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Nr. 121.

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9. Jahrg.

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fern fprech- Anschluß: Amt I, v. 4186.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Unternehmer- Verlogenheit.

Mittwoch, den 25. Mai 1892.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

gleichmäßig behandelt werden kann und darf... so ge- Einrichtung von Berg- Schiedsgerichten, während von einer bieten Rücksichten, welche vorzugsweise auf amtlichen Fühlung mit den Arbeitern nicht das Geringste Man erinnert sich noch, mit welchen Unverfrorenheiten den Schuß des Lebens und der Gesundheit der bekannt ist. Bei diesen Konferenzen vertraten die Bechen  die rheinisch- westfälischen Bechenbefizer ihre nunmehr so er­Arbeiter hinzielen, Ausnahmen von den oben ange den anmuthigen Standpunkt, daß sie ihre Beihilfe führten( Sonntagsruhe) Bestimmungen der Gewerbe- Ordnung nicht verweigern würden, falls die Wahlen nach folgreich verlaufene Aktion gegen die ursprüngliche Berg­anzustreben, die es ermöglichen, den Betrieb unserer Gruben Art derjenigen für die Knappschafts  - Meltesten vorgenommen nicht gesetz- Novelle des Herrn von Berlepsch begannen. Sie er in zweckmäßiger und gefahrloser Weise zu führen." öffneten ihren Sturmlauf mit der, Denkschrift" des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Ober- Bergamtsbezirk Es soll heute an dieser Stelle nicht ausführlich auf die werden sollten." Die Wahlen der Knappschafts  - Aeltesten erfolgen aber bekanntlich nach einem Modus, der dem Dortmund   vom 28. März dieses Jahres, deren zynische Anträge der Grubenbarone eingegangen werden, die Frechheit in der Ableugnung der schreiendsten Mißstände ein schönes Zeugniß für die revidirte" Gewerbe- Ordnung!" elendeften aller Wahlsysteme" ungefähr gleichkommt. Da bezüglich des eigentlichen Bergbaues teine neuen Aus- sich die preußische Regierung soeben mit dem Dreiklassen­wir seiner Zeit besprachen. In dieser Denkschrift" spielte Wahlsystem solidarisch erklärt hat, so wird sie wahrschein­vor Allem eine Behauptung die größte Rolle: daß nahmen wünschen, weil das Gesetz und polizeiliche lich auch leicht im Stande sein, den Wünschen der Gruben­die Verhältnisse des Bergbaues nicht Bergbaues nicht so eigen Dispensationen schon Löcher genug gelassen haben, die jedoch barone bezüglich des Wahlmodus für die Berg- Schieds­artig und verschieden von denen anderer Industriezweige bezüglich der Rofereien aus Rücksichten, welche vorzugs beschaffen seien, daß die Bergleute besonderer Schutzgesetze weise auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit der gerichte nachzukommen. Somit ist es ganz gut, wenn vor­außer der allgemeinen Reichs- Gewerbe- Ordnung bedürften. Arbeiter hinzielen", die Forderung aufstellen, daß die den her attenmäßig festgestellt werden konnte, was für Leute Das saubere Schriftstück sagte im Tone des unverhülltesten Arbeitern zu gewährende Ruhe an Sonn- und Feiertagen diese rheinisch- westfälischen Bechenbarone find. nur von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends( also Ge­Rapitalistenhochmuthes wörtlich Folgendes:

-

"

0

Politische Leberlicht.

erklärt.

-

Berlin  , den 24. Mai.

" Wir stellen uns prinzipiell auf den Standpunkt, daß ſtattung der Samstags- und Sonntags- Nachtarbeit!) zu dauern nur diejenigen Abänderungen des Berggesetzes vor- braucht und daß den so beschäftigten Arbeitern dafür keine zunehmen sind, die durch die Revision der Gewerbe- außergewöhnliche Ruhezeit zu bewilligen ist". Ordnung geboten erscheinen... Einige Paragraphen der Die Berlogenheit, die darin liegt, daß das Verlangen Novelle enthalten wesentliche Abänderungen gegenüber der Ge- nach solcher Ausnügungsfreiheit mit Rücksichten" auf die werbe- Ordnung, und zwar, ohne daß die Eigenartigkeit des Arbeiter begründet wird, kann nebenbei hervorgehoben Bergbaues diese Veränderungen bedingt. Gegen diese werden. Aber die Hauptsache ist und bleibt doch der Abgeordnetenhaus. In der heutigen Sigung wurde Paragraphen erheben wir Widerspruch." Mit Bezug auf den Arbeiterschuh kann also keine Bynismus, mit welchem hier das direkte Gegentheil von die Wahl des Abgeordneten Grimm( Frankfurt  ) für ungiltig Demjenigen behauptet wird, was in der Denkschrift" zur Eigenartigkeit" des Bergbaues in Betracht kommen, Berggesez- Novelle das Hauptargument dieser auf ihre Versuchungen eines Fabrikinspektors. Am so hieß es vor 1/2 Monaten; es ist schon viel, wenn wir, Lebensart und ihre Moral" so stolzen Herren war. Am 19. d. M. fand zu Hirschberg in Schlesien   eine Gerichts­die Grubenbarone, gnädigst gestatten, daß die allgemeinen 10. März schreiben diese Leute durch ihren Sekretär verhandlung statt, die nach mancherlei Richtung hin sehr gewerberechtlichen Borschriften auch für unsere Lohnsklaven an den Bundesrath nach Berlin  , daß der Bergbau be interessant ist. Der Beste chung des Amts gelten sollen. Eigentlich geht es bei uns im Bergbau viel züglich des Arbeiterschutzes nicht mit den übrigen gevorstehers von Egelsdorf, der auch Bürgermeister und ordentlicher und arbeiterfreundlicher" zu, als anderswo; werblichen Betrieben gleichmäßig behandelt werden Fabrikinspektor von Friedeberg ist, war heute der Fabrik­und dann kam jene Denunziation gegen den Betrug", der kann und darf". Und am 28. März, achtzehn Tage direktor G. aus Egelsdorf angeklagt. Er soll dadurch, daß in anderen Gewerben vielfach gegen die Arbeiter ausgeübt später, läßt dieselbe Clique eine Denkschrift gegen er gelegentlich eines Besuches bei dem Amitsvorsteher, der werde, eine Denunziation, zu der die gesammte übrige" die inzwischen veröffentlichte Berggese Novelle vom gegen die Besitzer der Fabriken öfters Strafverfügungen Industrie bis jetzt wohlweislich geschwiegen hat und auf Stapel, in welcher der leitende Truggedanke ist: ergehen ließ, demselben auf seine Aeußerung, daß ihm durch die wir gelegentlich zurückkommen. wir haben das Recht zu verlangen, gefeßlich genau die Fabrit viel Arbeit und Scheererei gemacht würde, Das war also Ende März, als man sich zur krampf- ebenso behandelt zu werden, wie die übrigen gewerblichen 300. angeboten und, als die Annahme des Geldes ab­haften Abwehr der Berggesetz- Novelle in scheinbar loyaler Betriebe." Eine größere Skrupellosigkeit in der Wahl von gelehnt wurde, dasselbe wie unabsichtlich beim Weggehen Weise( auch dann, wenn wir sachlich damit nicht ein- Scheinargumenten bei amtlichen Eingaben, als sie die auf dem Tische liegen gelaffen haben. Der Angeklagte er­verstanden sind", sagte die Denkschrift) auf die Reichs- rheinisch- westfälischen Grubenbarone bethätigen, ist sicher flärte sich für nichtschuldig. Er habe dem Amtsvorsteher Gewerbe- Ordnung berief, der man sich gern und willig und noch nicht dagewesen. Handelt es sich um die Abwehr jeg für dessen Scheerereien nur eine Remuneration, wie sie bedingungslos unterwerfen wolle. Und jezt wird eine Eingabe lichen Bergarbeiterschutzes in der Gewerbe- Ordnung, so derselbe auch von den Vorbesitzern für außeramtliche desselben Zechenvereins vom Anfang März 1892, vom 10. fagen die Herren Weiß", und handelt es sich um denselben Thätigkeit angeboten erhalten und angenommen habe, ge­jenes Monats, durch das eigene Organ dieser Unternehmer- Bweck außerhalb der Gewerbe- Ordnung, so entblöden sie sich währen wollen. Der als Zeuge vernommene Amts­flique, den Glückauf" in Essen, bekannt, welche von dieser gar nicht, Schwarz" mit derselben Unternehmerstirne zu vorsteher gab zu, von den früheren Besitzern derartige Gesellschaft" mit Bezug auf die von der neuen Reichs- sagen. Die Verdrehung der Worte und der Thatsachen wird Gratifikationen erhalten zu haben. Er habe sich nicht ge= Gewerbe- Ordnung vorgeschriebene Sonntagsruhe an den hier zur offiziellen Unternehmerkunft erhoben. scheut, das zu thun, weil er mit jenen befreundet gewesen, Bundesrath wegen Gestattung von besonderen Ausnahmen Und hinter solchen Leuten spaziert Herr v. Berlepsch und weil die Geschenke mit seiner amtlichen Thätigkeit für den Bergbau gerichtet worden ist und in der es wört als" Reformminister" her! Wie sich das mit seiner amt- absolut nichts zu thun gehabt hätten. Von den neuen Besitzern, lich heißt: lichen Würde verträgt wir wissen es nicht. Seine einer Aktiengesellschaft, habe er solche Remuneration nicht mehr Unterbehörden, wie z. B. das Oberbergamt Dortmund, ver- annehmen zu dürfen geglaubt. Er habe feinen Stra fantrag handeln soeben, wie der" Glückauf" ebenfalls meldet, mit gestellt, weil er überzeugt gewesen sei, daß der Angeklagte den Vertretern dieses Unternehmervereins über die Art der mit seiner Handlungsweise keinen Einfluß auf seine, des

Die Gesetzgebung aller bergbautreibenden Nationen hat stets anerkannt, daß der Bergbau- Betrieb seinem Wesen und seiner Natur nach ein so eigenartiger ist, daß er nicht mit den übrigen gewerblichen Betrieben

Feuilleton.

Nachbrud verboten.)

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Am Webstuhl der Zeit. Beitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster  .

" Von einer ernstlicheren Verbindung? Ich verstehe Sie nicht recht. Wollen Sie eine solche Verbindung der Seelen für keine ganz ernstliche ansehen?"

Ausdruck die Ehe." " Das sei fern von mir, ich verstehe aber unter diesem

" Halten Sie es denn nicht für natürlich, wenn folge­recht aus einem solchen Verhältnisse eine Ehe entsteht?"

Aber, gnädiges Fräulein, Sie werden mir doch nicht sagen wollen, daß Sie im Ernste an eine eheliche Ver bindung mit Herrn Dr. Lange gedacht haben?"

ich fragen darf?". " Und warum sollte ich das nicht gethan haben, wenn

" Ah, es ist ein Scherz! Mit einem aussichtslosen Lite­raten! eine Dame wie Sie?"

Sie vielleicht leugnen, daß Herr Dr. Lange ein sehr kenntniß-| Mit einem aussichtslosen Literaten? Exzellenz, wollen

reicher und talentvoller Mann ist?"

-

Nicht von Allen, wie ich Ihnen versichern kann, Fräulein." Nein, nicht von Allen, das ist wahr; sonst würde er auch kein Charakter sein."

" Ich kann Ihnen sagen, daß er in unseren Kreisen ziemlich diskreditirt ist."

" In Ihren Kreisen, in den liberalen Bourgeoiskreisen, das ist selbstverständlich, denn das sind ja unsere Feinde." " Unsere Feinde, fagen Sie? Ich hoffe, Sie sehen uns nicht als Ihre Feinde an?"

Allerdings muß ich das, denn Sie verfolgen uns De­mokraten mit ziemlicher Wuth."

Uns Demokraten? Sie zählen doch wohl schwerlich zu den Demokraten?"

Allerdings, Erzellenz, da es meiner Ansicht nach die einzige ehrliche freifinnige Partei ist."

" Ich mache da schöne Entdeckungen. Gehören Sie denn nicht durch Familie und Lebensstellung zu uns?"

" Familie und Lebensstellung sind nichts für den, der eine Ueberzeugung besitzt."

" Ich bedauere, Fräulein, Sie in Händen zu sehen, welche Sie auf solche Jrrwege zu führen bemüht sind." Ich muß bedauern, Exzellenz, daß ich ein Bedauern zurückweisen muß, für welches ich ganz und gar keine Ver­anlassung sehe."

Sie behandeln mich hart, Fräulein, ich glaubte Ihnen feine Veranlassung hierzu gegeben zu haben.

"

" Ich wüßte nicht, was mich mehr verlegen sollte, als ein in solcher Weise angebotenes und, meiner Ansicht nach,

tich aus ihm?" " Ich will das nicht bestreiten, aber was wird schließ­mit dem zufrieden, was bereits aus ihm geworden: ein| " Ich muß Ihnen offen gestehen, daß ich vollkommen völlig unbegründetes Bedauern." Mann von Geist und Charakter, der die Achtung seiner die ein Abbrechen derselben räthlich erscheinen läßt." Mitbürger im hohen Grade genießt und verdient."

Ich sehe, daß die Unterhaltung eine Wendung nimmt, In dieser Ansicht kann ich Ihnen nur beipflichten."

"

Meine Absichten waren die besten."

" Das wird Sie auch trösten, Excellenz."

" Und eine Wiederholung meines Besuchs dürfte unter solchen Umständen wohl zwecklos sein?"

"

Wenn Sie einen anderen Zweck, als den einer bloßen Höflichkeit damit verbinden sollten, allerdings." " Nun, dann entschuldigen Sie die Störung." " Sie ist entschuldigt, Excellenz."

Das Gesicht des Dr. Raffmaus hatte eine krebsrothe Farbe angenommen, als er das Zimmer verließ; eine solche Demüthigung schien ihm unerwartet, wie sie über ihn kam, etwas Unerhörtes.

Im Vorzimmer traf er auf Lange und Frank, die ihn mit großer Höflichkeit begrüßten.

" Freut mich, Sie zu sehen", rief er schnell gefaßt, " Ihnen, Herr Doktor, kann man wohl bald gratuliren? Ich möchte Sie aber doch theilnehmend mahnen, sich auf andere Bahnen zu begeben; Sie werden nicht weit kommen in der Weise, die jetzt Ihr Vorgehen charakterisirt. Sie sind weder in der besten Gesellschaft, noch auf den besten Wegen."

Ich danke, Exzellenz", entgegnete Lange mit einer höflichen Verbeugung, aber der Menschen Wege gehen wunderbar; der kürzeste Weg ist oft auch der gewagteste. Vom Gipfel geht es schnell bergab."

" Und Exzellenz fängt an mit einem Er," rief Frank gleich darauf, so daß der Davoneilende es noch hören mußte, und ex heißt aus."

Helene nahm keinen Anstand, den Schritt des Dr. Raff­Mit Ihre maus ihrem Bräutigam mitzutheilen. theilung verursachte viele Heiterkeit im Lager der Freunde. Frank aber erklärte feierlich, da sie nun doch einmal