Nr. 147.

Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Biertel­jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 mr, wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652,

Vorwärts

9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 fg Inserate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in ber Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Sernsprech- Anschluk: amt I, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Abonnements- Einladung.

,, Vorwärts "

Sonntag, den 26. Juni 1892.

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

laissez faire, laissez aller eine Partei, die niemals an ahnen beginnt: es handelt sich hier nicht um eine politische der Herrschaft war, niemals an die Herrschaft kommen Prinzipienfrage, der öffentliche Anstand ist im wird, bietet der Deutschfreisinn in seinem Falle nichts Spiel, nicht die Preßfreiheit. Doch lassen wir, um nicht ungerecht zu erscheinen, den Hauptvertreter des Polizei­Freisinns, Herrn Eugen Richter , seine Sache in seiner eigenen Weise vertreten. In der heutigen Nummer der Freifinnigen Zeitung" sagt Herr Eugen Richter mit Bezug auf den Friedemann'schen Antrag:

Bum Quartalswechsel eröffnen wir ein neues Abonnement Großes, das uns an den Zusammenbruch der stolzen Prunt­auf den herrlichkeit eines asiatischen Despoten erinnern fönnte. Allein auch auf platter Erde, in einem Moraft, kann man zu Fall kommen, und die Worte, welche der zitternde Belsazar an der Marmorwand seines Balastes las, fie bilden die passendste Inschrift für eine Partei, die hoffnungslos im Morast steckt und mit einem jeden Versuche, sich heraus zu arbeiten, ihre Lage nur verschlimmert. Juschrift und Grabschrift. Auch Lebende können schon eine Grabschrift haben, und machen sie selbst sich keine, so kann ein Anderer sie machen.

Berliner Volksblatt

mit der illustrirten Sonntagsbeilage

,, Neue Welt".

Unser Blatt ist das Zentralorgan der deutschen Sozial­demokratie. Jeder Genoffe und vor allem jeder Berliner Genosse muß es als seine Pflicht betrachten, das Zentralorgan seiner Partei zu halten. Die Unterstützung der gegnerischen, auch der sogenannten parteilofen Presse heißt im Kampfe dem eigenen Feinde die Munition liefern.

Auf unsern Feuilleton- Theil wird besondere Sorgfalt verwandt werden. Außer einem Roman aus dem Franzöfifchen: Schlagende Wetter,

Das Leben, Ringen und Sterben des Bergmanns schildernd werben wir unter andern auch den trefflichen Roman:

,, Die Waffen nieder", von Freifrau von Suttner , unseren Lesern vorführen.

Für Berlin nehmen sämmtliche Zeitungsspediteure, sowie unsere Expedition, Beuthstr. 3, Bestellungen entgegen zum monatlichen Preise von

1 Mark 10 Pfennige frei ins Haus.

Mene Tetel Upharsin- das heißt auf deutsch , genau dem Sinne nach: geprüft, gewogen, gerichtet gewogen und zu leicht befunden; und darum verurtheilt!

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Dem zitternden Belsazar haben Priester die Grab­schrift geschrieben. Die Fortschrittspartei hat sie sich selber durch eine lange Rette von Hand­geschrieben lungen, die den Prinzipien der Demokratie in's Gesicht schlugen und schließlich durch den Alles krönenden Prinzipienverrath in Sachen der Ahlwardt 'schen*) Schmutz­broschüre. Die Partei, welche der Sozialdemokratie, wenn diese staatlichen Schutz für den Schwachen gegen den Starken verlangte, höhnend vorwars, sie rufe nach der Polizei sie ruft jetzt verzweiflungsvoll nach der Polizei.

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Daß die Sozialdemokraten sich gegen den Antrag wenden würden, hatte schon der Vorwärts " am Donnerstag Morgen angekündigt. Der Antrag Friedemann, so lesen wir im " Borwärts", müsse gewiß allen politisch auftändig Denkenden unwürdig erscheinen. Man sehe, wie heruntergekommen der Freifinn unter der Richter'schen Führung sei." In der Stadt­verordneten- Versammlung hielt es freilich Stadtv. Singer nicht für angezeigt, denselben Ton anzuschlagen. Er meinte sogar, daß, wenn von den Schändlichkeiten und Gemeinheiten, die dem Judenthum durch die Anschlagfäulen vorgeworfen würden, auch nur der taufendste Theil gegen das Christenthum versucht würde, es nicht Staatsanwälte genug geben würde, um solche Verbrecher beim Schopf zu faffen. Gegen diese Anschlag fäulen aber hatte sich ja eben vorher die Erklärung des Bürgermeisters Belle gewendet. Herr Singer meinte auch, die Verkäufer dieser Broschüren seien dieselben, welche auch die Freifinnige Zeitung" ausschrien" und die sozialdemokratische Maifeft- Nummer vertrieben. Wir haben noch niemals wahr genommen, daß die" Freisinnige Zeitung" auch von Personen auf den Straßen vertrieben wird, die solche Broschüren an bieten. Aber selbst das Ausschreien" auch nur des Titels der Unser sogenannter Ruf nach der Polizei war, ist und " Freifinnigen Zeitung" ist wiederholt Kolporteuren untersagt bleibt die Forderung staatlichen, gesellschaftlichen Schutzes worden. Hier aber handelt es sich nicht nur um Schreien an für das Individuum, das in seiner Freiheit und seinem fich, sondern um das Ausschreien anstößiger, scham­Recht durch Andere bedroht wird und die Polizei", Loser Namen. Mit der Preßfreiheit hat dies so wenig ge mein, wie das Erscheinen in unanständiger Kleidung Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Abonnements welche wir anrufen", ist nur das ausführende Organ auf der Straße die Bekleidungsfreiheit berührt. zum Preise von einer Kulturpflicht, die jede Gesellschaft gesitteter Menschen Dadurch, daß anstößige Bezeichnungen fich auch zugleich als gegen jedes einzelne ihrer Mitglieder zu erfüllen hat. Die Zitelruf auf einer Broschüre befinden, ist noch kein Vorrecht Bolizei aber, welche der Deutschfreisinn in toller Verlegung herzuleiten, solche Werte auszuschreien. Die Begriffsverwirrung politischen Grundsäge, zu denen er sich aller in der Verwechslung mit der Preßfreiheit versuchte Stadtv. bisher bekannte, jetzt fordert, jetzt fordert, soll ihm Barth Herrn Singer noch ausdrücklich klar zu machen. Wir ersuchen unsere Postabonnenten höflichst, das Abonne - bequemen politischen Gegner Halfe schaffen. Folgen wir Herrn Eugen Richter und dem Deutsch­ment rechtzeitig( mehrere Tage vor nartalsschluß) Es ist nicht die Wohlfahrts- und Sicherheitspolizei, Freisinnn in die Schlupfwinkel ihrer Logit. Also nicht Freisinnn in die Schlupfwinkel ihrer Logit. Also nicht aufzugeben, damit die regelmäßige Zustellung des Blattes keine an die er sich wendet, und die ihre vollste Berechtigung hat baß eine Schrift gegen die Juden öffentlich ausgerufen Unterbrechung erleidet. wenn sie auch heutzutage ihre Funktionen nur höchst wird, ist es, was den Freifinn in Harnisch gebracht hat. mangelhaft ausübt, nein, - nein, es ist die politische was ihn wild macht, ist, daß sein Sch am gefühl ver­Brit, sie Bolizei gegen beren Griften legt wird, daß sein teufches Ohr durch anstößige, der Liberalismus, so lange er bestand, angekämpft hat, cham lose Namen" belästigt wird. Wer lacht da weil sie ein Wert des Despotismus ist, und die Unter- chamlose Namen" belästigt wird. nicht? drückung der Freiheit zum Zweck hat. Wir haben vorgestern schon gesagt: auch uns find Der Deutschfreifinn nach der Polizei rufend zum Schuß diese antisemitischen Zotereien und unfläthereien ein Efel, vor einem politischen Gegner, der ein politisches Recht und für die Pickenbach, Liebermann, Stöcker und Konsorten ausnußt ausnutzt das ist jammervoll, das ist mehr als ein hat kein Deutschfreifinniger eine tiefere Berachtung als wir, Prinzipienverrath, das ist die Bankrotterklärung. Finis aber ist das ein Grund, die Polizei anzurufen? Schamlos Poloniae! und anstößig!" Ja, weiß denn der Deutschfreisinn nicht, daß dies Rubriken sind, unter die Alles gebracht werden kann? Und schon gebracht worden ist? Hat der Deutschfreifinn die zimperliche Adelheid vergessen, die ihren, nach schäumender Jugend im Alter fromm gewordenen

3,30. für das Quartal

entgegen.( Eingetragen in der Post- Beitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.)

Die Redaktion und Expedition des „ Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Das Mene Tekel des Deutschfreisinns.

Nicht ein tragischer Sturz vom Gipfel der Macht herab in das Nichts ist's, an den wir dachten, als wir diese In schrift erwählten. Wie kann von tragischem Sturz die Nede sein, wo der Gipfel der Macht niemals erstiegen war? Das fieche, schwächliche, ängstliche Rind eines Kompromisses demo­tratischen Wollens und Nichtkönnens mit manchesterlichem

Feuilleton.

Nadbrud verboten.)

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Am Webstuhl der Zeit. Beitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster .

„ Nein, Freund Jwan, daran soll's gewiß nicht fehlen, bazu ist uns das verflossene Blut doch zu.theuer gewesen. Habicht und ich haben eine ganze Nacht zusammengesessen, um ein ausreichendes System der Kontrolle selbst für den abgelegensten Ort festzustellen.

Es geht besser mit Streit?"

" Es hat mit ihm keine Gefahr, obwohl er noch am Wundfieber leidet. Er und unser Freund Lange befinden sich in demselben Zimmer und ziemlich in demselben Zu­stande."

„ Und unser armer Philosoph?"

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Dom

einen un­

Wohl sagt der Deutschfreisinn, der seine Schmach zu Der Verfasser der Judenbordelle" soll, wie wir nach­träglich erfahren, nicht Ahlwardt, sondern ein noch unter diesem stehendes Individuum sein.

Red. d. V."

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" Diese Dame verlangt den Kranken zu sehen," er­flärte Frank auf die verwunderte Frage des strengen Wächters.

Gnädiges Fräulein, es thut mir unendlich leid, daß ich Ihrem Wunsche entgegen sein muß, aber ich habe die allerstrengsten Befehle."

Was gehen mich Ihre Befehle an, Herr Schlegel, wir find viel ältere Freunde des Kranken und haben das Recht und die Pflicht, uns um ihn zu bekümmern." Aber wenn er doch befohlen hat?"

an seine Wohnung in der Vorstadt, und erfuhr, daß er in der That sich dahin habe tragen lassen. Aber an einen Besuch war nicht zu denken; er hatte seine zwanzig Mann Leibwache mitgenommen und auf's Strengste befohlen, Niemanden, es möge kommen, wer da wolle, bei ihm ein­zulassen. Obgleich ich mich nun auf das Recht alter Freund­schaft und neuer intimer Kampfgenossenschaft beries, fand ich doch in dem Hauskommandanten Erich Schlegel einen unerbittlichen Hausdrachen, vor dem ich das Feld räumen mußte." Schöne Geschichten macht dieser Mensch," rief das ,, Ei was, er hat befohlen, nachdem er vier- und fünffach Mädchen, man wird gar nicht fertig, sich über ihn zu verwundet war, und so ein Verwundeter ist gar nicht zu­ärgern. Aber diesmal soll ihm sein Eigensinn nicht durch- rechnungsfähig, er hat zu folgen und nicht zu befehlen. Ich gehen. Er ist im Stande und stirbt verlassen wie eine werde mich also nicht darum kümmern, verstehen Sie, Kaze im Winkel, und dann heißt es, wir hätten ihn ohne und nehme im Uebrigen alle Verantwortung auf mich. Pflege gelassen. Erlaubst Du, Mama, daß ich einmal nach Das, dent' ich, wird Ihnen genügen, und nun führen Sie dem Rechten sehe?" uns hinein."

zögernd.

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" Ich will es auf Ihre Verantwortung wagen, gnädiges Fräulein; Herr Frant, Sie werden mir's hoffentlich bes zeugen, daß ich nicht anders konnte."

" Ich weiß doch nicht....." meinte Frau von Sokolow " Lassen Sie Olga gehen, beste Mutter," bat Jwan, wir müssen uns um unsere Freunde trotz ihres Weigerns Ohne Sorge," erwiderte dieser, und nunmehr führte fümmern, zumal wenn sie so zugerichtet sind, wie unser Erich den Besuch nach dem oberen Stockwerk in ein Zimmer, welches durch grünseidene Vorhänge in ein angenehmes armer Philosoph." Wollen Sie meine Tochter begleiten?" fragte Frau Halbdunkel gebracht war, in dem nur eine Anzahl ver­von Sokolow, sich an Frank wendend. theilter Gips- und Alabasterfiguren schimmerten. Auf einer Mit dem größten Vergnügen," erklärte dieser, und Art Feldbett, von stählernen Bändern und Federn ges bald eilten Beide der abgelegenen Wohnung des Ver- arbeitet, über welche man nur eine Decke gebreitet, lag der wundeten zu. Bewohner des Hauses schlummernd, in ein rothwollenes Haben Sie ihn denn nicht besucht?" fragte Olga ver- Erich Schlegel trat ihnen auch diesmal entgegen, er Hemd mit weiten türkischen Beinkleidern gekleidet, und nur wundert. trug noch immer die rothe Schleife und den Degen, die zur Hälfte mit einer leichten Decke bedeckt, deren anderer ihn während des Rampfes als Hauptmann ausgezeichnet Theil auf den getäfelten Boden herabhing. Das Geficht des Kranken war marmorbleich, so auch hatten.

„ Es mag ihm übel genug zu Muthe sein, denn wie mir ein Augenzeuge versichert, hat sich der tolle Mensch, nachdem er bereits einen Schuß in den Rücken erhalten, in's Handgemenge gestürzt, wobei ihm die Grenadiere gehörig zugesezt haben. Und zum Ueberfluß hat ihn auch noch ein Strahl der großen Dampfsprize getroffen."

Ich war erst in der halben Stadt herum, um zu er fahren, wohin er eigentlich gekommen. Endlich dachte ich

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