Einzelbild herunterladen
 

-

3. Daß wenn mit Punkt 3 die Annahme ausgesprochen sein sollte, als wollten wir eine gewaltsame Revolution, dies eine ganz willkürliche Annahme sei. Wir hatten stets erklärt, daß plan­mäßige, gründliche und ganze Reformen der gewaltsamen socialen Revolution, die andernfalls eine notwendige Folge unsrer politischen und ökonomischen Entwicklung sei, vorbeugen könnten und wir nicht verantwortlich seien für Dinge, die nicht in unsrem Willen und in unsrer Macht liegen, sondern von dem Willen und der Macht unsrer bisherigen Gegner abhängen.

Mit dieser Antwort reisten unsre Parteigenossen nach Berlin  zurüd. Das Wahlresultat ist bekannt.

Dresden  , den 16. November 1881.

A. Bebel.

W. Liebknecht."

Die

Socialistengefeges inaugurierte Wirtschafts- Ms wir nach einem längeren Spaziergang gegen Abend zurück- und jeder Vertrauensmann seine Hilfsmannschaften bereit zu halten. politik der Reichsregierung: Vermehrung und Erhöhung der kehrten, erwartete uns ein andres Bild. Das erste Extrablatt, das Sollte ein neues Flugblatt verbreitet werden, so wußte bis zum indirekten Steuern und Zölle auf notwendige uns jetzt in die Hände fiel, enthielt die, wie sich später herausstellte, Tage der Verbreitung nur das Central Wahlkomitee die Gehilfen bekamen bloß Auftrag, ihre Ver­Lebensbedürfnisse, Vermehrung der Militär- frech erlogene Wolffsche Depesche, daß Nobiling bekannt habe, davon; Socialdemokrat zu sein und Mitschuldige zu haben. Und ein andres trauensmänner zu irgend einem ihnen noch mitzuteilenden Lasten, Imnungsgesetz und dergleichen als arbeiterfreundlich an­Extrablatt ich glaube, es war vom Berliner Tageblatt" Zwed zuſammenzuberufen, und wurden erst im legten Moment zuerkennen. wußte zudem auch schon, daß man bei Nobiling viele socialistische davon unterrichtet, um was es sich handle. Dann arbeitete der 2. Daß wir nie abgelehnt wie unsre Haltung und Er- Zeitungen und Broschüren gefunden habe. Apparat so schnell, daß die Polizei im für sie günstigsten Falle flärungen noch zuletzt gegenüber dem Unfallgesez gezeigt, Reform- Nun war's ernst. Von dem Bedürfnis getrieben, Genossen zu höchstens einzelne Posten des Flugblattes erwischte. So übten die vorschläge der Reichsregierung ernsthaft zu prüfen, zu versuchen, sprechen, gingen wir ins Café Central in der Jerusalemer Straße  , Behörden höchstselbst in ihrem Verfolgungseifer die Socialdemokraten sie unsren Wünschen entsprechend umzugestalten und, wenn sie unsrem das damals viel von Socialisten bürgerlicher Abstammung oder für den Kampf unter dem Socialistengesetz ein. Von gleichen äußeren Bedingungen des Kampfes zwischen Standpunkt entsprächen, zu acceptieren, daß wir es aber ab- Lebensstellung besucht wurde, und in dem namentlich Johann Most  lehnen müßten, mit Parteien gemeinsame Sache Stammgast war und sich gern von echten und unechten Akademikern Socialdemokratie und bürgerlichen Parteien war dagegen fast in feiner Hinsicht die Rede. U. a. versagte der Berliner Magistrat uns zu machen, die in ihren Bestrebungen realtionär auftaunen ließ. Aber Most war schon der Hödel- Hezze zum Opfer gefallen und Abschriften der Wählerlisten, die er den Fortschrittlern willig aus­und darum arbeiterfeindlich seien. faß im Chemnizer Gefängnis, und auch sonst waren von den socia- stellen ließ. Das hatte damals, wo das Berliner   Partei­listischen Stammigästen wenige im Café erschienen. Die wenigen, Organ in gauzen etwa 12 000 Abonnenten zählte mud unfre die sich trafen, verbrachten den Abend mit Ausmalungen der Dinge, Organisation noch jung war, viel mehr zu besagen, als die da kommen würden. Inwieweit wir das Richtige trafen, vermag etiva heute. Es mag hierbei eingeflochten werden, daß wir in den ich nicht mehr zu sagen. Wahrscheinlich werden wir den nun Jahren 1875/76 bis ins Jahr 1877 hinein so gut wie gar keine folgenden Wutausbruch von Presse und Publikum ebenso unterschäßt Organisation in Berlin   gehabt hatten. Alle Versuche, einen social­haben, wie wir von der Polizei Schlimmeres gewärtigten, als sie demokratischen Verein irgend welcher Art ins Leben zu rufen, scheiterten daran, daß jede Neuschöpfung, mochte sie eine Form haben, wenigstens zunächst zum besten gab. Hätte am 3. Juni die Hochlöbliche alle Redakteure und Ver- welche sie wollte, unrettbar als Fortsetzung des gerade zuletzt ver­waltungsbeamten der Berliner Freien Presse" verhaftet, die Druckerei botenen Vereins wieder verboten ward. Da verfiel eines Tages der geschlossen und die bekannteren Agitatoren der Partei ebenfalls hinter Berliner   Vertrauensmann der Partei, der unverwüstliche August Schloß und Niegel geſtedt, es hätte tein Hahn danach gekräht. Die Heinsch auf die Idee, statt sich zum rtenmale mit Polizeidirektion Presse, die liberale sowohl wie die konservative, geberdete sich wie und Staatsanwaltschaft herumzuschlagen, einmal in die Höhle des besessen. Von bürgerlichen Blättern machte einzig die Berliner   Löwen zu gehen und mit der maßgebenden höchsten Instanz einen Volts- Zeitung" eine Ausnahme. Ihr Redakteur, Aron Bernstein  , Versuch zu machen. Er organisierte eine Arbeiterdeputation beim Minister der bis dahin die Socialdemokratie aufs bitterste und mit unglaub- des Innern, Grafen Eulenburg, und führte sie selbst dem Minister vor. lich spießbürgerlichen Argumenten bekämpft hatte, lenkte plötzlich ein Das war für die damalige Zeit, wo die Partei im Parlament ganz und rechtfertigte von neuem das Wort Varnhagens über ihn: abseits des Geschäftsverkehrs zwischen Regierung und Volksvertretung Bernstein  , immer ausgezeichnet, wenn es das Recht zu verteidigen stand, wo jede nennenswerte Mitarbeit positiver Art an Gesetzgebung gilt." Um so schändlicher benahmen sich die liberalen Zeitungen und Verwaltung ausgeschlossen schien, wo wir allesamt Reichsfeinde" Berliner Tageblatt"," Tribüne", und die damals noch ziemlich ver- waren, eine ganz unerhörte Neuerung. Indes, sie hatte Erfolg. Der Indes nicht nur bei Gelegenheit der Wahlen ist von den Gegnern der breitete piendo- demokratische Staatsbürger Zeitung". Die un Minister verteidigte zwar seine Polizei jo gut er konnte, aber der Versuch gemacht worden, im Trüben zu fischen. Einige Zeit, nachdem erhörtesten Verdächtigungen und die albernsten Lügen, die nur ein jovialen Dialektik Heinsch' gelang es doch, ihn in die Ecke zu jagen, das damalige Partei- Organ in Berlin   und seine auf die Lebensdauer Reportergehirn ersinnen konnte, fanden in jenen Blättern willige d. h. ihn zu Erklärungen zu bewegen, durch die er faktisch die Polizei von einem Tage beschränkten Nachfolger im Jahre 1878 unterdrückt aufnahme. So arg trieben insbesondere einzelne Reporter ihr desavouierte, und unsre nächste Vereinsgründung, der Verein zur waren, wurde in Berlin   unter dem Titel Der Volksfreund" ein denunziatorisches Lügenhandwerk, daß es in der That selbst der Wahrung der Interessen der werkthätigen Bevölkerung Berlins  ", Polizei zu arg wurde. Als etwa 14 Tage nach dem Attentate in wurde nicht verboten! Er war indes wesentlich noch in den Blatt herausgegeben, das in Arbeiterfreundlichkeit" machte. Man meiner Abwesenheit bei mir gehaussucht wurde, meinte der die Kinderschuhen, als die Attentate erfolgten, die Polizei mit erneuter hatte einen in der Partei nicht unbekannten Mann, den vor dem Haussuchung leitende Polizeihauptmann zu meinem Vater, der zu Vernichtungswut über unser Agitationswerk herfiel. Das Kind der Socialistengesetz als Redakteur der Berliner Freien Presse" thätigen ihm von der denunziantischen Verlogenheit eines Reporters W. ge- erfinderischen Kombinationsgabe unsres August Heinsch sollte seinen Buchdrucker Dolinski als Redakteur gewonnen und glaubte durch sprochen hatte: Ach, der W. ist noch immer nicht der schlimmste, Vater, der am 7. März 1878 der Proletarier- Krankheit erlegen war, dieses Arbeiterorgan" die Arbeiter Berlins   in das königlich der B. lügt noch viel unverschämter." Und das stellte sich bei näherer nicht lange überleben. Für einen der Berliner   Wahlkreise, und obendrein einen der größten, preußische Reformlager hinüberführen zu können. Das nötige Untersuchung als durchaus zutreffend heraus. Man muß aber nun nicht glauben, daß die Polizei etwa gelangten wir indes doch in den Besitz der Wählerlisten, allerdings Geld kam aus Regierungsfonds. Lange vegetierte dieser Volks- glimpflich mit uns umging. Sie trieb es nur nicht ganz so schlimm auf Kriegspfaden. Wir mußten sie uns jedoch ſelbſt abſchreiben, und freund" nicht. Gegen die polizeilich abgestempelte Arbeiter- wie Presse, Staatsanwaltschaft und Gerichte. Aber sie leistete doch zwar hatte das heimlich zu geschehen, wofür uns obendrein nur freundlichkeit machte sich in der Arbeiterschaft ein so gesundes Miß auch ihrerseits genug Standalöses in Brutalisierungen und Terro- einige Nachmittagsstunden und eine Nacht zur Verfüngung standen. Auch trauen geltend, daß da die Polizei nicht gern umsonst, man risierungen. Eine der Nichtswürdigkeiten, auf die sie sich verlegte, durfte, weil die Existenz eines kleinen Beamten in Frage stand, nur könnte hier auch sagen für die Kaz", Geld ausgiebt der Volks- war die politische Einschüchterung der Gastwirte. Auf ihr Betreiben ein beschränkter Kreis von Leuten um die Sache wissen. Aber sie freund" eines Tags verschwunden war. verschwand plöglich aus all den vielen kleinen Wirtschaften, wo die ward in wünschenswertester Weise besorgt, die aufgewendete Mühe Inzwischen war von den Parteigenossen das Berliner   Volks- Arbeiter verkehrten, die Berliner   Freie Presse", das damalige täg machte sich sehr gut bezahlt, und das Geheimnis ist getreulich be­Und was der wahrt geblieben. blatt" der Vorläufer des im Jahre 1890 zum Centralorgan der liche Organ der Socialdemokratie in Berlin  . Terrorismus der Polizei nicht that, das besorgte der Terrorismus Partei berufene Vorwärts"- geschaffen worden, welches tapfer der Hauswirte, so daß die Berliner Freie Presse" in der ersten half, dem polizeilichen Voltsfreund" den Garaus zu machen! Woche nach den Attentaten um mehr als den vierten Teil ihrer Genau so erging es den früheren Parteigenossen Körner und Abonnenten verlor, bei der damaligen Auflage ein Verlust, der ihre Finn, die sich als schwarz- weiß- rote Socialreformer etablierten, um Fortexistenz ernsthaft in Frage stellte. die Berliner   Arbeiter vernünftig" zu machen.

-

Das Wahlresultat ergab die Wahlen der Fortschrittler. Mandate gingen verloren aber der Schild der Partei blieb blank und rein ihn stets so zu erhalten ist die vornehmste Aufgabe der Partei. Daß es ihr Wille ist, hat der diesjährige Dresdener  Parteitag bewiesen.

-

"

"

-

"

-

"

"

Was die schon damals für das Wohl der Arbeiter schwärmende ..socialreformerische" Regierung und ihre mit Polizeigeld gespeisten Verbündeten erreichten, das beweisen die Wahlerfolge unter dem Socialistengesetz. Die Partei hat die schweren Opfer, die das Socialistengesetz Tausenden von Parteigenossen auferlegte, glänzend überwunden; sie war nach dem Fall des Gesetzes stärker als zuvor! Das Leben und Wachstum der Partei unter der Herrschaft des Socialistengesezes zeigt sich am deutlichsten in der andauernden Zunahme der bei den Reichstagswahlen abgegebenen Stimmen. Am 10. Januar 1877 der letzten Wahl vor Erlaß des Gesetzes wurden bei der Hauptwahl 486 843 socialdemokratische Stimmen abgegeben und 12 Mandate erobert.

-

-

Am 20. Februar 1890- der legten Wahl unter dem Gesetz erhielten wir 1427 289 Stimmen und 35 Mandate.

Das Gesetz lag zerfetzt am Boden, die Socialdemokratie aber war in unaufhaltsamem Vorwärtsdrängen an die Spitze der politischen Parteien in Deutschland   getreten.

"

"

Aber bald sollte sich zeigen, daß der von Polizei, Hauspaschas 2c. ausgeübte Druck auf eine Gegenkraft stieß, die ihm kräftig entgegen­wirkte und sein Ziel vereitelte. Die Berliner   Arbeiter waren da­mals viel weniger zahlreich, viel weniger organisiert und viel stärker Aber doch nahmen sie es bald ökonomisch gedrückt als heute. wieder in ihrer Art mit der Polizei auf. Sie zeigten den Gast wirten so deutlich, daß wer die Arbeiterkundschaft haben wolle, auch das Arbeiterblatt halten müsse, daß ein Wirt nach dem andern die Freie Presse" von neuem bestellte. Erst angeblich nur für sich und um das Blatt etwa dem einen oder andren Gast, der es verlangte, geben zu können; es dauerte aber nicht gar lange, so lag die böse Beitung fast überall wieder offen aus. Der Polizei aber wurde er flärt: Du bietest uns keinen Ersatz für die Arbeiterkundschaft, also kannst Du es uns auch nicht verargen, wenn wir ihr, von der wir abhängen, zu willen sind.

Politische Verfolgungen können heutzutage immer nur Personen, nicht aber die Masse treffen. Und so hatten im Verhältnis unter der Attentatsheye die die bürgerlichen und die halbbürgerlichen Elemente in der Partei( Redakteure, Agitatoren 2c.) in mancher Hinsicht erheblich mehr zu leiden, als das Gros der Arbeiter.

"

-

"

-

-

Wie die ernsten, so warfen auch die humoristischen Momente des Kampfes mit der Polizei, den die Socialdemokratie unter dem Socialistengesez in so wirksamer Weise führen sollte, damals ihre Schatten voraus. Von den humoristischen Episoden, welche die unter so erschwerenden Umständen betriebene Verteilung der Wahlflug­blätter zeitigten, mag hier eine erzählt werden; die Polizei figuriert in ihr freilich nur in plagiierter Gestalt. Ein Berliner   Hauswirt hat einen Flugblattausteiler erwischt, brutal am Kragen gepackt, auf die Straße geschleppt und ruft nun nach der Polizei. Ein auf der andern Seite der Straße in einiger Entfernung auf und abgehender Mann eilt herbei und fragt ihn, was es giebt. Dieser Mensch hier hat in meinem Hause socialdemokratische Flugblätter ver­breitet." ,, So? Das ist ja ein netter Kunde, den wollen wir mal gleich in Sicherheit bringen." Was, Sie sind selbst...?" Hier, meine Karte," erklärt der Angefragte mit Würde und zeigt auch eine Karte, die der Haustyrann vor Ehrfurcht nicht näher zu betrachten wagt, packt den Delinquenten am Arm, empfiehlt sich und Parteilokal. Es war der kontrollierende bringt ihn in das nächste Vertrauensmann der Partei. Das Wahlresultat, wie es uns am Abend des Wahltages ( 30. Juli 1878) vorlag, erfüllte uns mit sehr gemischten Gefühlen. Wohl hatte sich unsre Stimmenzahl in Berlin   gegen die Wahlen vom 10. Januar 1877 fast verdoppelt sie war von 31 494 auf 56 147 gestiegen. Aber von den beiden Wahlkreisen, die wir 1877 erobert, war der eine, der sechste Berliner   Wahlkreis, schon im ersten Wahl­gang verloren gegangen, der andre Berlin   IV den Tücken einer Stichwahl ausgesezt. Und welche Enttäuschungen brachten uns die ersten Telegramme aus der Provinz. Fast nur Mandatsverlufte. Gerade die Wahlkreise, die für bombensicher gehalten, waren ver­loren gegangen. So vor allem Chemniz. 1877 war Most dort gegen den Fortschrittler Franz Duncker  , der doch immerhin etwas vorstellte, glänzend durchgedrungen. Jetzt hatte man ihm einen Es war am Morgen nach der Hinrichtung Hödels, die durch geistig unbedeutenden Pelzfabrikanten, eine politische Null, gegenüber­Säulenanschlag dem Volke zur Lehre und Beherzigung bekannt ge- gestellt, und wir rechneten auf einen um so größeren Erfolg. Wir geben wurde. Ich habe einige Leute einen Anschlag studieren gesehen, wußten eben noch nicht, daß uns gegenüber die Nullen, namentlich war daraufhin näher getreten, las das Ding nun auch und dachte wenn sie das erste Mal kandidieren, die gefährlichsten Kandidaten mir mein Teil. Da hörte ich plöglich, wie jemand uns anschrie: find. Aber die Hiobsbotschaft aus Chemniz meldete, daß die Null vierzig Prozent mehr Stimmen erhalten hatte als Moſt. Nur machen? Haltet den Mund und schert euch eurer Wege!" Es ist mir, als vernähme ich die Worte in diesem Augenblick wieder. Sie kamen aus dem Munde einer Hageren Frau aus der Eindrüde und Erinnerungen von Ed. Bernstein. Arbeiterklasse oder dem Kleinbürgertum. Ich hatte nicht Zeit, ihre Am Sonntag, den 2. Juni 1878, saß Schreiber dieses nachmittags Psychologie zu studieren, denn die Sprecherin hielt sich nicht weiter zwischen 3 und 4 Uhr mit einem der damaligen Redakteure der auf, sondern ging selbst ungesäumt ihres Weges weiter. Aber aus Berliner Freien Preffe", L. Schapira, zu Hause beim Schachspiel, dem Ton ihrer Worte hatte etwas wie Entsetzen geklungen. Was als ein Dienstmann sich melden ließ und meinen in der Verwaltung hatte diese Frau erfahren? Wie tief mußte sie von der Gefahr, in Frizsche, es für gut hielt, sich neben die Polizei am Eingange des der Berliner Freien Presse" angestellten Schwager und Hausgenossen der sich die ihr fremden Männer befanden, durchdrungen sein, daß Bamberger   zu sprechen verlangte. Auf die Frage, um was es sich sie ihnen, die einen amtlichen Anschlag lasen, gerade als ständen sie handle, antwortete er: Ich wollte man bloß wissen, ob wir nu an einem Abgrund, zurief: Wollt ihr euch unglücklich machen? wieder keine Ertrablätter ausgeben, wo doch alle andren Zeitungen Macht, daß ihr fortkommt!" und keiner von denen, an die die welche haben." Wozu Ertrablätter?" fragten wir erstaunt. Worte gerichtet waren, hielt es für angemessen, über sie auch nur Na, sie haben doch auf den Kaiser geschossen!" ,, Was? Auf den zu lächeln. Kaiser?"" Jawohl, und diesmal haben se'n getroffen."

Und seit 1890 von nahezu 12 Millionen auf über 3 Millionen Stimmen auch darin zeigt sich ein gut Stück der Schulung, die das Socialistengesez uns gebracht hat.

-

Heut an seinem Jubiläumstage feiern wir das zu einem Monument der Schande für seine Väter gewordene Gesetz als ein unbergängliches Wahrzeichen für die sieghafte Unüberwindlichkeit der deutschen   Socialdemokratie. Paul Singer.

Aus den Tagen,

Ueber die Schmach der massenhaften Denunziationen und die noch größere Schmach der grausamen Verurteilungen wegen an geblicher Majestätsbeleidigung im Attentats sommer ist schon soviel geschrieben worden, daß ich hier auf das Kapitel nicht weiter eingehen will. Nur eine Scene will ich erwähnen, die es vielleicht schärfer illustriert als alles andre, und die mir ewig im Gedächtnis bleiben wird.

"

wo das Socialistengesetz ward und ins was habt ihr da zu stehen? Wollt ihr euch etwa unglücklich Leben trat.

"

Nach einigen hingeworfenen Bemerkungen, daß die Frau eigent­licht recht habe, ging man auseinander. Mit Unbekannten zu politisieren, hatte niemand Lust.

zwei Size hatte die Partei im ersten Wahlgang behauptet, deren Zahl sich bei den Stichwahlen auf neun hob. Zu den sieben in der Stichwahl errungenen Sigen gehörte auch Berlin IV. Der Jubel in Berlin  - Ost am Stichwahltage spottete jeder Beschreibung, der Andrang zu dem Gartenlokal in der Andreasstraße, wo das End= resultat verkündet und gefeiert wurde, war so groß, die Fülle so er­drückend, daß eine Weile der siegreiche Kandidat, Genosse F. W. Lokals zu postieren und der Gewaltigen bei Abwehr des Menschen­stroms kräftig Hilfe zu leisten!

Der Attentatsschrecken und die unter seinem Einfluß vor­genommenen Wahlen hatten im Lande Preußen den Liberalen den legten Funken von Widerstandskraft gegen Bismarcks Ausnahmegesez­Politit ausgetrieben. Lasker setzte etliche Abschwächungen des Regierungsentwurfs durch, von denen die meisten nur formal waren In zwei Minuten waren Bamberger  , Schapira und ich auf der und für die Polizeipraris wirkungslos blieben, nur eine oder zwei Straße und eilten von unsrer Wohnung in der Franzstraße durch wirkliche Abmilderungen waren. Es muß übrigens zugestanden Annenstraße, Roßstraße und Breitestraße dem Opernplatz zu. Je mehr Das war die Psychologie der ersten Monate nach den Attentaten werden, daß die Art und Weise, wie die Polizei sich gleich in den wir uns diesem näherten, um so mehr Leute begegneten uns. Vor und in diese schmachvolle Zeit fiel der Wahlkampf für den ersten Tagen des Gesetzes über alle Begriffsabgrenzungen hinweg­dem kaiserlichen Schloß aber wogte eine ungeheure Menschenmenge, neuen Reichstag. setzte, die der Reichstag   am Regierungsentwurf vorgenommen hatte, durchsetzt mit einem ganzen Bataillon von Schußleuten. Aus Extra- Es war ein harter Kampf, in Berlin   kaum weniger mit selbst für viele unter uns überraschend kam. Bei den letzten Be­blättern erfuhren wir zunächst nur die nackte Thatsache des Attentats Schwierigkeiten verbunden als wie in der Provinz. Wir hatten nur sprechungen, denen der Schreiber dieses in Deutschland   damals bei­und daß der Thäter ein Dr. Nobiling sei, der Unter den Linden 18 sehr wenige Säle zur Verfügung, die Organisation der Partei ließ gewohnt hat, war eine weniger gewaltthätige Anwendung des wohnte. Da uns eine Persönlichkeit dieses Namens ganz unbekannt noch in gaz mancher Hinsicht zu wünschen übrig, und bei der Flug- Gesezes vorausgesezt worden, als wie sie in Wirklichkeit geübt war, athmeten wir ziemlich beruhigt auf, denn die Heße, die dem blatt- Verbreitung hatten wir mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. werden sollte. Hödelschuß vom 11. Mai gefolgt war, steckte uns allen noch in den Wo die Hauswirte dahinter kamen, daß Leute von uns Flugblätter Als das Gesetz in Kraft trat und nun die Gewaltschläge hagel­Knochen. Auch wußten wir, wie wenig daran gefehlt hatte, daß Bismarck   austrugen, ließen sie sie aus dem Hause heraustreiben, je nachdem dicht auf die Partei herniedersausten, weilte ich nicht mehr auf schon auf Grund jenes Schusses sein ersehntes Ausnahmegesetz erhielt. jogar polizeilich fistieren. Obendrein riskierten wir bei jedem Flug- deutschem Boden. Der aus Gesundheitsgründen sich im Süden auf­Unfre Beruhigung steigerte sich noch, als die an verschiedene Leute gestellte blatt, daß es auf Betreiben der Staatsanwaltschaft polizeilich fon- haltende unvergessene Karl Höchberg  , der in den nun folgenden Frage, ob man denn von den Motiven des Thäters etwas wisse, schließlich fisziert wurde. Wir mußten daher darauf bedacht sein, die Ver- schweren Tagen der Partei so hilfreich zur Seite stand, hatte mich von einem anscheinend unterrichteten Mann dahin beantwortet wurde, breitung so schnell zu besorgen, daß sie beendet war, ehe die aufgefordert, ihm als Sekretär für die Redaktion der von ihm her­ein Bruder des Dr. Nobiling sei auf dem Großen Kurfürst"( eine Konfiskation verfügt wurde. Es war thatsächlich schon eine Wahl ausgegebenen" Zukunft" zu begleiten, und ich hatte dem Ruf Folge deutsche Panzerfregatte, die am 31. Mai 1878 im Aermelkanal   von unter ausnahmegeseßlichen, das heißt außer gesetzlichen Zuständen. gegeben. Aber wenn die Polizeischläge mich auch nicht persönlich einem deutschen   Kriegsschiffe, dem Kaiser Wilhelm  ", in Grund ge- Aber die Situation erzog sich ihre Kämpfer und ihre Stampf- trafen, so versezten sie mich darum doch nicht minder in Erregung. bohrt worden war) mit zu Grunde gegangen. Das gab eine leid- methode. In jenen Tagen wurden rein aus dem gegebenen Be- Besondere Umstände trugen sogar noch dazu bei, ihren Eindruck auf lich begreifliche Erklärung der politisch völlig finnlosen That, und so dürfnis heraus, d. h. ohne daß wir an einen weiteren Zweck dachten, mich erheblich zu verschärfen. Vieles sah ich im Ausland womöglich nahmen wir es nur humoristisch auf, als ein aus dem Schloß die Grundlinien eines Organisationsapparats ausgearbeitet, der als noch schwärzer an, als es in Wirklichkeit war. Es drangen eben nur herauskommender Gardelieutenant einigen nach dem Attentäter eine Vorschule für das spätere Ausnahmegejez gute Dienste geleistet Nachrichten von Unterdrückung, Beraubung, Brotiosmachung, Aechtung fragenden Leuten im echten Kasernenton die Antwort hat. Die sechs Wahlkreise von Berlin   die Vorortkreise zählten auf uns ein; sie betrafen die intimsten Kampfgenossen, die besten gab: Der Mann ist ein Socialdemokrat." Wir wußten, welches noch kaum waren einem sechsköpfigen Central- Wahlkomitee unter- Freunde man kann sich vorstellen, wie sie auf uns wirken mußten, Samals der politische Horizont des Offizierskafinos war, und gingen, stellt, von dessen Mitgliedern jedes einen Wahlkreis zu leiten und die wir in einem einsamen Häuschen auf einem Berge bei Lugano  als wieder herauskommende Extrablätter auch nichts Bestimmtes wieder zunächst eine kleinere Anzahl Genossen als Stab von Gehilfen unser Domizil aufgeschlagen hatten, und manchmal, wenn die Gott­über das Motiv der That zu melden wußten, dem Tiergarten zu. unter sich hatte; jeder Gehilfe hatte eine Anzahl Vertrauensmänner hardstraße durch Schneestürme verlegt war die Gotthardbahn   war

-