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Nr. 224.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zelegramm Aoreffe: ,, Socialdemokrat Berlin".

Centralorgan der Socialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Die östreichisch- ungarische Kriſe.

-st.- Wien  , 23. September. Am 28. Juni ist Graf Khuen- Hedervary   zum Ministerpräsidenten von Ungarn   ernannt worden. Er hat seine Aufgabe bekanntlich so glänzend gelöst, daß sich der Verzicht auf die Erhöhung des Rekrutenkontingents, gegen die sich die Obstruktion ursprünglich gekehrt hatte, als ganz wirkungslos erwies, die Zurückziehung der Mehrforderungen nicht ausreichte, die Obstruktion verschwinden zu machen. Die Amts­führung des Grafen Khuen ist eine Kette von Blamagen und Stan­dalen, unter denen der vom Ministerpräsidenten inspirierte und gebilligte Bestechungsfeldzug wohl der ungarischte" ist. Am 9. August hat Graf Khuen demissioniert. Und heute ist er neuerlich zum Ministerpräsidenten ernannt, mit der Bildung eines neuen Kabinetts betraut worden! Der Ausweg, zu dem sich die Krone in ihrer Verlegenheit entschlossen hat, ist um so lächerlicher, als Graf Khuen bei feinem Sturze nur die Gegnerschaft der Opposition vor sich hatte, nun aber auch das Vertrauen der Majorität eingebüßt hat und mit ihrer immer offenkundiger auftretenden Abneigung zu kämpfen hat. Es schaut zwar von außen so aus, als ob die Bestellung Khuens ein Ausdruck von Mut wäre, in Wahrheit entspringt sie trübster Ratlosigkeit. Die Hofburg findet nämlich in Ungarn   keinen Minister mehr; was ein echter Magyare ist, giebt sich zum Exekutor der Wünsche der Militär­partei nicht her.

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Freitag, den 25. September 1903.

nicht tonstitutionell regieren könne. Der König sei oberster Kriegs­herr nur auf Grund des Gesetzes. Er habe die Verfassung be­schworen.( Abg. Barabas ruft: Falscher Eid! Rufe rechts: Bur Ordnung! Der Präsident ruft Barabas zur Ordnung.) Kossuth bespricht die Erklärungen des Ministerpräsidenten Dr. von Koerber über den Einfluß Oestreichs auf die gemeinsame Armee. Aus den König in ungarischen Angelegenheiten östreichische Minister zu Rate gestrigen Erklärungen Koerbers gehe hervor, daß der ungarische ziehe. Redner beantragt schließlich eine Adresse an den König, in der die Beschwerden des Landes dargelegt werden. In dem Adreß­entwurf wird unter anderm gesagt, der Ausdruck meine Armee" sei unrichtig und unzulässig. Dieser Ausdruck stamme aus der Zeit, wo die Fürsten   das Heer aus eignen Mitteln erhielten. In der Beit der Volksheere sei dieser Ausdruck nicht mehr der Sachlage entsprechend, da das Heer der Nation gehöre. Auch sei es nicht Armeebefehl geschehen sei. Die Adresse erklärt ferner, es bestehe ein zulässig, die Nation als Volksstamm zu bezeichnen, wie dies im Widerspruch zwischen dem Handschreiben und den Erklärungen des östreichischen Ministerpräsidenten. Der Schlußpassus der Adresse lautet: Wenn wir das Wohlergehen unsres Staates nur um den Preis der Aufopferung unfrer Rechte und unfrer Sprache erlangen fönnen, so rufen wir: niemals! niemals! niemals!" Die Vers lefung der Adresse wird von der äußersten Linken mit stürmischem Beifall aufgenommen. Hierauf wird die Sigung unterbrochen. Nach einer Pause ergreift Ministerpräsident Graf Khuen= der äußersten Linken ertönt der Ruf:" Bestecher!" Der Präsident Hedervary   unter großer Unruhe des Hauses das Wort. Von ermahnt den Abgeordneten Lengyel zur Ruhe. Nachdem der Lärm ungefähr zehn Minuten gedauert, tritt der Abgeordnete Rigo auf den Ministerpräsidenten zu und sagt ihm, jedoch nur so, daß der Ministerpräsident und die Umstehenden es hören konnten:" Ver­suchen Sie nicht zu sprechen und fordern Sie uns nicht heraus!" Die Abgeordneten strömen nach der Mitte des Saales zu, und es entsteht ungeheurer Lärm. Der Ministerpräsident seßt sich und die wieder eröffnet; der Präsident sagt:" Der Ministerpräsident hat Sigung wird suspendiert. Nach fünf Minuten wird die Situng mir mitgeteilt, der Abgeordnete Franz Rigo habe ihm gesagt: Geben Sie hinaus; fordern Sie das Haus nicht heraus!" Da der Ministerpräsident dies als Verlegung der Immunität ansieht, verweise ich den Fall an den Immunitäts- Ausschuß."

und Toben dauert fort.

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Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

legend für ehrliebende Akademiker" und Intellektuelle", daß dem Zuzug zu der Socialdemokratie gründlich Einhalt ges than ist. Innerhalb der Partei aber herrscht nach wie vor so viel Streit, die Erregung der einzelnen Gruppen und Personen gegen einander kommt in ihren Blättern und Versammlungen so leiden. schaftlich zum Ausdruck, daß Herr Bebel und seine Freunde, die sich einbildeten, gefiegt zu haben, die Empfindung haben müssen, nicht der Friede sei hergestellt, sondern neuer Stampf auf der ganzen Linie entbrannt. Die Revisionisten  " haben in Dresden   den Rückzug angetreten, aber nicht um die Waffen niederzulegen, sondern um sie zu schärfen und mit verstärkter Kraft zu führen. Ja, in einzelnen Versammlungen, wie in Freiburg   i. Br., ist sogar öffentlich erklärt worden, daß der Revisionismus gefiegt habe. Rückhaltlos und rücksichtslos wird vielfach an den Be schlüssen des Parteitages Kritik geübt; es wird von Socialdemokraten selbst als Torheit bezeichnet, auf den Zusammenbruch der kapitalistis schen Gesellschaft" zu spekulieren, der Arbeiterschaft durch Theorien und Resolutionen vorzuschreiben, was sie denken und thun soll, lächerliche Dogmen über die Eroberung der politischen Macht aufs zustellen. Und was alles Herrn Bebel gegenwärtig über sein Auftreten gesagt wird, von Lenten, die ihm bisher Weihrauch spendeten, wird Zweifel in ihm erwecken dürfen, ob er sein Ziel erreicht hat. Und in dieser Lage kommen die Scharfmacher mit ihrer alten Litanei, die Gesetzgebung müsse gegen die Socialdemo fratie einschreiten. Sofort müßte nicht nur der Streit innerhalb der Socialdemokratie schweigen, sondern auch der Unwville der liberalen Kreise, der sich jetzt gegen die Partei richtet, auf die Regierung abgelenkt werden. Wir hoffen, daß die Regierung diefen Gefallen weder den Scharfmachern noch der Socialdemokratie thun wird. Man muß, wie die Dinge jetzt liegen, die Socialdemokratie nur sich selbst überlassen und sie nicht durch einen Mißgriff zusammens schweißen; dann wird sie der Selbstzersetzung unvermeidlich verfallen, einer wird immer den andern abzuthun fich bemühen, und gegen eine neue Verstärkung der Partei aus dem Bürgertum wird sie in der wirksamsten Weise Sorge tragen. Mit dem Dresdener   Partei­tag hat eine neue Epoche in der Geschichte der Socialdemokratie begonnen. Es ist Sache der Gesetzgebung und Regierung, das Bürgertum nicht um die Früchte dieses Parteitages zu bringen.

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Der Eindruck ist übrigens nicht abzuweisen, daß man in Wien  schon beinahe auf der Flucht ist. Die Betrauung des neuen" Mannes wird nämlich mit einem Handschreiben des Kaisers einbegleitet, das aber schon ganz anders klingt als der schneidige Armeebefehl von Chloph. Der säbelrasselnde Ton hat einer weinerlichen Sentimentalität Platz gemacht, und wenn auch das Manifest Nummer 2 noch dabei bleibt, daß die Krone entschlossen" ist, die ihr zustehenden Rechte ungeschmälert aufrecht zu erhalten", so ver­schließt" es sich doch nicht der Verpflichtung, die von den Regierungen Je mehr die Socialdemokratie das liberale Hoffen enttäuscht, Szell   und Khuen in Aussicht gestellten nationalen Konzessionen zu Nach der Erklärung des Kammerpräsidenten, daß er die Be- um so inbrünstiger ergiebt sich ihm der Liberalismus, und die heiße betvilligen. Das heißt nun nichts andres, als daß sich die Hofburg handlung des Zwischenfalles der Untersuchungskommission über Brunst des Hoffens wirkt heillos verwirrend auf das liberale bie Majestätsrechte" vorbehält, ihre Ausübung aber den Wünschen weisen werde, ergreift der Ministerpräsident das Wort, ist Brunst des Hoffens wirkt heillos verwirrend auf das liberale der Ungarn   anpassen wird. Und diese Konzessionen sind gar nicht feiner Rede kommt Graf Khuen zu der Stelle, in welcher er kraft und dann soll doch der Revisionismus", dessen Behandlung die jedoch in dem ungeheuren Tumult taum verständlich. Im Laufe Dentorgan. Die Intellektuellen" sollen abgeschreckt worden sein flein. Schon in dem Handschreiben ist von" Punkten" die Rede, die einer Ermächtigung des Königs den Armeebefehl erläutert. Ab- Abschreckung herbeigeführt haben soll, stärker denn je das Haupt er­der Kaiser jetzt bezeichnet habe und die in Gemeinschaft mit den von geordneter Barabas ruft dazwischen:" Wir glauben dem Könige heben und die Zersetzung der Partei werde schneller denn je vor sich den früheren Regierungen versprochenen Konzessionen den Rahmen nicht!" Es entsteht ein ungeheurer Lärm. Die Regierungspartei, gehen! Vortreffliche Logit! bilden sollen, in welchem die Krone die Einwirkung des ungarischen die fich bisher ziemlich ruhig verhalten hat, springt wie ein Mann Die Socialdemokratie selbst ist im Begriff, ihren eignen Bartet Nationalstaates auf die schwarzgelbe Armee für zulässig erachtet. von den Bänken auf, alle schreien: Schurke! Verräter!" Schurke! Berräter!" Lärm tag zu fritisieren, sie übt Selbstkritik und beteist, daß sie selbst, Als diese neueste Konzession bezeichnete Khuen in der heutigen eine Entschuldigung vorbringen. Rufe rechts: Es giebt feine obald in ihren Reihen Mißgriffe vorkommen, zu beſſern versteht: Der Präsident erklärt, Barabas wolle Sigung der liberalen Partei die Magharisierung der Militärbildungs- Entschuldigung!" Die Bolfspartei wendet sich mit entrüsteten Bu- das ist eine Leiſtung, zu der keine einzige bürgerliche Partei anstalten; es soll in den in Ungarn   befindlichen Anstalten die rufen gegen die Kossuth  - Partei; der Lärm und Tumult spotten irgendwie fähig ist, und gerade die Vorgänge auf und nach unfrem ungarische Sprache als Vortragssprache bestimmt und die Anstalten jeder Beschreibung. Inmitten des Lärms ruft eine Stimme: Es Parteitag werden zahllosen und noch ferner Stehenden die sollen zur Stärkung des ungarischen Elements" mit neuen Stipendien lebe der König!" Stürmische, minutenlange Rufe rechts: Es lebe innere Kraft und die unbeirrbare Ehrlichkeit unfres Wollens ausgestattet werden. Kurz: den Ungarn   wird alles bewilligt mit der König!" Von der linken Seite hört man den Ruf:" Es lebe überwältigend offenbar machen. Aber die Ausführungen der Voss. Ausnahme der ungarischen Kommandoſprache die im Augenblick die Verfassung!" Nachdem die Ruhe wieder hergestellt ist, setzt der Zeitung" beweisen in allen ihren Einzelheiten wiederum nur die gar nicht einführbar wäre, weil es an ungarischen Offizieren fehlt. Ministerpräsident seine Rede fort und schließt mit dem Antrage, unübertreffliche Verständnislosigkeit der liberalen Leute gegenüber Trotzdem ist es noch immer sehr fraglich, ob die Dinge im das Haus möge sich bis zur Konftituierung der Regierung ber den Vorgängen in der Socialdemokratie. Reichsrat ins Geleise kommen werden, zumal da die Opposition die tagen.( Beifall rechts.) Zurufe von der äußersten Linken: " Chlopy!" Barabas erhebt sich, um eine Entschuldigung vor- Es kann sich nicht irgend ein Akademiker oder Intellektueller nochmalige Ernennung des Khuen wie einen Faustschlag empfinden zubringen. Er beginnt seine Rede jedoch damit, daß er sagt: Es von der Socialdemokratie abgestoßen fühlen durch die Vorgänge in wird. Darüber wird die morgige außerordentliche Sigung des giebt niemand, auch in der Regierungspartei nicht, deffen Herz nicht Dresden  , sofern er ernsthaft Verständnis für unsre Partei und ihre ungarischen Abgeordnetenhauses wohl Aufschluß geben. Gar nicht von Bitterkeit erfüllt ist." Stürmischer Widerspruch rechts. Auf Ideale sucht. Denn kein einziger Redner hat auf dem Parteitage fraglich ist es aber, daß die Schwarzgelben in Destreich durch keinen Burufe einiger Mitglieder der Kossuth- Partei sett sich hierauf über die akademisch Gebildeten gesprochen, ohne seine Hoch­noch so beißenden Kommentar zu ernüchtern sind und bei ihrem Barabas, ohne eine Wort zu seiner Entschuldigung zu sagen. Der schäßung Entzücken über die klingenden Worte des Armeebefehls verbleiben. Präsident beantragt, über Barabas eine protokollarische Rüge zu diejenigen Der Reichsrat ist heute zusammengekommen und die Regierung hat verhängen, was angenommen wird. ihm eine neue Refrutenvorlage beschert. Obwohl nun die Er höhung bon 108 100 auf 125 000 Mann in Ungarn   feierlich zurückgezogen wurde und dem ungarischen Parlament überhaupt nur eine Vorlage auf Bewilligung des alten, niedrigen Kontingents unterbreitet ist, beharrt die Regierung Koerber darauf, daß in Destreich auch weiterhin das erhöhte Kontingent bewilligt bleibe- mit der einzigen Beschränkung, daß das Plus nur einberufen werden darf, wenn es auch in Ungarn   bewilligt sein wird. Die Sachlage steht also derart, daß die östreichische Gesetzgebung für Destreich 71 000 Soldaten bewilligt, die ungarische die Bewilligung- für Destreich! auf 59 000 reduciert. Die Regierung steift sich auf Die Liberalen Klammern sich krampfhaft an jede noch fo diese eigentlich nur theoretische Bewilligung aus purer Iniffiger Schlauheit, an der das Regime Stoerber nicht arm ist: um die Er- phantastische Hoffnung und, da sie auf sich selbst nicht mehr höhung zu einer entschiedenen Sache zu machen. Bis hoffen können, so hoffen sie auf die Socialdemokratie. Sonnabend wird es entschieden sein, ob die higigen Patrioten auch Hoffen ist nicht von heute und gestern, aber trotz aller Enttäuschungen zu dieser Stiefelleckerei zu haben sein werden. bleibt es bei zähem Leben. Etwas muß der Liberale haben, um seine Zukunftsschlösser zu bauen. Die, Vossische Zeitung findet in einer weiteren Betrachtung über unsren Dresdener   Partei­tag einen Riesenstrauß liberaler Hoffnungsseligkeiten:

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Ungarisches Abgeordnetenhaus.

Als der Ministerpräsident Graf Khuen Hederbary den Sizungssaal betritt, erhebt sich in den Reihen der Unabhängikeits­partei der Ruf: Es lebe die Verfassung!" Der Abgeordnete Oláh meldet die Inkompatibilität des Ministerpräsidenten an und begründet die Inkompatibilität damit, daß Graf Khuen an dem Bestechungsversuch des Grafen Szapary mitschuldig sei. Während der Verlesung und Begründung des Antrages ertönen aus den Reihen des äußersten linken Flügels die Rufe: Schmach! Schande! Man muß ihn( den Grafen Khuen) hinauswerfen! Hierauf er­greift Kossuth   das Wort und führt aus, es sei die Aufgabe und die Pflicht des Abgeordnetenhauses, zu verhindern, daß die ver­fassungsmäßigen Rechte der Nation verkümmert und die Grenzen der Kronrechte weiter gezogen werden, oder wenn es dies nicht ver­hindern könne, müsse der Reichsrat dagegen protestieren. Durch das tönigliche Handschreiben sei die Scharte nicht ausgeweßt. Das Handschreiben habe im Gegenteil die Wunde vertieft, die mit dem Armeebefehl der Nation geschlagen sei.( Beifall auf der äußersten Linken.) Der König sei von ungetreuen Ratgebern umgeben, die bergessen hätten, daß man mit Pronunciamentos an die Armee

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zurechtweisung gelärmt hat, wird von dem Präsidenten an einen Ausschuß verwiesen, der über die Ausschreitung Lengyels aburteilen wird. Sodann vertagt sich das Haus, bis das neuzubildende Stabinett sich vorstellen wird.

Der Fall des Abgeordneten Lenghel, der trotz wiederholter

Politische   Ueberficht.

Berlin  , den 24. September. Liberale Illusion.

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bor der Wissenschaft auszusprechen und ohne Jünger der Wissenschaft freudig zu betvill fommmen, die bereit find, mit ganzer Ueberzeugung sich in den Dienst der Arbeiterklaſſe zu stellen. Nur diejenigen wurden zurückgewiesen, die etwa vermeinen könnten, in der Partei und in der Arbeiterschaft streberische Neigungen und persönliche Eitelkeiten befriedigen zu können.

Ebenso unsinnig ist der umgekehrte Unsinn der Voss. 8tg.", daß der Revisionismus" jetzt erst recht start sein Haupt erhebe, wofür die Kritik, die an Bebel geübt werde, einen Beweis liefern soll. Diese Kritik, sofern sie an Bebel wie an andern Parteiführern in unsren Reihen geübt wird, hat aber nichts gemein mit" Revisionis­mus", und die in Dresden   fast einstimmig beschlossene Resolution Bebel Singer Kautsky beweist, daß unsre Partei einig ist in der Abweisung von revisionistischen Abschwächungsbestrebungen, wie sie in der Resolution näher gekennzeichnet sind.

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Blattes, daß die Regierung nicht durch scharfmacherische Maß­Es ist darum auch eine überflüssige Warnung des liberalen nahmen uns bor der bewahren möge. Selbstzersetzung bewahren felben Grundsägen unsres Kampfes gegen die bürgerliche Gesellschaft Wollte eine Regierung, weil wir uns in Dresden   zu den­wiederum experimentieren, so werden wir damit fertig werden. bekannt haben, die uns bisher stets leiteten, mit Ausnahmegesezen aber um bor Selbstzersetzung" gesichert zu sein, bedürfen wir deren wahrlich nicht, und wir sehnen uns nicht danach. Die Zukunft unsrer Partei beruht nicht auf dem Verhalten unsrer Gegner; diese mögen die Socialdemokratie durch Gewaltthätigkeiten niederwerfen oder durch Konzessionen erweichen wollen, die Socialdemokratie hat ihren un­erschütterlichen Halt in der unverwirrbaren Klarheit ihrer Grundsäge sowie in der wirtschaftlichen und moralischen Notwendigkeit, die das Proletariat zur Verwirklichung seiner Ideale begeistert.

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Die Verhandlungen haben auf jene Streise, die sich bisher darin gefielen, die Socialdemokratie zu unterstützen, ohne die socialistischen Anschauungen dieser Partei zu teilen, abschredend gewirkt, sowohl durch den Inhalt der Beschlüsse wie durch die Form der Auseinandersetzungen. Wäre der Parteitag in der selben Weise vor den Reichstagswahlen abgehalten worden, hunderttausende Stimmen wären der Socialdemokratie vor enthalten worden. Indessen ist die Debatte wenigstens recht zeitig genug erfolgt, um auf die preußischen Landtagswahlen Einfluß zu üben. Es darf als unzweifelhaft gelten, daß recht viele Wähler, die vor dem Parteitag geneigt waren, mit der Socialdemokratie gemeinsame Sache zu machen und für sie zu So kann es nur erheitern, wenn das liberale Blatt vom stimmen, jezt für unmöglich halten, für Socialdemokraten als Dresdener Parteitag eine neue Epoche in der Geschichte der Social­Wahlmänner oder gar als Abgeordnete einzutreten. Die Be- demokratie datiert. Im Verständnis des Liberalismus für die Er­schlüsse des Parteitages und die fanatischen, diktatorischen scheinungen der socialdemokratischen Welt giebt es freilich neue Reden hervorragender Führer verstoßen so sehr gegen die Frei- Epochen überhaupt nicht; man bleibt so thöricht, wie man stets heit, predigen so brutal die Schürung des Klassenkampfes, die gewesen. Ausführungen der maßgebenden Parteileiter waren so ver­