Nr. 123.
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9. Jahrg.
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werden.
Sonnabend, den 28. Mai 1892.
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Hause und nicht in der Fabrik verlangt; aber er sucht diese vor Augen kamen; hat doch vor einigen Jahren das liebe Erinnerung gleich wieder auszuwischen durch eine Klage, in Leipz. Tagebl."( in einer Korrespondenz Aus dem Erzwelcher er mit seinem Zwickauer Kollegen übereinstimmt: gebirge" vom 10. Juni 1889) es ausgeplaudert, daß während über die Ausschließung der schulpflichtigen Kinder aus der der Inspektionsbeamte in Gegenwart des Besizers dessen im Die feineswegs sehr vollständige äußere Thätigkeit der Fabrik. Und solche Beamten sollen den Arbeiterschutz über- Wohnhause gelegenen Betriebsräume revidirte, die Ehefrau sächsischen Fabrikinspektoren wurde an dieser Stelle unterm wachen, aus ihren Berichten soll man ein zutreffendes Bild des Arbeitgebers die Ankunft des Beamten in einem 26. April d. J. an der Hand der neuesten Jahresberichte der Arbeiterzustände entnehmen können! Hier gilt das anderen Saale meldete, so daß die Kinder, welche richt Wie viele Kinder dieser Beamten für 1891( Dresden , F. Lommatsch) ein- selbe, was das Sozialpolitische Zentralblatt" in seiner hingehörten, verschwinden konnten." Ungehörigkeiten mögen nun gar in be gehend beleuchtet. Inzwischen ist ein Haupttheil unserer legten Nummer über die neuen Berichte der bayerischen und d. h. für Kritik als zutreffend dadurch anerkannt worden, daß eine Fabrikinspektoren sagt:„ die Berichte enthalten eben lediglich nachbarten Etablissements verschwinden", Vermehrung der Bezirke und Inspektoren von sieben auf Andeutungen darüber, was unter dieser Aufsicht" vor den Tag der Revision, sobald die Ankunft des Inspektors dreizehn offiziell angeordnet wurde. Etwas intensiver wird kommen kann, aber nicht darüber, was wirklich vorkommt. bekannt geworden ist! Aehnlich sind die Angaben über damit hoffentlich die Aufsicht schon im laufenden Jahre Das einzige Gute an den sächsischen Berichten ist danach Frauenarbeit, bei denen u. A. scheußliche Zustände aus Inhaltlich aber ist solange von dem ganzen beinahe nur das Ergebniß der Fabritarbeiter- Bählung für Biegeleien zur Sprache kommen, höchst lückenhaft und theilInstitut nichts Butreffendes und Erschöpfendes zur Auf- 1891, das mitgetheilt wird. Die Zahl der erwachsenen weise viel zu lakonisch und flüchtig. Eine charakteristische flärung der sächsischen Arbeiterzustände zu erwarten, als männlichen Arbeiter stieg auf 222 716( gegen 191 434 im Angabe macht der Inspektor für Plauen aus dortigen teine andere Auswahl in den Personen stattfindet und die Jahre 1888, wo die erfte brauchbare Bählung vorgenommen Gardinenfabriken über die Arbeitszeit. Da wurde u. A. Dampfteffelrevision, welche die Beamten auch das letzte wurde), diejenige der weiblichen erwachsenen Arbeiter auf an 42 Tagen des Berichtsjahres bis 9 Uhr, an 22 bis Berichtsjahr wieder mit nicht weniger als 10 254 technischen 107 756( gegen 92 134 in 1888), die der jugendlichen Arbeiter 10 Uhr, an 38 bis 11 Uhr, an 8 Tagen bis 12 Uhr Nachts Amtshandlungen belastete, nicht gänzlich von der Fabrit von 27 052 auf 30 401 Röpfe, und die Zahl der kindlichen gearbeitet, und an 2 Tagen sogar durch bis 6 Uhr früh des inspektion getrennt ist. Das jeßige System zieht nämlich Arbeiter fiel von 11 009 auf 10 668. Doch ist die letztere anderen Tages!! Einzelne Streiflichter, die sichtlich immer geradezu arbeiterfeindliche oder wenigstens sozialpolitisch Abnahme feine allgemeine, sondern offenbar nur durch die nur ein kleines Stückchen der vorhandenen Misere beleuchten, gänzlich verständnißlose Beamte förmlich groß. Auch der schlechte Geschäftslage einiger Industrien bedingt, da die fallen dann noch aus den Berichten auf den schlechten Bu Zwickauer Beamte redet im vorliegenden Berichtsbande Summe der findlichen Arbeiter z. B. in der Maschinenindustrie stand vieler Arbeitsräume und auf die maßlose Lehrlings, den Glashütten- Fabrikanten bezw. den einsichtslosen Eltern von 250 auf 330, in der Industrie der Heiz- und Leucht- züchterei, deren sich manche Unternehmer befleißigen. der von diesen Unternehmern beschäftigten jugendlichen Ar- stoffe von 18 auf 23, bei der Metallverarbeitung von 475 Die spärlichen Lohnangaben der Beamten find für allbeiter fritiklos den Satz nach, daß eine Beschränkung der auf 554, in der Papier - und Lederindustrie von 571 auf gemeine Schlüffe nicht zu verwerthen; sie zeigen nur, Verwendung jugendlicher Arbeiter in Glashütten auch 620, bei der Industrie der Holz und Schnitzstoffe von 524 wie tief der Verdienst sächsischer Industrieproletarier sinten für die Arbeiter nachtheilige Folgen haben würde". Der auf 716, bei der Bekleidung und Reinigung von 596 auf tann. Und je weniger die Inspettoren Bestimmtes und ErInspektor für Plauen beklagt vollends den durch die 838 Köpfe stieg. Es ist deshalb geradezu lächerlich, wenn schöpfendes mit theilen können, desto ausführlicher verbreiten abgeänderte Gewerbe- Ordnung bedingten Wegfall der die als Anhang beigegebene amtliche Statistik damit prunkt, fie fich über die zunehmende Verrohung" u. s. w. Sie Beschäftigung von schulpfichtigen Kindern in daß 1891 nur 26 Uebertretungen der Vorschriften über die haben ja das volle Recht dazu, nachdem sie mit den UnterFabriken" mit einem so rührseligen Redeschwall, wie beständige Arbeitszeit der Kinder, und nur 83 folche bez. nehmern um die Wette über die Beschränkung der Frauenihn der raffinirtefte Handelskammer Sekretär nicht besser der jugendlichen Arbeiter ermittelt" worden seien. Hier und Kinderarbeit jammern! Angesichts dieser Zustände ist es mit Freude zu be liefern tönnte, und zum Kapitel der Beschränkung der Frauen- gilt offenbar daffelbe wie bei den Unfallanzeigen, die den arbeit leistet sich dieser Beamte sogar folgende Säße: Beamten noch nicht von der Hälfte der wirklich vor grüßen, daß gerade sächsische Genossen, unserer Anregung im Kenntniß geben. Wo allein Leitartikel vom 23. März b. J. folgend, im Vogtlande den Daß die in dem erwähnten Gesetze( der neuen Gewerbe gekommenen Unfälle Ordnung) vorgesehenen Beschränkungen betreffs der Arbeitszeit 24 Fälle ermittelt wurden, in denen sogar Kinder Anfang mit der Einsetzung von Vertrauensmännern gemacht der Arbeiterinnen nicht durchgängig den Ansichten und Wün- unter 12 Jahren beschäftigt waren, und zwar unter haben, welche Nachrichten über die den Arbeitern bekannt in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen annehmen zu können. so schändlichen Verhältnissen, wie zum Beispiel bei dem werdenden Verstöße und Ungehörigkeiten der Fabrikanten Im Allgemeinen sind die Arbeiterinnen, namentlich die un- aus einer Leipziger ( S. 80) Druckerei mitgetheilten Falle, sammeln und mit den nöthigen Belegen an die Inspektoren verheiratheten, in den Fabriken zu einer längeren da find jene" Ermittelungen" wenig glaubhaft. An Ver- weitergeben. Es hat noch viel zu geschehen, ehe auch die Arbeitszeit oder zu Ueberstunden eher bereit stößen gegen die Vorschriften über jugendliche und kindliche fächsische Fabritinspektion nur ihren Namen verdient. als die männlichen Arbeiter, und manche derselben Arbeiter überhaupt wurden ja auch nicht weniger als 1118 haben die löbliche Absicht, in ihren jungen Jahren für festgestellt. Was das Maß der unerlaubten Ausnutzung das Alter oder auch für die Verheirathung zu sparen." betrifft, so berichtet der Plauener Beamte von einer Da lebt und leibt die„ Spar Agnes" bereits in den größeren Zahl jugendlicher Arbeiter", die in einer Spinnerei Sächsischen Inspektorenberichten, und es mag nachträglich mehrere Wochen täglich 12( statt höchstens 10) und in noch zu richtiger Beleuchtung dieses Eugen Richter 'schen einer auch noch länger beschäftigt waren"; der Arbeitertypus beitragen, daß sein amtlicher sächsischer Schutz- Inspektor für Baußen von der Beschäftigung eines patron für die längere Arbeitszeit" und" Ueberstunden " noch nicht 16 Jahre alten Mädchens mit gegen das Bestreben der männlichen Arbeiter auf Ver- Schleiferarbeitern in einer Glashütte "; der Be fürzung des Arbeitstages Partei ergreift. Auf der nächsten amte für Zwickau fand jugendliche Arbeiter Nachts in Aber das sind eben offenbar nur Fälle, Seite erinnert fich zwar der Inspektor von Plauen dunkel der Fabrik. den Beamten mehr oder weniger zufällig daran, daß die Kindererziehung doch eigentlich die Frau im die
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Feuilleton.
Nachbrud verboten.]
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Am Webstuhl der Zeit. Beitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster .
Und nennen sich doch noch Philosoph?" " Ja, aber einen praktischen, während man die Leute von Fach theoretische nennt. Unsereins wirft nach einiger Beit den ganzen theoretischen Krempel in die Rumpelkammer, betrachtet die ganze Zeit solchen Studirens und Philosophirens wie eine Beit geistiger Krankheit, aus welcher die Fach philosophen niemals herauskommen, und wirft sich auf Lebensphilosophie."
Da ist wohl viel Zeit verschwendet?" " Nicht so ganz; man gewöhnt sich wenigstens an ein ruhiges, leidenschaftsloses Denken, an eine gewisse Festigkeit und Klarheit der Begriffe, und das hat unter Umständen doch auch sein Gutes."
Und jetzt sind Sie also praktischer Philosoph?" Ich bemühe mich wenigstens, es zu sein." " Bringt denn das was ein?"
" An und für sich wohl nicht, aber es hilft wenigstens mit dabei, und jedenfalls bewahrt es Einen vor Manchem, was man sonst nicht vermeiden würde."
Und womit verdienen Sie denn dann Ihr Brot?" " Das haben Andere für mich schon längst verdient." " Sie treiben also gar nichts?"
"
" Ich muß Ihnen offen gestehen, daß ich lange Zeit nichts besonders Bemerkenswerthes geschafft habe, aber neuerdings bin ich fleißig und suche anderen Menschen zu helfen in der Weise und auf dem Wege, wie Ihr Herr Bruder es auch thut."
Das ist recht hübsch von Ihnen, das gefällt mir. Und das bringt Ihnen wohl auch etwas ein?
Bis jetzt noch nicht, und späterhin wahrscheinlich auch nicht, denn wenn ich nicht irre, werde ich wohl vorläufig an die 30 000 Thaler jährlich dabei zusetzen."
30 000 Thaler! Das ist ja ein ganzes Vermögen, da müssen Sie doch in kurzer Zeit ruinirt sein? Das sollten Sie nun doch nicht thun, dus ist zu viel Aufopferung; Sie müssen doch an Ihr Alter denken. Auf die Weise aber kommen Sie an den Bettelstab."
Politische Lebersicht.
Jm Abgeordnetenhause wurde das Gesetz betr. das Diensteinkommen der Lehrer bis§ 2( letzterer entgegen dem Kommissionsbeschluß,§1 in der Kommissionsfassung) angenommen.
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So müssen Sie furchtbar reich sein."
,, D, es giebt Leute, die noch viel reicher sind."
,, Aber sehr reich müssen Sie sein, ein Millionär!"
"
Gerade getroffen, und auch nicht viel mehr. Was ist
eine Million!"
Man sieht es Ihnen gar nicht an, Sie sind so
einfach."
Weil ich Philosoph bin."
" Da ist die Philosophie doch zu etwas gut?" " Wenn fie in Fleisch und Blut übergeht, oder, wie man sagt, praktisch wird."
"
Sie sahen mir aus, wie ein leidlich gut fituirter Gelehrter."
" Das bin ich auch."
Gehen, Sie, Sie spotten meiner."
"
Ach, Fräulein, das scheint Ihnen nur so; ich selber" Ich dächte, wir gingen nun," rief Frank, das Gespräch brauchte früher nur 3-4000 Thaler jährlich, und jetzt will unterbrechend; die Illumination des Gartens hat be ich mich einrichten, daß ich nur 1000-1200 Thaler brauche. gonnen. Schade, daß ich nicht früher in der Lage war, Wenn ich nun auch jährlich 30 000 Thaler für einen die Gesellschaft zu benachrichtigen, daß wir Maskerade guten Zweck opfere, so bleiben mir von meinen haben." " Ich habe daran gedacht," erklärte der Philosoph, und Binsen noch immer mehr als 20 000 Thaler übrig, mit etwas anzufangen eine ganze Anzahl von Fledermaus Kostümen mitbringen denen ich vorläufig nicht einmal weiß, und tröste mich deshalb mit dem System laffen, sammt den Flormasken, mit denen wir uns untenntmeines Freundes Frank, der das Kapital zinsemunfähig lich machen. Heda! bringt einmal die Anzüge her; ein machen wird, wo ich dann doch genöthigt sein werde, ordentlicher Fledermauszug muß das werden, erinnert mich das Kapital anzugreifen; und auch dann noch werde ich bis gleich an Raffmaus." zu meinem Lebensende genug haben." Merkwürdig," rief Frank, diese Sympathie der Seelen; Wenn Sie hierin wirklich keinen Spaß treiben...." auch ich habe für mich die Fledermaus gewählt. Nun, " Fräulein, Sie werden doch kein neues Mißtrauen in frisch aus Wert, die Kostüme angezogen, dann nehme jeder mich sehen wollen, nachdem Sie mich so oft gekränkt Fledermäuserich seine Fledermäusin an den Arm und so haben?" frisch durch's Gedränge.
,, Nein, das will ich nicht; ich habe kein Recht dazu." „ Nun also?"
Unsere Dienstmänner werden uns Bahn brechen und uns zur Seite stehen," fügte der Philosovh hinzu und reichte