olles innerhalb der Kasernenmauern möglich ist, ohne daßjilc bürgerliche Welt davon eine Ahnung hat. Wir gebendie Tarstellung des Vorganges nach dem„Berliner Tage-blatt", welches schreibt:» �»«Stettin, 19. Mai. Die Erstechung eine? Soldaten durch«ne Patrouille ist ein Ereigniß in unserem Orte, welches man,um nicht in die festliche Stimmung während derAnwesenheit des Kaiserpaares einen Mißtong e l a n g e n z u l a s s e n, bis jetzt verschwiegen hat. Dasselbebat sich kurz nach der Ankunft der Majestäten am Freitag, den13. d. M., hier zugetragen. Die Mannschaften der hiergarinsonirenden Pioniere und Grenadiere— wenigstens einTheil derselben— sind von jeher etwas eifersüchtig auf ein-anoer gewesen, was schon vielfach zu Schlägereien zwischenihnen geführt hat. die von Anfang d. M. an mehrmals aus-gesührt sind. Diese Eifersüchtelei ist während der Kaisertagebei einer Anzahl der Mannschaften über die Stellungder Ehrenwachen u. s. w. während der Anwesenheit derMajestäten angefacht worden. Kurzum, es ist Thatsache. daßeine Anzahl Pioniere vor die Kaserne der Grenadiere gerücktsind, um die Letzteren anzugreifen. Dabei sollen sie mitMauersteinen u. s. w. das Thor der Kaserne zu sprengen ver-sucht haben, so daß die Wache endlich eine Patrouille mit auf-gestecktem Bajonett gegen die Angreifer ausgesandt hat. DiePatrouille hat die letzteren zurückgedrängt und dabei gegen dieWiderstandleistenden von ihren Bajonetten Gebrauch gemacht.Hierbei ist ein Pionier erstochen und ein anderer schwer ver-wundet worden. Es ist kriegsgerichtliche Untersuchung an-geordnet und vorläufig befohlen, daß bis Abends 9 Uhr alleMannschaften in den Kasernen versammelt sein müssen. Eswird behauptet, daß der Erstochene an dem thätlichen Wider-stände nicht betheiligt gewesen sein soll, doch läßt sich noch nichtvcnrtheilen, ob sich dies wirklich so verhält.Von Interesse wäre die Beantwortung der Frage, ob,um die„festliche Stimmung" nicht zu stören, auch die An-gehörigen des Erstochenen, dessen Eltern:c., von dem Un-glücksfalle nicht unterrichtet wurden, so daß die Beerdigungdes Pioniers stattfand, ohne daß erster« von dem Tode des-selben Kenutniß hatten?—Italienisches. Der Minister des Aeußern im neuenitalienischen Ministerium hat an die Vertreter der aus-wältigen Mächte in Rom ein Rundschreiben gerichtet, alsolautend:„Der König hat mir in dem soeben uiiter dem Vorsitze desHerr» Giolitti gebildeten Kabinet das Ressort der auswärtigenAngelegenheiten anvertraut. Indem ich durch mein Amt be-rufen bin, mit Eurer Exzellenz Beziehungen des Zusammenwirkens und des gegenseitigen Einvernehmens zu unterhalten,möchte ich dies durch die Bekundung meines lebhaften undaufrichtigen Wunsches einleiten, die Bande der Freundschaft,die Italien glücklicherweise mit dem Lande verknüpfen, dessenoffizieller Vertreter Eure Exzellenz bei uns ist, im gemeinsamenInteresse immer enger geschlossen zu sehen. Mit dem Ber-trauen, daß meine Empfindung bei Eurer Exzellenz volle undherzliche Gegenseitigkeit finden werde, ergreife ich die Gelegen-heit, Ihnen den Ausdruck meiner besonderen Hochachtung zuübermitteln."Das Rundschreiben ist allen Botschaftern und Gesandtengleichlautend zugegangen, dem französischen so gut, wie demdeutschen, beweist also, wenn es nicht blas eine leere Förm-lichkeit ist, daß die italienische Regierung mit allerWelt in Frieden lebt und leben will. Wozu dannaber der Dreibund? Und das niinirende Militärbudget?Das sind Fragen, die Herr Giolitti am 25. d. Mts.zu beantworten haben wird. An diesem Tagetreten nämlich die Kammern in Rom wieder zusammen—.Ter Schmeichel-Artikel der„Norddeutschen AllgemeinenZeitung" hat in Italien nicht die beabsichtigte Wirkunggehabt. Der„Osservatore Romano" meint, wie heutetelegraphirt wird:„Die„Norddeutsche Allgemeine" habe gut reden von derGröße Italiens und von Deutschlands Interesse daran, daßdie Vorbedingung dieser Größe, nämlich das Kriegsbudget,ungeschmälert bleibe. Deutschland thäte fürwahr besser, einpaar Millionen herüberzusenden, um Italien die Lasten diesesherrlichen Dreibundes, welcher das Land in wirthschaftlicher,polittscher und religiöser Hinsicht ruinire, abzunehmen."Ja woher sollen wir die Millionen nehmen? Wirmüssen selbst pumpin. Und auch um den Kredit steht'sschon schlecht.—Zur Lage in England. Bei aufstrebenden, überhauptbei lebenskräftigen Parteien ist es ziemlich gleichgiltig, weran der Spitze steht. Sie besitzen in sich genügende Kraft,um Siege zu erfechten und Niederlagen wieder gut zuRücksicht auf die Tage des Winters schon jetzt geeignetePersönlichkeiten, mit denen er einen theatralischen Feldzugunternehmen könnte, wÄs freilich wunderbare Ahnungen vonvon künstigen Freuden und Genüssen erweckte.Tag und Nacht fand Frank's bewegliche Seele keineRuhe; er legte sick) mit Ideen und Entwürfen ins Bettund stand mit ihnen auf, seine Fürsorge erstreckte sich bisauf die Kinder, denn diese, meinte er, bildeten erst dasHolz, aus ivelchem musterhafte Genossen gebildet werdenkönnten. Am liebsten hätte er gleich eine Genossenschafts-Schule gegründet, und dies zwar in Verbindung mit Hand-Merkerschulen, in welchen die Knaben spielend für ihrenkünstigen Beruf ausgebildet werden könnten.Mit solch' einer Schule machte er vorlänsig einen kleinenAnfang.. Es dauerte nicht lange, so trat auch der„Frauenbund"Mit diesen Bestrebungen in Verbindung und wendete semeSorgfalt den Mädchen der Genossen zu. Eine Schule fürmeibliche Arbeiten war ohne große Schwierigkeiten her-ßkstellt, und nun verwendete man die größeren Mädchenauch abtheilungsweise in den Genossenschasts- Küchen,kehrte ihnen die unentbehrlichsten Hilfswissenschaften>°weit, daß sie im Verkälts verivendet werden konnten,Man sorgte für ihre körperliche Ausbildung durchTurn- und Tanzunterricht und konnte sich bald mit Zuver-'Mit sagen, daß ans diesen Anstalten eine bessere Generatlonhervorgehen würde, als man sie in den vergangenen Zeiten� welche so viele geistige, körperliche und moralische Krüppel{Mkstehm und vergehen ließen— zum Entsetzen der Mensch-h°lk aus den Arbeiterhütten hervorgehen sah.So durste immer mehr und mehr die Hoffnung PlatzF-ossen, daß aus diesem kleinen Gemeinwesen nach und nachJe festen Fornien zu einer Verjüngung und WiedergeburtJ} Lanzen menschlichen Gesellschaft würden gewonnen werden[Mnen. Das Publikum nahm, so weit es nicht vom bösenAKllen beherrscht war, theilnehmend Kenntniß von diesenMc-bungen. Man kaufte auch gern, was aus diesenWt klätten hervorging, weil nichts Schlechtes oder Mangel-rr.'il3,»um Verkauf gebracht werden durfte, sondern"ßchtslos zurückgewiesen wurde.machen. Bei schwachen, absterbenden Parteien— ebensowie bei einer unzulänglichen Armee— kommt aber sehrviel auf die Führerschaft an. Das merken jetzt die Libe-ralen in England. Mag man von Lord Salisbury, demenglischen Premierminister und Führer der Konservativen,denken was man will, er ist ein Mann und weiß was erwill. Und von dem jetzigen Führer der Liberalen, HerrnG l a d st o n e, läßt sich weder das eine noch das anderesagen. Er ist ein gebrechlicher Greis, von der„wunder-baren Jugend", die ihm bis vor Kurzem angedichtet ward,kann auch der gläubigste Anbeter nichts mehr entdecken, undalle Versuche seiner Freunde, ihn zur Aufstellung einesklaren Wahlprogramms zu bestimmen, sind erfolglos ge-wesen. Er hat keins. In den Parlamentsdebatten istGladstone neuerdings nur selten hervorgetreten, undjedes Auftreten war ein Beweis unaufhaltsamen Ver-falls. Bei seinen 81 oder gar 82 Jahren ist dasallerdings etwas sehr natürliches, für die Liberalen ist esjedoch darum nicht weniger ein Nachtheil. Die Parteibraucht einen neuen Führer. Und wer soll es werden?An Talenten fehlt es zwar nicht, aber kein hervorragenderGeist ist unter ihnen, und keiner, dem sich die übrigen sofügen würden, wie sie sich Gladstone gefügt haben. Wenndieser noch dem Namen nach die Führerschaft behält, so geschiehtes blos, weil kein Nachfolger da ist. Wenn wir bedenken,welcher Schlag der Verlust Windthorst's für das deutscheZentrum war, können wir ungefähr ermessen, was derdemnächst zu erwartende Verlust Gladstone's für die eng-lischen Liberalen ist. Und diese haben als Partei langenicht mehr die innere Kraft wie unser Zentrum.—Aus Brasilien. Ein Genosse in Sao Pauloschreibt uns unterm 24. April:Wir stehen unmittelbar vor dem Festtage des Proletariats,dem 1. Mai. Trotzdem derselbe auf den Sonntag fällt, ist nochwenig zur würdigen Feier dieses Tages gethan worden. Dashat meines ErachtenS hauptsächlich drei Gründe: erstens die all-gemeine gedrückte politisch« und ökonomische Lag« im Lande,zweitens die Desorganisation der hiesigen Arbeiterschaft, unddrittens die miß st immenden Kabelnachrichten vonEuropa her. Sie können sich kaum vorstellen, was dieseKabelagenten nach Amerika hinüber für Bären schicken, haushoheLügen, mehr als mit Händen zu greifen. Aber trotzdem bleibtimmer etwas hängen, es bringt die Maiseier bei den schüchternenElementen in ein gewisses anarchistisches Licht. Allerdings ver-fangen diese kapitalistischen Schreckmittel nur ein Mal; aber bisnächstes Jahr werden die Kabelhelden schon wieder ein anderes inBereitschaft haben. In Sao Paulo und Rio Janeiro haben diedeutschen Arbeiter Ausflüge für den 1. Mai angekündet. Diebrasilianische Arbeiterpartei wird wieder eine internationale Ver-sammlung mit Reden in verschiedenen Sprachen am 1. Mai ab-halten. Einige enthusiastische Italiener dringen mit Gewaltdarauf, die Versammlung solle nachher durch die Stadt ziehenund vor dem Regierungspalaste eine Manifestation veranstalten,um Maßnahmen gegen die gegenwärtige Theucrung zu fordern.Die gegenwärtige politische Lage in Brasilien und besonders inSao Paulo ist ganz und gar nicht dazu angethan, solche Aus-züge zu veranstalten. Einerseits fehlen den Arbeitern noch diegroßen Masten, die allein solche Manifestationen imposant undwirkungsvoll machen. Andrerseits stehen die Anführer derbrasilianischen Arbeiterorganisation hier meistens in derOppositionspartei, und es wäre für die Regierung und ihrePolizei-Agenten ein„gefundenes Fressen", bei dieser Gelegenheitetwas Kraftiges zu unternehmen und einen guten Fang zu machen.Die letzte Maifeier in Buenos Ayres hat bewiesen, wie erfolg-und zwecklos hier zu Lande diese— stets von anarchistischerSeite geforderten— Straßenmanifestationen sind.Tie immer verwickelter sich gestaltenden politischen Verhält-nisse und der dadurch ganz heruntergedrückte Kurs beginnen ihreWirkungen auf die Arbeiterverhältnisse auszuüben. DieWohnungs- und Lebensmittelpreise gehen enorm in die Höhe,die Löhne bleiben stabil, theilweise nimmt das Arbeitsangebot ab.Die Auswanderung hat bereits ihren Anfanggenommen. Werden die Verhältnisse in Argentinien nur ein wenigbesser, so werden wir das Schauspiel einer massenhaften Rückwände-rung haben. Zur Rückkehr nach Europa entschließt sich der ein-gewanderte Arbeiter sehr schwer, wenn er nichts mitnehmen kann.Ersparnisse aber sind letzt ganz unmöglich für den gewöhnlichenArbeiter.Die Zustände in Brasilien und dem angrenzendenArgentinien müssen nach allen Berichten geradezu trostlosesein. Was unser Korrespondent über die verlogenen Kabel-Telegramme sagt, ist nur zu richtig. Nach den BerlinerFebruarkrawallen hatten wir schon Gelegenheit, uns mitdiesen Lügenfabriken und Lügenfabrikanten zu beschäftigen.Wir appellirten auch— im persönlichen Verkehr mit demAber leider sollte man mitten in dem Freudentaumel,dem man sich über alle die zahlreichen Errungenschaftenhinzugeben berechtigt fühlte, bald gewahr werden, daß mansich nicht auf einer einsamen Insel, sondern inmitten erneshochzivilisirten Staates befand, der sich das Recht vor-behält, zu Allem, was seine Angehörigen unternehmen. Jaund Rem zu sagen, und dieses Ja und Nein nicht nachden Bedürfnissen seiner Schutzbefohlenen, sonder» nachden Neigungen und Interessen der herrschenden Klassenoder nach der größeren und geringeren Fassungs-gäbe seiiler Beamteten einrichtet und abgiebt. Derseit einiger Zeit in Freiheit thätige Advokat Streit ver-wandte alle feine Zeit auf Eingaben und Denkschriften überdas Genossenschaftswesen, um Korporationsrechte für dieeinzelnen Assoziationen und Konzession für die Volksbanknnd verschiedene Vergnügungs-Etablissemeuts zu erlangen.Alle diese Dinge paßten nicht in die bisher maßgebend ge-wesene Schablone und erregten deshalb in den burcau-kratischen Kreisen tausenderlei Bedenken, an welche diepraktischen Leute, welche frisch an's Werk gegangen, garnicht gedacht hatten. Mit Roth und Mühe brachte man esdahin, daß die Volksbank„bis auf Widerruf" in Thätig-keit treten durfte. Dagegen wurde es ihr streng unter-sagt, anders denn mit baarem Geld« nach Außen zuverkehren, auch sollte sie jeder Zeit den Betrag ihrerNoten für den inneren Verkehr in baarem Geld« vorräthighalten, obwohl das bei der ganzen Einrichtung gar nichtnöthig war, da die Noten nur die Stelle von bereits vor-handelten lind immer in Umlauf befindlichen Werthen ein-nahmen. Was die Ertheilung von Korporationsrechten fürdie Assoziationen betras, so vertröstete man aus ein dein-nächst bei den Kammern einzubringendes Gesetz überGenossenschaftswesen und schob die Sache damit ms Unend-liche hinaus..Mitten in alle Vorbereitungen und Aussuhrnngen fiec„un der Sturz des konservativen Ministerinms, und die mitden Verhältnissen näher vertrauten Genossen ahnten, daßihre Angelegenheiten unter einer liberalen Bourgeoisregierungkeinen gedeihlichen Fortschritt nehmen würden.(Fortsetzung folgt.)Vertreter einer der größten anierikanischen Zeitungen-an das Ehrgefühl der Zeitungsbesitzer, und konnten für dieVerlogenheit der jetzigen Kabeltelegramm- Agenten diebündigsten Beweise bringen; es hat aber nichts genutzt.Besagte Agenten lügen nach ivie vor. Und die Bour-geoiszeitungen wollen belogen sein. Oderrichtiger: sie lassen sich Lügen telegraphiren, in vollemBewußtsein, daß es Lügen sind, und verbreitendiese Lügen, wissend, daß es Lügen. Das ist dieMoral des Kapitalismus.—pattfeinadifidjfcn;Fortschritte unserer Sache. Nachdem in Schwetzingen inBaden kürzlich eine sozialdemokratische Volksversammlung ab-gehalten worden war, die so guten Erfolg hatte, daß die Gegnerdarob ganz aus dem Häuschen geriethen, ist am vorigen Sonntagim Nachbarorte Ottersheim auf dem Grundstück eines Genossengleichfalls eine sozialdemokratische Versammlung abgehaltenworden, zu welcher sich über 1S0 Personen eingefunden hatten.Man errichtete dann einen Wahlverein, dem sofort 40 Personenals Mitglieder beitraten.— Di« Augsburger Sozialdemo-traten vertheilten am Sonntag in einer Anzahl Dörfern Partei-schriften. Die Bauer» nahmen dieselben, wie die Augsburger„Volkszeitung" schreibt, mit wahrer Gier in Empfang. Durchdiese Ausflüge hat die Agitationskommifston wieder mit mehrerenOrten Fühlung bekommen, was schon lange der Wunsch derLandleute war.»»Eine merkwürdige Bekanntmachung hat der LandrathJungö in Itzehoe erlassen. Dieselbe lautet:„In neuerer Zeit sind die Bewohner der Dorsschaften undeinzelner Höfe des Kreises dadurch belästigt worden, daß ihnengegen ihren Willen von unbekannten Personen am Abend oder inder Nacht Drucksachen in das Haus getragen oder durch offen-iehende Fenster in die Zimmer geworfen wurden, deren Inhaltgeeignet ist und darauf abzielt, das religiöse Gefühl, die Ehrfurchtvor Sr. Majestät dem Kaiser und König und die Achtung derFamiliengliever und Hausgenossen vor dem FamilienoberhauptU untergraben. Zum Schutz gegen solche Vorkommnisse inachech darauf aufmerksam, daß die HS 19 und 41 des preußischenPreßgesetzes vom 12. Mai 18S1, wie in mehrfachen höchst-richterlichen Entscheidungen anerkannt ist, noch zu Recht be-tehen. Das Königliche Kammergericht ist in den Enlscheidungenrusdrücklich von dem Grundsatze ausgegangen, daß unver-chlossene Hausflure und dergleichen Räume zu den össentlichenOrten im Sinne des§ 10 des preußischen Preßgesetzes zu rechnenmd. Da die Vertheiler der gemeingefährlichen Druckschriften dieOeffentlichkeit scheuen und ihre Thätigkeit vorzugsweise bei Nachtund auf Schleichwegen ausüben, ist den uniformirten Beamtendie Verfolgung der Kontravenienten erschwert. Diejenigen Ein-wohner des Kreises, welche bemüht sind, ihre Familienangehörigenund ihr Gesinde vor schlechter Lektüre zu bewahren, werden dahergut thun, nicht nur den Druckschristen- Vertheilern gegenüberenergisch ihr Hausrecht zu wahren, sondern wo möglich die Per-önlichkeit derselben festzustellen und den Sachverhalt dem Amts-Vorsteher ihres Bezirks anzuzeigen."Diese Bekanntmachung macht lediglich den Eindruck, alS obdie holsteinschen Bauern, die bekanntlich zu den intelligentestenLandbewohnern Deutschlands mit gehören und deshalb ihr Haus-recht auch ohne den Landrath sehr gut abzuschätzen verstehen, densozialdemokratischen Schriften mehr Sympathien entgegenbringen,als dem Herrn Landrath, seinen Bemühungen nach zu urtheilen,lieb sein dürste.»« SBon der Kronzeugin Wind, deren Aussagen in denDüsseldorfer- und Elderfelder Geheimbunds-Prozessen— sozio-listengesetzlichen Andenkens— eine so hervorragende Rollespielten und deren beeidete Angaben so manchen braven Ar-beiter auf Monate und Jahre in's Gefängniß brachten, berichtetjetzt unser Elberfelder Parteiorgan folgende erbauliche Geschichteaus Düsseldorf.„Frau W., die sich bereits in Hast befindet, hateiner Bekannten, die ihr einen Korb mit dem Bemerken über-geben, daß derselbe werthvolle Gegenstände enthalte, aus ebendiesem Korb ein Sparkassenbuch mit 1200 M. entwendet. S00 M.erhob die W., welche bei der Haussuchung auch noch in demAschenkasten vorgesunden wurden. Die W. verbrannte das Buchund gab dann an, es sei ihr gestohlen worden. Auch eineandere Freundin hat begründeten Verdacht, daß ihr die Wind400 M. gestohlen habe, von welchem Gelde sie annahm, ihr(derFreundin) Mann habe es durchgebracht."Der durch und durch verlumpte Charakter der W. war zurZeit, als sie„Kronzeugin" spielte, längst bekannt und es wurdendarüber in den Gerichtsverhandlungen ein« Reihe der gravirend-sten Thatsachen festgestellt. Aber der Staatsanwaltschaft erschiendie Zeugin immer noch glaubwürdig, obwohl sie gegen die a»-geklagten Sozialdemokraten aussagte und beschwor, was man vonihr haben wollte. Mit der Wind befindet sich jetzt der zweiteHauptzeuge von den famosen rheinischen Geheimbundsprozessenwegen gemeiner Verbrechen hinter Schloß und Riegel.Eine sozialdemokratische Parteikonferenz für den zweitenwürttembergischen Reichstags- Wahlkreis tritt am 12. Juni inCannstatt im Gasthof zum Hirsch zusammen. Die Tagesordnungderselben lautet: 1. Berichterstattung der Delegirten über dieörtlichen Verhältnisse. 2. Aus welche Art und Weis« kann dieAgitation in unserem Wahlkreise am wirksamsten betrieben»ver-den? eventuell Wahl eines Agitationskomitees. 3. Beschaffungder Mittel zur thatkräftigen Entfaltung der Agitation.*»Todtenliste. Aus Posen erfahren wir, daß der Partei-genösse Wittkowski, einer der Mitangeklagten im Geheim-bundsprozeß von 13öS, am Donnerstag früh verstorben ist. DerGenannte war der Sache des Proletariats getreu bis in denTod, sein Andenken wird nicht nur in den Reihen seiner engerenpolnischen Freunde, sondern auch in deutsche» Parteikreisen inEhren gehalten werden.»»Polizeiliches» Gerichtliche? rc.— Aus Karlsruhe berichtet die„Frankfurter Zeitung",daß unser Parteigenosse Andreas Kalnbach, der wegenMajestätsbeleidigung zu 3 Monaten Gefängniß verurtheiltworden war, nach vierwöchiger Hast zufolge der Amnestie ent-lassen worden sei.— In Sachen der„Begnadigung" KalnbachZ'ssandte der Vorstand der Landesorganisation unserer badischenParteigenossen der„Franks. Ztg." eine Zuschrift, in welcher esheißt:„Restaurateur A. Kalnbach von Karlsruhe wurde Ende1891 wegen Fürstenbeleidigung zu einer dreimonatlichen Ge-fängnisj straf« vom Landgericht Karlsruhe verurtheilt, die er imhiesigen Amtsgejüngniß verbüßen sollte. Zugleich hatte derGerichtshof im selbigen Termin beschlossen, dasMinisterium zu bestimme», der Umstände des Falles wegen nureinen Theil der Strafe zu vollziehen. Diesem Beschluß desGerichts genügte das Ministerium, nachdem Kalnbach seit Monats-frist im Gesänaniffe war. Der Erlaß des Großherzogs kommterst in zweiter Reihe in Betracht."— Gegen Bürgerliche werden jetzt in Teutschland Majestäts-beleidigungs- Prozesse niedergeschlagen, gegen Sozialdemokratennatürlich nicht. Der seiner Zeit verantwortliche Redakteur der„Sächsischen Arbeiter-Zeitnng", Frauz D e r g« l. hat wegen einessolchen Vergehens vom Dresdener Landgericht 5 MonatsGefängniß zudiktirt erhalten.