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DoM. Zeiwng" von Hannover , daS Haupt- Welfenorgan, dem das ganze, diesen Biedermann betreffende Material bekannt und zugänglich ist, als Antwort auf den, in unserer vorletzten Nummer von uns erwähnten Brief Meding's, wie folgt: So gefällt er unS, derKgl. RegierungS- rath a. D." Nachdem er, während er im Dienste und Gehalte Cr. Majestät deS König? Georg stand» auf Bismarck's Einladung nach Berlin reiste und von diesem Geld annahm, und nach- dem er vor, inigen Jahren Brief«, die König Georg vertraullch an ihn gerichtet hatte, dem Fürsten Bismarck auslieferte: fehlte nur noch dieWelfenkanaille", um das Bild des Meving in seiner ganzen Natürlichkeit er« kennen zu lassen. Wenn Meding der Beschuldigung gegenüber, er Hab« die Legion mit ins Leben gerufen, um dir Beschlagnahme des Welfenfonds zu ermöglichen, sich aufs Leugnen verlegt, so ist von ihm nichts Anderes zu erwarten, nur sollte er dann auch so klug sein, nicht von seinerPensionirung* zu sprechen, denn bekanntlich ist Preußen nicht so dumm, Jemandem Pension zu zahlen, der ihm keine Dienste geleistet hat, vielweniaer aber noch Einem, der, wenigstens dem Scheine nach, gegen Preußen arbeitete. Daß die geleisteten Dienst« aber sehr erheblicher Natur gewesen sein dürften, zeigt die Höhe der Pension: 9000 Mark. Meding verschweigt, daß gerade er es gewesen ist, der die Legion zusammenhalten wollt«, als i h r e A u f l ö s un g beschlossen war, und er lügt, wenn er behauptet, die einzelnen Emigranten hätten nach Amerika verschickt werden sollen. Es wurde den Eiiiigranten völlig freigestellt, wohin sie gehen wollten, und so haben sie sich denn auch zum Theil nach Oesterreich , nach Amerika und in die Heimath begeben, während Andere vorzogen, in Frankreich zu bleiben. Meding wider- setzte sich der Auslösung der Legion; er wollte sie geschloffen behalten, und zwar, wie er sagte,nach den hoch und gesund gelegenen Gebieten von Algerien " über- führen, so daß Se. Majestät der König sich veranlaßt sah, durch die Anweisung eineS Aufenthalts rn der Schweiz Meding unschädlich zu machen. Und merkwürdig: geradein diesem Augenblick«, als Meding den Preußen keine Dienste mehr leisten konnte, fanden sich dergroße Kanzler" und der Preuße Di«ding, und auf die Verwendung deZ Ersteren dokumentirte sich dann diehochherzige Großmuth" des Königs Wilhelm I. welche darin bestand, demBlutsanger" Meding jährlich 3009 Thaler aus dem beschlagnahmten Ver- mögen des welfischen Königshauses zu be- willigen. Daraus ergiebt sich auch, was es mit demvoll- kommen öffentlichen Akt" derPensionirung" auf sich hat. Der Akt war soöffentlich", daß die Quittungen über den Empfang derPen- sionen" alljährlich durch Feuer vernichtet wurden. In der Abonnementseinladung de?Berliner Tage« b l a t t" war vor einigen Tagen zu lesen:Irrlichter, Roman von Gregor Samara w.Irrlichter" nennt in diesem Roman der bekannte Autor jene Gestalten, die über dem stagnirenden Sumpf» der Berliner Gesellschaft schweben. DaS frivole Leben und Treiben gewisser Kreis«. welche am Totalisator wie im Börsenspiel die Befriedi- gung ihrer Niedern Leidenschaften finden, schildert Eamarow als feiner Kenner der großen Welt in mächtigen Strichen und brennenden Farben. Aber nicht nur in den Abgrund führt uns der Dichter, er zeigt uns auch sympathische Gestalten, die auf der Menschheit Höhen wandeln." So die Reklame. HerrMeding alsVerfasfer eine? Sitten« romanS, imBerliner Tageblatt" ja, so gefällt unS derKgl. Reglerungsrath a. D." Wir gratuliren Bismarck und dem Bismarck-Ring zu diesemnationalen",patriotischen",christlich-germauischen" Kollegen, und demBerliner Tageblatt" arbeiter. zu seinem Mit- Slntisemitischer Unfug. Wir sind nicht schwachnervig, allein das müssen wir doch sagen, daß es kein Vergnügen ist beim Passiren der Friedrichstraße Spießruthen lausen zu müssen zwischen unsiathigen und grotesk- ekelhaften Photo« graphien einerseits und einem halben Dutzend Dienst- Männer anderseits, welche die unfläthigsten, ekelhaftesten Rufe auSbrüllen und E,nem unfläthige, ekelhafte Bro- schüren und unfläthige, ekelhaft« Bilder vor dem Gesicht herumschwenken jede Broschüre und jedes Bild eine un« fläthige, ekelhafte Beschimpfung der Juden, und«ine un- monarchischen Staates nach und nach, schrittweise verwirk- lichen lassen, wenn nur von der monarchischen Regierung die ewigen Prinzipien der Gerechtigkeit gegenüber allen Staatsangehörigen anerkannt und zur Geltung gebracht würden. Ich meinerseits hielt dies auch bi« zum letzten Augenblick noch für möglich und hege das größte Zutrauen zu Ew. Majestät aufrichtiger Gesinnung, sowie wir wohl Alle die größte Achtung vor Ew. Majestät Tugenden und wohl- wollendem Herzen besitzen. Aber Ew. Majestät sind sterb- lich, wie wir Alle; ein Tag stellt plötzlich dem Volk eine andere Persönlichkeit, die es regieren soll, gegenüber, und wenn wir dem Königthum nicht alle Befugnisse abschneiden, die sein wirkliches Wesen ausmachen und ohne welche Nie- wand König fem möchte, so hören die Zweifel nicht auf, die Befürchtungen und die Aussichten auf neue Kämpfe. Die Geschichte der Monarchien liefert hierüber aus­reichende Erfahrungen; und da eS nun einmal dahin ge- konimen, da unS im Namen des Königs die unerhörtesten Mißhandlungen angcthan wurden, nachdem Arbeiterblut 'in Strömen durch die Soldaten Ew. Majestät ver- gössen worden, wie sollten wir es vor unseren Mit- kämpfern verantworten können, wollten wir uns zu einer Nachgiebigkeit verstehen, die unS unter Umständen zum Ver- brechen angerechnet werden könnte?" So sprechen Sie eS ans, meine Herren, Sie wollen Republik ; das heißt Fortsetzung des Kampfes bis zur Ver- nichtung des eines Theiles?" sprach der König im sichtlichen Zorn. Sie ließen mich Andere» erwarten bei unserer Unter- redung." rief Herr von Hohenhausen , nicht minder erregt näher tretend. »Sie thun mir Unrecht, Erzellenz", entgegnete Lange, froh, sich an eine minder betheiligte Person wenden zu ionnen;ich sprach genau dasselbe zu Ihnen, waS ich soeben «r. Majestät erklärte. Die Ereignisse haben jene Ze,t, ur der wir unsere Ansichten austauschten, vollständig über- holt; ich sprach von dem, was wir ursprünglich erstrebten, "nd sprach auch nur für mich, wie ich Ihnen anS- (Fortsetzung folgt.) "cklich bemerkte fläthige, ekelhaste Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der jüdischen Mitbürger. Das ist zweifellos ein Unfug, und zweifellos auch ein gemeinschädlicher Unfug. Denn hat irgend Jemand ein empfängliches Naturell für solch« giftige Schmutzkost und dazu die nöthige Rohheit, mit dem nöthlgen Muth, die Gedanken in Thaten umzusetzen, dann schlägt er die Juden todt, wo sich eine Gelegenheit findet, wie dieS W e tz e l gethan hat, der ohne die antisemitischen Lehren vcrmuthlich heute noch am Leben wäre. Nun fällt es uns aber nicht ein, nach der Polizei zu rufen, daß diese dem Unfug steuere. Wir verlangen bloS, daß die Behörden allen übrigen Parteien die- selbe Freiheit gewähren, wie sie den Herren Antisemiten gewährt wird. Man würde dann mit dwsem Gesindel sehr bald fertig werden, und es sollte keinen Schaden mehr thun. Das Gefährliche und das tief Beschämende dieses Un« fugs ist. daß er ein Monopol der Antisemiten ist, daß diese die Straße für sich in Anspruch nehmen, daß sie straflos thun können, waS nach den bisherigen Erfahrungen keine andere Partei wagen darf. Oder würde es etwa nicht sofortiges Einschreiten der Behörden zur Folge haben, wenn von jüdischer, muhamcdanischer oder atheistischer Seite über Chriilenthum und Christen in derselben Weise gesprochen würde, wie in diesen antisemitischen Schriften über Juden- thum und Juden? Also nicht nach Polizei rufen wir, wie daS fortschritt­liche Philisterthum wir verlangen nur gleichen Wind und gleiche Sonne gleiches Recht für Alle. Haben wir gleiches Recht, dann soll eine lustige Hetzjagd aus die Juden- Hetzer beginnen, so lustig und kräftig, daß die Hetzer bald überall hinausgehetzt sind, und Deutschland sauber ist von dieser abscheulichen Plage. Afrikanisches. Die Niederlage der Bülow« schen Expedition wird jetzt amtlich bestätigt. Bülow selbst ist gefallen. Der internationale Lockspitzel. Aus Krakau wird telegraphirt: DemKurier PolSki" zufolg« gestand der in Lemberg wegen Dynamitankaufes verhaftete polnisch« Journalist Hendigery, gegen Bezahlung»n russischen Diensten gestanden, galizische und russische Polen als Revolutionär« denunzirt und zur Bekräftigung dieser Angebereien«inen Bialaer Arbeiter beredet zu haben, eine Drinamilbomb« zu werfen. Nähere Angaben über die Herkunft Hendigery's fehlen noch. So wird'S gemacht. Fürst Bismarck hat seinen Meding, der Hoch- und LandcSvcrrath betreiben muß, um einen Millionenfang zu ermöglichen, seine Jhring-Mahlow, Haupt, Schmidt und Konsorten, die in Dynamit machen müssen; der belgische Bernaert seinen Pourbaix, der fran- zösische Constans seinen Ravachol ; die englische Polizei ihre O'Donnovan Rossa und Komp., die spanische ihren Diunoz und die Russen jetzt ihren Hendigery. Glaubt man jedoch nicht, daß die russische Polizei da» Spiel erst gelernt hätte! Sie kannte es schon zu Anfang dieses Jahrhunderts sie war thatsächlich die erste, die diese infamen Praktiken dem Franzosen Fouchö ablernte, und die russischen Nihilisten wissen, daß von den zahlreichen ausgesuchtrevolutionär" thuendenNihilisten", die blas Dynaniit reden, neun Zehntel Spitzel der dritten Abtheilung sind, die übrigen polternde Lassen. Trikupis, der Sieger bei den letzten Wahlen in r i e ch e n l a n d, hat den SiegeSpreiS eingeheimst und ist Minister geworden. Wann kommt nun die Reihe wieder an Delyannis? Zu spät aufgestauden. Die englischen Kon- servativen mit den ihnen verbündeten liberalenUnionisten" haben ihre Wahlprogramme bereits fix und fertig. Der alte Gladstone arbeitet noch an seinem. Er hat in seinem Leben schon so viel Wahlpragramme gemacht in allen Farben und Schattirungen, daß er sich schwer in den alten zurecht findet, und auch schwer etwas Neues findet. Im Uevrigen verweisen wir bezüglich des Wahlkampfes in England auf unseren heutigen Artikel, dem ein zweiter folgen wird. Zur amerikanische« Präsidentenwahl. Cleve- l a n d ist, wie wir erwarteten, gleich im ersten Wahlgang von der demokratischen Konvention zum Kandidaten für die Präsidentschaft ausgestellt worden. Dnrlamenksbevirhko. Abgeordnetenhaus. 79. Sitzung v o in 23. I u n i. 12 U h r. Am Ministertische: Thielen und Kommiffarien. Die Abgg. Spahn und I m>v a l l e haden wegen ihrer Ernennung zu Ober-LandesgerichtS-Räthen ihr Mandat nieder- gelegt. Die beiden Häuser beS Landtags sind durch das Staats- Ministerium zu«iiier vereinigten Sitzung beider Häuser hehufS Schlusses der Session im Avgeordnetenhause aus heute 3 Uhr Nachmittags geladen. Aus der Tagesordnung steht die wiederholt« Berathung deS von dem Herrenhaus« abgeänderten Gesetzes, betreffend die Kleinbahnen. Abg. Rickert bemängelt, daß nach den getroffenen Dis- Positionen dem Hause trotz der wesentlichen vom Herrenhaus« be- schlossenen Abänderungen keine Zeit mehr gelassen sei, eine gründliche Prüsnng des Streitpunktes vorzunehmen. Für 12 Uhr sei die Plenarsitzung, für 3 Uhr bereits die gemeinschaftliche Sitzung zum Schluß der Session anberaumt. Solche Dis- Positionen können nicht zur wirklichen Förderung der Geschäfte beitragen. Die vom Herrenhaus« getroffene Abänderung sei nur die Folg« der Beschliißunsähigkeil, unter der das Herrenhaus gestern in Anwesenheit von nur öS Mitgliedern das Gesetz be- rathen habe. In Zukunft sollte man sich allerseits bemühen, den Landtag mit solchen zweckwidrigen Dispositionen zu verschonen; man sollte dem dringenden Verlangen des Reichstages nachgeben und denselben schon Mitte Oktober berufen, dann werde von selbst ein großer Theil der Unannehmlichkeiten wegsallen, unter denen jetzt der Landtag zu leiden habe. Abg. Hammacher: Bei der gestrigen Debatte hat ein Mit- glied des andcren HauseS davon gesprochen, daß das Herrenhaus durch dieRücksichtslosigkeit" deS anderen Hauses der Vorlage gegenüber in eine Zwangslage gebracht worden sei. Ich weise diesen Vorwurf als unberechtigt zurück.(Zustimmung.) Die Aenderungen des Herrenhauses in§ 21 sind nicht derart, daß sie irgend ein Bedenken gegen sich hätten; bedenklicher aber ist die Aenderung des ß 30, welche das Erwerbsrecht des Staates wieder von der Beschränkung besreit, die wir dort eingesügt hatten. so' sehr auf spitze Auffassung als trn Sinn« und Geiste der geführten Im Interesse de» Zustandekommens deS Gesetz«? bin ich abe> bereit, auf diese Einschränkung zu verzichten. Minister Thielen: Nach der jetzigen Fassung de?§ 30 kann der Staat nur dann die betreffenden Kleinbahnen erwerben, wenn nach Entscheidung des Ctaatsministeriums dieselbe»ine solche Bedeutung gewonnen hat, daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetzes zu betrachten ist; sie kann also nur aus allgemeinen, Verkehrs- oder strategischen Rücksichten erworben werden, nicht aber können lediglich fiskalische Rücksichten für den Erwerb maß- gebend sein. In demselben Sinne habe ich mich im Herrenhaus« ausgesprochen. Die Bedenken, welche jetzt für das Herrenhaus noch übrig sind, dürften nicht so durchschlagender Natur sein, um das HauS zur Ablehnung der ganzen Vorlage zu veranlaffen. ES kommt hier wirtlich nicht anf eine Ausführung desselben Verhandlungen an. Abg. Lieber(Z.): Die Erklärung deS Minister? über§ 30 könne alS beruhigend angesehen werden, so lange und so weit eS sich um den jetzigen Minister und die jetzige Staatsregierung handelt. Aber wenn man 22 Jahre im Parlamente ist und die verschiedensten Wechselfälle und Wandlungen des öffent« lichen Lebens durchgemacht hat, kann man unmöglich den Ausdruck des Wohlwollens und das Versprechen loyaler Handhabung seitens eines einzelnen Ministers als Ausgleich für mangelnde gesetzlich« Vorschriften ansehen. Namentlich bezüglich der Wetterführung des Baues von Selundär- bahnen muß man diesem Gesetze gegenüber von den eigenthüm» lichsten Bedenken deschlichen werden. Wenn der Staat»6 hoc leistungsunsühia geworden ist müßte man gerade daraus sinnen, einen Weg zu flnoen, der dem Privaliapital ermöglichte, an seine Stelle zu treten. Diesen Weg hat unS das Herrenhaus durch die Streichung der Klausel aus tz 30 wieder verlegt. Die eigenthüm- liche Taktik, welche uns jetzt in die Zwangslage gebracht hat, kann auch ich nur bedauerlich finden; ein Haus wie das unsrige, welches mit hingebendem Fleiß an diesem Gesetz gearbeitet hat. hätte man in eine solche Lag« nicht bringen sollen. Wären wir weniger gute Freunde des Gesetzes, als wir es sind, so würden auch wir eine namentliche Abstimmung beantragen und dann könnte sich für das Scheitern des Gesetzes der Minister bei den sogenannten Freunden des Gesetzes im Herrenhause bedanken. Ich muß gegen tz 30 stimmen. Abg. Graf Limburg -Sttrn«: Wir sind nicht berechtigt, an der Art, wie das andere HauS seine Geschäfte erledigen will, Kritik zu üben. Situationen wie die heutige«rieben wir fast am Ende jeder einzigen Session. Dem ß 30 nach den früheren Beschlüssen des Abgeordnetenhauses haben wir nie eine besondere Bedeutung beigelegt, wir haben gegen die Fassung gestimmt, auf welche die Mehrheit so großen Werth legte und wir treten aern dem Herrenhausbeschluß, welcher im Wesentlichen die Vorlag« wiederherstellt, bei. Das Privattapital hat auch so Gelegenheit, sich an der Herstellung von Kleinbahnen zu betheiligen. Abg. von Tiedemann-Bomst: Di« Aenderung deS Herren­hauses trn§ 21 hat nur den Zweck, all« Refaktien zu verhüten; damit können wir uns nur einverstanden erklären. Auch die Gestaltung des tz 30 erregt uns keine Bedenken, auch nicht mit Rücksicht auf einen etwaigen Ministerwechsel. Wir werden für die Vorlage in der Fassung des anderen Hauses stimmen. Damit schließt die Generaldislusston. In der Spezialdiskusston werden die ßtz 120 ohne Diskussion angenommen. Desgleichen tz 21 in der Fassung des Herrenhauses. ebenso tztz 22-29. tz 30 wird gegen die Stimmen deS Zentrum? und einiger ! freisinniger angenommen, ebenso der Rest des Gesetze? und chließlich bat ganze Gesetz gegen wenige Stimmen. Es folgen Kommissionsberichle über Petitionen. Die Stadt Erfurt und ihr sich anschließend 132 Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern wenden sich an das Haus mit folgender Bitte: Diesen Stadtgemeinden sowie allen anderen Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern zur Deckung der ihnen infolge der sozialreformatorischen Gesetze erwachsenden Ausgaben einen Zu- schuß aus Staatsmitteln zu gewähren, welcher den auf den Kopf der Bevölkerung entfallenden durch diese Gesetze veranlaßt«» Kosten- aufwänden entspricht. Die Gcnieindekommission beantragt die Petition der Staats- regierung als Material für die in Vorbereitung befindliche weitere Reform der Landes« und der Kommunalsleuern zu über- weffen. Ohne Debatte beschließt daS HauS demgemäß. Der Lehrer Kaiser und Genossen in Wiesbaden , Biebrich und anderen Orten beantragen, den wissenschaftlichen Lehrern an den Realanstalten des vormaligen Herzoglhums Nassau da? Anrecht auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen aus dem vormalS nassauischen Zentralsonds zur Unterstützung der Wittwen und Waisen der Real- und Elementarlehrer wiederum zuzuerkennen. Die Unterrichtskommisston schlägt Uebergang zur Tages- ordnung vor. Der KommissionSantrag wird angenommen. Ebenso geht daS Haus über d:e Petition deS ordentlichen Lehrers RemmeS in Saarlonis um Anerlennung seines Rechtes als vollberechtigter Lehrer des ProgymnasiumS und Gewährung von Wohnungsgeld- Zuschuß zur Tagesordnung über. Der Kircheuvorstand der katholischen Gemeinde Keppel (Kreis Siegen ) bittet das Haus, dahin wirken zu wollen, daß die Beitrüge aus dem Stiftsfouds Keppel an den dortigen katholischen Pfarrsonds, wie es vom Jahre 1317 bis 1373 geschehen, wieder gezahlt werden. Die PetitionZkommisston beantragt Ueberweisung zur Er- wägung; ein Antrag aus Ueberweisung zur Berücksichtigung ist in der Kommission mit allen gegen öStiinmen abgelehnt worden. Abg. Lieder nimmt den letzteren Antrag im Plenum wieder auf. Das Haus tritt jedoch dem Kommissionsantrag bei. Der Bericht der Justizkommission über die Petition des Dr. Stolp in Charlottendurg und des Vorstandes des deutschen Bundes für Bodenbesitz-Resorm, betr. die Einräumung eines Vor- rechts für Forderungen aus Arbeiten oder Lieserungen für Reu- bauten, wird auf Antrag des Abg. Grasen Limburg von der Tagesordnung abgesetzt. Damit ist die heutige Tagesordnung erschöpft. Schluß!->/« Uhr. Vnrffnmenknrisickjes. Die Kommission für Arbeiter-Statistik hat gestern Adlheilungssaale v deS Reichstages ihre erste Sitzung abgehalten. Dieselbe wurde unter Anwesenheit sämmtlicher zwölf Mitglieder durch den Staatssekretär von Bötticher mit einer kurzen Ansprache eröffnet. Die Berathung erstreckt« sich zunächst auf die Geschäftsordnung. Dieselbe ist von uns bereits rn einer früheren Nummer zur Kenntniß der Leser gebracht. Die vierzehn Paragraphen wurden ohne nennensiverihe Aenderung an- gepomme». Im Verlaufe der Dislusston wurde konstatirt, daß der Kommission das Recht zustehe, ihre Berufung zu einer be« stimmten Zeit durch Mehrheilebeschluß zu beantragen. Wenn die Regierung diesem Wunsche aber keine Folg, giedt, dann ist eS auch noch so. Das Recht der Antragstellung wurde den Koni- niissioiismitgliedern aus praktischen Rückstchten nicht zugestanden. Die Verhandlungen sollen öffentlich sein, wem» die Kom- Mission nicht anders beschließt. Es wurde auch der Wunsch aus« gesprochen, ohne daß er Widerspruch fand, daß die Prolotolle. Gutachten jc. der Kommission den Rcichstagsmitgliedern mit- getheilt werden. Für die nicht in Berlin wohnhasten Mitglieder wurden Reisekosten und Tagegelder in der Höhe von 15 M. festgesetzt. In die eigentlichen Arbeiten trat die Kommisston ein mit der Berathung über dieErhebungen bezüglich der Arbeits- zeit ic. im Bäcker- und Konditoreigewerbe".