde auf. von Venedig Guiseppe Sarto. Hierauf bertauschte arbeiter ist. der Papst in der kleinen Sakristei der Sirtinischen Kapelle Sarto ist 1835 zu Tresido als Sohn eines einfachen Landmannes aus das Kardinalskleid mit den päpstlichen Gewändern, ließ sich, der Campagna geboren. Nach Vollendung seiner priesterlichen Studien nach der Kapelle zurückgekehrt, in der auf der Altar- In der bürgerlichen Presse hat man ein gewaltiges Geschrei Tenkte seine eifrige seelsorgerische Thätigkeit bald die Aufmerksamkeit seiner staffel stehenden Sedia gestatoria nieder und empfing hier die erste erhoben, weil in dem jezt beendeten Bauarbeiterstreit in Hannover Kirchenoberen auf ihn. Im Jahre 1884 zum Bischof von Mantua gewählt, Huldigung des Heiligen Kollegiums. Jeder Kardinal kniete vor dem die Streifenden den Boykott über solche Geschäftsleute beschlossen ward er 1893 zum Kardinal und Patriarchen ve Venedig berufen, Papste nieder, füßte ihm Fuß und Hand, erhob sich dann und küßte ihm hatten, die an Streitbrecher lieferten. Daß das ein verwerflicher dem einflußreichsten und wichtigsten Posten unter dem norditalienischen beide Wangen, worauf er vom Papste Umarmung und Friedensfuß Terrorismus sei, fonnte man von allen Seiten in den höchsten Tönen Klerus. Er gilt als ein persönlicher Freund des gleichfalls unter empfing. Danach ließ der Papst sämtliche Konklavisten zum Fußkuß vernehmen. Der geschäftliche Boykott ist gewiß kein schönes Mittel, beson den gemäßigten Bapabili genannten Erzbischofs von Capua , zu und begab sich darauf, wie bereits gemeldet, auf die innere ders in diesem Zusammenhange; schließlich ist der ganze wirtschaftliche Carpecelatro, des früheren Beichtvaters der Königin Margherita, dessen Loggia der Peterskirche, um das Volk zu segnen. Papstkandidatur von der liberalen Presse trotz der gegen ihn vor­Kampf vom Standpunkt einer gewissen Ethit eine unbehagliche Sache. Wir Rom , 4. August. Die Ernennung Sartos zum Patriarchen von empfinden das in Stunden beschaulicher Betrachtung start genug; handenen Abneigung seitens der Intransigenten, nicht als aussichtslos Venedig hat seiner Zeit zu lange währenden Streitigkeiten über die erstreben wir ja doch auch einen Zustand, in dem die wirtschaftlichen Hingestellt wurde, obwohl er in einer 1897 gehaltenen Rede die Frage geführt, ob das Patriarchat Venedig unter dem Patronate Kämpfe aus dem Leben der menschlichen Gesellschaft ausgeschaltet Möglichkeit einer Annäherung an den Quirinal viel zu prononciert des Königs von Italien stehe oder nicht. Sarto hat sich an sein werden. Aber man muß solche Erscheinungen aus sich heraus ausgesprochen hatte, als daß er ernsthaft für den päpstlichen Stuhl dem öffentlichen Leben Venedigs und der ganzen Provinz rege begreifen. Wo die Arbeiter um ihre Eristenz kämpfen, um Brot hätte in Frage kommen können. beteiligt. Unter seinen Auspizien bildete sich dort eine Liga, welche für sich und ihre Kinder einen Kampf führen, in dem sie auf nichts Sarto hat es bisher vermieden, politische Ansichten öffentlich in der gemäßigten Partei in Stadt und Provinz und in der als die passive Waffe der Verweigerung der Arbeit und der Ver­zu vertreten. Bemerkt zu werden verdient, daß, als der König von Klerikalen Partei Anhänger gewann. Diese Liga gewann schließlich weigerung ihrer Kundschaft angewiesen sind, während ihnen ein kapital­Italien, Umberto, seiner Zeit mit Kaiser Wilhelm in Venedig zu- die Oberhand und den maßgebenden Einfluß im Stadtrat und träftiges Unternehmertum mit sehr aktiven Waffen, unterstützt von fammentraf, der Kardinal von Rom aus den Wink erhielt, den König Provinzialrat. Die Liga war auch im letzten Jahre siegreich und der öffentlichen Gewalt, gegenübersteht, da gewinnt auch der Boykott nicht zu besuchen. Sarto besuchte zwar nicht den König, wohl aber ihre Anhänger bereiteten Sarto bei seiner Abreise vor dem ein andres Gesicht. Wer da über Terrorismus schreit, der soll doch den Sohn des Usurpators" in recht ostentativer Weise. Man wird Batriarchat eine Huldigung und ebenso unmittelbar vor der Abfahrt bedenken, wer die Arbeiter den Terrorismus gelehrt hat. Werden in den nächsten Tagen die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, daran nach Rom. die Arbeiter doch aller Drten noch heut in zahlreichen Fällen in alle nur möglichen Sonjefturen zu knüpfen. Selbst die, Petite République", meinte beim Ableben Leos XIII., das Werk des letzten Papstes werde diesen ihrer Existenz bedroht für die Ausübung ihrer staatsbürgerlichen nicht eine Stunde überleben; fein Nachfolger werde weder den Kredit Rechte, für Ausübung des Koalitionsrechtes, für Ausübung des Wahlrechtes, für Ausübung des Versammlungsrechtes. Weß Brot noch die Zeit haben, eine Politik des Abwartens zu führen, er müsse entweder die Politik Pius IX. wieder aufnehmen, oder aber auf die Berlin , den 4. August. ich, deß Lied ich sing", dies Rezept gilt noch heut bei Tausenden als unverjährbar erklärten Ansprüche auf den Kirchenstaat verzichten. von Unternehmern als die einzige Moral, der die Arbeiter Die Regierung und das Wahlrecht. zu folgen hätten und wo Als wir am letzten Sonnabend die Bettelungen konservativer haben Sie Arbeiter es nicht mehr gilt, dort Es ist ja selbstverständlich, daß, wie in den Beziehungen des päpst­die Anerkennung ihrer Freiheit, außer lichen Stuhles zu den übrigen Mächten in der nächsten Zeit taum und nationalliberaler Fabrikanten, Kommerzienräte und Abgeordneten halb der Arbeitsstätte und des Arbeitsverhältnisses zu thun etwas geändert werden dürfte, sich alles Interesse zunächst in der gegen das gleiche Wahlrecht der Deffentlichkeit bekannt gaben, be- und zu lassen, was ihnen gefällt, erst in schweren Kämpfen Frage zusammendrängt, wie der neue Papst sich zu dem Königreich tonten wir die Pflicht des Reichskanzlers, zu derjenigen erringen müssen. Wir nennen als Beispiele aus der jüngsten Zeit, Italien wird stellen wollen. Db der Name Pius X. , den der Neu- Aeußerung des Giesebrechtschen Cirkulars sich auszusprechen, in der die sich beliebig vermehren lassen, nur das Vorgehen des Nord­gewählte als Papst führen wird, damit in Verbindung zu setzen ist, den verbündeten Regierungen Anregung, Aufmunterung und An- deutschen Lloyd gegen die Gewerkschaftsorganisation, das Auftreten laffen wir dahingestellt. Sicher ist jedenfalls, daß Pius X . zunächst erkennung des wahlrechtsfeindlichen Unternehmens nachgesagt wurden. des preußischen Eisenbahnministers gegen die Zugehörigkeit der wie alle feine Vorgänger deren Entscheide und damit auch die über Der Verfasser des Cirkulars sprach von der Forderung der Diäten Eisenbahnarbeiter zur Gewerkschaftsorganisation, das Verbot des das Haus Savoyen gefällten Verdikte bestätigen wird. Daß tausendjährige Ansprüche bei der principiellen, um nicht zu sagen dogmatischen Be- durch die Mehrheit des Reichstages und sagte in diesem Zu- Bergarbeitern des Saarreviers, die massenhaften Boykottierungen deutung, die der katholische Klerikalismus nicht nur Italiens , sondern sammenhang: der Gastwirte, die ihre Lokale zu socialdemokratischen Versammlungen der ganzen Welt dem päpstlichen Temporale beimißt, schon unter hergeben usw. usw. Das ist eine treffliche Schule des Terrorismus, dem zweiten Nachfolger Pius IX. sollten aufgegeben werden( wenn der sich auch die Arbeiter nicht entziehen können. An diesem ste überhaupt jemals aufgegeben werden) ist nicht zu erwarten. Mag Terrorismus haben die Blätter, die jetzt eben wieder über Arbeiter­der neue Papst zu dem Modus seiner Politit noch so gefällige Formen zu finden wissen, mag er die liberal"-katholische Auffassung, terrorismus schreien, noch niemals etwas auszusetzen gehabt. dem Chor der Moralischen und auf eine Polemit unsres Hannover­Auch die Kölnische Volkszeitung" hat wader mitgezetert in die man dem Kardinalpatriarchen zuschreibt, auch unter der Tiara bethätigen, wiewohl das nicht ohne weiteres selbstverständlich und Die Presse des Reichskanzlers hat bisher zu der Zumutung von welcher Seite er auch geübt werde. Wir empfehlen der Köln . schen Parteiblattes behauptet sie, den Boykott immer zu mißbilligen, gewiß ist er wird in politischen Dingen in seiner Person dasselbe derartiger Absichten gefch wiegen. Mag aber die Regierung die Bolkszeitung", sich dieserhalb mit ihrer Verwandten, der Germania" Das ist der einzige Gesichtspunkt, den wir der bürgerlichen und Person des Dr. Giesebrecht, des Verfassers des Cirkulars, noch so auseinanderzusetzen, die es als eine Schwäche des tatholischen Volkes Insbesondere der liberalen Breffe gegenüber bereits wiederholt betont unbeachtlich einschätzen, was wir verstehen, so ist seine Behauptung bezeichnet, daß es bei Juden kaufe, also indirekt den Boykott haben, den erneut hervorzuheben im gegenwärtigen Augenblick allein doch so schwerwiegend, daß die Regierung zu einer Auskunft jüdischer Geschäftsleute empfiehlt; recht ungerechterweise- machen sich von Intereſſe iſt. Noch in den letzten Tagen bekam die Köln . 3tg." durchaus verpflichtet ist, wenn sie nicht will, daß mindestens doch jüdische Händler an christlichen Wallfahrtsorten äußerst verdient u. a. es fertig, zu behaupten, der verstorbene Bapst würde niemals die Vermutung bleibt, das Cirkular habe die Wünsche leitender Re- um die christliche Religion durch den Verkauf von Heiligenbildern die von Pius IX. aufgerichteten Hauptthaten, nämlich die Erklärung gierungsstellen wahrheitsgemäß wiedergegeben. und sonstigen katholischen Glaubensvehikeln. der Dogmen der unbefleckten Empfängnis Marias und der päpstlichen Ein andres Beispiel von Terrorismus auf agrarischer Seite Unfehlbarkeit, vollführt haben. Das ist die bekannte und bedauer­Eine flare Aussprache der Regierung ist auch deshalb nötig, tommt uns eben in die Hände. Im Schwäbischen Landmann" liche Täuschung über das Wesen des Klerikalismus, die über der weil gerade auf Grund jener Behauptung eine größere Anzahl wirt werden die Bauern aufgefordert, nur bei" solchen Wirten, Kaufleuten maßvollen diplomatischen Form den Kern der Sache über- fchaftlich und politisch nicht unbeträchtlicher Personen verleitet und Handwerkern zu verkehren, die sich frei und offen auf die Seite fieht. Man braucht nur einen ganz flüchtigen Blick in die worden sind, ihre Namen und ihr Geld dem Giesebrechtschen Unter- der Bauernbündler stellen. Die demokratischen Geschäftsleute sollen Erlasse des Verblichenen zu werfen, nur feine Rund nehmen zur Verfügung zu stellen. Erklärt jetzt die Regierung die sich ihre Kundschaft bei den Socialdemokraten suchen. schreiben über den marianischen Rosenkranz zu zählen und sich Giesebrechtschen Behauptungen als unwahr, so ist damit den Wer sich über Terrorismus der Arbeiter entsetzt, der möge erst die Bedeutung, die er demselben für das katholische Leben beimißt, wühlereien gegen das Reichstags- Wahlrecht eine wichtige Stütze dafür sorgen, daß der Terrorismus auf der andern Seite und be fich zu vergegenwärtigen, um zu wissen, daß er in dieser Frage mit feinem Vorgänger ein Herz und eine Seele war. Mit dem entzogen. Erfolgt die Erklärung nicht, so wird sich bei den Hinter- onders der Terrorismus gegen die Arbeiter aufhört, sonst muß er Unfehlbarkeitsdogma verhält es sich genau so. Keiner hat die männern des Dr. Giesebrecht und andren Wühlern gegen das Wahl- sich gefallen lassen, daß er als Heuchler gekennzeichnet ist. päpstliche Autorität mehr betont, als Leo XIII . und sein Nachfolger recht die Meinung befestigen, daß die verbündeten Regierungen wird darum, dessen kann man heute bereits durchaus gewiß sein, in thatsächlich Absichten verfolgen, wie sie ihnen zugeschrieben sind, und nichts hinter ihm zurückstehen. daß daher die Unterstügung solcher Unternehmungen den Wünschen der Regierungen entspreche und Erfolge verheiße.

-O

Princip und System verkörpern.

" Ich bin von kompetenter Seite informiert, daß die verbündeten Regierungen den willkommenen Anlaß( nämlich den Diätenantrag) zu der unabweislichen Revision des Reichstags- Wahlrechts nüzen wollen, daß es dazu der Vorbereitung der öffentlichen Meinung bedarf und somit die schleunige Aufnahme der allgemeinen Pro­paganda geboten erscheint."

Was Du nicht willst, das man Dir thu' Das füg' auch keinem andern zu. Das ist ja wohl christliche Moral.

*

Deutfches Reich. ,, Aus der Provinz"

Die Frankf. 3tg." bemerkt zu dem neuesten Vorstoß gegen das Reichstags- Wahlrecht: verschreibt sich die Kreuz- Zeitung " Weisheit über die Social Die Preßäußerungen zeigen, daß auch die reaktionären demokratie und die Zukunft des Deutschen Reiches in der Theorie Parteien zur Zeit sich scheuen, mit solchen Plänen, wie es der und in der Wirklichkeit". Die Weisheit ist auch danach und die be­Giesebrechtsche ist, identifiziert zu werden. Das ist freilich keine fondere Kennzeichnung Aus der Provinz" bedeutet wohl, daß die Erfenntnis zum Bessern, sondern lediglich die Einsicht, daß augen- Kreuz- Zeitung" selbst dieses Gemisch von Kannegießerei und blicklich ein praktischer Erfolg damit doch nicht zu erreichen ist. Schimpferei nicht als politisch beträchtlich einschätzt. Der konservative Immerhin bleibt die Thatsache bestehen, daß auch bestimmte Provinzler zeigt seine Erkenntnis politischer und socialer Be­parlamentarische Kreise sich für diese Agitation zur Einführung wegungen also: des Pluralstimmen- Wahlrechts, also die Durchbrechung der Wahl­gleichheit, eingesetzt haben, und das wird man sich zu merken haben. Im übrigen ist es ja bekannt, daß die Scharfmacher­Parteien nur auf die Gelegenheit warten, dem bestehenden Wahl­recht den Garaus zu machen."

"

Eine andre Frage ist, ob bezw. wie der neue Papst zu den aus dem wirtschaftlichen Leben der westeuropäischen Kulturvölker auf­steigenden Fragen einer Socialisierung von Produktion und Ge­sellschaft Stellung nehmen wird. Man rühmt an ihm neben einem einfachen und bescheidenen Sinn seine große werkthätige Nächstenliebe; schon jetzt werden Stimmen laut, die seine Wahl als eine Reaktion gegen das überwiegend politische" Pontifikat Leos XIII. auffaffen. Seine Thätigkeit als Bischof und Patriarch in dem industriereichsten Gebiete Norditaliens dürften ihn in engere Verbindung mit dem Industrieproletariat gebracht und feinen Blick für die Bedürfnisse derselben in höherem Maße geschärft haben, als dies bei dem früheren Kardinalbischof von Perugia , dem nachmaligen Leo XIII , in der Mitte des vorigen Jahrhunderts der Fall sein konnte. Für einen politisch flar denkenden Kopf, für einen Mann von Geschicklichkeit und Festigkeit" kann es nicht zweilfelhaft sein, wohin in absehbarer Zeit in Europa die Reise geht. Und die bloße Thatsache, daß die Gewalt politisch erobert ist, macht sie nach flerifaler An­schauung und päpstlicher Praris als durch göttliche Zulassung ge- Blatt notorischer Feindseligkeiten gegen das Reichstags- Wahlrecht Bur Heiterfeit giebt das Verhalten der Post" Anlaß. Dieses geben, so daß die Kirche sich mit ihr abzufinden in der Lage ist, entschloß sich in der ersten Verwirrung nach unsrer Aufdeckung der wenn dies den firchlichen Interessen zu entsprechen scheint. So hat Geheimpläne seiner Freunde dazu, der Angelegenheit scheinbar fühl fich Leo XIII . mit den Thatsachen der französischen Revolution und aus dem Wege zu gehen; sie habe, so meint die" Post", die der liberalen Aera trotz aller principiellen Gegnerschaft abzufinden Wahlrechtsfrage früher erörtert, unter den jetzigen Verhältnissen sei vermocht, so wird jede Kirchenpolitik sich mit dem Socialismus ab- an eine Aenderung nicht zu denken. Schnell aber wandelt die zufinden wissen, sobald er politische Thatsache geworden. Bei Leo XIII. " Post" ihre Meinung und sie kam zu der Erkenntnis, daß unsre ist seine Stellungnahme zum Socialismus gerade durch seine Enthüllung doch nicht den geplanten Feldzug gegen das Reichstags­Politit", durch seine Beziehungen zu den Kabinetten ganz wesent Wahlrecht hindern dürfe. Sie beginnt also, gemäß den Vorschriften lich beeinflußt worden. Wir werden abzuwarten haben, des Giesebrechtschen Cirkulars, den soeben noch als vorläufig ob der neue Papst die apostolische Lehre", wie Leo XIII fie in unnötig und aussichtslos bezeichneten Kampf thatsächlich aufzunehmen. feinen Encykliken niedergelegt hat, in allen Bunkten acceptiert, ob er Am Montag leistete sie das erste Quantum: an ihr nicht in manchen Punkten gerade vom Standtpunkte des dogma- jeßige Reichstags- Wahlrecht den Bestand des Reiches?"; heute sett Bedroht das tischen Systems, das er vertritt, nach der Seite der praktischen sie das edle Beginnen fort: Was hofft die Socialdemokratie vom Konzessionen zu revidieren findet, wie Leo XIII . an dem Modus" Reichswahlrecht?" Die" Post" entdeckt dabei eine Socialdemokratie, Pius IX. Verschiedenes zu revidieren gefunden hat. Wahrscheinlich die kennen zu lernen uns ebenso neu wie vergnüglich ist; sie erzählt, ist trotz allem das letztere nicht und so dürfte auch der neue Papst ganz im Geist" der Giesebrechterei: für uns nicht mehr sein als eine veränderte Nummer in einem alten System.

"

"

Wir fügen obigen Ausführungen folgende Depeschen über die Bapstwahl an:

Rom , 4. Auguft. Gegen 114 Uhr erscheint ein starkes Truppen­aufgebot auf dem Petersplaze. Auf der äußeren Loggia der Peters­firche entsteht Bewegung. Die Menge auf dem Blaze ist in höchster Erregung. Auf der Loggia erscheint ein großes Kreuz. Sofort präsentieren die Truppen. Kardinal Macchi, angethan mit der bioletten Soutane und der roten Mozetta und umringt von Cere­moniären, tritt hervor und verkündet mit lauter Stimme, daß Kardinal Sarto zum Bapste gewählt ist. Die Menge bricht in Jubelrufe aus. Kardinal Macchi giebt mit der Hand ein Zeichen, damit die Menge schweige, und verkündet, daß Sarto den Namen Pius X. angenommen habe. Macchi zieht sich sodann zurück.

Die Menge begiebt sich in die Basilika. Papst Pius X. , angethan mit dem päpstlichen Gewande, zeigt sich in der inneren Loggia der Peterskirche und segnet die Menge, die ihm begeistert zujubelt. Alle Kirchenglocken läuten.

Rom , 4. August. As bei der heute vormittag vorgenommenen Abstimmung im Konklave die Prüfung der Stimmizettel ergab, daß Kardinal Sarto gewählt sei, ordnete der Defan des Heiligen Kollegiums sogleich alle Ceremonien an, um den Papst in seine Würde einzusehen. Die Häupter der drei Kardinalordnungen traten vor den Sitz des ueuen Papstes und der Dekan fragte: Acceptasne electionem in

Wenn als das wichtigste Ergebnis der letzten Reichstags­wahlen die starke Vermehrung der socialdemokratischen Mandate und namentlich die starke Zunahme der socialdemokratischen Stimmen bis auf über drei Millionen anzusehen ist, und wenn ferner es keinem Zweifel unterliegt, daß die weit überwiegende Zahl dieser Stimmen von solchen Wählern herrührt, welche sich weder durch größere Bildung, noch durch Erfahrung oder sonstige Verdienste, oder durch Besitz aus der großen Masse hervorheben, so erhellt, daß für die Beurteilung der Frage, ob aus dem Reichs­wahlrecht eine Gefahr für den Bestand unsres nationalen Gemein­wesens und der Hohenzollern - Monarchie erwachsen kann, in erster Linie das Wesen der Socialdemokratie selbst von entscheidender Bedeutung ist. Diese Partei bekennt sich nicht nur selbst zu internationaler und revolutionärer Gesinnung, sie hat auch ihre Gegnerschaft gegen das Deutsche Reich durch die intensive Barteinahme gegen Deutschland , wo immer ca mit auswärtigen Staaten in Widerstreit geriet, sowie durch die leidenschaftliche Bekämpfung aller Maß­nahmen zur Stärkung unsrer Macht zu See und Lande bethätigt. Unmittelbar vor den letzten Wahlen hat endlich das socialdemo­fratische Parteiblatt, dessen enger Zusammenhang mit der Partei­leitung außer allem Zweifel steht, offen verkündet, daß die Socialdemokratie das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht zur Vernichtung des Deutschen Reiches und zur Aufrichtung des socialdemokratischen Staates auf seinen Trümmern zu benußen gedenke."

Wir stehen seit Jahren in der Provinz im Wahlkampfe mit der Socialdemokratie. Wir kennen sie nicht aus Abhandlungen von Staatsrechtslehrern oder Wirtschaftspolitikern, wir kennen fie aus ihren Thaten, aus ihrer zerstörenden Mühlarbeit an dem Marke unfres Volkes, in der rücksichtslosen Tyrannei über unsre Arbeiter, in der Verhekung der unteren Klassen unsres Volkes gegen den Arbeitgeber, aus ihrer schamlofen Lügenarbeit, mit der sie der Masse unsres Volkes jede Achtung vor der Re­ligion, vor den Gesezen und der Obrigkeit, jede Liebe zur ge­wissenhaften Arbeit aus dem Herzen zu reißen sucht. Eine solche Partei ist eine Partei der Revolution. Will ste zum Siege durchdringen, dann müssen die Hohenzollern vom Throne heruntersteigen und unser eben neuerstandenes Deutsches Reich zu Grunde gehen.

Alle Rechte, die man den unteren Klassen gegeben hat, vor allem das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht, das dem urteilstofesten Deutschen ( denkt der Provinz- Konservative hierbei an sich und feinesgleichen? Ned.) dasselbe Urteil wie dem sittlich und geistig Höchststehenden gewährt, die Kranken­und Alterskassen und wie alle die andern zum Schutze unsrer be­dürftigen Klassen erwiesenen Wohlthaten der Gesetzgebung heißen, hat die Socialdemokratie für ihre agitatorischen Ziele verwertet. Man hat die Steuern der unbemitteltsten Klassen von deren Schultern auf die der Reichen gelegt( Getreidezölle, Salzsteuer, Zudersteuer usw. Red.); die Agitatoren der Socialdemokratie er­heben sie doppelt.

Die socialdemokratische Presse beschäftigt sich nur mit der Aufhetzung des Voltes, nicht mit der Fürsorge für dasselbe.

Endlich unfre Armee und Flotte. Das Ausland rechnet bereits für einen zufünftigen Krieg mit der Schwächung unsrer Wehrkraft. Man lese die dickbändigen Werke des Friedensapostels Bloch oder die Urteile der Presse des Auslandes und seiner Militär­litteratur. Ruft einstmals der Kriegsherr sein Heer zum Schutze unsrer Grenzen, so werden die Wehrpflichtigen dank der von dem deshalb auch von der Socialdemokratie so heftig befeindeten Offiziercorps in dem Heere und in der Flotte gehand habten Disciplin zu den Waffen kommen wir hoffen es nicht, wie die Socialdemokratie es will, verweigern, gegen die Genossen in Frankreich oder wo es sei" zu fechten. Aber ob in vielen Herzen nicht die heilige Begeisterung für Vaterland und Kaiser, das Vertrauen auf Gott durch die Wühlarbeit vernichtet ist, ohne welche Thaten, wie unsre Väter sie sahen, unmöglich sind, das sei dahingestellt!

-

"

und

Nicht die drei Millionen Stimmen find es, die uns besorgt machen, nicht der Zufall, daß statt 200 nur 82 Socialdemokraten in den Reichstag einziehen, ist es, der uns beunruhigt. Nicht das Schicksal der Abstimmungen zu Gunsten der Regierungsvorlagen ist es, das wir im Auge haben. Nein der Umstand, daß die Socialdemokratie systematisch und ungestört die Seele unsres Boltes vergiftet, das Fundament unfres Staates unterwühlt, ist