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Sociale Rechtspflege* Bontim-Lehmann als Stammgast des Berliner GewerbegerichtS. Jeder Beisitzer der Kammer 6 des Berliner Gewerbegerichts dürfte den Herrn Konfiturenfabrikanten Lehmann kennen, so oft hatte sich der Herr vor der genannten Kammer seit Jahren gegen Klagen seiner Angestellten zu verantworten. Typisch für eine größere An- zahl dieser Prozesse ist der des Kutschers F.. der die Kammer in ihrer letzten Sitzung beschäftigte. Herr Lehmann läßt seine Fabrikate meist in Gläsern verpackt, durch seine Kutscher an die Kunden ab fahren und ließ bisher auch durch die Kutscher kassieren. Die Gläser werden mit verrechnet, beziehungsweise auch ausgetauscht(leere gegen gefüllte) und eventuell auch zurückgenommen. Für jeden Schaden und für jeden Verlust, den die Abrechnung ergiebt, wurden die Kutscher vertraglich verantwortlich gemacht und sollen mit ihrer Kaution dafür haften. Wie Gewerberichter Dr. Neumann im Ver laufe seines Vortrags hervorhob, sind die Folge eine Unmasse Differenzen. So hat denn auch der Kläger F. auf Rückgabe seiner Kaution von 300 Mark beim Gewerbegericht geklagt. 2o0 Mark wurden schließlich anerkannt. Lehmann machte Kläger dafür ver antwortlich, daß ein Kunde einen Auftrag von 45 Mark Wert annulliert habe, weil Kläger seinem Verlangen, einige Gläser zurück zunehmen, nicht gefolgt sei. Das Gericht verwarf diesen Einwand mit der Begründung, daß sich Lehmann mit den gesetzlichen Mitteln gegen die Annullierung jenes Auftrags hätte wehren müssen. Es wurde im fraglichen Termin ein Teilurteil gefällt, wonach Lehmann von dem Restbetrag der Kaution vorläufig 16,70 Mark zu zahlen hatte. Ueber zwei weitere Einwände, die die noch verbleibenden 33,30 Mark umfassen, wurde nun im letzten Termin verhandelt. 20 Mark davon beansprucht Lehmann, weil er durch Verschulden des Klägers 20 Mark Geldstrafe wegen Vergehens gegen die Straßen polizei-Verordnung habe zahlen müssen. In dieser Beziehung ge- lang Herrn Lehmann der Nachweis, daß der Kutscher trotz ausdrück- licher Aufforderung beim Abfahren von Müll letzteres nicht genügend mit Plänen zugedeckt hatte. Und die noch verbleibenden 13,30 Mark will Lehmann bei verschiedenen Ab rechnungen vom Kläger zu wenig an Gläsern oder Ware oder Geld zurückerhalten bezw erhalten haben. Gewerberichter Dr. Neumann führte hierzu aus: ES sei der Fehler, daß Lehmann die manchmal nicht ganz einfache Ab- und Verrechnung mit den Kunden durch Leute ausführen lasse, wie der Kläger einer sei, der ein braver Mann sein möge, nicht aber den Eindruck mache, als wäre er dem Geschäft ge- wachsen. Das natürliche Resultat wären dauernde Differenzen Bezeichnend sei. daß Kläger , dem ein Monats lohn von 10 0 Mark zugesagt war, während einer 2'/-wöchentlichen Beschäftigung bloß 23.50 Mark Lohn und von 300 Mark Kaution nur 2S0 Mark erhielt und daß alles andre aufgerechnet worden ist oder aufgerechnet werden soll. Nicht nur im vorliegenden, sondern auch in andren Fällen sei das bei Lehmann vorgekommen. Das sei ein unhaltbarer Zustand. Die fehlenden Gläser be rechne Herr Lehmann den Kutschern nicht nach dem Materialwert, sondern er verlange den Preis ersetzt, den er dafür von dem Kunden bekommen würde, indem er sage:Ich weiß ja nicht, ob der Kutscher nicht das Geld für das Glas vom Kunden bekommen hat und es mir nur borenthalten will". Aus einer Generalzusammenstellung der ..Fälle Lehmann" von 1901 bis jetzt, die verlesen wird, sind solche Fälle erledigt 1901 durch Vergleich 9, durch Nicht- erscheinen oder nicht Stellen von Anträgen 26, durch Verurteilung 7, im Jahre 1902 durch Vergleich 8, Nichterscheinen 14, durch Ab- Weisung 4, durch Verurteilung 8 und 1903 ist das Gericht beim achten Falle Lehmann angelangt. Durch Vernehmung einer Zeugin wird festgestellt, daß abends die Wagen verschlossen auf dem Hofe belassen werden, die leeren Gläser aber oft aus dem dafür ein- gerichteten Verdeck stehen bleiben. Der Kläger leistete folgenden, ihm vom Gericht auferlegten Eid: Ich habe weder von den Gläsern, noch von dem Gelde, noch von den Waren etwas beiseite geschafft. Beklagter Lehmann wurde zur Zahlung von 13,30 Mark verurteilt und Kläger mit der Mehrforderung von 20 Mark abgewiesen. Dr. N e u m a n n konnte feststellen, daß der G e- richtshof es ebenfalls für unzulässig erachte, daß man erst wegen der Kaution klagen müsse und nachher trotz der Arbeit mehrerer Wochen in Wirklichkeit nicht viel mehr erhalte, als die Kaution. Was die 13,30 Mark angehe, so stehe nicht fest, ob die bei den Ab- rechnungen herausgekommenen Differenzen im Verlust von Gläsern. von Waren oder Geld beständen. Da es Gläser sein könnten, es aber nicht ausgeschlossen sei, daß sie nachts oben von den Wagen herab gestohlen wurden, so sei dem Kläger ein Verschulden nicht nachzuweisen. Die andre? 20 Mark müsse Kläger aber einbüßen, da durch sein Verschulden dem Beklagten die Polizeistrafe von 20 Mark erwachsen sei. Im Laufe der Verhandlung wurde Herr Lehmann ein paarmal sehr böse. Einmal richtete sich sein Zorn gegen den Vorsitzenden Dr. Neumann, weil dieser mit einigen Worten dabei verweilte, daß Beklagter einen Vergleich auf 10 Mark, den er mit dem Kläger vor mehreren Wochen schloß, noch nicht erfüllt habe und es wegen der 16,70 Mark aus dem Teilurteil zur Pfändung habe kommen lassen. Lehmann: Er reise für sein Geschäft und seine Frau habe während seiner Abwesenheit kein Geld. Und er protestiere dagegen, daß der Vorsitzende hierüber spreche und werde sich über den Vor- sitzenden beschweren. Dr. Neumann verwies Lehmann ruhig aber energisch zur Ordnung und verbat sich jede Drohung. L. möge sich ruhig beschweren, er wisse ja, daß er mit einer Be- schwerde gegen einen andren Gewerberichter bereits hineingefallen sei. Das zweite Mal geriet Herr Lehmann außer sich, als ein Arbeitgeber beisitzer unmutig meinte:«Herr Lehmann scheint ja partout nicht zu zahlen!" Beklagter mußte sich abermals zurecht- weisen lassen. mutter der Kinder. Die Angeschuldigte bestritt mit Entschiedenheit, daß sie das ihr zustehende Züchtigungsrecht überschritten habe: wenn die Kinder wiederholt heimlich das Elternhaus verlassen und sich herumgetrieben hätten, so sei dies keineswegs wegen schlechter Behandlung geschehen, sondern weil die schlecht gearteten Kinder den Schulzwang fürchteten. Die kleine Frida Marioth, welche sich jetzt bei Pflegeeltern befindet, erzählte, daß sie nur in vereinzelten Fällen mit einem Stock ge- schlagen worden sei, dagegen habe die Mutter die Angewohnheit ge- habt, ihr die Fingerumzuknicken", wenn sie etwas zerschlagen habe oder sonst unartig gewesen sei. Das Kind hielt augenscheinlich mit seiner Aussage zurück, seiner Lehrerin hat es früher gesagt, daß die Mutter ihm bei den Züchtigungen mit dem Stock die Faust in den Mund gesteckt habe, um es am Schreien zu verhindern. Die Aussage des 12 jährigen Wilh. Marioth, der im Waisenhause untergebracht worden ist, lautete für die Angeklagte belastender. Seine Diutter habe ihm einmal eine blutende Kopfwunde beigebracht, ihm auch einnial einen so heftigen Stoß versetzt, daß er mit dem Kopf gegen den Ausguß der Wasserleitung geflogen sei. Der medizinische Sachverständige, welcher die Kinder untersucht hat, be- kündete, daß er bei denselben zwar Striemen und andre Spuren von Mißhandlungen wahrgenommen habe, indessen könne er nicht behaupten, daß ein gefährliches Werkzeug benutzt worden sei, oder daß nachteilige Folgen durch die Züchtigungen entstanden seien, Dies Gutachten war zu Gunsten der Angeklagten ausschlag- gebend, denn der Staatsanwalt beantragte jetzt die Einstellung des Verfahrens. Der Gerichtshof verkannte nicht, daß die Angeklagte wenig Liebe ihren Kindern gegenüber bewiesen, indessen sei nicht dargethan, daß sie ein gefährliches Werkzeug benutzt habe, und habe deshalb auf Einstellung des Verfahrens erkannt werden müssen. Ein von recht erschwerenden Umständen begleiteter Heirats- schwindet wurde dem Schlossermeister Heinrich König zu Last gelegt, welcher gestern vor der fünften Strafkammer des Land- gerichts I stand. Das Schöffengericht hatte ihn zu 9 Monaten Ge- sängnis bei sofortiger Verhaftung verurteilt, wobei folgender That- bestand als erwiesen angenommen wurde: Ende vorigen Jahres hatte der Angeklagte eine Witwe Günther kennen gelernt, zu der er in nähere Beziehungen trat.'? Er gab sich als Witwer aus und ver- sprach ihr die Ehe. Im Dezember fand die Verlobung statt, die dadurch noch einen besonders feierlichen Charakter erhielt, daß das Paar vorher auf Verlangen des Angeklagten das heilige Abendmahl nahm. Die Witwe Günther schmückte bald nach der Verlobung ihren Bräutigam mit Uhr und Kette ihres verstorbenen Mannes, auch lieh sie seinein Ersuchen, ihn mit Geldbeträgen zu unterstützen, bereit- willig Ohr. Dann fing der Angeklagte an, sich zurückzuziehen und nun erst will die Zeugin erfahren haben, daß der Angeklagte längst verheiratet und Familienvater war. Im Berufungstermine versicherte der Angeklagte, daß ihm Un recht geschehen sei. Er habe der Zeugin schon vor der Verlobung gesagt, daß er verheiratet sei, aber mit seiner Frau in Scheidung liege. Er berief sich hierüber auf verschiedene neue Zeugen und der Gerichtshof mußte dem Antrage aus Ladung derselben statt- geben. Arbeiter-Vcrcinsfest oder öffentliche Beranstaltnng. Die Vor- standsmitglieder des A r b e i t e r t u r n v e r e i n s in Kirchhain (Lausitz ) waren wegen. unbefugter Abhaltung emer öffentlichen Tanzlustbarkeit, zu der sie eine polizeiliche Erlaubnis bedurft hätten, angeklagt worden. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft nahmen Anstoß daran, daß an dem als Kränzchen des Vereins bezeichneten Vergnügen gegen 230 Personen teilnahmen, während der Verein zur Zeit der Veranstaltung nur 46 Mitglieder zählte. Das Land- gericht Kottbus als Berufungsinstanz verurteilte auch die Angeklagten zu Geldstrafen, indem es ebenfalls die Teilnchmerzahl berücksichtigte und weiter ausführte: Es sei eine Umgehung des Gesetzes beabsichtigt gewesen. Man habe sich nicht nur damit begnügt, einzelne Personen als Gäste zu laden, sondern habe gleich ganze Vereine, so den Arbeiterturnverein von Finsterwalde und andre Arbeitervereine, mit Einladungen bedacht. Allerdings habe man eine größere Anzahl Personen ans dem Saal gewiesen, weil sie sich weder als Mitglieder der beteiligten Vereine noch als besonders geladene Gäste legitimieren konnten. Den Leuten sei aber vorher anheimgestellt worden, gegen 50 Pfennig Beitrittsgeld Mitglied des Vereins zu werden, welchem Rate dann auch viele der Betreffenden gefolgt seien, worauf sie sich mit amüsieren durften. Es unterliege keinem Zweifel, daß das ogenannte Beitrittsgeld in Wirklichkeit nur ein Tanzgcld für den Abend darstellen sollte. Es sei also eine nach Zahl, Art und In- dividualität unbestimmte Personenmehrheit versammelt gewesen und es könne nicht von einem Bereinsfest, nicht von einer geschlossenen Gesellschaft gesprochen werden, sondern nur von einer ö f f e n t- l i ch e n Tanzlustbarkeit. Für die Angeklagten legten die Rechtsanwälte Dr. Behrend und W. Heine Revision beim Kammergericht ein. Dr. Behrend hob hervor, daß es für den Begriff dergeschlossenen Gesellschaft" bezw. deröffentlichen" Lustbarkeit auf die Zahl der Gäste nach einem Urteil des Kammergerichts gar nicht ankomme und daß ebenfalls nach dem Kammergericht ein Vereinsvergnügen auch durch die Ein- ladung ganzer Vereine noch nicht zu einem öffentlichen werde. ofern der geladene Verein selber eine geschlossene Gesellschaft sei und gewisse innere Beziehungen zu dem einladenden Verein habe. Das Kammergericht verwarf aber die Revision mit folgender Begründung: Der Begriff der öffentlichen Lustbarkeit sei nicht verkannt-worden. Eine solche sei auch genügend fest- gestellt worden, denn es sei anzunehmen, das Landgericht habe fest- gestellt, daß jedermann ohne Unterschied gegen ein als Beitritts geld bezeichnetes Eintritts gcld von 50 Pfennig Zutritt erhielt. Unfähigkeit zur Arbeit wandte der Vertreter der Firma Fell u. Co gegen die Klage der Arbeiterin R. ein, welche beim Berliner Gewerbe- gericht wegen plötzlicher Entlassung Anspruch auf eine vierzehntägige Lohnentschädigung erhob. Klägerin sollte die' Anschmier- und Ein- schlagarbeiten an Papprahmen, zu denen sie angenommen war, nicht haben machen können. Sie ist kurze Zeit nach dem Engagement wieder entlassen worden. Eine Zeugin bekundete, daß sich Klägerin beim Beginn der Arbeit sehr ungeschickt angestellt habe. Die Handgriffe hätten ihr erst gezeigt werden müssen. Sie habe dann die Arbeit sehr langsam gemachlt. Ferner wurde festgestellt, daß die Klägerin ähnliche Ar- Veiten schon in einem andern Betriebe ausgeführt hat. Die Kammer VUl des Gewerbegerichts unter dem Vorsitze des Herrn le Viseur verurteilte den Beklagten zur Zahlung von dreißig Mark und führte aus: Es sei als erwiesen anzunehmen, daß Klägerin mit Rahmen umzugehen verstand. Und die Lang- sanrkeit und Ungeschicklichkeit, die die Klägerin zur Schau getragen habe, könne nicht als Unfähigkeit zur Leistung der ihr angesonnenen Arbeit und somit nicht als Ent- lassungsgrund angesehen werden. Nach einer derartig kurzen Be- schäftigungszeit sei die Leistungsfähigkeit übrigens gar nicht festzu- stellen. Es wäre möglich, daß Klägerin nach 2 oder 3 Tagen ebenso schnell gearbeitet hätte, wie jede andre Arbeiterin. Gerichts-Leitung. Eine böse Stiefmutter stand gestern in der Person der Staker- Meistersehefrau Anna Marioth vor der dritten Ferienstrafkammer des Landgerichts I . Sie war beschuldigt, ihre beiden Stiefkinder. den 12jährigen Wilhelm und die Ivjährrge Frieda Marioth in un- zulässiger Weise gezüchttgt zu haben. Schon lange war es den Lehrern der beiden erwähnten Kinder aufgefallen, daß dieselben fast stets mit Verletzungen, Beulen, Hautabschürfungen und ge- schwollenen Händen zur Schule kamen. Es wurde der Verdacht rege, daß diese Verletzungen auf Mißhandlungen zurückzuführen seien iwid die Ermittelungen führten zu obiger Anklage gegen die Stief- Versammlungen. Vierter Wahlkreis(Osten). Der socialdemokratische Wahlverein hielt am Dienstag in derKönigsbank" eine erste Mitglieder- Versammlung nach der Wahl ab. Genosse Bader begrüßte die zahlreich Erschienenen und gab der Zuversicht Ausdruck, daß der Berein auch bei den komnienden Wahlen mit demselben Eifer für die Partei thätig sein werde wie bei der jüngsten Reichstagswahl. Hierauf hielt Dr. Kurt Freudenberg einen Vortrag überdas ahljahr 1903". Redner beleuchtete in einem kritischen Rückblick den Ausfall der diesjährigen ReichstagSwahl unter gebührender Würdigung der Kampfesweise und der selbstverdienten Niederlage unsrer Gegner. Nunmehr gelte es, unsren schönen Wahlsieg nach jeder Richtung hin entsprechend auszmmtzen und die Wählermassen, ölveit sie noch aus Mitläufern bestehen, zu Ivirklichen Socialdcmo- kraten zu erziehen. Letzteres könne den an rastlose Aufklärungsarbeit gewöhnten Genossen umsoweniger schwer fallen, als diese Mitläufer durch Abgabe eines focialdemokratischen Stimmzettels das ehrenvolle Vertrauen in die Partei gesetzt haben, daß nur die Socialdemokratie der heutigen politischen und ökonomischen Mißwirtschaft entgegenzu- treten vermag. Zu der Präsidialfraae übergehend, stellte sich Redner im wesentlichen auf den Standpunkt Bernsteins, obwohl er die Art und Weise, wie letzterer die Angelegenheit in die Oeffentlichkeit geworfen, nicht billigte. Wenn aber gesagt werde, wir nehmen als zweit- tärkste Partei im Reichstage die Besetzung der ersten Vicepräsidentenstelle lediglich als ein Recht für uns in Anspruch, so vergesse man, daß es sich hier um kein geschriebenes, sondern höchstens um ein Ge- wohnheitsrecht handeln könne. Angesichts dessen wäre es taktisch richsig, an den etwaigen höfischen Repräsentationspflichten keinen Anstoß zu nehmen, umsoweniger als auch die Mitglieder der social- demokratischen Stadtverordneten-Fraktion bei repräsentativen An- lässen keinen Anstoß daran nehmen, sich die mit dem Bildnis Friedrich Wilhelms III. geschmückte goldene Amtskette umzuhängen. .un, Schlüsse ermahnte er die Anwesenden, rechtzeitig mit der Agitatton für die Landtags- und Kommunalwahlen einzusetzen, damit dem 16. Juni weitere Ruhmestage folgen können. In der lebhasten Diskussion vertratenPenn. Wengels, Döring. Unger undLitfin in der Präsidialfrage energisch den Standpunkt Singers, wie ihn dieser einem Mitarbeiter derWiener Arbeiterzeitung" gegenüber bekannterweise klargelegt hatte. Sie äußerten u. a., ebenwwenig wie ein geschriebenes Recht den zweiten Präsidenten der zweitstärksten Partei zuspreche, ebensowenig exissiere ein geschriebenes Recht, durch welches das Reichstags-Präsidium zu Besuchen beim deutschen Kaisir verpsiichtet werde. Schon das unterthänige Bitten um Gewährung einer derartigen Antrittsaudienz sei eines Socialdemokraten unwürdig, auch würde diese Art Hofgängerei einer Desavouierung der Wähler von Essen undBreslau, sowie einer Vernichtung der Parteitraditionen gleich- kommen. Brückner dagegen pflichtete im großen und ganzen dem Referenten bei, und dieser ergänzte in seinem Schlußwort seine ersten Ausführungen noch, indem er auf die Vicepräsidentschast des Genossen Bock im Gothaischen Landtage hinwies, durch die der Principienfestigkeit der Gothaer Genossen sowie den Parteitraditionen im allgemeinen nicht der geringste Abbruch geschehen sei. Bader erinnerte alsdann noch die Mitglieder, sich nunmehr baldigst nach geeigneten Wahlmännern für die einzelnen UrWahlbezirke zur Lanotagswahl umzusehen. Sechster Wahlkreis. In der gut besuchten Versammlung des Wahlvereins, die am Dienstag in Raabes Salon, Kolbergerstraße, stattfand, sprach Genosse G. Bartels über:Heinrich Heine und seine Dichtungen". In verständnisvoller Weise, die von selbständigem Eindringen in das Wesen des Dichters zeugte, schilderte der Redner die Entwicklung und den Charakter Heinrich Heines und regte die Zuhörer lebhaft an, die poetischen und geistigen Werte seiner Werke in sich aufzunehmen. Der Vortragende repetierte sodann eine Anzahl Dichtungen, wobei er das Innige und Schelmische der Heineschen Lyrik besonders treffend zum Ausdruck brachte und sich auch im übrigen frei hielt von der unnatürlichen Uebertreibung, durch die manche der sogenannten Berufenen die Werke der Dicht- kunst ungenießbar machen. Im Anschluß an den Vortrag machte der Vorsitzende Frey- thaler darauf aufmerksam, daß es heutzutage Hauptaufgabe des Arbeiters ist, sich ein Verständnis der polittschen Fragen der Zeit zu verschaffen, und wies ferner auf die Angriffe der Reaktton gegen das allgemeine gleiche Wahlrecht hin, denen gegenüber die Arbeiter- schaft einen starken Damm bilden muß durch ihre Organisasion, ihre Presse und lebhafteste Beteiligung an den Wahlen. Die Arbeiter der Firma Bergmann, Elektricitätswerke, HennigS« dorfer- und Oudenarderssiaße, befaßten sich am Dienstag in einer stark besuchten Versammlung mit einer Reihe von Betriebs- m i ß st ä n d e n, die nachgerade unerträglich geworden sind. Ge- stützt auf ein reiches Beschwerdematerial aus allen Abteilungen des Werkes war der Referent Pawlowitsch in der Lage, die Zustände in dem Betriebe einer gebührenden Kritik unter- ziehen zu können. So lassen die hygienischen Einrichtungen wie Vensilation, Waschgeräte, Reinlichkeit der Arbeitsräume wie auch der Aborte sehr viel zu wünschen übrig. In den Umkleide- räumen ist für jeden Mann meistens nur ein Haken vorhanden, Aufbewahrnngsgegenstände für Eßbedarf fehlen. Ebenfalls ist das Trinkwasser m einzelnen Abteilungen fast ungenießbar, da ihm ein übler Geruch anhaftet. Wohl in keinem Berliner Besiiebe erlauben sich die Meister so schroffe Redensarten gegen die Arbeiter und Arbeiterinnen wie hier, sie sind weniger die Anleiter bei der Arbeit als vielmehr Aufseher. Nicht selten ziehen sie die Uhr, um genauestens zu beobachten, wie lange ein Arbeiter in der Bedürfnisanstalt zubringt. Mit Vorliebe züchten sie sich auch Kreaturen, die ihnen mißmutige Aenßerungen der Arbeiter iiber die Zustände im Betriebe oder über die allgemein ungeziemende Behandlung durch Vorgesetzte hinterbringen müssen. Solche Elemente werden dann zum Lohne für ihre Zwischenträgerdienste mit besserer Arbeit versorgt. Der Behandlung enffprechend ist auch die Entlohnung der Arbeiter. Kein Accord ist stabil. Je nach dem Angebot von Arbeitskräften, ja man könnte fast sagen, je nach Laune, werden die Accordpreise bald höher, bald niedriger festgesetzt, so daß zeitweise geradezu jämmerliche Löhne verdient werden. Die Abteilung Lichterfeld ist nachgerade zu einem Taubenschlag geworden, fast täglich hören dort drei bis vier Mann aus wegen des geringen Verdienstes. Kommt es doch vor, daß Accorde von 75 Pf. ausgegeben werden, an denen sechs bis sieben Stunden gearbeitet werden mutz. Drehern mit einem Lohnsatze von 40 45 Pf. wird sogar zugemutet, an zwei Bänken zu arbeiten. Nach einer ergiebigen Aussprache nahm die Versammlung einstimmig eine Resolution an, in der sie ihrem scharfen Protest gegen die beregten Mißstände bei der Firma Berg- mann Ausdruck giebt und zu noch engerem Anschluß an die Organl« sation auffordert, damit zu gegebener Zeit die berechttgten Forde- rungen der Arbeiter auch mit dem genügenden Nachdruck vertreten werden können. Eine öffentliche Versammlung der Tapezierer, emberufen von Ver- tretern der Vertrauensmänner-Censialisation, tagte am Dienstag in der Berliner Ressource, in welcher es zu lebhasten Auseinander- setzungen zwischen den Anhängern der lokalen Richtung und denen de» Verbandes kam. Nach langwierigen Geschästsordnungs-Debatten wurde ein Bureau aus Verstetern des Verbandes gewählt. Ueber Die letzten Vorgänge in unserm Beruf und welche Lehren ziehen wir daraus?" referierte Ernst Biester, der so wie alle übrigen Redner der lokalen Richtung die Leisiing des Verbandes der Korruption usw. beschuldigte und die Einrichtungen sowie das Vor- gehen dieser Organisation heftig bekämpfte. Bölicke und Wels traten diesen Ausführungen lebhast entgegen. Schließlich gelangte eine Resolusion zur Annahme, die sich für dw Verbands-Organisasion ausspricht, während eine andre, die sich gegen den Verband wendet und die Wahl einer 6 gliedrigen, aus beiden Richtungen zusammen- gesetzten Agitationskommission verlangte, abgelehnt wurde. Marktpreise von Berlin am 4. August 1903 nach Ermittelungen des kgl. Polizeipräsidiums. Weizen, gut D.-Ctr. . mittel . gering Roggen, gut mittel gering 'Gerste, gut mittel gering "Haser, gut mittel ., gesing Richtstroh Heu Erbsen Spciscbohnen Linsen ' klamm und Geruch. Kasioffeln, neue D.-Csi. Rindfleisch, Keule 1 kg de. Bauch Schweinefleisch Kalbfleisch Hammelfleisch lutter Eier Karpfen Aale Zander Hechte Barsche Schleie Bleie Krebse 60 Stück Per Schock 8,00 1,80 1,40 1,60 1,80 1,80 2,40 4,00 2,40 2,80 3,00 2,40 1,80 2,60 1,40 18,00 3,00 1,20 1,00 1,20 1,20 1,30 2,00 2,40 2,00 1,40 1,20 1,20 80 1,20 70 3,00 " mit Geruch. Wetter- Prognose für Donnerstag, den S. August 1S03. Etwas wärmer, vielfach heiter, jedoch noch unbeständig mit schwache« Regensällen und lebhasten südwestlichen Winden. Berliner Wetterburea«. Bncfhaften der Redabtfon. JuriftCreher C«»l. Di« juristische Sprechstunde findet täglich mit Ausnahm- de« Sonnabend« von 7'l, bis»'/, U»r abend« statt. Geostuet: 7 Uhr. Sch. 100. Wenn Sie wollen, könne» Sie eine Beleidigungsklage mst Aussicht aus Esiölg anstrengen. Die damit für Sie verbundene Schererei und Aufregung spricht gegen die Zweckmäßigkeit der Klage. A. L. S. Die Gültigkeit einer Urkunde ist von der Stempelung völlig unabhängig. Unterlassene Stempelung zieht nur Stcmpelftrafe, nicht Ungültigkeit der Ur- künde nach sich. Umgekehsi wird sine ungültige Urkunde durch Stempelung nicht gültig. C. H. 129- Die Bewilligung des Armenrechts in Prozeßsachen ist keine Armenunterstützung und zieht nie Verlust des Wahlrechts nach sich. R. 21. 65. I. Ja. 2. Eine ohne Anwalt eingereichte Anzeige an di« Staatsanwallschast ist zur Strasoesiolgung stets hinreichend. In dem von Ihnen geschilderten Fall scheint leine strafbare Handlung zu liegen. E. L. Nach der herrschenden Praris nur soweit als das Festgeld da« Krankengeld übersteigt. A. B. 12. Leider nicht mehr. F. F. Nxat 2l. Krüger. Sticht die verwitwete Schwägesin. sondern(neben den andren Erben) nur deren Kinder beerben den kinderlos ohne Hinterlassung eines Testaments verstorbenen Schwager. A» H. 31. 1. und 2. Der Stellvertreter eines Arztes hat nach dessen Tode keineswegs die Pflicht, die Prasis für die Erben weiterzuführen oder die Außenstände einzuziehen. 3. Siegelung ist nicht erforderlich.--> Wollhaus. Das Ratsamste ist, zu