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Nr. 57. 21. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Allgemeiner

Heimarbeiterschutz- Kongreß.

Berlin , 7. März 1904.

Dienstag, 8. März 1904.

33,7; Puppenverfertigung 34,3; Strickerei, Wirkerei 34,4; Gummi- gezahlt.( Sehr richtig.) Bei den Sattlern, bei den Schneidern für und Haarflechterei 34,7; Spinnerei Spinnerei ohne Stoffangabe 35,4; Uniformen sind die Verhältnisse troftlos. In der Uniformlieferungs­Verfertigung bon Harmonikas 38,0; Posamentenfabrikation Schneiderei haben einige wenige Firmen ein wahres Monopol, 38,6; Leineniveberei 38,8; Buzzmacherei 38,9; Häkelei, wodurch die Arbeiter in die tiefste Abhängigkeit geraten sind. Die Stiderei 40,2; Glasbläserei 41,0; Wäscherei, Bleicherei 47,8; Spigen-, Firma Ed. Sachs in Berlin z. B. schreibt den Arbeitern folgenden Die Präsenzliste des Kongresses weist 177 Teilnehmer auf. Als Weißzeugstickerei 49,5; Geigenmacherei 52,9; Verfertigung von Spiel- Vertrag vor: Gäste sind außer den schon früher gemeldeten Herren und Damen waren aus Papiermaché 53,5 und Seidenhaspelei 58,2. anwesend der Regierungs- und Gewerberat Hartmann- Verlin, Es wird vielfach behauptet, die Heimarbeit könne auf die Dauer die Gewerbe- Inspektoren Dr. Fischer Berlin, v. Gizh di- Berlin, nicht mit der Fabrit fonfurrieren und würde deshalb von selbst ab­die Gewerbe- Referendare Lampe und Dr. Westphal, sowie die sterben. Das ist aber nicht der Fall. In gewissen Industrien können Gewerbe Inspektions- Assistentinnen Fräulein Conradt, Fräulein wir vielmehr eine Rückbildung von der Fabrikarbeit zur Heimarbeit Kummert, ebenfalls aus Berlin ; ferner der Decernent beim fonstatieren. Folgende Branchen weisen von 1882-1895 eine Zu­Berliner Polizeipräsidium, Regierungsrat Dr. Schmölders, nahme der Heimarbeit auf: sowie der Magistratsrat Dr. v. Schulz, der Bürger- Deputierte Dr. A. Levy- Berlin, Prof. Dr. Albrecht, Geschäftsführer der und Parkettfabrifation(+9338), die Schuhmacherei(+7765), Die Kleider- und Wäschefabrikation(+30 106), die Tischlerei Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtsbestrebungen. Gemeldet sind ferner die Tabakindustrie(+ 6949), die Storbmacherei(+ 6007), die Spitzen­die Damen Fräulein v. Bernhaupt, de la Croig, Helene und Weißzeugstickerei( 5560) und die Wollweberei(+4072). Simon aus Berlin und die Herren Lehrer Agahd- Rirdorf, Eine Abnahme weisen nur die verschiedenen Zweige der Textil­Assessor v. Katte- Berlin, Prof. Dr. Schering- Wilmersdorf, industrie auf: hier produziert die moderne Technik billiger, als die Dr. Wagner- Berlin . billigste Heimarbeit.

Unter den Delegierten befinden sich der Arbeiterfekretär Greu­Tich Zürich, die Reichstags- Abgeordneten Reißhaus, Bod, Dr. Heinrich Braun , b. Elm, ferner die Vertrauensperson der focialdemokratischen Frauen Deutschlands , Fräulein Baader, weiter Frau 8ettin, Frau Ihrer, Frau Dr. Marie off mann, Frau Lily Braun , Frau 3ieß- Hamburg, Professor Sombart , Prof. Frande und viele andre in der Arbeiter­bewegung und für Arbeiterschuß- Geseze wirkende Personen.

Die Generalfommission der Gewerkschaften Deutschlands ist bollzählig vertreten; der Vorsitzende derselben, Reichstags- Abgeordneter Legien eröffnet um 4 10 Uhr die Verhandlungen mit folgender Ansprache:

In Deutschland kommen auf je 1000 Fabritarbeiter 82,9 Heim­arbeiter: in Sachsen aber 263,8 Heimarbeiter.

193 516 Frauen, davon 38 912 verheiratete, waren im Haupt­beruf hausindustriell thätig; ihre Zahl ist beständig gewachsen. Auch die Kinderbeschäftigung nimmt zu; ihre Haupsize liegen in Sachsen Meiningen , Sachsen- Koburg- Gotha.

Die Vorteile der Heimarbeit für den Unternehmer bestehen: 1. in der Abwälzung seiner Ausgaben auf den Arbeiter, durch die Ersparung der Unkosten für Miete, Heizung und Beleuchtung; 2. in der einfacheren Technit, der Verwendung von wenigen nicht fostspieligen Maschinen;

3. in der Heranziehung der Arbeitskraft von Frauen und Kindern, die die Heimarbeit als Neben- und Füllarbeit betrachten; zeugnisse; 4. in der leichten Transportfähigkeit der Rohstoffe und Er­

Hierdurch verpflichte ich mich, die von der Firma mir zur Anferti­gung übergebenen Stücke genau nach empfangener Instruktion an­zufertigen und im sauberen Zustande abzuliefern. Ich unterwerfe mich von vornherein noch dem Urteil von zwei Zwischenmeistern, nicht sauber und vorschriftsmäßig angefertigte Stücke auf meine often verändern zu lassen und verzichte darauf, den Klageweg vor Gericht zu beschreiten.( Hört! hört!) Ferner verpflichte ich mich, übertragene Arbeit stets zu dem mir angegebenen Termin abzuliefern. etwaigen Schaden sofort auf eigne Kosten zu ersetzen und die mir Bei nicht pünktlicher Ablieferung hat die Firma das Recht, die noch bei mir befindlichen Sachen ohne Entschädigung zurück zu verlangen. Dieser skandalöse Vertrag ist den Ministern bekannt( hört! hört!), fie thun aber nichts zu seiner Beseitigung. Was sollen die Gewerkschaften sich da an die Ministerien wenden, durch den Druck der öffentlichen Meinung wollen wir die Beseitigung dieser elenden Zustände erreichen, die viel schlimmer sind, als die Sklaverei des Altertums und die Leibeigenschaft des Mittelalters. Die Postverwaltung, die Militärverwaltung dulden ruhig die ( Sehr richtig.) Herstellung der Uniformen in der Heimarbeit zu Löhnen, die in nichts sich über die von den privaten Konfektionären gezahlten erheben, und zwar in gleicher Weise in Preußen, wie in Bayern . Das preußische Striegsmisterium läßt Sachen zu wahren Hungerlöhnen anfertigen. Seit einigen Jahren ist man bestrebt, die Defonomie­Werstätten aufzuheben und alles der Hausindustrie zu überlassen. Das Kriegsministerium fümmert sich nicht weiter darum, unter welchen Umständen diese Arbeiten angefertigt werden, so daß sich in der Militär- Uniform- Schneiderei wahrhaft trostlose Zustände heraus­gebildet haben. Es werden Arbeitslöhne gezahlt, die teilweise sogar hinter denen in der Privatindustrie zurückbleiben. Schon vor zehn und fünfzehn Jahren meinten wir, daß die Berhältnisse nicht schlimmer werden könnten; troßdem sind die Löhne beständig gesunken.

Umfang und Art der Zusammensetzung dieses Kongresses zeigt, daß es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die nicht bloß die Arbeiterklasse interessiert, die unter der Heimarbeit allerdings am meisten leidet, sondern auch die große Masse der Bevölkerung als 5. in der Umgehung der den Unternehmern durch die Arbeiter­Konsumenten der Produkte der Heimarbeit, weil dieser Betrieb eine schutzgesetzgebung aufgelegten Pflichten. beständige Gefahr für das konsumierende Bublifum ist. Wir haben Redner geht nun dazu über, besonders frasse Fälle von Aus­uns deshalb nicht darauf beschränkt, die Vertreter der Arbeiterschaft beutung in der Heimarbeit mitzuteilen. Für das Pressen von Ans eigner Kraft, durch wirtschaftlichen Kampf, können die zu laden, sondern auch die Vertreter der Behörden: das Reichsamt des 1000 Haarnadeln werden 6 Pf. gezahlt; 7-8000 Nadeln find die Hausarbeiter sich nicht erheben. Zunächst find die Arbeiter hier Innern und das Gewerbe- Inspektorat. Eine große Zahl der höchste Leistung täglich. Die Laubfägemacher erhalten 30-40 Bf. ifoliert; fie leben in dumpfer und stumpfer Einsamkeit dahin und Gewerbe- Inspektoren ist unsrer Einladung gefolgt. Anders leider hat pro Groß! 30 Groß in der Woche lassen sich herstellen. Die Draht- fümmern sich um nichts. Dazu kommt, daß hier besonders schwächliche es die Regierung gehalten. Das Reichsamt des Innern, gezeichnet flechter an der Eifel verdienen bei 14-15 stündiger Arbeitszeit Arbeiter beschäftigt sind, die von Natur mutloser sind, als die Fabrik­Posadowsky, teilte uns heute früh mit, daß es leider nicht in der 1 Mark pro Tag, Dieser Industriezweig ist im Absterben arbeiter. Dazu kommt die Schmußkonkurrenz der zahlreichen Lage sei, einen Vertreter zu diesem Kongreß entfenden zu können. begriffen; aber es ist ein fehr Langwieriger Todes- Gelegenheitsarbeiterinnen aus bürgerlichen Kreisen, die sich eint ( Vielseitiges Hört! hört!) Offen gefagt, berührt uns diese Ab- fampf. Trostlos ist die Lage der Schwarzwälder Uhrenarbeiter, Flittergeld verdienen wollen. Weiter sind aus den rückständigsten lehnung nicht zu tief. Allmählich ist durch die vielfache Ablehnung trostlos die der Kleineifenarbeiter in Schmalkalden . Unglaublich Gegenden zugewanderte Arbeiter vielfach in der Hausindustrie thätig. unfrer Einladungen ein gewisses Gefühl der Gleichgültigkeit in uns niedrig sind die Löhne in der Nuhlaer Pfeifenindustrie. Jeder Kauf- Aus allen diesen Gründen können die Arbeiter fich nicht selbst helfen, entstanden.( Sehr gut!) wir hätten eine gewisse Genugthuung mann dort hält es für selbstverständlich, daß das Holz zu den sondern die Gesetzgebung muß einschreiten. Das Ausland hat uns hierin darüber empfunden, wenn das östreichische Handelsministerium, eine Pfeifen gestohlen wird.( hört! hört!) In der Korbmacherei längst beschämt. In der Schweiz finden wir schon 1894 und 1897 Auslandsregierung, wie es angekündigt war, einen Vertreter zu diesem dominiert die Hausindustrie. Die Zustände sind so schlimm, daß Schußgefeße für die Heimarbeiter, z. B. den elfstündigen Maximal­Kongreß entsandt und damit ein größeres Interesse an unsern Ver- selbst der Korbmacherimmungstag in Frankfurt a. D. eine Resolution arbeitstag. Das englische Fabritgesetz enthält in der Novelle von handlungen und Bestrebungen befundet hätte, als die Jnlandsregierung. gegen die Heimarbeit angenommen hat. In der Spielwarenindustrie 1891 Bestimmungen zum Schuße der Heimarbeiter. Ebenso find in Diese Genugthuung ist uns leider nicht geworden. Heute früh er- in Fürth und Nürnberg find 500 Frauen mit Zinnmalerei be- Amerila Schutzbestimmungen vorhanden. Am weitesten vorges hielten wir die Mitteilung, daß auch das östreichische Handels- schäftigt. Für das Hundert feingemalter Figuren werden schritten in Bezug auf gefeßlichen Schutz der Heimarbeiter sind ministerium von einer Delegation leider absehen müsse. 14-16 Bf. bezahlt. Bei zwölfstündiger Arbeitszeit verdienen die australischen Kolonien; hier sind bei Regierungsarbeiten Ich habe weiter zu konstatieren, daß uns aus bestimmten Streisen die Frauen wöchentlich 5 Mart, wovon für Del, Lack und Binsel gewerkschaftlich organisierte Arbeiter vorzuziehen.( hört! hört!) der Arbeiter selbst, von denen wir eine Delegation erhofften, eine noch 65 Pf. abgehen. Es bleibt ihnen ein Stundenlohn von 7 Pf. Bei uns in Deutschland werden sie geradezu ausgeschlossen. Die Absage geworden ist. Von den Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereinen ist In der Spielwarenfabrikation im Erzgebirge verdient eine fünf- Heimarbeit ist denn auch in Australien beträchtlich eingeschränkt, die nur eine Delegation anwesend, die der vorgeschrittensten Gruppe des föpfige Familie wöchentlich 14 M., wovon 4 M. an Auslagen ab- Löhne find erheblich gestiegen, was der Arbeitsminister dort als rheinisch- westfälischen Ausbreitungsverbandes. Die christlichen geben. Für die Herstellung fleiner Tiere, des sogenannten Glends- einen Erfolg bezeichnet, worauf er stolz ist.( Sehr richtig! und Organisationen aber haben eine direkt ablehnende Haltung viebs werden 15 Pf. pro Schock bezahlt; 100 Schock find wöchent- Hört! hört!) dem Kongreß gegenüber eingenommen. Sie haben erklärt, lich herzustellen; die Auslagen betragen 10 M., so daß 5 M. Ver- In Deutschland finden wir nur die Bestimmungen des Bundes­deshalb nicht teilnehmen zu können, weil es ein focial- dienst bleiben. Bei der Herstellung von 30 Schock Rappelmänner rats von 1888 und 1893 für die Tabalindustrie, jedoch blieben sie demokratischer Stongreß sei.( Hört! hört!) Um Ausreden ist a 30 Bf. tommt eine Familie auf 6 M. Wochenverdienst. Eine ohne Wirkung, weil die Kontrolle fehlt; dazu kommt die Invaliden­man auf dieser Seite ja niemals verlegen. Selbst wenn es Näherin von Puppenkleidern verdiente nach Ausweis thres Lohn Versicherung für die Arbeiter der Tabat- und Textilindustrie. Schutz­so wäre, so hätte eine Organisationsgruppe, wenn sie ernstlich die buches wöchentlich: 60 Pf., 1,24, 1,71, 2,20, 2,33, 2,40, 2,44, 2,79, bestimmungen für die Konfettion, und das Verbot von Kinderarbeit, Interessen der Arbeiter vertreten will, nicht das Recht, sich fern- 2,90, 3,02 usw. bis 6 W. pro Woche. In 26 Wochen verdient sie wo, im Großen" gearbeitet wird, eine Bestimmung, welche die zuhalten. Es ist gerade so, als wenn ich einem Ertrinkenden des- durchschnittlich 3,33 Pf., wovon noch die Auslagen für Nähfaden Durchführung vollständig vereitelt.( Sehr richtig!) Dazu tritt noch halb nicht die Hand reichen will, weil vorher ein Socialdemokrat abgehen. die bundesrätliche Bestimmung von 1902, welche Lohnbücher in der feine Hand berührt hat!( Lebhafte Zustimmung.) Man hat das In der Spielwarenindustrie hat die Kinderbeschäftigung einen Konfektion verlangt; die Unternehmer seßen dem starren Widerstand Fernbleiben auch damit erklärt, daß die christlichen Organisationen besonders hohen Grad erreicht. So find im Sonneberger Bezirk entgegen. nicht direkt eingeladen worden seien. Das offizielle Drgan 47 Broz. aller Kinder in der Hausindustrie thätig. Es ist sehr Ferner darf die Krankenversicherung durch Ortsftatut auf dieser Gruppe, die Westdeutsche Arbeiterzeitung" Arbeiterzeitung" hat ge- zweifelhaft, ob das neue Kinderschutzgesetz die Kinderarbeit hier die Hausindustrie ausgedehnt werden, was aber erst in 17 bis schrieben: Erst in legter Stunde habe man sich ber wesentlich einschränken wird. Fehlt doch jede amtliche Kontrollinstanz! 20 Fällen geschehen ist. anlaßt gefehen, einige bürgerliche Socialpolitiker einzuladen,( Sehr richtig.) In der Saison ist die Arbeitszeit für Kinder nicht Alle diese Bestimmungen sind ungenügend; sie treffen das Uebel um das Deforum zu wahren! Ich kann erklären, daß diese Be- gering; an einem Orte betrug sie sogar über 50 Stunden wöchentlich. nicht an der Wurzel. Hauptung erlogen ist. An die gesamte Arbeiterschaft ist ein Aufruf Redner schildert die Wohnungsverhältnisse der Thüringer Die Hausindustrie zerstört das Familienleben, durch die billigen gerichtet worden, und die Christlichen rechnen sich hoffentlich auch Spielwarenindustrie nach dem Buche von Stillich und ebenso die Löhne richtet sie Mann, Frau und Kind förperlich und geistig zu noch zur Arbeiterschaft. Dirett eingeladen find folgende Organi- Gesundheitsverhältnisse. Er schildert dann weiter die Heimarbeit in der Grunde, fie bildet einen Herd infettiöser Krankheiten, die dem Arbeiter sationsgruppen: der Verein für Socialpolitik und die Gesellschaft Porzellanindustrie, in der BerlinerLeder- und Galanteriewaren- Industrie, und dem Publikum gleich schädlich sind, sie bietet dem Unternehmer für Socialreform; der Verband der Orts- Krankenkassen Deutschlands , in der Lahrer Kartonnagefabrikation und in der Tabalindustrie. In die Gelegenheit, sich über alle Arbeiterschutz Geseze hinwegzusehen, die Freien Hilfskassen und die Centrale für das Krankenkassen - der legteren waren nach Dr. Jaffé 1882 8394, 1895 aber 15 457 und hemmt dadurch die Gesetzgebung. wesen Deutschlands . Die Ablehnung der christlichen Gewerk- Personen darunter 6992 Frauen thätig. Diese Zahlen sind aber viel schaften zeigt, daß sie nicht gemeinsam mit der Arbeiterschaft zu niedrig. Meines Wissens find 24 000 Personen in der Tabak- solution vor: Angesichts dieser Zustände legen wir Ihnen folgende Ne­arbeiten wollen, daß sie wieder abseits stehen, um die Kräfte, die industrie hausindustriell beschäftigt.( Ruf: Biel mehr!) Mit dem gegen die Heimarbeit mobilisiert werden sollen, aufs neue zu zer- Entrippen und Anfeuchten des Tabaks werden schulpflichtige Kinder Betriebsform, die durch niedrige Löhne und lange Arbeitszeit für In der modernen Produktionsweise ist die Hausindustrie eine splittern. Hier haben Politik und Religion auszuscheiden, hier heißt beschäftigt, die 1-1,20 M. wöchentlich bei 4-6stündiger Arbeitszeit die Arbeiter und Arbeiterinnen die schwersten Schäden in wirtschaft­es, gemeinsam arbeiten, um das, was zum Schuß der Heimarbeiter verdienen. In Herford - Minden- Lübbecke sind 5399 Kinder in der notwendig ist, zu erreichen.( Bravo !) Cigarrenfabrikation beschäftigt. Redner weist nach, wie die Ver- die Umgehung der Arbeiterschuß- und Versicherungsgesetze ermöglicht. Redner weist nach, wie die Ver- licher und physischer Beziehung zur Folge hat und den Unternehmern Redner verweist zum Schluß auf die Ausstellung von Produkten legung der Fabrikation von Bremen und Hamburg nach dem Harz Sie ist infolge ihrer ungefunden Arbeitsstätten ein Herd infettiöser der Heimarbeit im Nebensaale, die mit dem Kongreß verbunden ist. und Westfalen die Löhne gedrückt hat. Wir sehen hier, daß z. B. in der Industrie künstlicher Blumen eine Arbeiterin 5 bis 53/4 Pfennig Stundenlohn erreicht. Wir hoffen, Jm Taunus werden Stinder bei einem Stundenlohn von 2 Pfennig Recht traurig liegen die Verhältnisse auch in der Textilindustrie. Krankheiten, sowohl für die Produzenten, als auch für die Kon­daß die Feststellung solcher Thatsachen am wirksamsten gegen die beschäftigt, die Beschäftigung von Schulkindern übersteigt die Zahl Heimarbeit sprechen wird. Wir werden jedenfalls noch eine ganze Reihe gleicher Ver- Die fächsischen Textilindustriellen stellen geradezu die Behauptung anstaltungen folgen laffen müssen, um die Gesetzgebungsmaschine in Bewegung zu setzen.( Lebhafter Beifall.) Nach dieser einleitenden Ansprache ergriff Reichstags- Abgeordneter Körsten als Vertreter der Berliner Gewerkschaftskommission das Wort zu einer furzen Begrüßung des Kongresses.

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Nunmehr wird zur Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten geschritten. Die Mandate werden ohne Prüfung durch eine Kom­mission für gültig erflärt. Zur Leitung der Verhandlungen werden als Borsigende mit gleichen Rechten Legien, Prof. Dr. Frande und Deichmann( Vorsitzender des Verbandes der Tabafarbeiter) gewählt, zu Schriftführern die Herren Simon, Weider, Sendler, die Damen Frau Ties, Frl. Lüders, Frl. Alt

mann.

Nach Annahme der vorgeschlagenen Geschäftsordnung mit der Abänderung, daß abends bis 6 Uhr getagt wird, erhält das Wort Käming- Berlin zu einem Referat über: Die sociale Lage und Notwendigkeit des gefeßlichen Schußes der Heimarbeiter und-Arbeiterinnen". Geehrte An wesende! Bis Anfang der 90 er Jahre stellte sich die Wissenschaft und Industrie der Hausarbeit freundlich gegenüber, weil ihre Aufrecht erhaltung den Familienzusammenhang erhalte. Der erfte, der auf die Mißstände aufmerksam machte, war Dr. Sar, 1882-84, ihm folgte Dr. Duard.

von 60 Proz

auf, daß das Verbot der Arbeit von Kindern unter 10 Jahren bedeute, daß man die Wurzeln der Industrie angreife.( Hört, hört!) Wenn das heißt, die Wurzeln der Industrie angreifen, so bin ich der Meinung, daß diese Wurzeln so bald als möglich ausgerottet werden

müssen.( Sehr richtig!)

Die statistischen Erhebungen im Eulengebirge haben ergeben, daß Kinder bis zu 60 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Die Puzzfedern und Blumenindustrie hat sich nach dem deutsch­franzöfifchen Kriege in Deutschland bedeutend ausgedehnt, in Fabriken find 19 000 Arbeiterinnen und ca. 1000 Arbeiter beschäftigt, wozu noch 20 000-25 000 hausindustriell Thätige kommen. In Berlin allein bestehen 100 Fabriken dieses Industriezweiges, worin 2000 Personen beschäftigt sind.

Jm Taunus werden für ein Baar mit Zierat bersehene zivei­fnöpfige Handschuhe 12 Pf. gezahlt; bei 14stündiger Arbeitszeit ver­dienen die Arbeiterinnen 90 Pf. bis 1 M. Außerdem müssen sie pro Woche 3 M. für die Benutzung der Nähmaschinen bezahlen, so daß kaum ein Verdienst von 5-7 M. pro Woche bleibt.

Zur Konfektionsindustrie übergehend, betont der Redner, daß das größte Glend hier überhaupt noch nicht ans Tageslicht gezerrt sei; denn bei allen Untersuchungen sind die unter den schlimmsten Ver­hältnissen Arbeitenden gar nicht befragt worden. In Berlin i wurden unter 92 Arbeiterinnen 88 mit weniger als 10 M. Wochen­Der wirkliche Umfang der Hausindustrie ist schwer anzugeben, verdienst ermittelt, einige davon verdienten 3 bis 4 M., felbft 1 M. weil eine ganze Anzahl in ihr thätiger Personen nicht statistisch zu Wochenlohn fommt vor. Die Arbeits- und Wohnräume sind hierbei fassen ist. Die Berufszählung vom 14. Juni 1895 ermittelt 457 984 natürlich die jammervollsten, wofür der Redner schlagende Einzel­Personen, die nach den Angaben der Hausindustriellen in der Heim- heiten anführt. Eng verbunden damit ist der elende Gesundheits­arbeit tätig waren. Diese Zahl aber ist zu niedrig. Wie unzuläng- zustand, der zu schweren Krankheiten führt. Ansteckende Krankheiten lich die Statistit ist, weist Redner an einigen Beispielen nach. aller Art, Diphtheritis, Scharlach, sind häufig und können durch die In einer ganzen Anzahl von Industrien ist die Heimarbeit die hier gefertigten Waren leicht verschleppt werden. Innerhalb zwei hervorstechendste Betriebsform. 1895 tamen auf je 100 von der Jahren sind nach dem Bericht des Berliner Fabritinspettors in 3046 Betriebszählung ermittelten Personen folgende Bahlen auf die Haus- Heimarbeitsbetrieben 98 Fälle von ansteckenden Krankheiten konstatiert arbeiter: in der Handschuhmacherei 23,3; Verfertigung von Leder- worden.

spielwaren 25,0; desgl. von Holzspielwaren 28,2; Seidenspinnerei 28,2; Aber nicht nur in Privatbetrieben, auch vom Reich, Staat und Seidenweberei 33,3; Verfertigung von Krawatten und Hosenträgern von den Gemeinden werden an die Heimarbeiter eben so niedrige Löhne

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gesichts dieser Volksgefahr ist es Aufgabe der Gesetzgebung, durch fumenten; mithin eine Gefahr für das gesamte Volkswohl. An­gesichts dieser Volksgefahr ist es Aufgabe der Gesetzgebung, durch geeignete Maßnahmen auf die wirtschaftliche Hebung der Lage der Gesamtpublikum vor den gesundheitsschädlichen Gefahren dieser Be­Heimarbeiter und Arbeiterinnen hinzuwirken und diese sowie das triebsform zu schüßen und ihre allmähliche Einschränkung und Auf­Lösung herbeizuführen. Der am 7. bis 9. März 1904 im Gewerk­schaftshaus zu Berlin tagende erſte Heimarbeiterschutz- Kongreß fordert deshalb die unverzügliche Schaffung eines Heimarbeiterschutz- Gesetzes und zwar auf folgender Grundlage:

1. Strenge Vorschriften über die Einrichtung und Beschaffenheit der Arbeitsstätten in der Hausindustrie, insbesondere dahin­gehend, daß dieselben hell, trocken, heizbar und leicht zu lüften sind und weder zum Wohnen, noch zum Schlafen oder Kochen benutzt werden dürfen.

2. Verbot der Heimarbeit in Wohnungen und Arbeitsstätten, in welchen sich Personen aufhalten, die mit ansteckenden Krank­heiten behaftet sind.

8. Desinfektion und wenn nötig, Vernichtung derjenigen Materialien und Waren, die entgegen dem Verbot, in Woh­nungen oder Arbeitsstätten lagern oder bearbeitet werden, in welchen sich Personen aufhalten, die mit ansteckenden Strank­heiten behaftet sind.

4. Unterstellung der Heimarbeitsstätten unter die Kontrolle der Gewerbe- Inspektion und deren Hilfsorgane.

5. Verpflichtung der Unternehmer und Zwischenmeister, eine genaue Liste der von ihnen als Heimarbeiter beschäftigten Personen mit Wohnungsangabe zu führen, fortlaufend zu ergänzen und jederzeit den Beamten der Gewerbe- Inspektion borzulegen.

6. Stennzeichnung der in der Hausindustrie hergestellten Waren mit einem für jedermann sichtbaren Etikett, welches die Auf­schrift: Heimarbeit" trägt und erst entfernt werden darf, wenn die Ware in den Besitz des Käufers übergegangen ist. 7. Ausdehnung der Kranken-, Alters- und Invaliditäts- und Unfallversicherungsgefeße, ferner der Bestimmungen der Gewerbe­Ordnung über über Arbeitszeit, Arbeitszeit, Nachtarbeit, Sonntagsruhe, Wöchnerinnenschutz, Kinderarbeit und Arbeitsordnungen auf die gesamte Heimarbeit.