Nr. 36. 21.2. Keiligt des Jotmiitlo" Knlim KolMlitt.Sonntag, 31. Januar 1901.Berliner partei-Hngelegenbeiten.Achtung, Parteigenossen und-Gcnosfinen des zweiten Wahrkrrises! Am 1. Februar wird für den Westen die Parteispedition er-weitert. Es ist daher Pflicht aller Parteigenossen des zweitenKreises dahin zu wirken, daß die noch unter den Genossen gelesenengegnerischen, farblosen Blätter verdrängt werden und an derenStelle der„Vorwärts" im Kreise immer größere Verbreitungfindet und durch die Parteispedition Henm Werner, Mittenwalder-straße 30, bezogen wird. Die Spedition ist geschaffen im Interessedes Kreises und der Partei. Die Genossen, die zum 1. Februar d. I.den„Vorwärts" und sonstige Parteilitteratur bei der Parteispeditionbestellt, aber versäumt haben bei ihrem bisherigen Privatspediteurabzubestellen, werden hiermit ersucht, bis zum gl. Januar demnachzukommen. Die Abonnenten des„Vorwärts", welche bisher vonder Spedition der Frau Kleinert bedient wurden, sind durchVereinbarung von der Parteispedition übernoinmen, und bedürfeneiner Abbestellung nicht. Die Kommission und die Vertrauensleute.Wcifjensee. Mittwoch, den 3 Februar, abends 3'/, Uhr:Oeffentliche Versammlung für Männer und Frauen im Prä.loten. Tagesordnung:„Unsre Waffen im Befreiungskampfe desProletariats". Referent: Reichstags-Abgeordneter v. Elm. Umzahlreiches Erscheinen der arbeitenden Bevölkerung ersuchtDer Einberufer.Charlottenburg. Nächsten Donnerstag, abends S'/z Uhr, findetim Volkshause, Rosinenstr. 3, eine öffentliche Volks-Versammlungstatt, in der Genosse Dr. Alberty über„Die Kultur schmachPreußens und die Socialdemokratie" referieren wird.Parteigenossen! Protestiert durch zahlreichen Besuch dieser Ver-sammlung gegen die rusfisch-preußische Spitzelwirtschaft.Der Einberufer.Tempelhof. Dienstagabend 8 Uhr hält der neugegründeteWahlverein im Lokale von Martin Müller, Berlinersttr. 41/42, seineerste Vereins-Versammlung ab. Genossen von Tempelhof,erscheint recht zahlreich zu dieser Versammlung. Werbet alleneue Mitglieder für den Verein! Auf der Tagesordnung dieserVersammlung steht: 1. Vortrag des Genossen Redakteur S l r ö b e lüber.Wcltmachtpolitik und Hererokrieg"; 2. Diskussion; 3. Aufnähme neuer Mitglieder; 4. Verschiedenes. Frauen sowie Gästehaben Zutritt.Steglitz. Mittwochabend 8 Uhr findet bei Schellvase, Ahorn-straße löa. die Versammlung des Wahlvereins statt. RegerBesuch wird erwartet.Johannisthal. Die nächste Mitglieder-Versammlung des Wahl.Vereins findet am DienStag, abends S'/z Uhr, bei MertinS, Roon-straße 2, statt._Lokaled.DaS Elterngrab.Eine der schönsten Blüten neudeutschen Geistes ist die Senti-Mentalität. Es giebt eigentlich zwei Sentimentalitäten, die wahreund die falsche. Doch haben beide Wesenserscheinungen so aneinander abgefärbt, daß sie nicht mehr zu unterscheiden sind und inharmonievoller Pracht ineinander aufgehen. Diese neugeeinte SentitMentalität hat mit Wallungen des Herzens nichts zu thun; mankann sie sich leisten, ohne auch nur im geringsten aus der Fassungzu geraten oder vom christlichen Hang zum„feste um sich hauen"abzulassen. Selbst ein auSgettagener„Gemütsmensch" kann in seinemAeußern der Senttmentalität nachhängen; und damit dieser modernenTugend ein möglichst großer Kreis von Anhängern gebildet werde,ist ihre Kultstätte vornehmlich auf dem Brettl aufgeschlagen. Das warauch schon um deswillen notwendig, weil sie im Gesang am wirksamstenist, ja sich hierin beinahe einzig äußert. Paul Vincke heißt derHohepriester der intensiv parfümierten Senttmentalität. Wenn er in„Frau Luna" die„Schlösser, die im Monde liegen" von sich giebt.oder im„König Jndra' die Earola„Es war einmal" singen heißt,dann schwelgt der Ladenjüngling mit seiner Konfektioneuse imsiebenten Himmel ob der rührend schönen Lieder, und keiner vonbeiden hat eine Ahnung davon, daß solcher Sang von Natur keineSpur in sich trägt.Der poetische Gipfel herzloser Gefühlslosigkeit ist aber erreicht,seitdem neuerdings das„Elterngrab" in Mode gekommen ist.Jeder Leierkasten spielt eS diesen Winter. Das„Elterngrab" kannals Lied sowohl nüchtern am Klavier als auch am Abend bei derPunschbowle gesungen werden; Text und Melodie sind gleichrührend, beide fließen bedächtig von syruparttger Melancholie über.Im Variötö wird eS unsreS Wissens nicht gesungen, aber beliebternoch als an den Stätten privater Aufgeräumtheit ist das„Eltern-grab" in den öffentlichen Tanzlokalen der Umgegend. Das Liedkann als Walzer gespielt werden, zur Not auch im Marschtempo.Ehrenpflicht der Tanzpaare ist eS, den ganzen Text, zum mindestenaber den Echlußrefrain des Liedes mitzusingen und lieblich ist es zuvernehmen, wenn aus Bier- und Tabaksdunst, aus saftigenScherzen und leisem Gekicher heraus hundertstimmig die Worteerdröhnen:„Der schönste Platz, den ich auf Erden Hab',Das ist die Rasenbank am Elterngrab I"Keine Spur von Nachdenken darüber, daß sich so leicht niemandauf der Welt findet, der die im Liebe gegebene Versicherung einemMenschen als bare Münze abnimmt. Und ebensowenig ein Empfindendafür, daß es brutal ist, die erwähnten Worte, wenn sie nun einmalernst genommen werden sollen, im Tanzsaal zu singen.Aber es wäre ungerecht, den guten Ladenjünglingen Moral zupredigen. Was sie gedankenlos treiben, entspricht es nicht durch-au» dem Wesen, das der Gebildete, der Habybart und Arm-band in staatserhaltender Gesinnung trägt, nach oben hin markierenmuß? Jeder Jüngling aus guter Familie, der Carriere machenwill, Iveiß, daß er Kirchenfrömmigkeit treiben und im Corps sichgute Gesinnung aneignen muß, im übrigen aber ein ausgepichterHallunk« sein darf. Die Hauptsache ist,„man so zu dhun." Unterdiesen Umständen muß man den 5kreisen, die auch gern Bildungzum besten geben mögen, eS schon zu gute halten, wenn sie sich infalscher Senttmentalität wälzen und das„Elterngrab" fidel im Tanz-reigen singen._Echt freisinnig.Daß die freisinnige Mehrheit im Rathause die socialdemokratischeVertretung in der Schuldeputation aus Angst vor einemKonflitt mit der Regierung ablehnte, haben wir dieser Tagebereits gemeldet; unsre Genossen Singer und Borg-mann erhielten bei der Wahl nur die Stimmen unsrerVertteter. Weniger bekannt dagegen dürste die Vorgeschichtedes an sich unscheinbaren Punktes der Tagesordnung der letztenStadtverordnetcnsitzung sein, der die Wahl von drei Mitgliedern indie Armenkommission lS8b betraf. Und doch ist diese Sache zurKennzeichnung de» FreisinnZmehrheit außerordentlich wertvoll.Es dürste bekannt sein, daß die Vorschläge zn Mitgliedern fürdie einzelnen Kommissionen, wie Schulkommission, Armcnkommission,Waiscnrat usw. von dem recherchierenden Stadtverordneten desBezirks gemacht werden. Diese Vorschläge werden vom Ausschuß fürunbesoldete Gemcindebcamte geprüft, und wenn sich die Vorgeschlagenen nicht Handlungen ehrenrühriger Natur oder Rohoitsvergehen haben zu Schulden kommen lassen, in den meisten Fällender Stadtvcrordneten-Versammlung zur Wahl empfohlen.Diese Wahl gilt als vollzogen, wenn bis Schluß der Sitzunggegen die in der Versammlung ausgelegte Liste der Vorgeschlagenenniemand Einspruch erhebt, und das geschieht äußerst selten. In denletzten zwei Jahren sind nur zwei solcher Einsprüche erhoben worden.In dem hier angeführten Fall ist nun das Vorschlagsrecht derStadtverordneten arg mit Füßen getreten worden. Der Bezirk der168 b. Armenkommission ist drei Stadtverordneten zugewiesen, zweisocialdcmokratischen und einem freisinnigen. Als drei Mitglieder zurVerstärkung der Kommission gebraucht wurden, schlugen unsreGenossen drei Arbeiter vor, in der Erkenntnis, daß in diesen KamMissionen möglichst alle Bevölkerungsschichten ihre Vertretung findenmüssen. Der freisinnige Herr dagegen machte sich dieVorschläge des Vorsitzenden der Koinmission zu eigen. Daeine Einigung nicht erzielt wurde, beschäfttgte sich der Ausschußfür Unbesoldete mit dieser Sache. Gegen die Oualifikatton der vor-geschlagenen Herren war nichts einzuwenden. Die Mehrheit meinte.man könne es doch mit der Kommission nicht verderben, indem manihre Vorschläge nicht berücksichtige; von unsrer Seite wurde betont,daß das Vorschlagsrecht der Stadtverordneten ein Popanz sei, wennman unbesehen die Vorschläge der Kommissionen unterzeichne. Habendie einzelnen Kommissionen besondere Wünsche, so mögen sie sichdamit an den Stadtverordneten wenden, der in den meisten Fällensolche Wünsche sehr gern berücksichtige. Die Art aber wie jetzt ineiner Anzahl von Fällen verfahren wäre, sei keine Wahl mehr,sondern eine Kooptierung der Kommissionen. Dann aber ständen dieVorschläge von zwei Stadtverordneten gegen die des einen und dasei es doch nicht mehr wie billig, elftere zu berücksichttgen, wie diesschon in anderen Fällen geschehen sei. Wolle man aber darauf ein-gehen, so möge man sich dahin einigen, daß jeder der drei Stadt-verordneten einen Vorschlag mache, dann käme sicher jeder zuseinem Rechte. Alle diese Einwände halfen nicht, es wurde be-schloffen, der Stadtverordneten-Bersammlung die Vorschläge des stetsinnigenKollegen zu empfehlen. Dereigentliche Grund dieses Beschüsses istlcdig der Umstand, daß die Vorschläge von socialdemokratischenStadtverordneten gemacht wurden und man fürchtete, es könnten einpaar socialdemokratische Arbeiter in die Kommissionkommen. In den Ausschußdebatten ist diese Ansicht ja auch mehroder weniger deutlich zum Ausdruck gekommen. Es ist dies ja nichtder erste Fall dieser Art; aber so deutlich haben die steisinnigenHerren ihre innersten Herzensgeheimnisse stüher nicht preisgegebenSie beweisen dadurch nur auss neue, daß sie überall, wo sieherrschen, nicht davor zurückschrecken. Andersdenkende und vor allem diearbeitende Klasse von der Mitwirlmig auf öffentlichen Gebieten auszuschließen. In der letzten Sitzung hat die StadtverordnetenVersammlung die Meinung des Ausschusses zu der ihrigen gemachtund somit dieser Entrechtung den offiziellen Siegel aufgedrückt.steisinnig l_Der Magistrat hat den Neubau eines DesinfekttonS- und Bei-brennungS- Ofens beim Rudolf VIrchow-Krankenhause in derSeestraße beschlossen und die von der Baudeputation genehmigtenEntwürfe gebilligt. Auch die Kosten in Höhe von 109 000 Markwurden vom Magisttat. vorbehaltlich der Zustimmung der Stadt-verordneten-Versannnlung, bewilligt. Bei der Beratung der EinzelEtats wurden u. a. der Etat über„verschiedene Einnahmen undAusgaben" und die Etats für die Gemeinde- und Fortbildungsschulenangenommen. Der erstgenannte Etat schließt in Einnahme mit6S80 000M. und in Ausgabe mit 2 949 239 M. ab, so daß ein lieber-schütz von 3 680 761 M. verbleibt, gegen 4 799 L39 M. im laufenden Etat,d. h. 1 168 478 M. weniger. Irr Einnahme gestellt sind: Rente vonder englischen Gasanstalt: 523 558 M., von der Großen BerlinerStraßenbahn-Gesellschaft 2 020 000 M., von den Berliner ElektricitätsWerken 2 540 000 M., vom Anschlagwesen Nauck u. Hartmann400 000 M. usw. In Ausgabe mußten gestellt werden der Fehlbetrag deS Rechnungsjahres 1902 mit 2 131 538 M., Beitrag für dieUnterhaltung deS Aquariums 23 000 M., für die Urania-Säulen8000 M., fiir den Central-Arbeitsnachwcis Berttn 30 000 M. usw.Der Etat für gewerbliches Unterrichtswescn schließt in Einnahme mit330 541 M. und in Ausgabe mit 965 225 M. ab.Auf dein Gelände des städtischen Ricselgutes Buch soll laut Be-schluß des Magistrats und der Stadtverordneten« Versammlung eineVerpflegungsanstalt für Hospitalisten und leichte Siechebeiderlei Geschlechts erbaut werden. Die Entwürfe sind schon vonder Baudeputation und dem Magistrat genehmigt worden. Bevormit dem Bau begonnen werden kann, müssen noch die Kosten inHöhe von 8'/� Millionen Mark bewilligt werden. Eine ausführlicheVorlage ist der Stadtverordneten- Versammlung zugegangen. Mitder Errichtung der Siechenanstalt ist auch eine Vergrößerung derDorfkirche für die vielen Insassen und Beamten geplant. Ob diesenotwendig ist?Mit dem Bau der neuen städtischen valks-Bndeaustalt in derGerichtstraße 65/67 auf dem W e d d i n g soll noch im Frühjahrbegonnen werden. Die Entwürfe für diese Badeanstalt, der größtenin Berlin mit zwei Schwimmbassins, sind sowohl vom Magistrat,als auch von der Baudeputation schon genehmigt worden. DieKosten betragen l'/a Millionen Mark. Das Wasser soll aus zweiTiefbrunnen entnommen werden; wenn es auch nach einem Gut-achten deS städtischen Hydrologen kalkhaltta ist, so wird eS nach derEnteisenung für die Zwecke der Badeanstalt vollständig genügen.Die Stadtverordneten- Versammlung wird sich in ihrer nächstenSitzung mit den Plänen und Kostenanschlägen zu beschäftigen haben.Berliner Adreßbuch. Der erste Nachstag zum diesjährigenAdreßbuch gelangt von morgen ab zur Ausgabe. Derselbe enthältalle seit dem Erscheinen der Hauptausgabe angemeldeten Geschäfts-Eröffnungen, WohnungS-Verlegungcn. Zuzüge von außerhalb usw.und bildet somit eine wesentliche Ergänzung und Bereicherung deSHauptbuches. Der Nachtrag ivird in der Haupt-Expedttion des„Berliner Lokal-Anzeigers". LVV. Zimmerstr. 37/41, und in dessensänttlichen Filial-Expeditionen an die Besitzer der HauptauSgabe1904 unentgeltlich verabfolgt. Der zweite Nachtrag, welcher dieweiteren Veränderungen, Umzüge usw. berücksichtigen wird, er-scheint anfangs Mai.Der letzte Schneefall hat Berlin rund 200 000 M. Kosten ver-»rsacht, davon entfallen 160 000 M. auf den Stadtsäckel(110 000 M.ür Fuhrlohn usw.) und 50 000 M. für Arbeitslöhne. Der Rest von40 000 M. kommt auf die Verkehrsanstalten.Einen räuberischen Ucberfall hat die 26 Jahre alte AufwärterinMargarete Schmidt, die in der Marienstt. 9 bei ihrem Schwager,dem Comptoirdiener Eiling, wohnt, der Kriminalpolizei angezeigt.DaS Mädchen war zum Besuch in Grotz-Lichterfelde gewesen unduhr gestern, Sonnabcndnwrgen, mit dem ersten Zuge nach Berlin,um dort zeitig ihren Auswartedienst zu versehen. Auf dem Wegeum Anhalter Bahnhofe wurde sie am Jungfenisteg von zweiNännern überfallen, die ihr unter Bedrohung mit einem Messer dieBarschaft abverlangten. Bevor sie noch zu einem Entschluß kam,packte einer der Kerle sie am Halse und würgte sie, während derandre sie von hinten umfaßte und ihr ein braunes Ledcrportemonnaiemit drei Fünfinarkstiickcn und einigen östreichischen Pfennigenaus der Tasche holte. Ohne ihr weiter ein Leid anzuthun, liefendie Räuber mit der Beute davon, sprangen über den Bretterzauneines Stätteplatzes und entkamen. Die Beraubte, deren Hals einigeFingereindrücke aufweist, rettete muc 25 Pf., die sie lose in der Taschetrug. Ohne in Groß-Lichterfelde Anzeige zu machen, fuhr sie»achBerlin und ging hier auf Anraten ihrer Schwester zur Polizei.Sie beschreibt den einen Räuber als einen großen, schlanken, etwa35 Jahre alten Mann, der ein längliches Gesicht und einen schivarzenstruppigen Schnurr- und Vollbart hat und unter anderm ein dunklesRadfahrerhemd und eine dunkle runde Radfahrennütze trug. Derzweite Räuber soll blondes Haar und einen blonden Schnurrbarthaben.DaS Opfer eines Unfalls ist der 63 Jahre alte BauarbeiterWilhelm N o ck a aus der Landjägersttaße 4 zu Köpenick geworden.Der Mann stürzte vor vier Wochen auf einem Neubau vom zweitenStock hinab, schlug mit dem Unterleib auf und zog sich dadurch einestarke Oueffchung zu. Eine Entzündung, die hieraus entstand, führtejetzt im Krankenhause zum Tode.— Durch einen Sturz vom Wagenkam der Kutscher Wilhelm Sacht, der bei dem HandelSgärttrer Wil-Helm Klinke in Mariendorf in Stellung war, um sein Leben. Sachthatte hier auf dem Hofe des Grundstücks Kurfürstenstr. 146/47 abgeladen, fiel, ohne daß jemand sah, wie eS kam, vom Bock undblieb mit gebrochenem Schädel besinnungslos liegen. Der Ver-unglückte erlag seinen Verletzungen im Eliiabeth-Krankenhause.Einen unheimlichen Patienten hatte vorgestern die Rettungswacheam Görlitzer Bahnhof. Der 26 Jahre alte Arbeiter Wilhelm Achter«berg aus der Sorauerstt. 10, der seit zwei Jahren herzkrank ist undaSr Tage zu Hause ärztlich behandelt worden war, wurde in derNähe des Görlitzer Bahnhofes von einem Schutzmann auf demBürgerfteig der Skalitzerstraße hilflos liegend gefunden und nach derRettungswache gebracht. Hier begann er plötzlich zu toben, zer-trümmerte Tische, Stühle und waS er sonst erreichen konnte, undmußte gefesselt in ein Krankenhaus gebracht werden.Einen neuen Telegramm-Tarif unter Berücksichtigung deS billigstenoder gebräuchlichsten Weges hat das Neichs-Postamt soeben ausgebenlassen. Der neue Tarff wird bereits am morgigen 1. Februarin Kraft treten. Obgleich einige Worttaxen wiederum herabgesetztwerden konnten, so ersieht man doch auS der übersichtlichen Zusammen-stellung, daß das Telegraphieren noch immer ein kostspieligesVergnügen ist, namentlich nach überseeischen Ländern. An derSpitze marschieren da die Plätze an Afrikas Westküste, wieMasiamedes(Angola) und die mit diesem verbundenen Anstalten;denn nach hier ein Wörtlein zu übermitteln, kostet nicht wenigerals 10 Mark 65(bezw. 75) P f e n n t g und wer es. dringend"wünscht muß gar pro Wort 32 Mark zahlen! Andre Plätze inPortugiesisch-Westafrika sind etwas billiger anzutelegraphieren, soLounda für 8.45 M., Principe fiir 7 M. pro Wort. Aehnlich stellt sichdie Worttaxe für Venezuela: 7,80 M., Ivohin die Telegramme„offen" bestellt werden können. Nach British-Guyana kostet dasWort 7,20 M., nach Französisch- und Niedcrländisch-Guyana„nur"6,90 M., ebenso viel nach Curayao(Westindien). Für 6 M. undetwas darüber befördert der Telegraph ein Wort nach Dahomey,Franz.-Kongo und Togo in Afrika, während die Worttaxe nach denim Norden Afrikas belegenen Staaten Marokko, Tripolis zc. nur 40bis 66 Pf. beträgt. Verhältnismäßig billig sind auch Telegrammenach Australien; hier werden pro Wort 3,10 M. bis 3,80 M.erhoben.Das Hauptbureau des ReichSkommissarS für die Weltausstellungin St. Louis 1904 wird sich vom 8. Februar ab in St. LouiS be-finden. Die Adresse lautet: ivtt. Th. Lewald, German CommissionerGeneral, 4936 Lindell Boulevard St. Louis, Mo. Zur Bearbeitungder auf den Transport, die Versicherung usw. bezüglichen Angelegen-heiten bleibt ein Teil des Bureaus in Berlin Vf. 35, SchönebergerUfer 22, zurück, wohin alle bezüglichen Anfragen, wie bisher, zurichten find.Kurzschluß im Neuen königlichen Operntheater. Wie notwendigWachen in Theatern sind, illustrieren zur Genüge die häufigen Vor-kommnisse in den Theatern, bei denen die Feuerwehr einschreiten undvon denen das Publikum nur in einigen Fällen Kenntnis erlangt.Vorgestern abend um 9>/g Uhr entstand elektrischer Kurzschluß imNeuen königlichen Operntheatcr Kroll durch den Bruch eines Kabelsder sogenannten Versatzbeleuchtung, wobei Stücke der Bekleidung ander Dnrchgangöstelle durch den Bühnenbußboden in Brand gerieten.Es gelang, die Gefahr sofort zu beseitigen.Feuerbcricht. Wegen einer Gasexplosion wurde gesternabend 8 Uhr infolge mehrmaliger Meldung ein größeresLöschaufgebot nach der Oranienstraße 131 gerufen. In einemim Erdgeschoß nach dem Hofe hin belegenen Verschlagewar die Gasleitung defest geworden. Das ausströmendeGas hatte sich dann unter gewaltigem Knall entzündet und denDeckenputz herabgerissen. ES schoß zwar eine Stichflamme empor.die indeS verlöschte, ohne Brandschaden anzurichten. Da der Haupt-hahn der Gaszuleitung alsbald geschlossen wurde, so lag keinerleiGefahr vor, weshalb auch die Feuerwehr nach kurzem Aufenthaltewieder abrückte.— Außerdem liefen in den letzten 24 Stundennoch von verschiedenen andren Stellen Alarmierungen ein, dochhandelte es sich in allen diesen Fällen um ganz unbedeutendeAnlässe.___Der Sternenhimmel im Februar. Da die Sonne im Februarbeständig anr Himmel steigt, werden die Tage wieder länger undlänger; während sie am 1. Februar schon um a/«5 Uhr untergeht,sinkt sie am 29. erst kurz vor alt6 unter den Horizont. Dazu koninit,daß sie am 1. Februar erst nach 3ltS Uhr morgens aufgeht, am 29.schon kurz vor 7 Uhr, so daß die Tageödauer von 9 Stunden aus10� Stunden zunimmt.Der Abendstern, der der Sonne folgt, ist auch in diesem Monatnicht zu sehen; die Venus, um diesen Planeten handelt es sich,steht noch westlich von der Sonne und eilt ihr daher als Morgen-stern vorauf, doch nähert sie sich im Laufe deS Monats der Sonneschon beträchtlich.Auch Merkur, der andre innere Planet, der freilich in derstets nebligen Lust der Großstadt dem unbewaffneten Auge nurselten erscheint, ist nur des Morgens am Osthimmel eine kurze Zeitsichtbar,Dagegen erstrahlt am westlichen Abendhimmel der größte PlanetunsreS Sonnensystems, der Jupiter, freilich nur einige Stundenlang, die im Laufe des Monats beträchtlich abnehinen, am 29. gehter schon knapp eine Stunde nach der Sonne unter.Auch der rötlich schimmernde Mars ist am westlichen Abend«Himmel noch 1'/, bis 1 Stunde sichtbar.Der Fixsternhimmel zeigt am 1. Februar bereits um 8 Uhr denAnblick, den er in den ersten Januar-Tagen erst uin 10 Uhrzeigte; dagegen ist um 10 Uhr abends das Bild bereits in mancherBeziehung verändert:Im Zenith steht kein Heller Stem, sondern nach Westen zu istCapella, der hellste Stern de» Fuhrmanns, dicht am östlichenRande der Milchstraße zu finden. Das schöne, leicht kenntliche Stern-bild de» Orion svier Sterne, die ein Viereck bilden, das von dreiSternen, dem sogenannten Gürtel, halbiert wird), da» am südlichenHimmel erglänzt, ist bereits auf die westliche Seite desMeridians gerückt. Auch der in südöstlicher Richtung deSOrion-Gürtels stinkelnde Sirius, der hellste Stern de» GroßenHund, steht schon etwas westlich vom Meridian, dagegensteht nördlich vom Siriu» der Kleine Hund mit dem Prokhonnoch auf der Ostseite des Meridians, hoch am östlichen Himmel glänztder große Bär oder Wagen, dessen Hinterräder direkt nach demPolarstern weisen. Eine vom Polarstern mehr südlich gezogeneLinie stößt auf den hellen ReguluS im Löwen. Im Nordostensteigt bereits A r k t u r, der zum Sternbild Bootes gehört, überden Horizont herauf; doch steht er noch so tief, daß er bei unsermbegrenzten Horizont kaum sichtbar ist.Der P o l a r st e r n gehört zum kleinenBaren. dessen übrig«Sterne nach Osten zu stehen und nördlich und östlich von den Sternendes Drachen umgeben werden.Im Westen, in gleicher Höhe mit dem Polarstern, erblickt mandas W-förmige Sternbild Lassio peja, von dessen fünf Sternen