Die Fortschritte des Sozialismus find nicht auf per fönliches Verdienst, oder, wie viele unserer Feinde ver- meinen, aus persönliche Schlechtigkeit zurückzuführen: sie haben ihren Ursprung in den Verhältnissen. Und wenn auch die Bedeutung des Individuums nicht geleugnet wer- den soll— das vornehmste Ziel deS Sozialismus ist es ja, das Individuum in der vernünftig organisirten Gesellschaft zu allseitigster, vollster Entfaltung und Geltung zu bringen, — so ist es doch für Jeden, der von den sozialpolitischen Bewegungsgesetzen und deren Walten einen Begriff hat, über jeden Zweifel erhaben, daß nicht in Personen, sondern in den Verhältnissen selbst die Ursache diese» reißend schnellen, und immer schneller zunehmenden Wachsthums unserer Partei und der Arbeiterbewegung im Allgemeinen zu suchen ist. Wer das Schauspiel beobachtet, welches die sogenannte zivilisirte Welt in diesem Augenblicke darbietet: die Krise in Permanenz, die zunehmende Verarniung der Massen, die Roth aus der einen Seite— die Orgien des Kapitalismus auf der andern, die immer tolleren Forderungen des Militarismus, die steigende politische und gesellschaftliche Unsicherheit, die Plan- und Rathlosigkeit in den sogenannt herrschenden Kreisen— wer dies beobachtet, die Thatsachen zusammenstellt und aus ihnen die Schlüsse zieht, zu welchen sie zwingen, der kann die Erkenntniß nicht von sich weisen: es ist ein allgemeiner Auflösungsprozeß, der sich hier vollzieht. Die alte Gesellschaft hat den Todes- keim in sich, und eine neue Gesellschaft ringt sich hervor zum Leben. Die neue Gesellschaft des Sozialismus. Und ihre Geburtshelfer das sind die Verhält- Nisse. Damit soll freilich nicht gesagt sein, daß die Entwicke- lung der Tinge unabhängig von den einzelnen Menschen sich vollziehe. Der Mensch— daS dürfen wir niemals ver- geffen— ist selber treibende Kraft, und je mehr es ihm gelingt, der Naturkräfte Herr zu werden, desto größer wird auch sein Einfluß auf die Verhältnisse. Und gerade die Verhältnisse, um welche eS sich in dem Befreiungskampfe der Arbeiter handelt: die deS Staats und der Gesellschaft— sind hervorragend durch Menschen be- stimmt und von dem Willen der Menschen abhängig. Bisher erfolgte die Gestaltung dieser Verhältnisse nach dem Willen und den Interessen der Kapitalistenklasse, welche die Aiehr- heit der Bevölkerung in materieller und geistiger Abhängig- keit von sich hält. Zum Glück ist aber die Abhängigkeit keine ewige: der Kapitalismus selbst erzeugt seiner innersten Natur nach einen Zustand der Dinge, der die Mehrheit des Volke? in immer schärferen Gegensatz zu der Kapitaliftenklasse treibt. Die Kluft zwischen der arbeitenden und der besitzenden Klasse wird von Tag zu Tag größer, die mittleren Schichten der Gesellschaft verschwinden, das Klcineigenthuni wird mit steigender Schnelligkeit vom Großkapital aufgesogen, und iimmer er- drückender wird die Zahl Derer, für welche die Herrschast deS Kapitalisnius Armuth und Elend bedeutet, während andererseits die Zahl Derer, die an der Erhaltung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ein Interesse haben, mit leichcr Schnelligkeit sich vermindert. So ist für die Mehr- it der Gesellschaftsglieder die Beseitigung der kapita- listischen Produttion im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Lebensfrage geworden— zu einer Frage von Sem oder Nichtsein. Und nachdem die Logik der Thatsachen und die Ent- wicklung der Verhältnisse so den Boden geschassen haben für die neue Gesellschaft der Freiheit, Gleichheit und Brüder- lichkeit, ist eS ein Gebot der Selbsterhaltung für die Mehr- zahl der Menschen, vor allem für die Arbeiter, die unter dem gegenwärtigen Zustand der Dinge am meisten zu leiden haben, den Neubau aufzurichten und daS Werk möglichst zu beschleunigen. Das ist in die Macht der In- dividuen gelegt. Und hier beginnt die politische Pflicht des Arbeiters. Er hat nicht blos die ganze Kraft der eigenen Person in die Waagschale des Klassen- und Besreiungs- kämpfe» zu legen— er hat auch mit aller Kraft dahin zu wirken, daß Andere dies thun und daß die Masse der ar- beitenden Volkes begreift: nur von der Arbeiter- ilasse selb st hat die Arbeiterklasse die Rettung zu erwarten. So muß der pflichttreu« Genosse nicht blos selbst Streiter sein, der unablässig seine Kraft stählt, stärkt zu dem Kampf; er muß auch Agitator, Organisator sein, der die zerstreuten Kräfte zusammenfaßt und der den Weckruf erschallen läßt an die Schlummernden und Säumigen und die frohe Botschaft des welterlösenden Sozialismus Denen verkündigt, an deren Ohren sie noch nicht gedrungen ist. „Er nennt sich Draht." „Kann passiven." Alsbald erhebt sich an einer vom Mondenschein am hellsten beleuchteten Stelle, wo ein Haufen von mächtigen Steinblöcken eine Erhöhung bildet, die Gestalt Frank's, bei deren Erscheinen sich die Anwesenden alle diesem Orte zu- drängen. „Liebe Freunde," beginnt Frank,„eS fehlt Einer in unseren Reihen; ich werde deshalb die Namen der Ge- ladenen verlese», bei deren Nennung der Gerufene sein „hier" mag laut werden lassen, damit wir wissen, wer aus- geblieben ist. Herr Hanke, wollen Sie lesen?" Der Namensaufruf ergab die Abwesenheit deS Herrn Mensch.. „Weiß Jemand Etwas über daS Verbleiben deS Herrn Mensch?" fragte Frank die Anwesenden. „Er ist nicht nach Bleichungen gekommen, konnte deS- .lb auch nicht von mir bestellt werden", berichtete '�„Sollte er Furcht bekommen haben?" fragte eine spöttische Stimme.. „Kein Mißtrauen, meine Herren, ohne«inen ausreichen- den Grund," ermahnte Frank,„und nun möchte ich fragen, ob Herr Draht gekommen?" „Hier bin ich," rief der ehrwürdige Schuhmacher- vieister. „So möchte ich fragen, wie Sie hierher gekommen?" „Ich erfuhr, da Herr Mandel sich durchaus von mir loSmache» wollte, daß cheute Besprechung sei, und da ich keine Veranlassung zum Mißtrauen gegeben, so verlangte ich, daß ich mitgenommen würde." „Es war kein Mißtrauen gegen Sie, Herr Draht, sondern nur der Wunsch, einen bejahrten Mann, der noch dazu eine zahlreiche Familie zu ernähren hat, sich nicht in gefahrvolle Unternehmungen verwickeln zu lassen," erklärte Frank. Jndeß waS würde alle Aufopferung, Pflichttreue unS helfen, wenn unsere Bewegung aller Muth, alle . M den Ent- wicklungsgesetzen der menschlichen Gesellschaft zuwiderliefe? Unser Ziel entspricht diesen Gesetzen und ist ihre Kon- s e q u e n z; und es widerspricht ihnen, waS unsere Feinde wollen. Diese Entwickelungsgesetze nebst den Verhältnissen, die sie erzeugt haben und nie rastend weiter erzeugen, sind für die Sozialdemokratie und gegen unsere Feinde. Und darum will unseren Feinden Nichts mehr gelingen, und ge lingt uns Alles. polififtfje LlcberNcklk. Berlin , den 4. Juni. Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen, und allem Anschein nach bringt es gut Wetter mit,— etwas sehr Wichtiges für die Millionen des arbeitenden Volkes, die nicht jeden Tag in der Woche Sonntag haben, und denen Pfingsten so ziemlich die einzige Zeit im Jahre ist, wo sie auf etwa? längere Zeit, als ein einfacher Ruhe- tag zwischen schwerer erschöpfender Arbeit gestattet, in der freien, grünen, duftende» Natur sich ergehen und de» Staub und Dunst der Werkstätte von sich schütteln können. Das schöne Wetter lockt mächtig hinaus und weckt die Wander lust und die Reiselust, welch letzterer freilich nur die Wenigsten zu fröhnen im Stande sind. Für diese aber, die„Wenigen", tbo few, wie die Engländer sie zur Unter- fcheidung von den„Vielen", d. h. den Millionen des arbeiten- oen Volks nennen, hat die„Reisesaison" begonnen, und die reiche und vornehme Welt— die, obgleich sie sich„die Welt" pw excellence nennt, doch zum Glück nur ein winziges Bruchtheilchen der Welt ist, die auch ohne sie sehr ;ut bestehen kann— führt jetzt ein lustiges Wander- und 'eiseleben, das ihnen wohl bekommen möge. Das Ver- „en und Nichtsthun sind bekanntlich die ermüdendsten eschäftigungen, und auch den unglücklichen Opfern der Nichtarbeit gönnen wir gern einige Pfingst-Erholung.— Wo Alles reist, können die höchsten Spitzen der Ge- sellschaft— die Fürsten und fürstlichen Familien— natür- lich auch nicht zu Hause bleiben; und so hören wir jetzt denn sehr viel von fürstlichen Reisen. Es wäre uns lieber, und den hohen Reisenden sicherlich angenehm, wenn wir weniger davon hörten. Und hier eine Frage an die Adresse der dienstfertigen Schreiblakaien, welche an jede sürstliche Reise weltgeschichtliche Kombinationen knüpfen. Was verschlägt es der Welt, ob der bedauernswerthe Mann, der Zar von Rußland heißt, in Kopenhagen , Kiel oder Gatschina polizeilich beschützt wird? Doch Pfingsten klopft an unsere Redaktionsfenster. Keine langen Betrachtungen! All unseren Lesern, all unseren Freunden, allen die sich freuen können, fröhliche Pfingsten!— Bundesrats). Das Wolff'sche Bureau tele- graphirt: Der BundeSrnth beschäftigte sich in der am 2. d. M. ab- ehaltenen Plenarsitzung zunächst mit Zoll- und Steuerangelegen- eilen: der zollfreien Ablassnng von Netze» für die Hachsee- sischerei, der Zulassung gemischter Privat-Transittager ohne amtlichen Milverschluß für Getreide in mehreren Städten, der Ab- änderung der Borschriften über die Rückvergütung der Brau- steuer bei der Aussuhr von Bier, endlich Anträgen auf Rück- Vergütung gezahlter Zolldeträge. Dein Entwurf von Aus- führungsvorschriften zu dein Gesetz, betreffend die Unterstützung von Familien der zu Friedensüdungen einberufenen Mann- schasten, sowie dein Antrage Badens auf Abänderung des Etats der Zoll- und Salzstener- Verwaltungskosten wurde die Zu- ftimmung ertheilt. Die vom Reichstage überwiesenen Petitionen wegen Abänderung des Handelsgesetzbuches, der Gewerbe-Ordnung, der Zivilprozeh-Ordnung und der Konkurs- Ordnung wurden dem Reichskanzler übergeben. Dem Beschluß d-S Reichstags, eine Petition, betreffend die Aufnahme von Bestimmungen über Jagdrecht und Ersatz von Wildschaden in das künftige Bürgerliche Gesetzbuch, dem Reichskanzler als Material für die Prüfung der Frage zu überweisen, ob und eventuell nach welcher Richtung hin Bestimmungen über Jagd- recht und Ersatz von Wildschaden in daS künftige deutsch « Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen seien, beschloß die Ber- sammlung keine Folge zu gellen. Nur immer langsam voran! Oder womöglich: gar nicht voran! Das ist die Losung deS Berliner Bundesraths wie weiland des Frankfurter Bundestags.— Das Gesetz über die Vorbereiknug des Krieas- ustandes iu E'lsast-Lothringcu wird heute im„Reichs- "nzeiger" veröffentlicht.— z« A „Die Geno wssenschaft hat mich vorm Untergang gerettet, darum will ich mit der Genossenschaft stehen und fallen, und Gott wird weiter helfen. Mein Beispiel, mein graues Haupt wird Allen nützen, wenn eS nicht mein Geist oder Arm thut." Ein Gemurmel der Zufriedenheit durchlief die Reihen der Anwesenden. „Sie sind willkommen, Herr Draht," rief Frank und fuhr dann fort: „Freunde, wir haben Euch an diesem abgelegenen Orte »isammeukommen lassen, um Eure Willensmeinung zu hören. Eine unerhörte That nach der andern ist von diesem Ministerium ausgegangen; nicht einmal versammeln dürfen wir uns mehr, um unsere Interessen zu berathen; unsere Freunde werben ohne allen gesetzlichen Grund verhaftet; die Mühen und Opfer, die heißen Bestrebungen und einzigsten Hoffnungen der Arbeiter werden auf eine brutale und frevel- hafte Weise vernichtet und zerstört. Die durch unsere eigene Kraft errichteten Genossenschaften, der für so Viele Trost bringende Konsumverein, die gänzlich gefahrlose Volksbank, unser geistiges Band, das„Volksblatt", sind verboten durch ein Ministerium, welches sein Dasein dem Wider- stände verdankt, welchen es gegen ein heiliges Volks- recht, das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht, vorgeschlagen von einem konservativen Ministerium, geleistet. Aller Boden der Existenz wird uns unter den Füßen entzogen, alles Recht mit Fußen getreten, die Lebensluft wird uns abgeschnitten, und nun kommen wir, um Euch zu fragen, was Ihr glaubt, daß wir thun sollen: noch länger fried- liche Mittel versuchen, oder zum letzten äußerste», zur Gewalt greifen?" „Zur Gewalt, zur Gewalt!" riefen die Stimmen mit einer furchtbaren Einhelligkeit aus. Jetzt trat Lauge auf und rief: „Freunde, denkt nicht, ich sei weniger entschlossen wie Ihr, wenn ich zur Mäßigung rathe. Mir blutet das Herz, Fabrikinspektoren und Bourgeoispresse. Für dr ultramontane„Kölnische Volks-Zeitung" sind die Wort» dazu da, um den Sinn der Sprache zu verdrehen und ver bergen. Um unseren Nachweis, daß die Einzelberichte bei österreichischen Gewerbe-Jnspektoren den dortigen Genossen. schasten(Innungen) ein komplettes Unfähigkeitszeugniß be- züglich der Bekämpfung der Lehrlingsschinderei ausstellen, scheinbar zu entkräften, beruft sich das.fromme Blatt im heiligen Köln auf eine Aeußerunz des einen Wiener Inspektors, indem es die von uns angeführten Stellen aus den Berichten der Brünner, Pilsener und Jnnsbrucker In- spektoren hübsch todtschweigt, und auch die Thatsache, daß die Behörden fortwährend die Innungen an ihre Pflicht gemahnen— als wenn das Letztere nicht gerade unsere Darstellung schlagend bestätigte! Die eine Aeußcrung des einen Wiener Beamten aber lautet dabin, daß„die meisten(!) Wiener Genossenschaften wohl revlich bemüht sind, die Lehrherren bei ihre Pflichten gegenüber darbietenden Anlässen auf en Lehrlingen aufmerksam zu machen.'. Doch'ist der Effekt ein sehr geringer." Mit anderen Worten: die Genossenschaften schreiben und reden viel über ihre„Pflichten gegenüber den Lehr- lingen", aber die Herren Jnnungsmeister handeln doch wie die ärgsten Kinderschinder. Es ist die bekannte Ge- schichte von dem Pfaffen, der öffentlich Wasser predigt und heimlich Wein trinkt. Die„Köln . Volksztg." war, ist und bleibt also im Unrecht. — Immer geistreicher! Die offene Art und Weise, in der wir den geistlosen Angriff des Wiesbadener Wein- protzen-Organes„Rhein . Courier" auf die Redaktion des „Vorwärts" einfach niedriger gehängt haben, macht das Kapitalistenblatt des rheinischen Beamtentuskulums ganz perplex. Und in dieser Verfassung plaudert seine Redaktion den Lesern aus, daß sein Berliner Reptil„gleichzeitig den „Rheinischen Courier", die„Münchener Neuesten Nach- richten", sowie das„Neue Wiener Tageblatt'(!!) des ber— ühmten Herrn Szeps bedient". Holde Einfalt, die solche Geheimnisse kapitalistisckjer Zeitungsmache verräth! Wenn sich der„Rheinische Courier" in solcher Gesellschaft befindet, so ist es erklärlich, daß es zu unserer Kennzeichnung seines arbeiterfeindlichen und kapitalistenfreundlichen Charakters weiter nichts zu bemerken weiß, als folgenden Satz aus dem Phrasenrepertorium Karlchen Mießnicks: „Bei der gegenwärtigen Hitze wundern wir uns nicht, daß die gewöhnlich schon phantasievolle Leitung des Sozialisten- blattes so außerordentliche Einfälle hat". Die polemische Kraft des„Rheinischen Couriers", wenn er je eine solche ge- habt hat, scheint allerdings in diesen vorzeitigen Hunds - tagen aus den Hund gekommen zu sein.— Die Sozialdemokratie nnd die Moral— so über- schreibt der Stöcker'sche„Reichsbote" einen Artikel gegen unsere neuliche Rundschau- Notiz betreffend„christliche Humanität". Mit der Weltanschauung, die aus dem Artikel spricht— es ist die orthodox landläufige— wolle» wir uns n. Wir ton hier nicht befassen. nnen uns aber den Spaß nicht versagen, aus dem pfäffischen Phrasenschleim einige be- Zeichnende Sätze herauszugreifen.„Wie denkt sich", so reibt der„Reichsbote", wie denkt sich wohl der„BonvärtI" die Möglichkeit, die Morde und Selbstmorde, welche bekamillich meist im Ge- Heimen geschehen, zu verhindern? Man denke an Wetzel und alle in letzter Zeit hier vorgekommenen Morde: wie hätte man dieselben verhindern können? Das Recht der Nothwehr existirt auch jetzt, und alle jene Ermordeten haben es ausgeübt, aber vergeblich. Und da will der„Vorwärts" nicht über das Recht der Nothwehr, den Mördern gegenüber, zur Ber- hütung der Morde hinausgehen? Verbrechen, Sünde und Schuld im Sinne der christlich-sittlichen Weltanschauung giebt's nach dem sozialdemokratischen Organ und seiner naturalistischen Weltanschauung nicht, sondern Alles ist Natur und Naturtrieb. Der arme Verbrecher kann nichts dafür, daß er ein solcher— ein Dieb, ein Halsabschneider, ein Mörder— ist, er ist ein Opfer seiner Naturanlageu, die er sich nicht ge- geben hat. Freiheit des Willens giebt'S nach diesen Freiheits- Helden nicht— Alles ist Zwang; hier Naturzwang und in ihrem Staat Staatszwang, hier Sklaven der Naturtriebe, dort Sklaven der Naturtriebe der Herrschenden und des Staats. Strafen und Gefängnisse dars's nicht gebe», sondern höchstens Heil- und Besserungsanstalten." Wie schwer dieser Stöcker doch von Begriffen ist! Daß man alle„Verbrechen", d. h. als solche geltenden ' audlungcn, verhindern könne, wer hätte das je gesagt? - handelt sich im vorliegenden Fall doch nur um die Nothwehr der Gesellschaft gegenüber dem Individuum, das Durch Handlungen oder seinen Geisteszustand zur An- nähme zwingt oder berechtigt, daß es Leib und Leben wenn ich AlleS bedenke, was dieses Ministerium uns angethan; und handelte ich allein für mich, und könnte ich Alles allein vollbringen, ich wurde mich, wie Ihr. zur Gewalt entschließen. Aber bedenkt, auch Ihr steht nicht allein für Euch, der ganze Staat wird durch Euren Beschluß in zwei Heerlager gespalten, das ganze Land wird ein Schlachtfeld und das Wohl und Wehe von Millionen hängt von Eurem Entschlüsse ab. Eine Revolution ist ein furchtbarer Schritt, zumal das Ende nicht sicher in unserer Hand liegt. Sprecht also nicht nach Eurer Leidenschaft, betrachtet Euch als ein Schwurgericht von 80 Männern, erwägt das �„Für und Wider" und sagt dann, ob nicht noch ein friedliches Mittel zu finden und auch rathsam sei?" Schweigend wurde die Rede aufgenommen. Da erhob sich Wießner, der Schmied, und rief: „Ich glaube, mit diesem Ministerium ist nicht zu unter- handeln, mit diesem ist nur noch zu kämpfen. Wir verlieren nur Zeit und damit nur Kraft. ES fragt sich indeffen, ob Herr Dr. Lange ein friedliches Mittel weiß, das wir als praktisch anerkennen können." „Ich wüßte nur eins," erklärte Dr. Lange,„ein noch- maliges Aussprechen unserer Forderungen in einer Riesen- adresse, welche von einigen Deputirten unter Begleitung sämmtlicher Arbeiter der Stadt zu überreichen ist. Es würde dies ein ungeheuerer Zug, eine förmliche Heerschau, ein ge- waltiger moralischer Druck sein." „Ich bin damit einverstanden," erklärte Wießner,„es ist dies noch ein Mittel, und ich will es mit vertreten, vorausgesetzt, daß in der Zwischenzeit auch schon daS letzte Aeußerste vorbereitet wird. (Fortsetzung folgt.)
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