Nr. 217. 20. 3. KtilU des Jutmiirts" Knlim WldsM Dollverstag, 17. September IM. Der Wahlkrawall in Laurahiitte. B e u t h e n O.- S., 15. September. Die Verhandlung beginnt mit dem Aufruf von etwa 40 Zeugen, welche heute vernommen werden sollen. Die erste Zeugin ist die Malerfrau F e i st: Die Schwester der Angeklagten Nietzsch kam am Montag nach dem Krawall zu mir und erzählte, daß der Anzug und der Hut ihres Bruders ganz beschmutzt seien. Ida Nietzsch, die Schwester des Angeklagten wird gefragt: »Sind Sie mit einem der Angeklagten verwandt oder verschwägert? Zeugin: Nein 1— Vorsitzender: Ihr Bruder ist doch angeklagt?— Z eugin: Ja. Im übrigen erklärt die Zeugin, sie habe die vorstehend mitgeteilten Aeußerungen zu Frau Feist ge braucht. Es war aber nicht wahr. Ich habe meinen Bruder durch- gehauen und da habe ich die Frau Feist als Grund hierfür den Ver- dacht der Teilnahme am Krawall mitgeteilt. Ich habe es nur aus Wut gesagt. Der 18jährige Grubenarbeiter Karl L a t t a bekundet unter Aussetzung der Beeidigung: Ich sah, wie der Angeklagte Lehnert mit Steinen in der Richtung nach Ludwigs Gasthaus geworfen hat. Die Leute schrien:.Es lebe Korranth I" Es standen viele Leute da auf der Straße.— Vorsitzender: Allem Anschein nach müssen Sie gemerkt haben, daß dort mehr Leute Steine geworfen haben?— Zeuge: Nein I— Vorsitzender: Haben Sie nicht den Stein aufschlagen hören an dem Blech der Spritzen?— Zeuge: Nein 1 — Vorsitzender: Kann es nicht ein andrer gewesen sein, als der Lehnert?— Zeuge: I«!— Vorsitzender ruft Lehnert auf; zum Zeugen: Ist das derselbe Lehnert/ erkennen Sie ihn be- stinnnt wieder?— Zeuge: Ja.— Vorsitzender zum Zeugen Brehmer: Hat Ihnen der Zeuge damals erklärt, worauf Lehnert mit Steinen geworfen hat?— Brehm er: Ja, auf die Spritzen.— Zeuge Latta: Nein, ich sagte bloß, in der Richtung nach den» Gasthaus.— Lehnert soll gegenüber dem Gasthaus gestanden haben. Zwischen ihm und dem Gasthaus standen die Spritzen.— Vorsitzender zu Brehmer: Der Zeuge Latta hat Ihnen doch umnittelbar nach dem Wurf gesagt: Siehst Du, da steht der Lehnert? Brehmer: Ja! Latta: New! B r e h m e r: Wir haben uns den ganzen Weg von Lehnert erzählt.— Vorsitzender zum Zeugen Invaliden Nierychlo: Sie hören also, daß Lehnert in der Zeit zwischen 9—10 sich am Krawall beteiligt hat.— Was sagen Sie dazu? Nierychlo: Das ist nicht wahr, Lehnert hat drei Stunden, von 8—11 Uhr, bei uns an der Thür geweilt. Wir stehen alle Sonntags vor dem Hause.— Vorsitzender: Jetzt thun Sie aber so, als ob Sie die wenigen Minuten nicht stehen konnten.— Nierychlo: Ja, wir haben einen Mauervorsprung und da setzen wir uns darauf.— Vorsitzender; Ist er vielleicht einen Augenblick weggegangen?— Nierychlo: Nein!— Vorsitzender zu dem Zeugen Himmler : Was sagen Sie dazu?— Himmler: Er war den ganzen Abend bei uns.— Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt Zeuge, daß Lehnert womöglich einen Augenblick weggegangen ist. aber keineswegs so lange, daß er bis zu Ludwig und zurück gegangen sein kann. Zeuge Thomas Sollik bestätigt gleichfalls, daß Lehnert von 8—11 an der Thür gestanden und stch nicht von der Stelle gerührt hat.— In dem Augenblicke tritt der Polizeisergeant Richter vor und erklärt: Der Zeuge Pospiech hat nur mitgeteilt, er hätte gehört, wie sich am Sonnabend im Wartesaal die Zeugen Nierychlo, Himmler und Thomas Sollik über die Aussagen in Bezug auf Lehnert ver- abredet hätten. Der Zeuge Pospiech erklärt: Ich stand dabei und da hörte ich aus dem Munde von Nierychlo die Worte:.So werde ich aussagen und wenn ich gleich abgeführt werden sollte."— Zeuge Nierychlo: Das ist nicht wahr.— Vorsitzender: Haben Sie mit den beiden gesprochen?— Nierychlo: Nein. Daraufhin werden die Zeugen Himmler und Sollik, welche sofort nach der Aussage des Pospiech den Saal verlassen mußten, hinein- gerufen.— Vors.: Haben Sie iin Warteraun: mit Nierychlo und Sollik am Sonnabend gesprochen?— Himmler: Ja, wir haben zusammen gesprochen, aber von der Sache nichts. Ich habe übrigens schon vergessen, was ich am Sonnabend gehört habe. Wir haben Karten gespielt. Wir sprachen auch davon, was schon an dem Tage vor- (genommen wurde.— Vorsitzender zu Nierychlo: Nun, was agen Sie jetzt?— Nierychlo: Herr Präsident, ich bin inal von 8 Meter hoch heruntergefallen, da habe ick ein schwaches Gedächtnis. — Vors.: Und trotz dem schwachen Gedächtnis wissen Sie ganz genau, daß Lehnert am 21. Juni, an dem Krawalltage, drei Stunden vor der Hausthür gestanden hat?— Nierychlo: Das weiß ich ganz genau. Der Zeug« Thomas Sollik wird wieder in den Saal hinein- gerufen.— Vors.: Haben Sie im Warteraum mit den beiden gesprochen?— S o l l i k: Ja, wir sprachen davon, daß wir alles das gleiche von Lehnert gesehen haben. Wir sagten uns. daß es schade um den Lehnert ist, der doch die ganze Zeit über bei uns ge- standen hat. Und nun sagte Nireychlo: So werde ich aussagen.— Vorsitzender: Hat er auch gesagt:„wenn ich auch abgeführt werden sollte".— Himmler: Nierychlo hat nur gesagt:„So sage ich aus und nicht anders".— Vorsitzender: Weshalb haben Sie das zuerst geleugnet?— Himmler: Das habe ich vergessen. Ich be- stritt auch, weil ick die Aeußerung vom.Abführen" nicht gehört habe.— Der Vorsitzende richtet an die Zeugen Pospiech, Sollik und Himmler die Frage: ob fie ihre Aussagen auf den schon ge- leisteten Eid nehmen wollen.— Die Zeugen sagen: Ja I Staatsanwalt: Ich bitte, den Zeugen Nierychlo nicht zu vereidigen. Er hat sich nach meiner Ueberzeugung im Warteraum zum mindesten der unternommenen Verleitung zum Meineid schuldig gemacht. Wenn jemand sagt:„Ich bleibe dabei und wenn ich auch gleich abgeführt werden sollte",— so will er andre verleiten. Rechtsanwalt Stein! tz: Der Zeuge hat gesagt: Ich bleibe hei der Wahrheit, auch wenn ich verhastet werden sollte. Das ist doch keine Verleitung.— Das Gericht beschließt. Nierychlo nicht zu vereidigen, da er der Bruder des Angeklagten Nierychlo ist. Von den nachfolgenden Zeugen ist die Aussage des MaurerS Victor S p i r e k bemerkenswert: Der Angeklagte Tarara hat mir am nächsten Tage seine beschmutzte Manschette gezeigt. Tarara war vollständig betrunken, als wir von der Brauerei MokoSki kamen. Er stützte sich auf mich. Nachher verloren wir ihn.— Vor- sitzender: Aber nachher verlor er die Stütze, da mußte er doch wieder soweit nüchtern sein, daß er selbständig denken konnte?— Zeuge: Das kann ich nicht sagen, denn nachts, als er nach Hause kam, war er noch ganz betrunken. Um 12�/« Uhr tritt die Mittagspause ein, die bis um 3 Uhr währt. Nach der Mittagspause überreichen die Verteidiger einige neue Beweisanträge, darunter einen vom Angeklagten Sollik verfaßten Antrag. Sollik wird aufgefordert, die Namen der Zeugen mündlich vorzutragen. Sollik erklärt, die Namen seien schriftlich angegeben und neimt dann einige Namen. Bei einem Namen weiß er die Adresse nicht.— Vors.: Ja. es ist aber Ihre Sache, die Adresse zu nennen.— Sollik: Ebenso wie daS Gericht einen Angeklagten in ganz Deutschland sucht— mutz das Gericht auch einen Zeugen suchen, wenn er von einem Angeklagten gefordert wird. Rechtsanwalt Ste initz beantragt, den Angekl. Lehnert aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Nach längerer Beratung verkündet der Gcrichtshos, daß zu morgen weitere 13 Zeugen geladen werden. Die Adresse des Posener Zeugen lfiir Collik) soll durch telcgraphische Anftage beim Polizeipräsidium Posen festgestellt werden. Die Haftentlassung Lehnerts wird ab- gelehnt. Der Zeuge Wilhelm hat den alten Korfanty an einer Mauer, m der Nähe des Ludwigschen egen 81/4— S'/s Uhr ''auses stehend getroffen. Er begrüßte ihn und der alte Korfanty sagte:„ E s i st doch viel, was die Leute anstellen. Es wäre besser. toenn die Leute nach Hause gingen."— Zeugin Bronis- lawa Kudera sagt aus: Ich sah die Spritze durchfahren. Da rief einer:„Donnerwetter, gebt ein Messer her".— Vorsitzender ruft den Angeklagten Schulz auf: Zeugin, kennen Sie den Mann?— Zeugin Kudera: Nein. Ich kenne ihn nicht. Meine Freundin Agnes Pohl sagte mir aber, daß es ein gewisser Schulz war.— Vors.: Das können Sie alles beschwören?— Zeugin: Ja, was ich gehört habe.— Vors.: Nein, eine Einschränkung ist nicht zulässig. Nun— Sie zittern ja. Wovor haben Sie Angst? — Zeugin: Ich kenne ja den Mann gar nicht.— Vors.: Ja, das haben Sie uns schon gesagt.— Zeugin ist in Verlegen hcit.— Vors.: Schwören muß ja jeder Zeuge. Wollen Sie sich vielleicht erst draußen sammeln?— Zeugin: Ja.— Vor' Dann gehen Sie auf eine Viertelstunde an die Luft und kommen Sie dann wieder. Aber sprechen Sie draußen mit keinem. Bäckermeister John hat unter der Menge am Hüttenamte den Angeklagten Czerner erkannt. Er rief auf polnisch:„Haut ihn!" Der Zeuge versteht selbst nicht polnisch.— Rechtsanwalt Steinitz: Ist es nicht möglich, daß die Worte hießen: Die Polizisten hauen?— Zeuge: Das weiß ich nicht. Der Vorsitzende läßt die Zeugin Kudera wieder hineiw rufen: Können Sie nun Ihre Aussage beschwören?— Zeugin: Nein; auf den Mann kann ich nicht schwören, den kenne ich ja nicht. — Der Vorsitzende macht der Zeugin Vorhaltungen, daß sie doch nur das beschwören solle, was sie gesagt hat und läßt sie die Eidesworte nachsprechen. Die Zeugin spricht den Eid mit äugst lichcr, fast erstickter Stimme und wird entlassen. Anläßlich einer andren Aussage steht der Angeklagte Stattnik auf und erklärt: Der Zeuge Tomanek sein elfjähriger Junge, der einzige Belastungszeuge gegen Stattnik, der sich bereits in der Ver- Handlung vom 11. d. M. in Widerspruch verwickelt hat, hat mir heute auf der Bahn erklärt, er wisse nicht genau, daß ich mit Steinen geworfen hätte.— Rechtsanwalt Dr. Neumann: Tomanek ist der einzige Belastungszeuge gegen Stattnik. Auf Antrag des Staatsanwalts wird Stattnik aus dem Saal geführt.— Vorsitzender zu Tomanek: Hast Du mit Stattnik gesprochen? Tomanek: Ja.— Vorsitzender: Was hast Du ihm ge- sagt?— Tomanek: Ich sagte ihm:„Ich weiß nicht bestimmt, ob Du es gewesen bist".— Vorsitzender: Was soll das heißen?— Tomanek schweigt.— Rechtsanwalt Dr. N e u m a n n: Vielleicht wird es in polnischer Sprache besser gehen.— Vorsitzender: Hast Du mit ihm polnisch gesprochen?— Tomanek: Ja.— Vorsitzender: Du kannst doch auch gut deutsch sprechen I— Tomanek: Aber nicht so gut wie polnisch.— Vors.: ES geht schon ganz gut. Tomanek: Stattnik sagte zu mir, warum hast du gesagt, daß du mich gesehen hast. fDer Dolmetscher wird dazugezogen.) Tomanek erklärt nun: Ich sagte erst zu ihm: ich weiß nicht genau, ob du eS gewesen bist. Daraufhin antwortete er:„Warum hast Du auf mich gesagt, wenn du es nicht genau weißt." Und da sagte ich: ich mutz sagen, wie es war, damit keine Lügen entstehen.— Vors.: Wem ast Du nun die Wahrheit gesagt: uns oder dem Stattnik?- omanik: Uns hier und dem Stattnik!— D 0 l metscher; Das geht doch nicht!— Tomanek: Dem Stattnik habe ich am Bahnhof die Wahrheit gesagt!— V 0 r f.: Also uns hast Du etwas vorgelogen?— T 0 m an e k: Rein, ich habe die Wahrheit gesagt.— Vors.: Vielleicht wird es wieder in deutscher Sprache gehen. Ohne Uebersetzer : Hast Du uns belogen oder den Stattnik? — Tomanek: Den Stattnik.— Vors.: Weshalb hast Du das gesagt?— Tomanek: Er wollte mich am Sonntag am Hütten- gasthaus hauen! Der Zeuge Stefan W 0 n S tritt aus der Zeugenbank bor und erklätt: Ich Hab' gehört, wie der Tomanek sagte: Ich weiß nicht bestimmt, ob ich den Stattnik gesehen habe.— Vors.: Wer sind Sie und wer hat Sie eigentlich geftagt?— Vorsitzender zu Tomanek: Erzähle nochmals, wie das gewesen ist.— Tomanek: Er hat in beide Hände einen Stein genommen und den Schirm abgegeben. Vorsitzender: Das hast Du g e n a u ge- sehen, genau erkannt? Tomanek: Ja I— Vorsitzender: Und weil er Dich gestern hauen wollte, hast Du ihm gesagt, daß Du eS nicht genau weißt. Tomanek: Ja. Der Angeklagte Stattnik wird wieder in den Saal gerufen.— Vorsitzender: Nun, weshalb hat Dir Tomanek das gesagt? Stattnik antwortet nicht. Vorsitzender: Er hat uns ganz natürliche Gründe angegeben. Du hast ihm Prügel angedroht? Stattnik: Das ist nicht wahr. Vorsitzender zu Stattnik: So ein unverschämter Kunde bist Du? Stattnik: Ich war ja den ganzen Sonntag über zu Hause. Tomanek: Er sagte, er wollte mich in den Hüttenteich schmeißen. Stattnik: DaS ist nicht tvahr. Stattnik nennt wieder Zeugen. — Vorsitzender: Du scheinst ja für alles Zeugen zu haben. DaS ist eine bodenlose Unverschämtheit. Der Herr Staatsanwalt hat beantragt, Dich in Untersuchungshaft zu nehmen, weil Du versucht hast, den Zeugen zu beeinflussen. Willst Du nicht lieber alles ein- gestehen?— Stattnik: Das ist ja alles nicht wahr, was Tomanek sagt.— Rechtsanwalt Dr. Neumann: Welche Veranlassung hat aber Tomanek, dem WonS auch etwas vorzulügen?— Tomanek: Die Mutter hat mir gesagt, ich soll auf den Stattnik nicht drücken, weil er mich sonst totschlägt. Einige Wachtbcamte melden, daß Tomanek dem WonS gegen- über soeben nicht die beregte Aeußerung gethan hat.— Vor- sitzender zuWons: Und für Dich waressehrbe- zeichnend, daß Du daS hier gleich zur Sprache bringst, uns aber nicht sagst, daß es Dir soeben erst gesagt wurde!— W 0 n S: Ich habe den Tomanek nicht geftagt, e r h a t eS mir von selbst erzählt.— Vorsitzender mit lauter Stimme: Dich hat jetzt keiner geftagt I Setz Dich still hin I Nach kurzer Beratung beschließt das Gericht, den Angeklagten Stattnik in Untersuchungshast zu nehmen, weil er dringend ver- dächttg ist und seine fteie Zeit benutzt hat, um einen Zeugen zu be- einflussen. Dieser Beschluß stützt sich auf die Aussage deS 11 jährigen Zeugen Tomanek! Eine der nächsten Zeugen ist Frau Szcsypka, Hausbesitzerin der Nähe vom alten Korfanty. Die Zeugin sagt aus: Der Polizei- rat Mädler hat mich gefragt, ob ich nicht weiß, daß der alte Kor- fanty gerufen hat:„Polen ! Laßt Euch nicht!" Ich antwortete: „Ich weiß nicht".— Vorsitzender: Waren Sie dabei, als der Polizeirat Mädler mit dem Angeklagten Woznitza gesprochen hat? — Zeugin: Ich habe nicht Obacht gegeben. Unser Dienstmädchen Woj tynek hat dein Poltzeirat etivaS davon erzählt. Die nächste Zeugin ist das 17jährige Dienstmädchen W 0 j t y n e k. Die Zeugin wird vor der Vernehmung vereidigt. Vorsitzender: Was haben Sie dem Polizeirat Mädler erzählt? — Zeugin: Ich habe ihm von Woznitza gesagt, daß er mir er- zählt hatte, er— Woznitza— habe auf einen Gendarmen init einem Stein geworfen. Woznitza hat eS mir am Montag nach dem Krawall an der Thür erzählt. Er hat mir noch erzählt, daß er am Bahnhof war, als Militär eintraf und dann erst nach Hause aing.— V 0 r f i tz e n d e r: Ist daS alles, was Sie von Woznitza wissen?— Zeugin: Ja!— Vorsitzender: Hat Woznitza Ihnen auch vom alten Korfanty etwas gesagt?— Zeugin: Woznitza hat ge- sagt, der Herr Korfanty soll leben. — Vors.: Hat er Ihnen nicht erzählt, daß er den alten Korfanty gesehen gerufen hätte:„Polen ! laßt Euch nicht."— weiß ich nichts.— Vors.: Haben Sie Mädler nichts davon erzählt?— � gar nichts!— Vorsitzender: Sie haben /also dein Polizeirat Mädler nur von Woznitza selbst erzählt?— Zeugin: Ja!— Vorsitzender: Von Korfanty haben Sie de in Polizeirat nichts erzählt?— Zeugin: Nein! Bekanntlich hat der Polizeirat Mädler unter seinem Eide aus- gesagt, das Dienstmädchen habe ihm davon Mit- teiiung gemacht, daß Woznitza ihr gegenüber von der Aeußerung Korfantys—»Polen , laßt "— erzählt hätte. Euch nicht' berliner partei-Hficfelecfenbelten. Wahlvcrein des Südostens. Wir machen auf das am Sonnabend, den IS. September, stattfindende Künstlerkonzert im Gewerkschafts- Hause, Engel-llfer 1b, aufmerksam, Billets sind noch bei den Bezirks- führern zu haben. Der Vorstand. Fricdrichshagen. Die nächste Mitgliederversammlung des social- demokratischen Arbeiter-Bildungsvereins findet am Sonnabend, den 19. September, abends 8% Uhr, im Vereinslokal von Kasubke, Friedrichstraße 61, statt. Tagesordnung: 1. Vorttag des Genossen Davidsohn über„die Technik der Landtagswahlen". 2. Diskussion. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes und Aufnahme neuer Mitglieder. Gäste und Frauen haben Zuttitt. Um regen Besuch ersucht Der Vor st and. lokales. lieber daS katholische Hedwigs-KrankenhauS geht unS eine Reihe von Beschwerde» zu, die von verschiedenen Personen bestätigt iverden. Die einzelnen Beschwerdepuntte werden jeder für sich vielleicht als geringfügig erscheinen, aber in ihrem Zusammenwirken sind die zu rügenden Umstände geeignet, den Aufenthalt in dieser Anstalt manchem Kranken zu verleiden und schließlich sogar den Erfolg der ärztlichen Behandlung zu beein- trächtigen. Geklagt wird unter anderm darüber, daß die Anstalt, wie unsre Gewährspersonen meinen, mit Wäsche spart. Frische Handtücher giebt es in so großen Fristen, wie man sie zu Hause nicht kennt. Mit der Verabreichung ftischer Strümpfe steht es ganz ähnlich. Wir haben auf den Füßen eines Patienten ein paar Strümpfe gesehen, bei deren Prüfung uns anders wurde. Pattenten, die die Prozedur des Schwitzens durchzumachen hatten, haben es als lästig und un- appetitlich einPfunden, daß es auch hierbei mit ftischer Wäsche haperte. Eine weitere Beschwerde bettifst die Waschbecken. Man schildert uns die Zustände eines Raumes, in dem elf Per- fönen genötigt gewesen seien, sich mit einem einzigen Waschbecken zu behelfen. Hinzugefügt wird, daß für diese elf Personen nur zwei Kämme zur Verfügung gestanden hätten. Auf eine Klage über Ungeziefer, das sich in einem von der Anstalt gelieferten Bekleidungsstück gefunden habe, wollen wir kein Gewicht legen, weil hier von dem Patienten selber die Frage erörtert worden ist, ob das Ungeziefer nicht eingeschleppt worden sei. Andre Beschwerden richten sich gegen gewisse Zustände, die zwar abseits von der modernen Krankenpflege liegen, die aber im Hedwigs- Krankenhause gewissenhast konserviert und als Specialität gepflegt werden. Wir meinen die GebetSübmigcn der Anstaltsschwestern, die den Kranken häufiger und reichlicher geboten werden als die Besuche der Aerzte. Manchen Pattenten sind diese Uebungen an sich lästig und störend. Andre beklagen sich mehr darüber, daß die betende Schwester womöglich gleich zwei nebeneinander liegende Säle mit einem Male abmacht, indem sie die Thür der Zwischen- wand öffnet und von der Schwelle aus ihre Gebete nach hüben und nach drüben versendet. Da soll es manchmal einen recht un« gemütlichen Luftzug gegeben haben. Nicht wahr, diese Beschwerde erscheint dem Unbeteiligten wieder als eine recht belanglose Kleinig- keit? Aber der Mißstand, gegen den fie sich richrer, kemizeichnet den FrönimigtcitSgeist, der in dieser Krankenpflegc-Anstalt herrscht und Gesetze diktiert. Unftomme Patienten, die in das HedwigS-Krankenhaus hineingeraten, bemertten in dieser Betstuben» Atmosphäre überhaupt noch manches, waS der Krankenhaus-Ver- waltung samt ihren Geistlichen, ihren Schwestern usw. entgeht, weil sie in ganz andren Anschauungen aufgewachsen sind. Bei einem Besuche, den wir in der Anstalt machten, sagte man uns:„Weiin's mit einem zu Ende gehen soll, dann laufen sie sich die Hacken ab." Wie diese froinme Eile der Seelsorger auf die andren Pattenteil wirkt, dafür wird den Geistlichen, Schwestern usw., wie gesagt, das Verständnis mangeln. Aber wir empfehlen den Aerzten des HedwigS-Krankenhauses, sich einmal eingehender mit dieser Frage zu befassen. Vielleicht werden sie dann, sofern sie in der Anstalt mehr als die Geistlichkeit zu sagen haben, darauf dringen. daß die Seelsorger sich in Zukunft etwas weniger geschäftig zeigen. Wir machen uns darauf gefaßt, daß man uns erwidern wird, Tausende von Patienten seien mit dem Hedwigs-Krankenhause zu- ftieden gewesen, es müsse also doch wohl alles in bester Ordnung sein. DaS könnte für uns ein Anlaß sein, unsre Mitteilungen über die Anstalt noch durch einige Nachträge zu ergänzen. Wahrscheinlich werden die katholischen Verteidiger des Hedwigs- Krankenhauses auch hinzufügen, die Kirche habe Jahrhunderte hindurch segensreich in der Krankenpflege gewirkt, und noch heute sei der konfessienelle Geist ein besonderer Borzug einer Krankenpflege-Anstalt. Mit Leuten. die jenen Zustand, der ftüher als ganz selbstverständlich galt und damals auch durchaus erttäglich und nicht zweckwidrig war, noch in unsren Tagen billigen und empfehlen, die noch im 80. Jahrhundert das Zusammenwirken von Arzt und Seelsorger, die Verbindung von Krankenhaus und Bethaus für zeitgemäß halten, wird dann aller» dings schwer zu diskutieren sein. hätte und daß dieser ;eugin: Davon > em Polizeirat Zeugin: Nein, Die 4. städtische Fortbildungsschule, Heinersdorferstt. 18. einst an der äußersten Peripherie unsrer Stadt gelegen, ist durch die Eni» Wicklung des Nordostens in den Mittelpunkt einer gewerbreichen Gegend gerückt worden. Dem entsprechend ist die Anstalt aus bescheidenen Anfängen zu einer der größten Fortbildungs- schulen Berlins gewachsen und bietet jungen Leuten aus allen Gebieten des gewerblichen und kaufmännischen Lebens Gelegenheit, sich für ihren Beruf technisch und wissenschaftlich fortzubilden. Mit der Fortbildungsschule ist ein Gewerbesaal und eine Abteilung der Berliner Tischlerschule verbunden, so daß im letzten Semester nahezu 2000 Schüler hier Unterricht empfingen. Am 7. Oktober beginnt das Winter-Halbjahr 1903/04, zu dem Anmeldungen entgegennimmt der Leiter, Rektor Lutzenberger, Heinersdorferstraße 18, hinteres Schulgebäude. Die Erkrankungen an Unterleibstyphus haben in Berlin seit Ende Juli beträchtlich zugenommen. Zwar macht sich hier all- jährlich gegen den Spätsommer hin eine Vermehrung der Unterleibs» typhus-Erkrankungen bemerkbar, aber die Zunahme ist diesmal er» heblich stärker als im vorigen Jahre. Nachdem in dem laufenden Jahre noch bis zum 2S. Juli die Zahl der Fälle von Unterleibs» typhns in keiner Woche über 10 hinausgegangen war, stieg sie in der Woche vom 26. Juli bis 1. August plötzlich auf 21 und stellte sich dann in den folgenden vier Wochen bis zum 29. August< weiter reichen die Znsamnienstellnngcn des Berliner Stattstischen Amts noch nicht) auf 18, 16, 17, 25 Fälle, wovon jedoch nur wenige tödlich
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