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tetjcnfge fei«, der in dieser Lage ist.(Große Heiterkeit. Entschädigung muß ferner gewährt werden für u n- u u gerechtfertigteHauSsuchung, Beschlagnahme usw. Das Treiben der russischen   Polizeispitzel ist ihnen ja kürzlich ge- schildert worden; wir wollen dafür eine Entschädigung von ihnen erlangen oder von den Beamten, die an diesen Unthaten mitschuldig sind, und wenn es der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes selber wäre. Jeder Privatmann muß Entschädigung geben, nur die Beamten könne» straflos' bleibe». Da liegt das Privilegium der Dummheit, gegen das Sie sich mit Händen und Füßen sträuben müßten. In die Vorlage sollte eine Bestimmung eingefügt werden, daß unschuldig erlittene Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet werden muß. Heute wird sie denen, die nicht einsehen können, daß nur die durch Besitz und Bildung sich hervorragend dünkendcn Männer herrschen dürfen, verweigert. Der zukünftigen Reform des Strafprozesses, die daraus ge- braut lvird, können wir kein besonderes Vertrauen entgegen- bringen. Es sitzen in der Kommission nur Leute aus den herrschenden Klassen, Leute, die noch nie gesessen haben.(Große Heiterkeit.) UnsreS Erachtens lvird nichts dabei herauskommen, als der Versuch, den Hammer des Strafrcchts noch kräftiger auf das Proletariat nicdcrsauscn zu lasse». Das vorliegende Gesetz ist eine Art Unfall- Versicherung, gegen Unfälle im Justizbetriebe des Staates. Das ist auch ein Betrieb, der maschinenmäßig betrieben wird.(Sehr richtig I bei den Socialdemokraten.) Sie(nach rechts) wollen ja dem Handwerk einen goldenen Boden geben. Belegen Sie jeden Staats- anwalt mit den Kosten jeder ungerechten Anklage und er wird zum Handwerksbetrieb übergehen.(Heiterkeit.) Sie(nach rechts) verlangen mit Recht Vorgehen gegen jeden unlauteren Wettbewerb. Aber Sie schädigen das Gemeinwohl viel mehr, wenn Sie unter falscher Etikette dem Gesetz einen ganz andren Inhalt geben. Ich glaube, daß es vergebliche Mühe sein wird, in der Kommission etwas zu stände zu bringen, ich habe den den Verdacht, die bürgerlichen Parteien wollen uns zum monarchischen Princip bringen, indem sie uns zwingen, pour ls roi do Prasse zu arbeiten. Trotz alledem geben ivir die Hoffnung nicht auf, daß wenigstens der Reichstag das Rcchtsbewußtsein des Volkes vertreten wird. Wir haben keine Veranlassung uns vom Bundesrat etwas abhandeln zu lassen. Die Verhütung ungerechter Verhaftungen ist uns viel wichtiger als das Entschädigungsalmosen, das die Räder der Staatsmaschine nur noch langsamer laufen läßt.(Lebhafter Beifall bei den Social- demokraten.) Abg. Dcppe(Hospitant der Nationalliberalen): Die maßlosen Angriffe, die der Herr Vorredner gegen die Richter und Staats- anwalte gerichtet hat, übergehe ich mit Stillschweigen. Ich würde doch nicht Worte finden, die der Herr Präsident zulassen würde, um sie gebührend zurückzuweisen.(Lebhaste Zustimmung rechts, im Centrum und bei den Nationalliberalen.) Das Ansehen unsrcr Justizverwaltung ist im Volke Gott   sei dank so groß (Ruf bei den Socialdemokraten: Na! Na!), daß cS durch solche Angriffe nicht erschüttert werden kann, selbst in den Kreisen nicht, die von den Herren(zu den Socialdemokraten) beherrscht werden.(Lachen bei den Socialdemokraten.) Auch dort giebt es zahllose einsichtige Leute, die die Maß- losigkeit dieser Angriffe erkennen werden. Sünder giebt es freilich überall und auch im Richterstande, aber jeder Ueber- griff findet auch seine Sühne. Ich gebe dem Staatssekretär voll- ständig recht darin, daß nicht jeder unschuldig Verhaftete Anspruch auf Entschädigung hat, aber allen Ausnahmebestimmungen der Vor- läge kann ich nicht beistimmen. Vielleicht könnte man von den Ent- schädigungsansprüchen diejenigen ausnehmen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt worden sind, nicht aber alle vorher gerichtlich Bestraften. Redner polemisiert im weiteren gegen Dr. Müller- Meiningen  , der gestern den deutschen   Richterstand verunglimpft habe. Abg. Gröber(C.): Herr Stadthagen   hat die merkwürdige Entdeckung gemacht, daß der Gesetzentwurf sogar einen Rückschritt bedeute. Seine Gründe dafür waren durchaus nicht stichhaltig. Abg. Stadthagen   meinte, Richter lvürden jetzt um so leichter Untersuchungshast verhängen, weil sie ihr Gewissen damit beruhigen könnten, daß ja Entschädigung gewährt werden könne. 1834 aber meinte er in einer Polemik gegen den Abg. Dr. v. Buchka, die Statuierung der Entschädigungs- Pflicht werde keinen Beamten in seinem pflichtmäßigen Vorgehen alteriere».(Hört I hört I im Centrum.) Wenn die Vorlage wirklich so schlecht ist, wie Herr Stadthagen behauptet, lvarum bemüht er sich dann, sie überhaupt zu verbessern? Da haben wir den kompletten Unsinn I(Bravo I im Centrum.) Vor lauter Haß und Sucht, den Gegner herunterzureißen, steuert man ungeniert in das Gebiet des vollendeten Blödsinns I(Heiterkeit und lebhafte Zustimmung im Centrum.) Herr Frohme hat früher einen viel weniger weit gehenden Antrag der Abgg. Philipps und Lenzmann befürwortet, heute wettert er gegen die Vorlage, die viel mehr bietet I Abg. Frohme will die Be- amten für jeden Justizirrtum persönlich hastbar machen. Ja, dann würde Ivohl kein Mensch in Deutschland   mehr das Amt eines Unter- suchungsrichters übernehmen wollen. Trotz aller Gewissenhaftigkeit sind Versehen unvermeidlich, natürlich nur in der kapitalistischen   Ge- sellschaft, nicht im socialdemokratischen Zukunftsstaat!(Heiterkeit und Sehr gut! rechts und im Centrum.) Wir wollen in treuer Kom- niissionsarbeit etwas Brauchbares zu stände zu bringen suchen!(Bei- fall im Centrum.) Abg. Dr. LucaS(natl.): Die deutschen   Richter stehen für die Angriffe von jener(zu den Socialdemokraten) Seite viel zu hoch. (Oho I und Gelächter bei den Socialdemokraten.) Die Vorlage kann und darf in der jetzigen Form nicht Gesetz werden. Man kann allerdings auch nicht jeden entschädigen, der wegen mangelnder Be- lveise freigesprochen worden ist; Leute, die nach wie vor dringend verdächtig bleiben, so daß die Voraussetzung zur Verhaftung bestehen bleibt, können keine Entschädigung be- anspruchen. Aber darüber hinaus sollte der Gesetzgeber sich hüten, Freigesprochene erster und zweiter Klasse, solche mit und ohne Entschädigung zu schaffen. Unbedingt muß das Gesetz auf Verhaftungen im ftaatsanwaltschaftlichcn Ermittelungsverfahren aus- gedehnt werden, denn gerade hierbei ist die Gefahr von Irrtümern besonders groß. Gehen wir den Weg dieser Vorlage zu Ende, erst dann wird aus dem Torso ein vollständiges Werk!(Bravo I bei. den Nationalliberalen.) Abg. Bargmann(stf. Vp.): Als Abgeordneter für Oldenburg  habe ich mir vorgenommen, den Fall Bjermann und die damit zusammenhängende Frage des Strafvollzuges beim Justizetat zur Sprache zu bringen. Abg. Frohme(Soc.): Der Abg. Gröber warf Stadthagen  vollendeten Blödsinn vor. Gerade aus seinem Munde ist ein solcherTon wenig passend. Ich bin allerdings für den Antrag Lenzmann-Philipp seiner Zeit eingetreten, aber wie aus dem stenographischen Bericht hervorgeht,unter Berücksichtigung der oben von mir angestellten Erwägungen."(Hört! hört! bei den Socialdemokraten.) Wir waren nicht zufrieden mit dem Antrag, sondern gingen viel weiter. Die Presse der bürgerlichen Parteien, auch des Centrums, hat sich jetzt vielfach unsrer Kritik angeschlossen, aber es scheint System darin zu liegen, hier unsre Ausführungen immer als maßlos zu bezeichnen. Gewiß werden wir, falls die Vorlage in verbesserter Form aus der Kommission herauskommt, unter Um- ständen den kleinen Fortschritt mitnehmen, aber das schließt doch die gründliche Kritik in der Generaldebatte nicht aus. Ich habe auch keineswegs, wie Abgeordneter Gröber behauptete, verlangt, daß die Beamten für entschuldbare Verfehlungen haftpflichtig sein sollten. Soweit sind wir auch beim Bürgerlichen Gesetzbuch nicht gegangen. Weiterhin wurden meine Mitteilungen über die rechtsschänderischen Praktiken eines Staats- anwalts angezweifelt. Hat jemand den Mut zu sagen, ich hätte mir die Sache, die seiner Zeit in Ham- bürg das größte Aufsehen erregt hat, aus den Fingern ge- sogen? Spielen Sie doch nicht die sittlich Entrüsteten, es fkehk Ihnen nicht an. So lange Sie unsre Behauptungen nicht als un- wahr nachweisen können, machen Sie sich in den Augen jedes Vernünftigen nur lächerlich mit Ihrer sittlichen Fatzkcrei! (Große Unruhe im Centrum und bei den Nationalliberalen, Beifall bei den Socialdemokraten.) Präsident Graf Ballcstrcm: Der Teil der Ausführungen des Abg. Gröber, den der Vorredner bemängelt hat, hat mir im Steno- gramm vorgelegen. Sowohl mir als meinem Herrn Stell- Vertreter, der zur Zeit dieser Aeußerungen an dieser Stelle saß, haben diese Aeußerungen den Eindruck gemacht, daß die Kraftworte, die darin vorkamen, nicht gegen die Person des Abgeordneten Stadthagen   gerichtet waren, sondern auf die Konsequenz sich bezogen, die man aus seinen Aeußerungen hätte ziehen können. Ich möchte aber die Bitte an alle Herren Kollegen richten, sich doch möglichst solcher Kraftworte zu enthalten, die wirklich zu nichts Gutem führen, sondern den Ton im Reichstag herabmindern. Es wird ja in dieser Beziehung auf vielen Seiten gesündigt, deshalb richte ich diese Bitte an alle hier Anwesenden. Abg. Dr. Müller-Meiningen  (frs. Vp.); Gegenüber dem Abg. Dr. Lucas bemerke ich, daß ich das Material über den gestern von mit angeführten Fall, in dem ein Lohgerber sein ganzes Vermögen verloren hat, von einem Geraer   Rechtsanwalt durch einen besonderen Schriftsatz erhalten habe. Daß eine große Zahl deutscher   Richter, wenn sie eine große Strafliste sehen, bereits halb und halb von der Schuld eines Angeklagten überzeugt sind, ist meine feste Ueberzeugung. E s läßt sich nicht leugnen, daß das Vertrauen zum deutschen   Richter st ande im Volke nicht mehr das alte i st.(Oho I bei den National- liberalen.) Selbst derR e i ch S b o t c" hat neulich einen Appell an den Reichstag gerichtet, die Brandmarkung der Justizirrtümer nicht allein der Socialdemokratie zu überlassen. Durch idealistische Hellmalerei nützen Sie dem deutschen   Richterstande nicht. (Bravo  ! links.) Abg. Gröber(C.): Hätte Herr Frohme in seinen ersten Aus- führungen nur die Forderung gestellt, daß Richter und Staatsanwalt sowohl für vorsätzliche wie für fahrlässige Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden sollten, so hätte ich keinen Anlaß gehabt, ihm zu wiedersprechen. Denn das ist auch niein Standpunkt. Er hat aber eine viel weitergehende Forderung erhoben. Damit schließt die Diskussion. Der Entwurf geht an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr.(Fortsetzung der zlveiten Beratung des Etats des Reichsamts des Innern.) Schluß SV» Uhr.  _ parlamentarifckes. Die Kaufmannsgerichte. Die Kommission zur Beratung der Vorlage der Kaufmanns- gerichte trat in ihrer Sitzung am Donnerstag, den 4. Februar, in die Beratung des§ 1 ein. Dieser Paragraph regelt die f a k u l- t a t i v e Errichtung der Kaufmannsgerichte. Von den social- demokratischen Kommissionsmitgliedern war folgende Fassung be- antragt worden: Zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Dienst- oder Lehrverhältnisse zwischen Kaufleuten einerseits und ihren Handlungs- gehilfen und Handlungslehrlingen andrerseits sind Kaufmanns­gerichte zu errichten. Singer(Soc.) begründete den Antrag. Durch die Vorlage werden die Handlungsgehilfen in kleineren Orten in der Recht- sprechung benachteiligt. D o v e(frs. Vg.) ist für den Antrag, weil dadurch schneller eine Angliedcrung der Kaufmannsgerichte an die Amtsgerichte herbeigeführt werde. Lattmann(Ant.) ist ebenfalls für den Antrag. Staatssekretär v. Posado wsky erklärt sich gegen den Antrag, weil dadurch den kleineren Gemeinden zu große Lasten aufgebürdet und ev. die Entscheidungen verschleppt lvürden. Bundesratsbevollmächtigter v. Schicker bezweifelt, daß in kleinen Gemeinden die genügende Zahl von Beisitzern vorhanden seien und befürchtet, daß das Ansehen der Gerichte leiden werde, wenn minder qualifizierte Angestellte zu Beisitzern gewählt würden. Qualifizierte Angestellte gingen nicht aus das Land in Stellung. Herbert (Soc.) stellt fest, daß auch bei kleinen Gewerbegerichten eine Ver- zögerung der Rechtsprechung nicht eintrete, während L i p i n s k i (Soc.) darauf hinweist, daß ca. 50 Proz. der Handlungsgehilfen von der schnelleren Rechtsprechung ausgeschlossen würden und die An- gestellten auf die sociale Einsicht der Gemeindeverwaltungen nicht rechnen könnten. Der Antrag wurde gegen fünf Stimmen(David, Herbert, Latt- mann. Lipinski und Singer) abgelehnt. Hierauf wurde§ 1 nach der Vorlage gegen fünf Stimmen an- genommen. Zu§ 2 lag ein Antrag Müller- Meiningen vor, die Kauf- mannsgerichte obligatorisch für Gemeinden mit 25 000 Einwohnern zu errichten. Ein Antrag T r i m b o r n(C.) will diese Zahl auf 20 000 Einwohner, analog den Bestimmungen des Gewerbegerichts- Gesetzes, herabgesetzt wissen. Staatssekretär v. P o s a d o w s k y: Die Vorlage wäre im Bundesrat nicht zu stände gekommen, wenn die Zahl von 20 000 Ein- wohnern angenommen worden wäre. Schon im Plenum habe er bemerkt, daß die Kaufmannsgerichte gewissermaßen nur ein Provisorium darstellen, daS Ideal sei, das Amtsgerichts-Verfahren zu reformieren, man möge darum an der Zahl 50 000 festhalten. Singer(Soc.): Das Provisorium sei doch nur dekorativ, daran, daß eine Reform des Amtsgerichts-Verfahren sobald kommen werde, glaube doch niemand. Die Stellenlosigkeit in den großen Städten zwinge gerade die Handlungsgehilfen nach kleineren Orten zu gehen, dafür dürfen sie aber durch. schlechtere Rechtsprechung nicht gestraft werden. Bundesratsbevollmächtigter v. Schicker regt an, es bei der Zahl 50 000 zu belassen, den EinführungSzwcmg aber für kleinere Orte zu bestimmen, wenn im Orte eine Mindest- zahl von Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen sei, die noch festzustellen wäre. Müller-Meiningen greift dies sofort auf und kündigt einen diesbezüglichen Antrag für die zweite Lesung an. Herbert und Lipinski(Soc.) erörterten weiter, daß ein Be- dürfnis für kleine Orte zur Errichtung von Kaufmannsgerichten vor- handen sei. Es wurde der Antrag Trimborn mit 13 gegen 8 Stimmen angenommen. Zu§ 4 beantragte Müller- Meiningen die Gehaltsgrenze von 5000 M. zu streichen, weil die Prokuristen von den Beisitzerwahlen ausgeschlossen würden. Singer(Soc.) trat für die Vorlage ein. Er rechne diejenigen Handlungsgehilfen die 5000 M. und mehr Gehalt beziehen nicht zu denen, die sich in einer Notlage befinden und für die das Gesetz gemacht werde. Diese besser bezahlten Angestellten seien meist Vertraute des Principals und hätten darum die Gemeinsamkeit mit den schlechter entlohnten Handlungsgehilfen verloren; sie sind nicht mehr geeignet als HandlungSgehilfen-Beisitzer zu gelten. Lipinski(Soc.) wendet sich gegen folgende Sätze zur Be- gründung des Z 4 der Regierungsvorlage: Die Bedeutung des mit dem Gewerbegerichtsgesetz übereinstimmenden AusdrucksJahres- arbeitsverdienst an Lohn und Gehalt" ist durch die Wissenschaft und Recht- sprechung übereinstimmend so ausgelegt worden, daß darunter Tantiemen mit einbegriffen sind. Von andern unsicheren Bezügen, wie Provisionen, Reisespesen gilt das Gleiche insoweit, als sie ein über die Er- stattung von Koste  » und Auslagen hinausgehendes eigentliches Arbeitsentgelt bilden" und führt aus, daß diese Auslegung, hinüber- genommen in spätere Kommentare des Gesetzes, zu Konflikten führen müsse. Er wünsche von den Vertretern der Regierung eine bündigere und klarere Erklärung, daß Spesen nicht zum Jahres- Arbeitsverdienste zu rechnen seien. Staatssekretär v. Posado wsky erklärt, daß im Bundesrat festgestellt worden sei, daß Reisende gegen ganz hohe Spesen, aber ohne Gehalt engagiert seien. Wolle man die Spesenüberschüsse nicht als Ekn7ommen rechnen, dann würde die Zuständigkeit der Kaufmann»« gerichte für diese Angestellten überhaupt ausgeschlossen werden. Singer, Lipinski(Soc.) stellten fest, daß wohl Reisende gegen Provision ohne Gehalt, aber nicht ohne Gehalt, aber mit Spesen an» gestellt würden, die Voraussetzungen des Bundesrats also fehlen. Müller- Meiningen und S e m l e r(natl.) erkannten an, daß die Frage geklärt werden müsse. Singer kündete einen dies- bezüglichen Antrag für die zweite Lesung an. Der Antrag Müller-Meiningen wurde abgelehnt und§ 4 der Regierungsvorlage mit großer Mehrheit angenommen. Wahlprufungs-Kommissi-n. Gegen die Wahl des Abgeordneten L e i n e n w e b e r, nationallibcral, 4. pfälzischer Wahlkreis, Zwei- briicken-Pirmasens  , ist von der Partei des unterlegenen Ccntrums-Kandidaten R e e b Protest erhoben worden. Der Protest behauptet, es sei durch eine falsche telephonische Nachricht, die gelautet habe: die Centrumswähler hätten den socialdemokratischen Kandidaten eines Wahlkreises in der Stich- Wahl durchfallen lassen, darum müsse auch die socialdemokratische Stimmenthaltungsparole im Wahlkreise Pirmasens   aufgehoben werden, die dortigen socialdemokratischen Wähler sollten in der Stichwahl gegen den Centrumskandidaten stimmen eine so große uiizuläisigc Wahlbeeinflussung geübt worden, daß die Wahl Leiuenwcbers, der 15 465 Stimmen gegen 13 032 er- hielt, für ungültig erklärt werden müsse. Die Kommission hielt jedoch diese Beeinfluffung, die zwar auf ein unehrliches Partei- Agitationsmittel sich stütze, nicht für geeignet, die Gültigkeit der Wahl Leinenwebers umzustoßen, erklärt sie also für gültig. Dann trat die Kommission in die Prüfung der Wahl des konservativen Abgeordneten Dietrich ein, 3. Wahlkreis Potsdam (Ruppin-Templin), der in der Stichwahl 13 210 Stimmen gegen 8897 erhielt, die dem socialdemokratischen Kandidaten, Cigarren- fabrikant Kiesel- Berlin, zufielen. Es liegt ein umfangreicher socialdemokratischer Protest gegen die Wahl vor. Die Kommission hielt es für erheblich, Beweiserhebungen darüber anstellen zu lassen, 1. ob es Thatsache sei, daß in Lüdersdorf  , Kagar   bei Rheinsberg  , Wilde nberg und Tr e s k o w über 1500 Ziegelei- arbeiter(Saisonarbeiter) durch verweigerte Eintragung in die Wähler- listen um ihr Wahlrecht gebracht worden sind; 2. ob in L ü d e r s d o r f und Kagar   eine Kontrolle, wie einzelne Wähler gestimmt haben, durch reihenweise Aufschichtung, Auszählung und Verlesung der Stimmzettel vorgenommen worden sei; 3. ob ein Wahlaufruf für den konservativen Kandidaten Dietrich von fünf Bürgermeistern und fünf Amtsvor st ehern des Kreises mit ihren Amtstiteln unterzeichnet worden sei. Die Ausweisung socialdemokratischer Ver- traue nSleute aus den Wahllokalen verschiedener Orte beschloß die Kommission einer Beweiserhebung nicht zu unterwerfen, weil im Protest nicht behauptet werde, daß die Oeffentlichkeit der Wahl aus- geschlossen worden sei. Die Frage ungenügender Wahlurnen(Töpfe mit Deckel, Suppen- terrincn usw.) soll gelegentlich speciell behandelt werden, vorläufig wird die Anregung allseitig accepticrt, daß einzelne Abgeordnete aller Parteien sich über eine Resolution resp. präcisere Deklaration des Wahlreglements verständigen sollen. Diese Frage erhält durch die Neuheit der Couvertwahl eine höhere Bedeutung. Die weitere Prüfung der Wahl wird darauf bis zur nächsten Sitzung verschoben. Zum Schluß wurde der schriftliche Bericht über die Wahl in Frankfurt  -Lebus   festgestellt. Nächste Sitzung: Dienstag, 9. Februar. partei-f�admckteii. DieMünchner Post" hatte bei Erwähnung der Resolution des Central-Wahlvereins für Teltow  -Becskow zur Herero  -Angelegenheit vonResolutionen nach Zubeilschem Muster" gesprochen und daran noch mehrere für Genossen Zubeil verletzende Bemerkungen gehängt, zu denen nicht der geringste Anlaß vorlag. Wir nahmen an, daß sie dies auf Grund unrichtiger Darstellungen bürgerlicher Blätter gethan habe, und verwiesen sie deshalb auf den Bericht imVor- wärts". Heut antwortet darauf dieMünchner Post", daß sie derfreund- lichen Zurechtweisung" nicht bedürfe, denn sie habe den Bericht im Vorwärts" gelesen, bevor sie ihre Bemerkungen gegen Zubeil schrieb. Sie giebt damit zu, daß sie trotz Kenntnis des richtigen Sachverhalts den Genossen Zubeil angerempelt hat. ohne daß dieser ihr den geringsten Anlaß dazu gegeben hat. Der zwölfte Landes-Parteitag der Socialdemokraten Nieder- östreichs fand dieser Tage in Hainfeld   in Anwesenheit von 90 stimm- berechtigten Vertretern statt. Aus den Berichten über die Presse ist erwähnenswert, daß so- Wohl dieWiener Arbeiterzeitung  ", wie auch dieArbeiterinnen- zeitung" und dieVolkstribüne" erheblich an Abonnenten zu- genommen haben. Namentlich dieVolkstribüne" hat einen bei östreichischen Parteiblättern noch nicht dagewesenen Erfolg gehabt; sie stieg von 26 100 Abonnenten im Jahre 1902 auf 42 500 im Jahre 1903. Außer den geschäftlichen Angelegenheiten wurde über das Gemeindewahlrecht sowie über die Dienstboten-Ordnung verhandelt und dazu ähnliche Resolutionen beschlossen, wie kürzlich von den socialdemokratischen Gemeindevertretern Niederöstreichs. Zuletzt wurde noch beschlossen, daß die Vereine der social- demokratischen Gewerbetreibenden und Kaufleute als gleichwertige Organisationen in der Partei anerkannt werden. Den Bezirks- und Wahlkreisleitungen wird die Förderung der genannten Organisationen empfohlen._ Soziales« Aerzte und Krankenkassen. Zu der gestern erwähnten angeblichen Verfügung der AussichtS- behörde in Köln  , wonach den Vertragstreuen Aerzten die Kassen- Praxis untersagt sei, wird derKölnischen Vollszeitung", die eben- falls die Verfügung als eine Thaffache gemeldet hatte, geschrieben: Eine Verfügung ist den betreffenden Aerzten noch nicht zu- gegangen; dagegen wurde in einer am Montagabend statt- gehabten Zusammenkunft der neuen Kassenärzte mit- geteilt: einer von ihnen sei zu dem Vertreter der Auf- fichtsbehörde gebeten und ihm dort eröffnet worden, er möge nebst seinen Kollegen angesichts der veränderten Verhältnisse auf die Behandlung der erkrankten Äassenmitglieder Verzicht leisten und Schadensersatzansprüche mitteilen. Die Aerzte beschlossen jedoch, diesem Wunsche keine Rechnung zu tragen und. falls eine derartige Verfügung an sie gelangen sollte, den Klageweg gegen die vier vertragschließenden Kassen zu beschreiten. Nun ist in dem zwischen dem Regierungspräsidenten und den Kölner   Aerzten ver- einbarten Vertrage, der allerdings noch der endgültigen Fest- stellung bedarf, eine Bestimmung vorgesehen, wonach auf die Thätigkeit der neuen Aerzte verzichtet werden muß; eS könnte also dazu kommen, daß die Aufsichtsbehörde den neuen Aerzten die angekündigte Verfügung thatsächlich zustellt und die An« gelegen'heit dann auf dem ordentlichen Rechtswege ihre Erledigung findet. Danach hätte der Regierungspräsident bei den Vereinbarungen mit der ärztlichen Standesorganisation keine übermäßige Voraussicht bewiesen; bevor er einen Vertrag einging, daß auf die Thätigkeit der neuen, durch ihren Vertrag nicht bloß verpflichteten, sondern auch berechtigten Kassenärzte verzichtet werden müsse, mußte er sich doch vergewissern, daß diese Aerzte auch bereit seien, auf sich ver- zichten zu lassen. Wenn er dadurch in eine Zwickmühle kommt. wird es ihm vielleicht noch zum Bewußtsein kommen, daß es doch besser gewesen wäre, nicht über die Köpfe der erfahrenen Kassen-