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Nr. 128.

Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mr.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.

Vorwärts

9. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Bern spred- Anschluß: Amt I, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 3. Juni 1892.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Die Wohnungsfrage mürbe, fo fällt für die reiche Induſtrie- Bourgeoisie in Crefeld Gewissen mit Vorträgen und Debatten über die Wohnung3­und die Bourgeoisie. Jahre 1879 wurde ben niederrheinischen der Bergische Verein für Gemeinwohl" vor einigen Tagen

dieser Einwand völlig in sich zusammen. Bereits im verhältnisse der minder bemittelten Volksklassen", wie sich Zegtiltapitalisten von autoritativer Seite in Düsseldorf zu seiner 6. ordentlichenGeneralversammlung einen Mitte vorigen Monats( Mai 1892) trug sich im Mittel- e in Spiegel vorgehalten, in welchem sie solchen halten ließ. Aber sie läßt selbst hierbei den punkt der niederrheinischen Textilindustrie, in Crefeld , eines das Wohnungselend ihrer Arbeiter genau Pferdefuß herausschauen, wenn der Vortragende ausführt, wie ein wichtiges Moment sei vor Allem auch darin zu er jener fürchterlichen Brandunglücke zu, bei denen die Prole so erkennen tonnten und sollten,

tarier als Opfer ihrer gesellschaftlichen Lage die Beute für es das neueste Brandunglück wieder auf- blicken, daß in dem kleinen Manne die Lust geweckt die Flammen liefern müssen, und welche die bürgerliche gedeckt hat. In jenem Jahre veröffentlichte wird zu arbeiten, um so bald in den Besitz eines Bresse als nerventigelnde Schauergeschichten neben den Alphons Thun, der Lieblingsschüler preußischer Geheimer eigenen Heims zu gelangen". Und dann kommt auf einmal Mordthaten und Ehebruchsstandalen wollüstig durch ihre räthe und Professoren, sein treffliches Buch" Die Juduſtrie ein Brandunglück, wie das Krefelder , um den ganzen Hohn Spalten schleppt. Das vom Brand betroffene Haus war am Niederrhein ", in welchem er rücksichtslos den Schleier dieser Worte erkennen zu lassen und die Ohnmacht der nach diesen Berichten ein altes zweistöckiges Gebäude, und von den grauenhaften Arbeiterzuständen der Textilbezirke kapitalistischen Klasse, an den schauerlichen Zuständen Man möchte irgend etwas Nennenswerthes zu ändern, unbarmherzig zu wurde( wir folgen hierin der unverdächtigen bürgerlichen Aachen , Krefeld , Gladbach und Rheydt zog. Crefelder Zeitung") in seinem oberen Stock von vier glauben, Thun hätte die niedergebrannten Wohnungen be- offenbaren! In diesem Sinne spricht das Drama, von welchem Familien bewohnt, wovon eine, die Familie des Strumpf- fucht, wenn er schreibt( Bd. 1, S. 57): winters Droffert, aus den Eltern und neun zum größten In diesen Räumen, welches Elend! Hier eine Frau, wir ausgingen, mit den Feuerzungen des verheerenden Theil noch kleinen Rindern besteht; im ganzen sollen welche sich einfam auf dem Schmerzenslager wälzt, während der Elementes, das eine Proletariermutter und sechs Kinder 28 Kinder in dem Hause gewesen sein. Die Schlafstätten Mann dem Erwerb in der Fabrik nachgehen muß; dort ein dem Tode in ihrer elenden Behausung überlieferte, zu den der Familien lagen zumeist gleich unter dem Dach in 4-5 rheumatischer Greis, von Weib und Kind verlassen; je höher Arbeitern. Die bürgerliche Gesellschaft bedeutet die Er man steigt, desto größer wird das Elend. Endlich auf der haltung des Elendes nicht blos in der Wohnungsfrage, die engen Stuben mit zusammen 7 Strohbetten; den ganzen Dachtammer macht es halt, hier fann es nicht mehr über- enderung kann nur durch uns und aus uns, aus dem Dachsöller durchlief ein Gang; in diesem muß nach Aussage troffen werden: ein enger quadratischer Raum von 5 Schritt der gegenüber wohnenden Nachbarn der Brand kurz vor 11 Uhr Nachts zuerst ausgebrochen sein. Der aufsteigende Qualm muß in ungeheuerer Stärke in die Stuben ein­gedrungen sein und so wohl bei den meisten, wie sich aus dein Befund der Leichen ergab, den Erstickungstod herbei­geführt haben. Man fand die Leichen theils im Bett, mehrere aber auch unter demselben liegend. Von der Fa­milie Droffert wurden der Vater, sowie ein 16jähriger Sohn Namens Ernst, die sich noch über das Dach retten formten, schwer verwundet ins Krankenhaus ge­bracht, dagegen die Mutter, die im Hembe in einer Ede zusammengetauert lag, nebst sechs Kindern, sämmtlich Knaben im Alter von 6 Wochen bis zu 18 Jahren, todt aus den Trümmern her­vorgeholt.

im Durchmesser, so niedrig, daß der Hut faft die Decke berührt; an Proletariate, kommen. der Wand in einem Baumstumpf ein mehrfach zerbrochenes Glas, welches rücksichtsvoll das blaffe Antlig nicht mehr wider­spiegeln will, dann ein hinkender Tisch und ein breites Bett als einziges Ameublement! In diesem leeren Raume ohne

Spur irgend welcher Behaglichkeit und eines Schmuckes fist Politische Lebersicht.

beim zappelnden Säugling eine abgehärmte Frau und sucht ihn zu stillen. Nachts bevölkert sich der Raum... dann werden die Strohsäcke unter dem Bette hervorgezogen und bald wälzen sich die neun Personen im engen, dumpfen Raume. aus Kein Fenster zum Lüften ist da, nur oben im Dache eine Luke von 1 Fuß Länge und 1/2 Fuß Breite. Auf diese Scheibe praffelt die ganze Nacht der Regen, und durch dieses Guckloch brennt den langen Tag über die Sonne; doch mag sie scheinen Tage lang, Jahre lang, sie bringt sie endlich heraus: all die Noth, die hier verborgen!"

Weshalb wir den traurigen Fall so ausführlich wieder­Co packend malte ein bürgerlicher Sozialpolitiker bereits geben? Weil sich an ihm die ganze Ohnmacht vor zwölf Jahren all die Noth, all das Elend", das desto der bürgerlichen Gesellschaft, an unseren sozialen Miß- größer wird, je höher man steigt", und wenn seine Schil­ständen, sei es auch nur an der Wohnungsfrage, irgendwie berung 1879 nach einem Aachener Muster entworfen war, Erhebliches zu bessern, mit klassischer Deutlichkeit zeigt. so zeigt uns der neueste Brand in Krefeld , daß die Wohnungs­Das vom Brandunglück heimgesuchte Gebäude war, wie die misère seit langer, langer Zeit eine allgemeine Erscheinung Schilderung des bürgerlichen Lokalblattes zeigt, ein echtes im niederrheinischen Kapitalistenbezirk ist, da wie dort, in und rechtes Proletarier- Wohnhaus, früher vielleicht für eine jedem der Industriemittelpunkte, die sich stolz Metropolen Die nieder­einzige bürgerliche Familie eingerichtet, dann aber zur Er- des deutschen Gewerbfleißes" nennen. zielung möglichst hoher Miethen mit Arbeiterfamilien in rheinische Bourgeoisie ist also gewarnt vier Familien mit über und gemahnt seit langen Jahren- ganz ungeeigneten Räumen 20 Kindern in fünf elenden Dachkammern auf fieben Stroh was hat sie zur Hebung des unendlichen Fammers betten vollgepfercht. Solche Gebäude findet man ja gethan? Nichts, gar Nichts! Sie überläßt zu Hunderten in den älteren Theilen größerer Städte. den Proletarier nach wie vor seinem grenzenlosen Elend; Aber wenn andere Städte vielleicht die Entschuldigung ge- fie baut vielleicht da und dort ein paar Arbeiterhäuser" brauchen könnten, sie hätten von solch krassem Elend keine für brave, gutgesinnte Schäflein der großen Heerde, welche Ahnung, obgleich auch dies nach den bekannten Erhebungen die christliche Arbeitsordnung" der frommen Herren im Bezirk Frankfurt a. M. u. s. w. meist nicht zutreffen Brandt und Genossen befolgen. Sie täuscht ihr schlechtes

-

Feuilleton.

Macbrud verboten.]

Am Webstuhl der Zeit.

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Zeitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster .

unter ihnen eintreten könnte?"

und

Berlin , den 2. Juni.

Molochs Thaten. Der Vossischen Zeitung" wird Paris mitgetheilt:

In einer Arbeit, die Dr. Lagneau der Akademie der Wissenschaften vorgelegt hat, sucht er nach amtlichen Quellen Frankreichs Verluste an Menschenleben bur ch die Kriege des abgelaufenen Jahrhunderts von 1791 bis 1890 zu berechnen. Die Zahlen, die er findet, find grauen­haft. In Betreff der Verluste von 1791 bis 1799 ist man auf Schäßungen angewiesen. Zu den Fahnen wurden in jenem Beitraume 2 080 000 Franzosen berufen. Von ihnen fielen dem Grafen Garnier zufolge 720 000 Mann, nach anderen Demo­graphen( Schilderern des Volkswesens) aber 1500.000. Bon 1799 bis 1815 dienten 3 153 598 Mann. Vor dem Feinde blieb eine Million, doch kam eine andere Million in den Krankenhäusern und Lagern um. Von 1815 bis 1851 waren die Verluste troß des Feldzuges in Griechen­ land und Algerien gering. Im Krimkriege starben 95 615 Franzosen; 10 240 auf dem Schlachtfelde, 85 375 in den Krankenhäusern. Der italienische Krieg kostete 12 173 französische Leben. Die Verluste des merikanischen Feld­zugs wurden nie bekannt gegeben. Doch läßt sich berechnen, daß alle Abenteuer des Kaiserreichs von 1851 bis 1869 356 000 eben hinrafften. Den Verlust des 1870er Krieges findet Dr. Lagneau mit folgender Methode: 1866 hatte Frank­ reich ) 38 192 064 Einwohner, von denen auf die verlorenen Ge= 1872 wurden 36 102 921 Ein­bietstheile 1597 238 kamen. wohner gezählt. Vor 1866 vermehrte sich die Bevölkerung jähr lich um 3,6 auf 1000. Die Vermehrung hätte also von 1866

zu befürchten, denn eine Genossenschaft hat keine kostspieligen Ich möchte jetzt gern noch etwas von Ihren An­Leidenschaften und Liebhabereien, wie die Privat- fichten über die Vortheile der genossenschaftlichen Arbeit unternehmer, fie spekulirt auch nicht, kann und darf nicht hören." spekuliren, fie unterliegt keinen zufälligen Auflösungen, feinen" In den Genossenschaften werden Arbeiter herangezogen, Privatereignissen, sie kann nur Mitglieder verlieren, die die unter einander selbst Ordnung und Zucht halten. An sofort durch Neueintretende ersetzt werden, und die Neuen Stelle der abscheulichen Anarchie der Konkurrenz, durch wie die Alten verfolgen dasselbe Geschäftsprinzip." welche jährlich Millionen von erarbeiteten Werthen un " Und fürchten Sie nicht, daß eines Tages Anarchic brauchbar gemacht und ewige Krisen erzeugt werden, tritt ein vernünftiges Verhältniß zwischen dem, was gebrauch und dem, was erzeugt wird, ein; statt gegenseitiger Ueber " Anarchie?! Herr von Hohenhausen , was verstehen vortheilung, Ueberrumpelung, wenn nicht gar Beschwindelung: Die Vermögenden bezahlen doch den größten Theil." Sie unter dem Worte Anarchie"?" besonnenes, würdiges Handeln. Sie haben es erfahren, in " Womit? Mit ihren Renten, Zinsen und Geschäfts-" Nun, ich meine einen Zustand, in welchem Niemand welche Lage selbst der Staat geräth, wenn eine Katastrophe gewinnen, die sie aus der Arbeiterklaffe ziehen! Denn sie melr sich einer Ordnung fügen und Jeder thun will, was an ihn herantritt. Das Kapital zieht sich zurück, Arbeits­werden doch gesehen haben und, wenn nicht, dann täglich ihm beliebt." lofigkeit tritt ein, Jeder legt die Hand auf das Kapital, sehen können, daß die Besitzenden bei aller Höhe der Steuern Exzellenz, solch eine Anarchie war nur möglich, wenn welches er unter dem Schutze des Staates erworben, vor nicht ärmer, sondern immer reicher werden. Was die Produktiv- zu Beiten eine tyrannische Regierung sammt den Zuständen, allen Dingen aber auf das Tauschmittel, das baare Geld Assoziationen anbelangt, so betrachten unsere klarer brein- die sie geschaffen, durch ein empörtes Volk und durch eine und flüchtet es wohl gar ins Ausland. Könnte so etwas schauenden Freunde und Genossen dieselben auch nicht als plögliche That über den Haufen geworfen wurden, ohne von Genossenschaften erwartet werden, die sich eins mit dem ein Radikal, sondern nur als ein Linderungsmittel, wären daß sich die Empörten vorher über eine neue beffere Or- Lande fühlen?" Sie haben, Herr Doktor, mir so Vieles zu hören der Zeit der Krisis und als eine Art von Vorschulen für ganisation geeinigt hatten. Im Uebrigen bedeutet das tünftige Genossen, sowie als eine Unterkunft für gemaß- Wort Anarchie nur einen staatlichen Zustand, in welchem gegeben, was der reiflichen Ueberlegung bedarf, daß meine regelte Borkämpfer unserer Ideen." es Niemandem erlaubt ist, die persönliche Freiheit der unfreiwillig erlangte Mußezeit damit vollständig ausgefüllt Stantsbürger weiter einzuschränken, als es das tlar erkenn- wird. Eine andere Zeit wird kommen; andere Berhältnisse bare und nachweisbare Recht anderer Staatsbürger noth- werden Platz greifen, und die liberale Klique, welche mit wendig macht."

" Und für solche Experimente und Asyle soll der Staat, d. h. die Gesammtheit, großartige Opfer bringen?"

" Und wissen Sie nicht, daß hierüber sehr viele Meinungs­differenzen entstehen würden?

Der Staat follte sie zur Milderung unausbleiblicher Konflikte und zur Vermittelung entgegenstehender Intereffen bringen. Was für Opfer, nebenbei bemerkt, werden übrigens Sie werden entstehen; aber das Heilmittel liegt in verlangt? Ein einjähriges Militärbudget, welches in unseren Augen nuklose, ja sogar schädliche Geldvergendung ist, liefert der direkten Gesetzgebung durch das Volk selbst, und auch die Mittel zu den werthvollsten Versuchen. Und wenn Ihnen diese Gesetzgebung muß Schranken finden an den garan­dieses Opfer zu groß dünkt, geben Sie vorläufig nur ein tirten Rechten der einzelnen Staatsbürger und deren Ge­Behntheil oder nur den Kredit dafür. Verluste sind kaum meinden."

"

ihren rabulistischen Advokaten den Geldsack an Stelle der Monarchie und ihren idealeren Institutionen zu setzen be müht ist, muß in ihr Nichts zurückgeführt werden. Sie können sich versichert halten, daß wir bei Ihrem Kampfe mit jenen Leuten nicht im Wege stehen werden. Se. Majestät glaubte den Frieden des Landes erhalten zu können, indem sie die vermeintlichen Vertrauensmänner des Volkes ins Ministerium berief. Der König muß eines Besseren