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für Militärangelegenheiten. Daraus geht hervor, daß alles, was zu| meiner Kenntnis fommt, geheim ist, und daß ich nicht in der Lage bin, auf irgend welche Anfragen oder Anzapfungen etwas zu bemerken. Rechtsanwalt Liebknecht  : Was der Verteidiger an Sie richtet,

Zenge: Das möchte ich bezweifeln.

Rechtsanwalt Liebknecht  : Das ist gefehlich festgelegt. Zeuge: Nein, das kann ich mir nicht denken. Ich kann doch nicht über alles mögliche hier gefragt werden.

doch den höchsten Preis vergeblich. Das Land wurde in die Wirren des budgetlofen Zustandes gestürzt, das populäre und brauchbare Ministerium Szell   wurde verabschiedet wobei der Kaiser auch um feinen eigentlichsten Vertrauensmann, den Honvedminiſter Fegervary, find keine Anzapfungen, sondern Anfragen. Im übrigen sind Sie nach fam mit der Politik der" starken Hand" des Grafen Tisza den Gesezen nur berechtigt, die Antwort auf solche Fragen zu ver­holte man sich die empfindlichste Lektion, und der Schluß war., daß Herr Khuen die Erhöhung erst recht opfern weigern, die geeignet sind, die Sicherheit des Staates zu gefährden. mußte. Aber dann nüßte auch der Bittgang zu Kossuth nichts; nun war auch das normale Kontingent, sonst in einem Sigungstage bewilligt, nicht mehr umsonst zu haben. Je heroischer die Pose war, desto peinlicher der darauf folgende Abfall. Auf das pathetische Befehlsschreiben aus Chlopy mit seinem schmetternden Niemals" folgte das Handschreiben an Khuen, das in eine demütige Bitte um Entschuldigung ausklang. Und einen Monat, nachdem erklärt wurde, daß in die Majestätsrechte niemand dreinzureden habe und daß von den Rechten und Befugnissen des obersten Kriegsherrn nichts geopfert werden wird, wird über das Militärprogramm der Regierungspartei verhandelt, dessen bloßes Dasein schon eine Verneinung dieser Reservatrechte des militärischen Absolutismus ist! Was die Ungarn  an positiven Errungenschaften heimbringen werden, steht noch dahin, aber daß es ihnen gelungen ist, die Macht der Krone ganz gewaltig zu mindern, das steht schon jetzt fest. Die Rekruten sind der Hofburg

Diesmal teuer zu stehen gekommen!

Was das erwähnte Militärprogramm betrifft natürlich kein Programm über den Militarismus etwa, sondern einfach das Ver­zeichnis der nationalen Forderungen, die die Ungarn   in Bezug auf die gemeinsame Armee erheben- so soll es heute endgültig ab­geschlossen worden sein. Die liberale Regierungspartei hatte dazu ein neungliedriges Komitee eingesetzt, das nach langen Verhandlungen eine gemeinsame Plattform geschaffen hat, auf welcher sich alle Schattierungen und Gruppen der Partei zusammenfinden. Programm wird veröffentlicht werden, nachdem die Bildung der neuen Regierung vollzogen sein wird. Es ist das Programm der Regierungspartei, das die Krone anerkannt hat oder, wenn man will, dem sie sich unterworfen hat.

Deutfches Reich.

Das

Ueber die handelspolitischen Fragen der nächsten Zeit hat der Handelsminister Möller jüngst in Münster   geredet. Bei der Einweihung des neuen Handelskammer- Gebäudes daselbst machte Her Miniſter Ausführungen über die industrielle Entwicklung der Neuzeit und die jeßige Lage der Industrie, dann fuhr er, nach dem " Westfälischen Mercur", fort:

Vorsitzender: Es handelt sich nur um die Frage, ob Etv. Excellenz, ganz abgesehen von amtlichen Beziehungen, etwas davon bekannt ist, daß die Gardetruppen mal anders ausgehoben werden sollen.

Zeuge: Ich sehe nicht ein, warum ich das beantworten soll. Oberstaatsanwalt: Das sehe ich auch nicht ein. Projekt in Verbindung steht. Augemein aber gehört die Frag: nicht Vorsitzender: Das gehört zur Verhandlung, so mcit es mit dem hierher.

Oberstaatsanwalt: Der Zeuge hat verneint, daß ihm von dem Projekt eines Kaiserschlosses etwas befannt sei. Die Aushebung der Gardetruppen bezieht sich auf die Bewachung des festen Schlosses. eines Schlosses, so fann ihm folglich auch nichts bekannt sein daven, Wenn Sr. Ercellenz nicht das mindeste bekannt ist von der Errichtung daß eine besondere Art der Aushebung von Truppen zur Bewachung

dieses nicht geplanten Schlosses beabsichtigt ist. Rechtsanwalt Liebknecht  : Es sind verschiedene Maßnahmen, die angeblich getroffen sind zur Sicherung der kaiserlichen Familie, neben einander aufgezählt. Die eine ist die Errichtung des Schlosses, die andre die Bildung eines besonderen Reichstags- Wahlkreises, eine dritte die neue Art der Aushebung der Gardetruppen. Das Projekt serfällt also in verschiedene Punkte. Im übrigen ist die Frage bei der leien Verhandlung zugelassen worden gegenüber allen Zeugen, heute aber entstehen plößlich Schwierigkeiten.

Zeuge: Als Chef des Militärkabinetts bin ich nicht in der Lage, irgend welche Fragen zu beantworten, die mir nicht schriftlich vorgelegt werden. Dann könnte ich ja nach allem gefragt werden. Mir ist überhaupt von der ganzen Geschichte nichts bekannt. Vorsitzender: Damit ist die Sache doch erledigt.

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Rechtsanwalt Liebknecht  : Ich höre immer nur von dem Schloß. Zenge: Ich habe die Vorwärts"-Artikel nicht gelesen, ich pflege dies Organ überhaupt nicht zu lesen. Ich weiß überhaupt von einer derartigen Absicht, daß Se. Majestät sich solche Geschichten bauen oder verteidigen läßt oder daß er Verstärkungen wünscht, feinen Ton. Ich habe darüber noch nie ein Atom erfahren. Ich kann doch nicht gefragt werden nach allem möglichen, was es auf der Welt giebt. Rechtsanwalt Liebknecht  : Ich mache darauf aufmerksam, daß in dem Artikel die Rede davon ist, diese Sicherheitsmaßregeln gipfeln in der Reform einer Aushebung der Gardetruppen. Daraus geht hervor, daß es sich nicht um die Sicherung des Schlosses handelt, denn die ganze Garde kann doch nicht um das Schloß lagern. Vorsitzender: Die Frage ist doch erledigt. Der Zeuge hat geantwortet, daß ihm absolut nichts bekannt sei von dem Projekt in feiner Gesamtheit.

" Ich glaube mit Freuden konstatieren zu können, daß nach dem gewichenen Mut von 1900 und 1901 fich heute die Anfänge eines neuen Mutes zeigen, der das nachholen wird, was damals jäh ab­gebrochen werden mußte, weil zu viel des Guten auf einmal gethan werden sollte. Wenn ich daher mit einer gewissen Hoff nungsfreudigkeit in die nächste Zukunft sehe, so möchte ich diese doch nicht zu groß werden lassen; wir stehen vor großen Kämpfen in handelspolitischer Beziehung; im eignen Lande sind wir wieder recht gesund(??), aber davon find wir nicht allein abhängig, wir können die Ausfuhr ins Ausland nicht entbehren. Darum muß die Ausdehnung der Ausfuhr gefördert werden.... Nur im Zusammen stehen aller Stände ist das weitere Gedeihen unsres schönen Vater­landes möglich. Ich habe die Hoffnung, daß aller Widerstand fallen wird vor der bitteren Notwendigkeit, daß wir die zahlreichen Menschenkinder, die wir jedes Jahr an Zuhörig zurüdgewiesen. Sie haben die Frage gestellt, ob wachs erhalten, beschäftigen müssen. dem Zeugen unabhängig von dem Projekt der Kaiserinsel etwas bekannt ist von einer geplanten Reform der Aushebung der Garde­truppen.

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Rechtsanwalt Liebknecht  : Ich beantrage ausdrücklich und bitte hierüber einen Gerichtsbeschluß herbeizuführen, daß der Zeuge gefragt wird, ob ihm Einzelheiten des Projektes an sich bekannt sind, ab­gesehen davon, daß ihm das ganze Projekt nicht bekannt ist. Es kann doch ein teilweiser Wahrheitsbeweis angetreten werden. Der Gerichtshof zieht sich zur Beratung zurüd. Vorsitzender: Die Frage wird als nicht zur Sache

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erwählte Vertreter Berlins   wird von Schelmenrichtern verurteilt, ein Johann Jacoby   wird zum Kerker verdammt. Hätte Berlin  Mut, es müßte ihn jezt in demselben Augenblick zum Ehrenbürger machen. Aber es regt sich nichts, es bleibt alles gemütlich stille. Diesem Volke fehlt der Sinn für die Demonstration", wie ihn die Italiener und selbst die Franzosen   noch haben. Unfre Regierung unternimmt einen Kabinettskrieg zu dem Zwecke: die Erhebung des deutschen Geistes niederzuhalten, sie unternimmt ihn in dem Augenblicke, wo sie die Verfassung tödlich verletzt, den Ver­tretern des Volkes das Hauptrecht des Volkes, die Budget­bewilligung und die Teilnahme an der Gesetzgebung( in der Heeresorganisationsfrage) zerrissen vor die Füße geworfen hat,

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und die Fortschrittler und ihre Weiber sammeln Geld, Wäsche, Kleidung und Charpie für diesen Krieg, und die Theater und Reiterbuden geben gefüllte Vorstellungen, um den Kriegern Wilhelms Strümpfe und Unterhosen zu schaffen. die Maler und Bildhauer Berlins   geben Bilder zur Berlosung, zur Unterstützung der Verwundeten.

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Der vorstehend mitgeteilte Brief, der sich stellenweise liest, als rührte er aus unsren Tagen her, bildet einen interessanten Beitrag zur Charakterisierung jener Glanzzeit des Liberalismus", auf die unsre heutigen Fortschrittler mit so großem Stolze hinzuweisen bes aktion bestand damals schon fast genau in demselben Maße wie heute. lieben. Die jämmerliche Schwäche des Freisinns gegenüber der Res Und das, obgleich die Fortschrittspartei auf dem Gipfel ihrer Macht thronte und von der socialdemokratischen Bewegung, die ja nach der Behauptung Eugen Richters den Sieg der Reaktion verschuldet hat, kaum überhaupt die Rede war!

Als

Das Reichsgericht erhält einen neuen Präsidenten. Nachfolger v. Dehlschlägers, der seit 1891 das Amt verwaltete, ist feitens des Bundesrates der bisherige Direktor im Reichs- Juſtizamt Geh. Rat Gutbrod vorgeschlagen worden. Gutbrod ist Württem berger von Geburt und hat sich hauptsächlich auf civilistischem Gebiet bethätigt. Er gehört seit fast 25 Jahren dem Reichs- Justizamt an. An die bisherige Stelle Gutbrods tritt der vortragende Nat im Reichs- Justizamt Dr. Hoffmann.

Die Ersatswahl im 15. sächsischen Wahlkreise foll nach Zeitungs­meldungen auf den 17. November angesezt worden sein. Amtlich ist der Termin bisher noch nicht gemeldet.

,, Noch ist Polen   nicht verloren." Das Lied Noch ist Polen   nicht verloren" war in einem populären polnischen Buche Die Erzählungen des Großvaters" wiedergegeben. Die Graudenzer Staatss anwaltschaft erblickte in dem Buch und speciell in dem Lied eine Aufreizung zu Gewaltthätigkeiten und strengte gegen den Abgeordneten Kulersti soll sich als Verleger der Rulerski die Klage an. Gazeta Grudziadska" noch des Lotteriebergehens schuldig gemacht haben, weil das Buch als Rätselprämie vergeben wurde. in der Verhandlung vor der Strafkammer beantragte der Staatsanwalt gegen Kulersti vier Monate Gefängnis und 500 Mark Geldstrafe. Der Verteidiger erinnert daran, daß das gefährliche Lied Noch ist Polen   nicht verloren" auf den Schlachtfeldern des Krieges von 1870 von föniglich preußischen Militärkapellen gespielt worden sei, als es darauf ankam, die im deutschen Heere stehenden Polen   zum Kampfe anzufeuern. Das Gericht verurteilte Kulerski zu 400 M., den Re dakteur Piechowski zu 50 M. Geldstrafe.-

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Wegen Majestätsbeleidigung angeklagt stand am Montag eine Arbeiterin Pauline Kaiser aus Woischwitz in Schlesien   vor der Breslauer Straffammer. In den Tagen, da die serbischen geOffiziersmörder ihre blutige Revolution verübten, soll die Angeklagte bei der Feldarbeit zu ihren Mitarbeiterinnen eine ordnungswidrige" Bemerkung gemacht haben, die auch im Zusammen­Gott verhüte, daß die Zeiten wiederkommen, wo auch aus diesen hang stand mit dem Attentatsversuch der Frrsinnigen Schnapka in Landesteilen 8ehntausende in die Fremde auswandern Breslau   auf Wilhelm II.   Die unter Ausschluß der Deffentlichkeit mußten, um ihr Brot zu suchen. Möge es uns befchieden sein, geführte Verhandlung endete mit Freisprechung. Die Angeklagte ist dem Zuwachs Brot im eignen Lande zu bieten; das ist nur möglich führt aus, daß in der Regierung keine Neigung zu herrschen scheine, ge toefen, entschied verständigerweise das Gericht. Mysteriöse Andeutungen. Die liberale Saalezeitung" in Halle fich des beleidigenden Charakters ihrer Aeußerung nicht bewußt wenn wir das Ausland zum Teil dafür bezahlen laffen, wie es jetzt geschieht. Die Zahlen unsrer Ausfuhr den Scharfmacherwünschen zu folgen; man gedente in andrer Weife sind und das ist unser Glück München  , 21. Oktober. In der gestrigen Situng des die Gesundung der modernen Arbeiterbewegung" in den letzten drei Jahren fort­während rapide gestiegen; im vorigen Jahre hat sie nahezu fünf herbeizuführen. Im Zusammenhang mit diesen Vermutungen er- Finanzansschusses wurde bei der Beratung des Militär­Etats fonstatiert, daß die Soldatenmißhandlungen in der bayrischen Milliarden erreicht, ein Ziel, das vor zehn Jahren noch unmöglich zählt das Blatt: Der Kriegsminister bes erschien. In diesem Betrage sind reichlich drei Milliarden Löhne Vielleicht hängen damit jene geheimen Konferenzen zusammen, Armee wesentlich zurückgegangen seien. und Gehälter enthalten. Der indirekte Nugen ist noch viel größer. die seit einiger Zeit hier und da abgehalten werden und den merkte, daß der Etat für 1904 voraussichtlich keine besondere Vers Das Geld, was die Arbeiter und Beamten einnehmen, wird ausgesprochenen 8wed verfolgen, Mittel und Wege stärkung der Armee bringen werde. Bezüglich der angeregten be­am nächsten Tage wieder ausgegeben; und es fließt so zurück zur Einleitung dieses Gefundungsprozesses ausfindig dingten Verurteilung wird von Regierungsseite mitgeteilt, daß diese in andre Kanäle, zum Teil in die Taschen der Herren Land­zu machen. Hier in Halle haben sie begonnen und in Frage mur im Einvernehmen mit den andren Bundesstaaten gelöst wirte, und trägt so wesentlich dazu bei, diesen den schweren Berlin   sollen sie demnächst, wie wir in Erfahrung ge- werden könne. Ob diese Maßnahme sich aber für militärische Ver­Kampf zu erleichtern, den sie gegenwärtig zweifellos auszufechten bracht haben, fortgesetzt werden. Männer aus allen Kreisen sind hältnisse eignet, erscheint dem Kriegsminister zweifelhaft. es, die an ihnen teilnehmen, Männer vom Hofe und von der haben. Regierung, von der Hochfinanz und von der Großindustrie, aus Handel und Gewerbe und aus dem Beamtentum, Männer auch, die inmitten der nationalen Arbeiterbewegung stehen. Adel und Bürger­tum find gleichmäßig in diesen Konferenzen vertreten, und wenn die Ergebnisse ihrer bisherigen Beratungen auch noch streng geheim ge- Ein gestern aus dem Distrikt Grootfontein in Windhoek   eins halten werden, so fehlt es doch nicht an Anhaltspunkten dafür, daß die getroffener Bater der katholischen Mission hat die bestimmt lautende wenigen Stimmen, die auf den ebenso ausgetretenen wie Nachricht von der Ermordung einer deutschen Familie, gefährlichen Wegen der Ausnahme Gefeßgebung be- Paasch, sowie zweier ferneren Weißen durch Obambos mits harrten und in ihrer Verfolgung die einzige Möglichkeit sahen, etwas gebracht. Sollte sich dies bewahrheiten, so würde ein Eingreifen zu erreichen, so gut wie völlig beiseite geschoben der Truppe nicht zu umgehen sein. Allem Anschein nach hängt dies worden sind. Ob und inwieweit die leitenden Kreise zu jenen feindliche Vorgehen der Ovambos mit der seiner Zeit gemeldeten Konferenzen in Beziehungen stehen, entzieht sich zunächst noch beabsichtigten Gründung einer Missionsniederlassung am unfrer Kenntnis; ihre Zusammensetzung aber läßt der Vermutung Okavango  , der sich die Eingeborenen widersetzten, zus Raum, daß es der Regierung nicht unerwünscht fein wird, aus den sammen. Verhandlungen Anregungen für ihre fernere Stellungnahme der Ein Krieg mit den ziemlich gut und start be Socialdemokratie gegenüber zu gewinnen."

Wir wollen hoffen, daß die gegenwärtige Beriode, die ihren Abschluß finden muß in der Erneuerung der Handelsverträge, ein neues Lustrum von 10-12 Jahren oder noch länger bringt, in welchem wir unter gesicherten Verhältnissen weiter produzieren fönnen.... Möge es uns beschieden sein, nicht nur die Kämpfe im Innern zu bestehen, sondern auch vor allem die Gegensäge im internationalen Handel in derselben friedlichen Weise auszufechten, wie es in der großen politischen Welt in den letzten Jahrzehnten möglich gewesen ist. Behalten wir den Frieden nach innen, den Frieden nach außen auf handelspolitischem Gebiete, so ist der Schaffenstraft des deutschen Volkes ein großes Feld beschieden. Ich will von Herzen hoffen, daß das der Fall sein möge."

Positives hat der Minister nicht verlauten lassen. Immerhin zeigen seine Ausführungen nicht, daß die Regierung sich wohl fühlt bei der Aufgabe, mit dem agrarischen Zolltarif, den sie sich bereitet, Handelsverträge abschließen zu sollen. Der Minister betont die Notwendigkeit der Erhaltung und Förderung der industriellen Aus­fuhr für die deutsche Industrie und ihre Arbeiterschaft, aber er ist Mitschuldiger des unsinnigen Zolltarifs, dem es zu verdanken ist, daß die Handelspolitik Deutschlands   nicht längst geregelt ist.-

Graf Hülsen- Häfeler als Zenge.

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Selbst die bürgerliche Presse widmet dem Verhalten der feudalen Zeugen im Kaiserinsel Prozeß einige sanfte mißbilligende Be­trachtungen. Namentlich der Chef des Geheimen Militärkabinetts, Graf Hülsen Häseler, und der Hofmarschall der Kaiserin, v. Mirbach, trugen ihre persönliche Rangwürde vor dem Gericht zur Schau, wie es wohl noch niemals bei Zeugen in preußischen Gerichtsstuben erlebt worden ist. Sie fühlten sich geradezu als Vor­gesetzte des Staatsanwalts und der Richter, von ihrer Stellung zu den Anwalten und den Angeklagten ganz zu schweigen.

Unter diesen Umständen dürfte es angemessen sein, insbesondere den Anfang der Vernehmung des Grafen   Hülsen- Häfeler na ch dem Stenogramm iviederzugeben. Nachdem Herr v. Hülsen­Häseler die Frage nach seinem Namen unbeantwortet gelassen hatte, weil er seine acht Vornamen nicht auswendig wisse er holte sich dann aus der Tasche einen Zettel, auf dem er seine Namen notiert hatte gestaltete sich die Unterhaltung wie folgt:

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Borsitzender: Ist Ihnen ettvas bekannt von einem Projekt in Hofkreisen, dahin gehend, für den Kaiser in Pichelswerder ein Schloß gu errichten mit besonderen Sicherheitsmaßregeln? Zeuge: Nicht das geringste.

Vorsitzender: Auch nicht, daß etivas ähnliches aus dem Hof­marschallamt des Kronprinzen hinausgegangen ist? Zenge: Nein.

Rechtsanwalt Liebknecht  : Ist Ihnen etivas davon bekannt, daß es geplant war, die Aushebungsart für die Gardetruppen zu ändern? Zenge: Auf solche Fragen verweigere ich die Aussage. Rechtsanwalt Liebknecht  : Es handelt sich nicht darum, daß Ihnen ctivas derartiges amtlich bekannt ist, sondern außeramtlich. und in Bezug darauf dürfen Sie Ihr Zeugnis nicht verweigern. Zenge: Außeramtlich ist mir nichts bekannt. Rechtsanwalt Liebknecht  : Ich meine, ob außeramtlich, in Hof­freifen, darüber gesprochen ist.

Zeuge: Ich habe überhaupt nur amtliche Sachen im Auftrage Sr. Majestät zu bearbeiten. Mein Kabinett heißt Geheimes Kabinett|

Das sind dunkle Andeutungen ohne Wert. Sollte aber an der artigen Konferenzen etwas Wahres sein, so haben wir unser herz­liches Wohlgefallen an den Bemühungen um die Gefundung der modernen Arbeiterbewegung". Es ist reizvoll, wenn die Blinden und Lahmen zusammenkommen, um die Gesunden zu turieren.

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Aus der Blütezeit des Liberalismus. In dem soeben von Ludwig Geiger   herausgegebenen Werke Aus Adolf Stahre Nachlaß" findet sich unter anderm ein vom 7. Juli 1864 datierter Brief Stahrs, in welchem dieser bekannte Litterarhistoriker seinem Unmute über die damaligen politischen Zustände Preußens in heftigen Worten Ausbruck giebt. Wir heben daraus die folgenden Stellen hervor:

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Die Fortsetzung der Etatsdebatte in der Abgeordneten lammer am Mittwoch brachte Reden des konservativen Abgeordneten Bech, des Dr. Pichler( C.) und des Abg. Adolf Müller( Soc.).- Krieg in Deutsch- Südwestafrika   in Sicht. Aus Windhoek   wird vom 17. September der National- Zeitung" berichtet:

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waffneten Ovambos, die ihre Waffen und Munition durch portugiesische Händler ungehindert seit Jahr und Tag beziehen, kann sich recht schwierig gestalten. Glücklicherweise ist die Regierung im Befiz eines sicheren Startenmaterials und sonstiger, das feindliche Gebiet des Häuptlings Himarura betreffenden Nach richten, die von Offizieren und Beamten an Ort und Stelle auf­genommen worden sind. Es fragt sich nur, ob die vor handenen Truppen zu einer aussichtsvollen & rpedition ausreichen würden und ob das Zusammen­gehen der über das ganze Schutzgebiet zerstreuten Besagungen nicht auf politische Schwierigkeiten stoßen wird. Dieser neue Kriegszug wäre also wieder einmal die Folge auf­dringlicher Belehrungswut!

Ausland.

Die belgischen Gemeindewahlen.

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Es giebt keine unparteiische Gerechtigkeitspflege mehr in diesem Preußen, keine allgemein gültige Norm für das, was strafbar ist und nicht. Die hiesige Zeitung Reform" bringt einen Artikel, der das Adeln bürgerlicher Offiziere für Tapferkeit an- Noch immer ist es unmöglich, ein ganz genaues Bild von greift und bleibt unverklagt. Dr. Minden in Königsberg   brudt dem Endresultate der belgischen Kommunal. in seinem Blatte Telegraph" diesen selben Artifel a b, und wahlen zu geben, da gegen 200 Orte mit vielen Hunderten von wird angeklagt und zum Kerker verurteilt!! Der Stadtgerichtsrat Bureaus in Betracht kommen, in denen die Wahlen stattfanden. Twesten in Berlin   und der Kreisrichter Forstmann( beide Mit- Soviel aber steht bereits fest: die Socialisten haben sich helden­glieder des Abgeordnetenhauses) thun ein und dasselbe Ding, fie mütig geschlagen, fie find wenn auch nicht erheblich vorwärts unterzeichnen einen und denselben Wahlaufruf. Sie werden an- doch sicher nicht zurückgegangen, und Blätter wie die geflagt, westen wird mit einem Verweise" bestraft, Forstmann Kölnische Zeitung  " und andre haben im Grunde genommen feine mit Strafverfeßung" und 50 Thaler Geldstrafe! Also: was Veranlassung, so voreilig von großen Siegen der Liberalen( resp. in Berlin   frei ausgeht, wird in Königsberg   bestraft, was A. und B. der Klerikalen) zu berichten. Die Dinge liegen in Wirklichkeit Gleiches thun, wird mit den allerungleichsten Strafen belegt. Und so, daß je nach den lokalen Verhältnissen der einzelnen Orte warum nicht? Wir leben in einem absolut geseblosen Zustande. die Socialisten sich gezwungen sahen, fich der verschiedenen Die Verfassung ist faktisch von Bismarck   vernichtet, und Er Taktik zu bedienen: hier auf die eigne Kraft vertrauend, hat die Gewalt und ihre Uebermacht. Jezt zeigt sich, was ich den Kampf gegen die Meritalen und Liberalen aufzunehmen, dort vor Jahren vorausgesagt: wie schwer sich die Kammer von 1858 bis 61, die Vinkesche Kammer der Gothaer und das erste Ministerium der neuen Aera( Schwerin   usw.) am Lande ver­fündigt, und ebenso welch ein Fehler es war, daß die Fortschritts­fammer nicht im Jahre 1863 schon dem Minister Bismarck   ihr Mandat vor die Füße warf.

wieder vereint mit den Liberalen gegen die Kirchlichen vorzugehen! Demgemäß haben sich denn auch im einzelnen alle nur erdenklichen Sombinationen von Siegen bezi. Niederlagen ergeben: Hier siegte die ganze Liste der Socialisten, dort erlagen die Klerikalen den vers einigten Liberalen und Socialisten, an einem dritten Orte siegten nur Liberale, an einem vierten nur Klerikale, an einem fünften Diese Fortschrittler haben kein Pathos, keine Leiden- Klerikale und Liberale gegen Socialisten usw. usw. schaft edlen Hasses und gründlichen Zorns gegen Unrecht und ihre Vor allen Dingen aber ist noch zweierlei zu berücksichtigen: Tyrannen. Da liegt's Ohne diese Leidenschaft kfein Erfolg, Ganz abgesehen von einer ganzen Anzahl noch fehlender Resultate ohne Funken feine Flamme, der Feuerstrahl der Thrannei schlägt bleibt auch noch der Ausfall einer Reihe von Stichwahlen abzu­auf Holz bei ihnen, nicht auf den funkensprühenden Stein. Der warten! Und dann: Unter was für einem System finden denn