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Ii. 41. 21 M-z-nz. 2.|5f jlöjjf Schutzzoll und Bereicherungszoll. Es handelt sich hier nicht um eine Wiederaufnahme meiner Diskussion mit Schippe! über seinen famosen Vortrag. Die Ent- scheidung darüber liegt jetzt beim Fraktionsvorstande und ich habe nicht die Absicht, ihm vorzugreifen. Wer die Bestrebungen Schippe!« sich reinzuwaschen, haben eine neue Zolltheorie auftauchen lassen, an der man doch nicht schweigend vorübergehen kann. Genosse Rühle hatte Schippe! daran erinnert, daß er in der Redaktion der Chemnitzer  Volksstimme" für den 8 Mark- Zoll ein- getreten sei, der nicht als ein Wucherzoll betrachtet werden dürfe. Schippe! erklärte darauf(VorlvärlS", 13. Februars, er könne sich des Wortlauts seines damaligen Gespräches nicht entsinnen, wohl aber habe er in Chemnitz   und auch sonst öfters folgende Theorie auf- gestellt: Man kann bei den Getreidezöllen eigentlich nur dort von Wucherzöllcn sprechen, wo sie die Grundrente erhöhen. Das haben selbst die französischen   und italienischen Hochzölle nicht bewirkt, sie haben den Grundbesitz nicht bereichert. Schippe! selbst sah davon ab, aus dieser Darlegung Schlüsse zu ziehen. Weniger vorsichtig ist die Chemnitzer  Volksstimme", die aus Schippels Ausführungen jene Konsequenzen folgen, die der- nünftigerwcise daraus gezogen werden müssen. DieVolksstimme" unterscheidet nach Schippe! bei den Lebens- mittel-Zöllen zwischen Wucher- oder Bereicherungszöllen und Schutz- zollen und bemerkt darüber: Wir bemerken, daß wir die Lebensmittelzollerhöhungen des neuen Zolltarifs... nicht mehr für Schutzzölle, sondern für Bcreicherungszölle halten und darum gegen sie wäret» und sind.... Natürlich ist auch Schippe! nur dann für Zölle, wenn sie wirklich Schutz-, nicht Be- reicherungszölle sind. Ob ein Zoll jenen oder diesen Charakter hat, darüber kann man und wird man verschiedener Meinung sein, je nachdem man mehr oder weniger Einblick in die thatsächlichen Verhältnisse hat. Dieser Einblick ist bei Schippe! entschieden tiefer, als bei den allermeisten seiner Gegner, und darum hat man jedenfalls Ursache, seine Meinung auch dann zu achten, wenn man nicht mit ihr übereinstimmt." Aber warum diese Achtung auf Schippe! beschränken? Sämt- liche Verfechtung der LebenSmittel-Zölle sind der Uebcrzeugung, daß diese nicht Wucher- oder Bereicherungszölle, sondern Schutzzölle dar- stellen, und vielfach sind sie ersteres auch wirklich nicht in dem von Schippe! dargelegten Sinne. Wenn wir uns auf den Standpunkt der Chemnitzer  Volksstimme" stellen, dürfen wir fteilich Schippe! nicht verurteilen, aber auch nicht den Agrariern mehr kraftvoll ent- gegenlretcn; dann haben wir unsrer Agitation gegen die Lebens- inittel-Zölle einfach das Rückgrat gebrochen. Wie vermöchten wir den Kampf gegen diese Zölle bis aufs äußerste zu führen, wenn wir von der Ansicht ausgingen, man könne über sie auch von unserm Standpuntte ausverschiedener Meinung" sein, je nachdem man die Verhältnisse besser kenne oder nicht und gerade diejenigen, die die Verhältnisse am besten verstünden, seien ganz andrer Meinung, als wir. Wir können den Kampf gegen die LebenSmittel-Zölle nur dann energisch führen, wenn wir sie principiell verwerfen; und nur dann, wenn wir berechtigt sind, sie principiell zu ver- werfen, dürfen wir sie entschieden ablehnen. Dagegen müßten wir jedem Genosien seine Haltung fteigeben, wenn wir uns auf die Unterscheidung zwischen Schutzzöllen und Bereicherungs- zöllen für Lebensmittel einließen und die ersteren für berechtigt erklärten. Denn ein strikter Beweis daftir, wo der Schutzzoll auf- hört und der Bereicherungszoll anfängt, wird nie für irgend einen Zoll zu führen sein. Aus unsrem geschlossenen, principiellen Kamps gegen die Gesamtheit der Lebensmittel-Zölle würde dann ein Feilschen und Schachern mit jedem unsrer Abgeordneten um jede einzelne Position des Tarifs. Was soll denn aber eigentlich geschützt werden durch die Lebens- mittel-Zölle? Schippe! sagt eS selbst: die Grundrente. Welche Ursache haben wir, die Grundrente, diese schädlichste und überflüssigste Forin des Mehrwerts, des arbeitslosen Einkommens, zu schützen? Würde es einem Socialdemokratcn jemals einfallen, wenn der durch- schnittliche Zinsfuß von vier auf drei Prozent fällt, Maßregeln zum Schutz des zinstragenden Kapitals und der Auftecht- Haltung des alten Zinsfußes zu fordern? Es wäre in der That unmöglich, Proletariern mit der Zumutung zu kommen, die Grundrente zu schützen, wenn eS nicht schlaue Wort­führer der bürgerliche» Oekonomie verstanden hätten, die Grundrente mit der landwirtschaftlichen Prodnkfton zu vermengen. Aber das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Eine hohe Grundrente ist eine Be- lastung der landwirtschaftlichen Produktion, nicht eine Bedingung ihrer Blüte. Je höher die Grundrente, desto höher die Pachtzinsen, die der Pächter zu zahlen hat, desto höher die Kaufsumme des Gutes, die sein Käufer oder Erbe zu erlegen oder zu verzinsen hat, desto geringer die Kapitalmenge, die er dem Betriebe widmen kann. Aber nicht genug, daß Schutz der Grundrente Schutz des un­nützesten und schädlichsten arbeitslosen Einkommens bedeutet, er bedeutet auch eine Besteuerung des Proletariats. Die Grundrente kann hoch gehalten werden nur auf Kosten entweder des Arbeitslohnes oder des Kopitalprosits. Wer der Löwenanteil an diesen Kosten wird stets dem Proletariat zufallen. Es ist der schwächere Teil, auf den man alle gesellschaftlichen Lasten am leichtesten abwälzen kann. Und die Konrurrenz mit dem Weltmarkt, auf dem der billigere. nicht durch den Zoll verteuerte Lebensmittelpreis herrscht und wo unsre exportierenden Industrien einen großen Teil ihres Absatzes suchen müssen. drängt den Kapitalisten aufs äußerste, das Lohnniveau im durch Lebensmittel-Zölle belasteten Lande ebenso tief wie im zollfreien Aus- lande zu halten, die Last des Zolls ganz von den Arbeitern tragen zu lassen. Die agrarischen Zölle, obBereicherungs"- oder Schutzzölle, be- deuten stets Hochhaltung der Grundrente und des arbeitslosen Einkommens der Grundbesitzer durch Herabdrückung der Arbeitslöhne. Und darum müssen wir nicht bloß gegen agrarische Bereich erungSzölle, sondern auch gegen agrarische Schutz zölle sein, müssen wir principiell jeden Lebensmitt>.lzoll bekämpfen, wie es die Socialdemokratie auch einmütig seit ihrem Bestehen gethan hat. Wenn die Chemnitzer  Bollsstinnne" in einem früheren Artikel darauf hinwies, ehedem seien die Meinungen über den Zoll in unsrer Partei geteilt gewesen, so vergaß sie zu bemerken, daß das nur für die industriellen Schutzzolle zutrisst, die als ErziehungS- zölle gelten komrten. Für Lebensmittel- Zölle hatte sich in der deutschen   Socialdemokratie bisher noch nie eme Stimme erhoben. Das blieb Max Schippe! und seinen Protektoren vorbehalten. Also nochmals: Nicht bloß gegen agrarische Bereicherungszölle, sondern auch gegen agrarische Schutzzölle, gegen jeden Lebensmittel- Zoll müssen wir uns principiell wenden, indem wir nie außer acht lassen, daß sie Mittel sind, dem Grundbesitz arbeitsloses Einkommen auf Kosten des Arbeitslohnes zuzuführen. Die Unterscheidung zwischen Bereicherungs- und Schutzzöllen ist nur eine Tüftelei, die keinen andren Erfolg haben kann, als unsren Ansturm gegen die LebenSmittel-Zölle zu verwirren oder zu lähmen. Und darum ist es nötig, dieser feinen Theorie beizeiten zu Leibe zu gehen, selbst auf die große Gefahr hin, wieder als Querulant ver- schrien zu werden. Ja, in den Augen unsrer Gegner sind wir alle Ouerulanten. K. K a u t S k y. Ks Lswörls" Wirtschaftlicher Wochenbericht. Berlin  , den 20. Februar 1904. Kapitalistische Jntercssrnkonflikte. Die Shmpathicn der kapitalistischen   Presse sür Rutzland. Japanismus und Mongolenfurcht. Französisches und deutsches Kapital in Rußland  und Japan. Handclsinteressen. England und die nordamerikanischc Union   in Ostasicn. Die Stellungnahme der jocialistischcn Arbeiterschaft zum Kamps in Ostasien.   Rußlands   finanzieller Rückhalt. Während die Tagespreise ihre Spalten mit unzuverlässigen, sich gegenseitig widersprechenden Telegrammen über die Kampftage in Oslasien füllt und jede Redaktion sich der Konkurrenz wegen ver- pflichtet fühlt, in höherer Strategie zu machen, vollzieht sich unbe- achtet in den von der Großfinanz beeinflußten Blättern eine all- mähliche Schwenkung zu Gunsten Rußlands  . Ganz offene Partei- nähme für die russische   Annexionspolitik im fernen Osten findet man allerdings nur in der französischen   kapitalistischen   Presse, für die derFigaro" den Ton angiebt: aber auch die belgischen und die deutschen   Börsenblätter bekunden, wenn sie gleich zu einer offenen Stellungnahme für Rußland   noch nicht gelangt sind, in vielen ihrer Auslassungen, besonders so weit diese die russische   Finanzlage betreffen, eine zunehmende Sympathie für das Zarenreich. Sogar in englischen Haudelszeitungen stößt man auf Darstellungen, die im Gegensatz zu dem in England zur Zeit grassierenden akuten Gelbfieber eine versteckte Vorliebe für Rußland   m seinem Kampfe gegen Japan   verraten. Die Motive dieses Verhaltens sind, selbst wo sie sich hinter allerlei ethischen und selektionistischen Rassentheorien verbergen, leicht zu erkennen. Ist man auch keineswegs ein Freund der' russischen Zollpolitik und nimmt die russischen Versicherungen über das Offen- halten der Thür zur Mandschurei nicht recht ernst, so hält man doch fast allgemein in den Handelskreisen, welche die Wirtschasts- Verhältnisse Ostasiens   aus eigner geschäftlicher Erfahrung kennen, Japan   für einen weit gefährlicheren Handels- und Schiffahrts- konkurrenten als das schwerfällige Zarenreich. Selbst falls die russische   Regierung, wenn sie ihre Position in der Mandschurei   befestigt hat, dieses Gebiet dem fremden Handel verschließen sollte, erscheint jenen Kreisen, da außer Japan   und den Vereinigten Staaten   von Amerika   andre Mächte in der Mandschurei  nur äußerst wenig kommerziell interessiert sind, solcher Verlust als viel unbedenklicher, denn eine weitere Stärkung der japanischen Handelsposition in Mittel- und Slld-China, hat doch Japan   seit seinem letzten Kriege mit China   seinen Export nach dem Himmlischen Reich mehr als verdoppelt und seine Handelsflotte erlangt, unter- stützt durch enorme staatliche Subventionen, nicht nur im Gelben und Chinesischen   Meer, sondern auch auf dem Jangtsckiang eine stetig steigernde Bedeutung. Die Ansprüche Japans  , seine Expansionssucht und sein Einfluß auf China   werden aber, so folgert man, durch einen Sieg entschieden eine weitere Förderung erfahren. Es zeigt sich der ganze Widersinn des modernen Kapitalismus in dieser Stellungnahme. Erst wurden die Japaner gewaltsam ihrer Abgeschlossenheit entrissen und ihnen zwangsweise die Segnungen des Kapitalisnms aufgedrängt, und als die Japaner sich dann als gelehrige Schüler erwiese», als sie nicht nur Westeuropa   einen Teil I eines WarcnüberschusseS, sondern auch einen Teil seiner überschüssigen bürgerlichen Intelligenzen: Professoren, Ingenieure, Techniker usw. abnahmen, da pnes die liberale Presse in allen Tonarten die wunderbare Anpassungs- und Kulturfähigkeit des japanischen Volkes und zeitweilig kam in der bürgerlichen Littcratur sogar eine geradezu alberne Begeisterung für denedelsten Sproß der mongolischen   Rasse", für dieEngländer des Ostens" oder auch, wie andere sie nannten, diePreußen Ostasiens  " zum Ausbruch. Seit aber der Japaner   seine gerühmte Anpassungsfähigkeit dazu benützt, sich der Bevormundung semer europäischen Gönner zu entziehen und auf den ostasiatischen Märkten als deren schlauer Konkurrent aufzutreten, beginnt in der europäischen   Handels- bourgeoisie derJapanismus" merklich abzukühlen. Jetzt wird der Japaner wieder zum rohenAsiaten", dessen niedrige Instinkte durch die aufgepfropfte Kultur nur leicht übertüncht worden sind. Be- sonders der japanische Kaufmann, der Akindo, wird als gemeiner Betrüger hingestellt. Doch nicht nur diese Furcht vor der gelben Konkurrenz kommt in der Haltung der kapitalistischen   Presse zum Kampf in Ostasien  zum Ausdruck; einen noch größeren Einfluß übt, wie sich deutlich ergiebt, wenn man die hohen Konnexionen der einzelnen Blätter sich näher ansieht, die Großsinanz. Es ist nicht Russenverehrung allein, auch nicht nur Rücksicht auf den lieben Verbündeten, welche die große französische   Presse, nachdem sie anfangs eine gewisse Unentschiedenheit gezeigt hatte, in den letzten beiden Wochen mehr und mehr in eine eifrige Propaganda fiir die russischen Ansprüche in Ostasien   hinein- getrieben hat: es ist der Einfluß der Hochfinanz, der in Frankreich   vielleicht mit Ausnahme der nordamerikanischen   Union   noch viel weiter reicht als anderSwo f denn bekanntlich sehen sich fast alle großen französischen   Zeitungen genötigt, da ihnen die reiche Einnahmequelle aus Annoncen fehlt, sich in den Dienst kapitalistischer Cliquen, meist finanzieller Konsortien, zu stellen. Und die franzö- fische Grohfinanz, ja bis zu gewissem Grade selbst die mittlere und kleine Bourgeoisie denn nirgends sind die russischen Anleihe- und Eisenbahnwerte so tief in die Kreise der kleinen Kapitalisten eingedrungen wie in Frankreich   sind an dem Siege der Russen in starkem Maße interessiert, da sie im andern Falle mit einer be- trächtlichcn Entwertung ihrer Papiere rechnen müssen. Nach der im vorigen Jahre veranstalteten amtlichen Enquete über die Anlage französischen   Kapitals im Auslände betrögt das in Rußland   an- gelegte französische   Kapital nicht weniger als sieben Milliarden Frank: eine Summe, die sich folgendermaßen zusammensetzt: Französische   Handelshäuser in Rußland 49 Mill. Fr. Grundeigentum in Rußland  .... 17 Banken m Rußland....... 18 Industrie-Anlagen, Bergbau.... 792 Russische StaatSpapicre...... 6000 Finnländische StaatSrente..... 90 Zus  . 6068 Will. Fr. Dagegen belief sich das ftanzösische Kapital, das in Handels- Unternehmungen zu Tokio  , Aolohama, Nagasaki   und Kobe   steckt, nur auf etwa 12 Milllonen Frank. Ebenso hat Belgiens   Kapitalistenklaffe sich eine bedeutende Portion russischer Staatspapiere ausgeladen, und außerdem hat sie höchst bedeutende Summen belgischen Kapitals in südnissischen Industrie-Unternehmungen, besonders in der Kohlen- und Eisen- industrie, angelegt. Und nicht viel weniger ist das deutsche   Kapital in Rußland   interessiert. Leider fehlen darüber genaue, zuverlässige Mitteilungen. Von Sachverständigen wird jedoch die Gesamtsumme auf mindestens drei Milliarden Äark geschätzt; während nach den Angaben der deutschen   Konsulate in Japan   das gesamte in Japan  und Formosa   angelegte deutsche Kapital sHandelsunternehmungen, Banken, Kredite, Grundbesitz in den Fremdcn-Niederlassungen und versteckter, auf japanische   Namen eingetragener deutscher   Grundbesitz außerhalb der Fremden-Niederlassungen) sich Ende 1898 nur auf 65 70 Millionen Mark belief und sich� seitdem kaum um mehr als 15 20 Millionen Mark erhöht haben dürften. Dazu kommt das relativ geringe Interesse der deuffchen und französischen   Export- Industrie an dem Import Japans  . Aus dem deutschen   Zollgebiet sind im Jahre 1901 nur für 45,5, in 1902 nur für 49.7 Millionen Mark Waren nach Japan   ausgeführt, von Frankreich   in den letzten Jahren gar nur für 10 Millionen Frank, so daß der Export nach Japan   an der deutschen   Gesamtausfuhr nur mit etwa 1 Prozent, an der französischen   mit V« Prozent partizipiert. tatag, 21. Februar 1901. Nach Rußland   führte dagegen Deutschland   m 1902 für ca. 300 Millionen Mark Waren aus, Frankreich   für 39 Millionen Frank, oder, wenn man die Ziffern der russischen   Handclsstatistik zu Grunde legt, Deutschland   für 203, Frankreich   für 26 Millionen Rubel. Umgekehrt erfordert das Interesse der englischen   und amerika- nischen Kapitalistenklasse den Sieg Japans   in Ostasien  . Nicht mir befürchtet die englische Bourgeoisie von der Ausdehnung der russischen Macht in Ostasien   eine Verengerung ihrer dortigen Absatz- und Kapitalanlagcmärkte, sondern auch den Verlust ihrer rentablen Herr- schaft in Indien  . Zudem aber befindet sich der größte Teil der japanischen Anleihewerte in englischen Händen, und der Handel Eng  » lands mit Japan  , dem der Handelsverkehr Hongkongs   mit� dem Mikadoreich hinzugerechnet werden muß. stellte sich nach der japanischen Statistik in 1902 auf 96 Millionen Ueu, also über 200 Millionen Mark. Noch stärker sind die Vereinigten Staaten   von Amerika   kommerziell in Japan   interessiert. Ihr Handel mit Japan   hat den Englands längst überflügelt; in 1902 waren sie mit 129 Millionen Den, d. h. mit über einem Viertel an dem gesamten japanischen Außenhandel beteiligt, und dieser Verkehr befindet sich in rascher Steigerung. Sodann aber verlangt das deutliche Ziel der amerikanisch-inrperia- listischen Politik, die"Erringung der Obmacht im Stillen Ocean, die Ausrechterhaltung der sogenannten Integrität Chinas   und die Schwächung des europäischen   Einflusses, bis der Panama  -, vielleicht auch der Nicuragua-Äanal fertig ist, der Ausbau der amerikanischen  Flotte das erforderliche Maß erreicht hat und die Befestigung der wichtigsten philippinischen   Häfen so weit vorgeschritten ist, daß sie als bequeme Operationsbasis zn dienen vermögen. Diese verschiedenen wirtschaftlichen Interessen sind eS, die in der Stellungnahme der kapitalisttschen Presse zum Kampf im fernen Osten zum Ausdruck kommen, natürlich mehr oder weniger hinter allerlei ethischen Argumenten versteckt. Während auf der ernen Seite vor dergelben Gefahr" gewarnt und eine seltsame Besorgnis um die Erhaltung der europäischen   Kultur geheuchelt wird, staffiert man auf der andren Seite denlittle Japs" mit den erhabendsten Eigen- schaften aus, philosophiert von dem berechtigten Lebenstrieb der Völker nach Expansion, der Achtung vor der Selbstbestimmung der Nationen, der Notwendigkeit einer Politik der Offenhaltung der Handels- thore in Ostasien K. Nichts als bürgerlicher Phrascnschwindel zur Vordeckung des nackten JnteressenkampfeS. Man braucht sich nur die kapitalistischen   Jntrtguen der nordamerikanischen   Union   in den süd- amerikanischen Republiken, die Anzettelungen zur Erlangung des Panamakanals, das Verfahren der Hankees gegenüber den Kubanern und den Filippinos anzusehen, um von der amerikanischen   Achtung vor der Selbstbestimmung der Völker den richtigen Begriff zu erhalten. Und was das'Offenhalten der Handclsthür" anbetrifft, so ist es daS erste Bestreben der Amerikaner nach der Eroberung der Philippinen gewesen, dort die Thüre zuzuschlagen. Die Stellungnahme der socialisstschen Arbeiterschaft wird von andern Faktoren bestimmt, als von diesen verschiedenen kapitalistischen  Interessen. Für sie handelt es sich einfach um die Frage:Wessen Sieg liegt im Interesse einer schnelleren frei- heitlichen Entwicklung Westeuropas   und Ruß- lands selb st; ist zu erwarten, daß eine Niederlage des russischen Reichs seinen heutigen reaktiv- nären Einfluß im Konzert der europäischen  Mächte vernichtet oder schwächt." Und deshalb, weil diese Frage bejaht werden muß, sind die Sympathieen des socialisnschen Proletariats aus seiten Japans  , nicht weil die, heute in allen englischen Singspielhallen besungenen Japaner tugendhafter find als die Russen oder weil ihr ExpansionS- trieb berechtigter ist. Dieser Standpunkt aber bedingt keines- wcgs, daß wir nun verpflichtet sind, nach dem Rezept eines Teils der englischen Presse die militärischen und wirtschaftlichen Hilfskräste der Russen zu unterschätzen und die Japans   zu überschätzen. Seine mächtige Konnexion mit der europäischen   Hochfinanz geben Rußland einen starken finanziellen Rückhalt. Die Finanz hat bei einem Fall Rußlands   ungeheure Summen zu verlieren, und ehe sie diese auf- giebt, wird sie sich noch zu manchem ansehnlichem Zuschuß verstehen, wenn auch sicherlich nicht mit heiterer Miene. Tat. Berliner   partei-Hncfelegenbeiten» Erster Wahlkreis. Donnerstag, den 25. Februar, abends 8 Uhr, findet in den Arnnnhallcn. Kommandantenstr. 20, eine große Wahl- Vereins- Versammlung statt, in der Reichstags-Abgeordneter Georg Schöpflin   spricht. Um zahlreichen Besuch bittet' Der Vorstand. Dritter Wahlkreis. Dienstagabend 8»/- Uhr in FrankcS Fest- sälen, Sebastianstr. 39: Versammlung des Wahlvercins. TageS- ordnung: Vortrag des Reichstags-Wgeordneten Schöpflin über: Der Krieg in Ostasien  ". Diskussion. Zahlreicher Besuch erwünscht. Gäste willkommen. Donnerstag, den 25. Februar: Zahlabend in den bekannten Lokalen. Der Vorstand. Eine Polnische BolkSversainmlung findet heute, Sonntag, nach- mittags 2 Uhr, in den A r m i n h a l l e n Kommandantenstr. 20. statt. Genosse Georg H a a s e referiert über diePreußische Hakatie, die polnische Fraktion und das polnische Volk". Schmargendorf  . Dienstag findet im Wirtshaus Schmargendorf  . Warnemiiuderstr. 6, eine Volksversammlung statt. Gemeinde- Vertreter Genosse Hoffmann ausNowalves spricht über:»Social- demokratie und Kommunalpolitik". Obrr-Schöneweide. Den Einwohnern zur Nachricht, daß am Montag, den 22. d.M., abends 3stz Uhr, zwei öffentliche Gemeinde- Wähler- Versammlungen stattfinden, die eine in Töpfers Lokal, Siemensstr. 6, Referent: Gcmeindevertreter Gen. Grunow; die andre bei D o b S l a w, Ostend  , Referent: Genosse Lang c. Die Genossen lverden ersucht, recht pünktlich und zahlreich zu erscheinen. Der Vertrauensmann. Nirdcr-Schönhauscn. Die Mitglieder- Versammlung des Wahl- Vereins am Dienstag fällt aus. Dafür findet am Mittwoch, den 24. Februar cr.. abends 8>/z Uhr, bei Wenzel, Lindenstrahe 43, eine Volksversammlung statt. Tagesordnung:Die Gemeinde- ratswahl". Referent: Stadtv. Genoffe Schubert- Berlin. Dis- kussion. Zahlreicher Besuch wird erwartet. lokales. Ein gutes Beispiel. Wir haben so viel mit der Verbcfferung dcS Diesseits zu thun, daß es schon aus diesem Grunde nicht unsre Sache sein kann, uns mit den auf das Jenseits hinauszielenden Angelegenheiten zu be- fassen und daher sollten wir uns eigentlich auch nicht in eine Frage hineinmischen, die jetzt die evangelische Kirche beschäftigt. Aber da die Aenderung der Abendmahlsfeier, für die jetzt in kirchlichen Kreisen agitiert wird, einen durchaus weltlichen Beweggrund hat. so wollen wir der Frage in Kürze erwähnen. Seit einiger Zeit wird in der evangelischen Kirche, die ja im allgemeinen nicht in dem Ruf steht, Neuerungen besonders grün zu sein, darauf hingewiesen, daß der Gebrauch des gemeinsamen Kelches beim Abendmahl den Be- teiligten schwere gesundheitliche Schädigungen bereiten kann. Es besteht die Gefahr, daß Lupus  , Diphtherie und andre ansteckende Krankheiten durch die heute übliche Benutzung des gemeinsamen Kelches von einer Person auf die andre übertragen werden, und in einer Broschüre, die der ArchidiakonuS Scydel von