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weil er merkte, daß ein Trupp von Leuten, darunter ein Mann| zuschrecken oder durch Lächerlichmachung zu vernichten. Insofern Tag| ,, der Gedanke der Freiheit und Civilisation eine Stätte hat". Es mit einer Laterne, nach ihm suchte. So der Hergang der Sache. also kein Grund vor, den schriftstellernden Offizier zu verhaften. mag ja richtig sein, daß die Times" bei einem Besuch des Zaren Seipt hatte unter den vielen Angreifern zwei derselben bestimmt aber auch das Verwerten porträtähnlicher Züge ist in England eine andre Sprache führen würden, aber romanische erkannt, den Bäckermeister Grübler und den Gutsbesitzer Maul, das gute Recht des Dichters! beide aus Niederschöna, und sie zur Anzeige gebracht. Es sind circa Satiriker als Offizier nicht dulden will gut, mag sie ihn ent- Diplomatic nicht. Heuchelei ist nicht eine ihrer Tugenden. Wenn die Armeeverwaltung einen Völker und Socialdemokraten im allgemeinen verstehen derartige 10 Zeugen geladen. Die Anklage lautet auf gemeinschaftliche ge= fährliche Körperverlegung in bewußtem und gewolltem Zusammen- lassen. Den Mann aber gleich zu verhaften, verrät eine fonder­bare Nervosität.

wirken. Die beiden Angeklagten leugneten den Thatbestand. Der Buchhalter Seipt dagegen befundet: Man habe ihm schon nach dem Konzert in der Gaststube zugerufen: Du bist der Schweine­hund! Laß Dich nicht erwischen!" Maul habe ihn an den Beinen vom Podium heruntergezerrt und wiederholt mit der Faust in den Rücken gestoßen, daß er verschiedene Male hingestürzt sei. Er habe den Pfarrer Schoppe, zu dessen Füßen er vor der Saalthür hin­gestürzt sei, vergeblich gebeten, ihn in Schutz zu nehmen. Er sei dann die Treppe hinuntergestoßen worden. Auf der Straße habe man ihn umringt, gestoßen und geschlagen und ihm zugerufen, er solle gestehen, wer das Flugblatt verfaßt habe. Erst auf das Bitten der Frauen, die die Männer beschworen, doch von ihm abzulassen, man schlage ihn noch tot! habe man ihm erlaubt, seine Sachen zu holen. Er habe eine ganze Reihe von Verlegungen an Armen und Beinen erlitten und habe zwölf Tage nicht seiner Beschäftigung nach gehen können, leide auch seit jenem Vorfall an hochgradiger Nervosität und Schlaflosigkeit. Reihe Hautabschürfungen und blutunterlaufene Stellen am ganzen Ein ärztliches Zeugnis von Dr. Hester konstatiert eine ganze Von den Zeugen bestätigt der Pfarrer Schoppe, daß sich der Gemißhandelte an ihn hilfesuchend gewandt habe. Der Mann Gottes erklärte aber, er habe keine Veranlassung als Geistlicher des Ortes gehabt, sich in die entstandenen Händel einzumischen.

Körper.

Cigarrenhändler Heyne Freiberg ist einige Tage nach dem Vorfall in Niederschöna beim Angeklagten Maul gewesen. Als er in die Stube eingetreten, habe ihm Maul zugerufen:" Die Freiberger kriegen doch alle Haue!" Auf seine Frage, wer denn Prügel be­kommen hätte, erhielt er von Maul zur Antwort: Wir haben den Freiberger tüchtig durchgewichst, den schönen Seipt. Das ist der gottverdammte Hund gewesen, der das Flugblatt geschrieben hat. Ich hab'n schönen Denkzettel angesetzt, da kann er zufrieden sein! Meine Fauft wird der noch lange fühlen, der Monsieur!" Und der ebenfalls anwesende Bäckermeister Grübler habe gesagt:" An mich mag er ooch gedenken, wenn er wieder nach Schöna   kommt!"

Die Frau des Gemißhandelten sagt aus, daß Seipt starke Schmerzen gehabt habe und noch heute über das eine Knie klage. Auch sei er ſeit jener Zeit außerordentlich nervös und furchtbar aufgeregt über alles. Nachts stehe er oft auf und sie müsse ihn zur Ruhe bringen.

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Der Staatsanwalt befand sich in äußerst milder Stimmung, und das Gericht verurteilte wegen des gemeinsamen, organisierten Massenüberfalls auf einen einzelnen schwächlichen Menschen zu Strafen von- 40 und 20 Mark. In dieser Zeit furchtbarer Urteile wirkt diese Richtermilde wie ein freundliches Idyll. Nichts von sittlicher Entrüstung über die Feigheit des Angriffs, nichts von brutalem Terrorismus, der die Folge wüster Verhebung sei- es bleibt eine gelinde Rauferei, wie sie alle Tage vorkommt. In einer Stunde Bahnfahrt aber erreicht man jenes Löbtau  , in dem fächsische Richter mehr als ein halbes Jahrhundert Zuchthaus und Gefängnis über unglückliche Arbeiter verhängten, die in begreiflicher Aufwallung einen verhaßten Bauunternehmer sicher nicht schlimmer verletzten, als Dr. Dertels prügelfrohe Anhänger einen politischen Gegner. Und furze Zeit ist erst verflossen, seitdem in Oberschlesien   fast unschädliche Wahlausschreitungen provozierter Massen mit entsetzlichsten Strafen geahndet wurden.

Weiterhin aber zeigt der Fall, wo die Partei- Verrohung zu finden ist, natürlich im Lager der Elemente, die alle Kultur hassen und hemmen.

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Berhaftung von Russen. In der Vossischen Zeitung" lesen wir: Am letzten Mittwoch wurden in Charlottenburg  , wie man uns mitteilt, zwei Russen verhaftet. Der eine heißt Popoff; er hält sich in Berlin   bereits seit einem Jahre auf. Der Name des andren, der in der Wohnung des Popoff ebenfalls verhaftet wurde, ist vorläufig unbekannt. Der Verhaftung ging eine Haussuchung voraus, die von zwei Kriminalbeamten und einem russisch sprechenden Dolmetsch vorgenommen wurde. Auf die Anfragen der Freunde der Ver­hafteten im Polizeipräsidium wurde erklärt, daß die beiden ver­hafteten Russen des Anarchismus verdächtig seien. Sie feien photographiert worden, um festzustellen, ob sie sich nicht in Rußland   irgend welcher anarchistischen Umtriebe schuldig gemacht haben. Falls dieser Verdacht sich bestätigen sollte, würden beide Verhaftete nach Rußland   ausgewiesen werden.

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Gescheiter wäre es auf alle Fälle gewesen, die öffentliche Aufmerksamkeit nicht auf das militärische Zeitbild" zu lenken-

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Ein Stenerkongreß sämtlicher deutscher Finanzminister findet in diesen Tagen zu Berlin   statt. Man berät über die" Reichsfinanz­reform", worunter die Herren freilich lediglich neue indirekte Steuern für das Reich und die finanzielle Loslösung der Einzelstaaten von der Verantwortung für ihre Beschlüsse im Bundesrat verstehen. Es giebt nur eine annehmbare Reichsfinanzreform: direkte Reichssteuern!

feine

7. November 1902

Ausland.

Zum französisch- englischen Schiedsgerichts- Vertrag. Paris  , 16. Oktober  .( Eig. Ber.) Ob es absichtlich geschah oder nicht, jedenfalls hat die Veröffentlichung des französisch- englischen Schiedsgerichts- Vertrages just am Tage der Ankunft des italienischen Königspaares in Paris   den Urhebern desselben einen guten Dienſt geleistet. In diesen geräuschvollen und enthuſiaſtiſchen Feſttagen fehlt es im allgemeinen an Aufmerksamkeit und an der nötigen Stimmung, um den Vertrag nach seinem wahren, höchst bescheidenen Werte zu beurteilen. Das obligate rosafarbene Vergrößerungsglas gebenden" französischen Zeitungen auch aus der Mücke jenes Ver­der franko- italienischen Verbrüderungsfeier macht in manchen maß­trages einen Elefanten.

16. Oftober berichtet: Der Redakteur des Volksblattes" Genosse Zur Verjährung in Pressachen. Aus Halle wird uns vom Ernst Däumig   war heute vor der Strafkammer wegen Beleidi­der Richter des Kriegsgerichts in Zabern   angeklagt. gung des bekannten Rittmeisters Stietencron und Beleidigung Am merkwürdigsten ist das Verhalten der spezifischen Friedensapostel 11. August 1901 unter der Spigmarke:" Der Mörder Stietencron die beiden Regierungen zu dem hochbedeutsamen Ereignis, anstatt sich Er hatte am diesseits und jenseits des Kanals. Sie beglückwünschen einander und freigesprochen" eine Notiz veröffentlicht und darin u. a. gesagt, daß gerichts von neuem in einem eigentümlichen Lichte erscheine. zu wischen. die Freisprechung Aussehen errege und die Thätigkeit des Kriegs- und der Deffentlichkeit den diplomatischen Sand aus den Augen Abgeordneter D'Estournelles de Constant, zunächst Der Verteidiger Däumigs, Rechtsanwalt Herzfeld, machte Vorsitzender der französischen parlamentarischen Gruppe für inter­den Einwand 3. Mai 1902 bis zum der Verjährung geltend, da vom nationale Schiedsgerichte, schreibt in seinem Gratulationsbriefe an in der Sache Delcassé  , den Minister des Auswärtigen, der franko- englische richterliche Handlung unternommen worden Vertrag sichere die Zutunft des Haager permanenten Schiedsgerichts waren, liege eine Frist von über 6 Monaten und sei die Sache nach des Friedens". Und die gleiche Begeisterungsfähigkeit zeigt die sei. Zwischen diesen beiden Tagen, an denen Termine angesetzt und bedeute eine neue Etappe zum hohen Ziel der Organisation § 22 des Preßgesetzes verjährt. Aushändigung der Beiakten durch die Staatsanwaltschaft im Civilprozeß Stietencron, An- ministeriell- socialistische Petite République", die in einem Artikel gerichts aus Zabern   könnten schreiben an das Reichsgericht und Mitteilungen des Civil Gérault- Richards den Vertrag feiert als den Ausgangspunkt von Gnaden des demokratischen Geistes" richterliche einer zu stande Handlungen gelten. Die Verjährung sei damit nicht kommenden Föderation der Völker des gesamten alten Europa  , unterbrochen. Der Staatsanwalt widersprach dieser Ansicht. um für immer das internationale Friedensreich zu begründen". Das Gericht erkannte auf Einstellung des fahrens und legte der Staatskasse die sämtlichen mit einigem Stolz" für die Socialisten aller Länder die Ehre", an Ber Ein weiterer Artikel derselben Zeitung( von Turot) reklamiert noch kosten zur Last. In der Begründung hieß es, das Reichsgericht den Lorbeeren D'Estournelles de Constants teilnehmen zu dürfen.... habe wiederholt anerkannt, daß Auskünfte auf Ersuch en des Staatsanwalts, wie im vorliegenden Falle, nicht als eine Hier wie dort die gleiche selbstzufriedene Genügsamkeit, die dem Unterbrechung der Verjährung gelten könnten. Jene Auskünfte und" realpolitischen" Geist der bürgerlichen Dekadenz eigen iſt. Handlungen wären nicht im Auftrage der richterlichen Behörde er= folgt; die Staatsanwaltschaft sei kein Organ des Richters und handelt als eine eigenmächtige selbständige Behörde.

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In Wirklichkeit ist der gefeierte Vertrag ein Messer ohne Heft und Klinge. Er ändert an dem bisherigen Zustande gar nichts. Schließt er doch aus dem Bereich des Schiedsgerichts gerade dies Effen a. d. R., 17. Oktober. Die hiesige Staatsanwaltschaft hat jenigen Konflikte aus, die die Lebensinteressen, die Unabhängigkeit gegen die Direktoren der Gelsenkirchener   Wasser- oder die Ehre der vertragsschließenden Staaten" und ferner die werke Hegeler und Findel sowie gegen den Ingenieur Schmidt Interessen dritter Mächte" berühren, mit einem Wort, all die und den Maschinenmeister Kiesendahl Anklage erhoben. Die beiden Konflikte, die irgendwie eine Kriegsgefahr bergen. Ja, selbst die Direktoren werden beschuldigt, direkt oder indirekt die Gelsenkirchener   alten noch schwebenden französisch- englischen Streitigkeiten sind sämt­Tiphusepidemie im Jahre 1901 durch Herstellung und lich sorgfältig außerhalb des Vertrages gestellt worden. Damit Lieferung von Wasser verschuldet zu haben, das geeignet nicht genug, ist das eventuell wegen irgend einer Kleinigkeit anzu­war, die Gesundheit des menschlichen Körpers zu rufende Schiedsgericht von vorherigen rigorosen Abmachungen gefährden sowie durch dieselbe Handlung schwere Körperverlegung und den Tod von Menschen verursacht zu haben. Die beiden anderen der Kontrahenten abhängig gemacht worden, so daß jeder Angeklagten werden der Beihilfe bezichtigt. derselben es ſtets in seiner Hand hat, das Zustande vorgezogen hat, das Schiedsgericht von vornherein abzulehnen unter kommen des Schiedsgerichts zu vereiteln, falls nämlich er es nicht dem kautschukartigen Vorwand eines Lebensinteresses" oder der noch bequemeren nationalen Ehre".

Der 15. sächsische Wahlkreis. Die Hilfe" bringt folgende abenteuerliche Notiz:

es

oder nicht."

Blödsinn" zu bezeichnen.

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" Göhre sieht die Niederlegung des Mandates nicht als das Ende seiner politischen Laufbahn an, sondern will nur seinen Wahlkreis in der denkbar schärfsten Form vor die Frage stellen, Clemenceau  , der einsame Hüter der altdemokratischen ob er mit ihm geht oder nicht. Wenn es ihm gelingt, dann hat Ideologie, hat sich nicht täuschen lassen. Er übergießt das von den er allerdings eine Stellung, die auch durch ein Parteigericht nicht bürgerlichen und ministeriell socialistischen Friedensaposteln be­mehr zu erschüttern ist, denn eine Neuwahl unter jeßiger weihräucherte Werk mit der äzenden Lauge seines Spottes:... Und Sachlage würde bedeuten, daß der Wahlkreis ihm selbst die Geltungsdauer dieses Nichts haben sie mit unendlich im Fall der der Parteiverurteilung Treue halten will. ДБ komischem Ernst schriftlich auf fünf Jahre festgesetzt. Fünf ihm gelingt, muß abgewartet werden. Man wird von beiden Seiten scharf arbeiten und es ist an sich nicht Jahre lang soll alles beim alten bleiben. Dies ist ihr großartiger ausgeschlossen, daß Socialdemokrat gegen Social- Einfall. Vielleicht wollen sie damit sagen, daß es endlich gestattet demokrat kandidiert. Daß Göhre sich dieser Möglichkeit aus- sein wird, einen ernstlichen Schiedsgerichtsversuch zu machen vom setzen will, haben wir nicht angenommen, als wir in letter sechsten Jahre ab. Insofern hätte selbst diese Narrenposse einen Nummer über ihn schrieben, und müssen darum unser dort aus Wert. Allein es giebt noch etwas viel Schlimmeres als die Ohn­gesprochenes Urteil so lange zurücknehmen, bis der weitere macht das ist die Tartüfferie der Aktion( die heuchlerische Schein­Verlauf der Dinge zeigt, ob Göhre richtig gerechnet hat aftion), die für einen Tag den kleinen Menschen dienlich sein mag, Genosse Göhre ermächtigt uns, das Ganze als horrendesten die aber eine Zeitlang die großen Ideen herabwürdigt." Unter diesem Gesichtspunkte, angesichts des der Diplomatie ge­lungenen Blendwerks, erscheint selbst der symptomatische Wert des Vertrages um den Preis seiner inhaltlichen Nichtigkeit zu teuer erkauft. Mag er auch für die Intimität des anglo- fran­zösischen herzlichen Uebereinkommens" ein neues Zeugnis ablegen, der Idee der der Idee der internationalen Schiedsgerichte hat er einen schlechten Dienst geleistet. Man braucht aber freilich deshalb nicht dem Clemenceauschen Pessimismus zu verfallen, der ja nur im Rahmen des bürgerlichen Gesichtskreises berechtigt ist. Der prole­tarische Socialismus hat nie von der Diplomatie der kapitalistisch­militaristischen Staaten den Anbruch eines internationalen Friedenss wurde dieser Tage der Lieutenant Bilse vom Trainbataillon Ein neues Majestätsverbrechen. Beschlagnahmt wurde gestern reiches" erwartet. Das Schaugericht des französisch englischen Nr. 16 in Forbach  . Bilse hatte unter dem Pseudonym Frizz von früh die Nr. 42 der anarchistischen Wochenschrift Neues Leben. In- Vertrages ist ihm lediglich ein weiterer Beweis für die er­friminiert ist der Artikel Der Kaiser von Sahara", in welchem eine mutigende Wahrheit, daß der siegreiche Socialismus allein die Roman der Kyrburg" einen veröffentlicht, den er ein Majestätsbeleidigung enthalten sein soll. Es wurde in der Expedition Föderation der Völker und den wahren, den unbewaffneten Völker­Militärisches Leitbild aus einer fleinen und der Druckerei des Blattes gehaussucht. Vier Exemplare der Garnison" betitelt hatte. Der Roman, der inzwiſchen kon- Nummer wurden beschlagnahmt. Das Manuskript des Artikels, auf frieden bringen kann und wird. fisziert ist, soll zwar das Offizierstreiben in ganz moralistischer welches hauptsächlich gefahndet wurde, wurde nicht gefunden. Der Schwarzmalerei geschildert, gleichwohl aber einzelne porträtartige verantwortliche Redakteur Karl Knobel wurde Frankreich  . Züge und allerhand Indiskretionen aus der eignen Garnison des verhaftet. Verfassers enthalten haben, weshalb man diesen, sobald man seine Autorschaft entdeckte, schleunigst beurlaubte" und in Haft nahm.

Dieser Mitteilung gegenüber können wir auf Grund behördlicher Angaben feststellen, daß die beiden Russen verhaftet worden sind, weil sie sich nicht genügend legitimieren konnten und im Verdacht des Schriftenschmuggels stehen. Von dem Verdacht anarchistischer Umtriebe ist gar keine Rede.

Es ist ferner amtlich versichert worden, daß die Berliner   Polizei nicht den empörenden, eines Kulturstaates unwürdigen Fall Kalajew wiederholen wird, der in der Voss. Zeitung" bereits am Schluß an gedeutet wird, daß sie nach Rußland  " ausgewiesen werden.- Wegen eines Romans verhaftet

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Grober Unfug. In einer polnischen Wählerversammlung fiel, als von Bismarck   geredet wurde, der Ruf:" Der ist schon krepiert". Als Thäter wurde ein Maurer festgestellt und vom Schöffengericht Schroda   wegen groben Unfugs zu 15 M. Geldstrafe verurteilt. In der Begründung hieß es, die deutschgesinnten Streise fühlten sich durch derartige Aeuße rungen in hohem Grade verletzt und beunruhigt.

Durch die Kaninchenäußerung des Grafen Büloto haben sich die polnisch gesinnten und übrigens auch alle nicht bülowistisch be­fangenen Streise auch in hohen Grade verlegt gefühlt. Man hat den Kanzler aber nicht wegen groben Unfugs prozessiert.

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Vorwärts" und" Times".

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Zum Streik in Nordfrankreich. In Armentières   sind gestern abend neue Gendarmerieverstärkungen eingetroffen. Das Streif­tomitee ersucht, nach einer Herold"- Meldung, die Ausständigen, bei dem morgen stattfindenden Referendum mit Rein" zu stimmen. Gestern wurden 42 neue Verhaftungen vorgenommen.

sind gestern in den Ausstand getreten und begaben sich gruppenweise Die weiblichen Angestellten der Spinnereien in Dünkirchen  vor die übrigen Fabriken und forderten die Arbeiter zur Nieder­legung der Arbeit auf. Kavallerie schritt mehrfach ein, um die Demonstranten zu zerstreuen, mehrere Personen wurden verletzt. Das Wolffsche Depeschenbureau berichtet:

London  , 15. Oktober. Aus Anlaß der vertagten Romreise des Der Roman soll ein künstlerisch wertloses, mit groben Ueber­tretungen arbeitendes Tendenzwerk, eine wüste Karrikatur sein. Die Baren schrieb der Vorwärts in seiner Nummer vom 13. d. Mts.: Die italienische Socialdemokratie hat durch die Abweisung des Offiziere sollen als brutale Trunkenbolde, ihre Damen als äußerst Baren von der Schwelle ihres Landes den Gefühlen Ausdruck ge­frei von Sitten geschildert sein. Während das Buch von Litteraten geben, welche in allen Ländern Westeuropas   die Volksschichten und als plumpes, hämisches Machwerk bezeichnet wird, hat ein Kenner Parteien erfüllen, bei denen der Gedanke der Freiheit und Civilisation militärischen Lebens, wie der bekannte Oberst Gädtke, darüber eine Stätte hat." geurteilt: Zu dieser Bemerkung machte der Berliner   Korrespondent der Das Buch giebt sich offen als Tendenzdichtung, die in erster Linie" Times" folgenden Kommentar: Wenn das socialistische Dünkirchen, 17. Oftober. Gestern nachmittag wurden berittene die kleinen Grenzgarnisonen mit ihren un leugbar vorhan- Organ diefelben Gefühle den Völkern Englands und Frankreichs   zu- Jäger, welche die von den Ausständigen in Port St. Louis   er­denen Uebelständen treffen will; aber der Verfasser überschreibt, so behauptet es etwas, was jeder weiß, daß es un richtete Barrikade zerstörten, von den Ruhestörern mit Ziegelsteinen treibt, indem er tausend Einzelzüge, die er hier und wahr ist...." beworfen. Ein Lieutenant, ein Unteroffizier und zwei Soldaten da zusammengelesen haben mag, zu einem Gesamtgemälde Daß der Berliner Times"-Korrespondent auch für Frankreich   wurden verwundet. von erschreckender Wirkung vereinigt. Und so entspricht, wundert uns nicht, denn einige Times"-Korrespondenten Armentières  , 17. Oftober. Wegen Teilnahme an den neulich steht ein Stimmungsbild grau in grau, ein trüber Novembertag sind gewöhnt, mit britischer Weitherzigkeit die Welt zu umfassen. verübten Brandstiftungen und Plünderungen sind weitere 41 Aus­mit leise rieſelndem Regen, fallenden Blättern und dichtem grauen heute einige Ansichten über den Zarismus und Westeuropa  , die mit worden. Das Ausstandskomitee fordert die Arbeiter auf, die Be­Aber die" Times" selbst sind heute andrer Meinung. Sie äußern ständige durch ein ziemlich starkes Truppenaufgebot festgenommen Nebel ohne ein die Luft reinigendes Gewitter. Und doch ist das Buch nicht ohne ernsten Hinter- denen des Vorwärts" übereinstimmen. Bei der Besprechung des dingungen der Fabrikanten abzulehnen. grund und ohne innere Wahrheit; es berührt Besuches des italienischen Königs in Paris   sagen die" Times" in nicht gerade mit schonender Hand- Schäden, die thatsäch ihrem ersten Leitartikel: lich das Leben des Heeres und insbesondere die Gesundheit des Offizier corps zu bedrohen an­fangen, es enthüllt aber auch Stimmungen, die nicht weniger gefährlich sind und sich keineswegs mehr auf die Kreise der ver­bitterten" Abgegangenen beschränken. In diesem Sinne ist es thatsächlich ein Zeitbild, das ich unsren Regierenden zu ernster Beachtung empfehlen möchte; es steht nicht ganz ver­einzelt da und könnte wohl Veranlassung geben, die Höhe unsrer Vortrefflichkeit einmal mit unbefangenem Blicke nachzuprüfen.".

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Gädtke ist also nicht der Ansicht, daß der Verfasser unter dem Deckmantel eines Romans bloß ein boshaftes Pasquill habe an den Mann bringen wollen. Er gesteht vielmehr dem Verfasser die ernste ehrliche Absicht des Satirikers zu, der Zeitübel bekämpfen will. Das Wesen der Satire besteht aber in der Uebertreibung, um ab­

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Spanien  .

Die Ideale, die die Völker Frankreichs   und Italiens   in Ueber die Straßenkämpfe in Bilbao  ihrem öffentlichen Leben zu verwirklichen suchen, sind wesentlich wird der Voss. 3tg." aus Madrid   gemeldet: Die Einzelheiten, die modern und progressiv; sie sind ebensoweit entfernt von den man jetzt über die jüngsten Ereignisse von Bilbao   erfährt, sind recht feudalen Ueberresten, die noch in Mitteleuropa   zu finden sind, wie erbaulich. Der Jesuitenpater Ortiz wird beschuldigt, den Anstoß zu von der dichten Finsternis und der byzantinischen Unterwerfung den blutigen Tumulten gegeben zu haben. Dieser Geistliche bestieg der halbasiatischen Monarchie Osteuropas  . Ihre Einrichtungen nämlich, als die Wallfahrtsprozession vor der Muttergotteskapelle in des ganzen öffentlichen Lebens jener beiden Staaten( Frank- Begona hielt, eine unter freiem Himmel errichtete Rednerbühne und reichs und Italiens  ) sind auf den gleichen breiten Grund- heizte in einer flammenden Ansprache die Gläubigen gegen das lagen gebaut, auf welchen unsre eignen gebaut sind. Ver- liberale Gesindel" auf. Diese Rede schloß mit folgenden Fragen: trauen zum Volfe, Regierung durch und mit Hilfe des Schwört Ihr, die Jungfrau von Begona bis zum letzten Bluts­Volkes sind, trotz aller Verschiedenheiten in Form und Grad, ihnen tropfen zu verteidigen? Seid Ihr bereit, der liberalen Kanaille und uns eigen, im Gegensatz zu allen andern Mächten der alten gehörig heimzuleuchten?" Diese Fragen wurden von der Menge mit einem kräftigen Ja beantwortet. Hierauf zog der Jesuitenpater aus der Tasche seiner Soutane einen geladenen Revolver hervor, mit dem er in der Luft herumfuchtelte, indem er rief: Es lebe die Jungfrau

Welt."

Dies ist ganz die politische Ansicht des" Vorwärts" über Ruß­ land   mit seiner halbasiatischen Finsternis und über West- Europa  , wo

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