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felBen Voraussetzung Verlängerung einer Freiheitsstrafe bis z u sechs Stunden; 8. unter der nämlichen Voraussetzung Ent- ziehung von einer oder zwei Mahlzeiten; 9. Ausschluß aus der Anstalt. Eine andre Anstalt für Unheilbare bestimmt in einem ihrer Paragraphen: Üebertretungen der Satzungen der Anstalt, der Hausordnung Verden durch den Vorstand der Anstalt durch 1. heilsame Er- Mahnungen, 2. Verlveise, 3. Verbot, den Garten zu besuchen, 4. Abzug an der Kost, und 5. kürzer oder länger andauernde Trennung von den übrigen Pfleglingen bestraft. Dr. Weygandt betont in seinem Aufsatz mit Recht, wie ver- werflich die Anwendung körperlicher Züchtigungen gegen solche Kranke ist: Jedem Jrrenwärter und jeder Jrrenpflcgerin wird sofort beim Eintritt in den Dienst eingeschärft, daß körperlicher Zwang bei geistig Abnormen durchaus zu vermeiden ist, daß körperliche Züchtigung verwerflich ist und mit Entlassung bestrast wird, und daß bei einer durch die Züchtigung verursachten Körperverletzung Anzeige an den Staatsanwalt erfolgt. In den nicht ärztlich geleiteten Anstalten für geistig Abnorme, insbesondere für geistesschwache Kinder, sind jedoch körperliche Züchtigungen nicht nur nicht ausgemerzt, sondern sie werden öfters noch durch die Anstaltssatzungen sanktioniert.... Daß das nichtärztliche Regime der Jdiotenfiirsorge derartige Früchte zeitigt, wird niemand wunder- nehmen, der sich erinnert, daß zum Beispiel der Vortrag eines an- gesehenen Jdiotenanstalts-Direktors auf der achten Konferenz für das Jdiotcnwesen(Heidelberg 1893) zu dem Resultat kam:Wer nicht hören will, muß fühlen, und da thut erfahrungsgemäß eine hölzerne Schrift auf die Kehrseite des Jungen außerordentlich gute Dienste." Demgegenüber verwirft der ärztliche Standpunkt jede körperliche Züchtigung auf das allerentschiedenste, insbesondere bei allen geistig Abnormen, Kindern wie Erwachsenen. Verkauf deutscher Schiffe an Rußland . Die Hamburg - Amerikanische Paketfahrt-Gesellschaft hat den Amerika -Dampfer Fürst Bismarck" an Rußland verkauft. Daß gerade derFürst Bismarck" in russischen Besitz übergeht, ist eine shmbolische Würdigung der Politik des Mannes, dessen Namen das Schiff trägt. Ebenso soll der SchnelldampferKaiser Friedrich" an Rußland ver- kaust werden. Die Beurteilung der Verkäufe unter dem Gesichtspunkt der Neutralität ist nicht ganz zweifellos. Der moderne Grundsatz der Neutralität verbietet dem neutralen Staat schlechterdings jede direkte oder indirekte Unterstützung einer kriegsführenden Macht; hierher gehört insbesondere Lieferung von Kriegsschiffen und Schiffen zum Truppentransport. Es ist klar, daß es sich bei den Käufen der russischen Regierung um Truppentransportdampfer handelt. Nur ist es eben nicht der Staat, sondern eine private Firma, von der die Schiffe verkauft werden. Indessen ist es auch die Pflicht des neutralen Staates'eine A n- gehörigen zu zwingen, alle diejenigen Handlungen zu unter- lassen, die er selbst nicht ausführen darf. Insofern hätte die Regierung die Hamburger Reederei nötigen müssen, von dem Geichäft abzusehen. Indes ist das heute geltende Völkerrecht gerade in diesem Punkte inkonseguent und gerät in Widerspruch mit seinen eignen Grundsätzen. In dem Bestreben, die Handels- freiheit auch im Kriege zu sehen, verbietet es auch die private Lieferung von Kriegsmaterialien nicht geradezu, wenn es auch den Ausschluß von derartigen Hilfeleistungen für wünschenswert hält. In unsrem Falle hätte man allen Anlaß gehabt, den strengsten Maßstab der Neutralität anzuwenden, da die Hamburger Gesellschaft staatliche Subventionen bezieht und insofern eine Art staatlichen Charakter hat. Auch ist daran zu erinnern, daß während des Boeren- krieges die Lieferung von Waffen und Pferden an die B o e r e n seitens deutscher Firmen von der Regierung verhindert wurde. Oberschlesien im Rheinland . Auf dem in Köln abgehaltenen Delegicrtcntag der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine von Rheinland und Westfalen berichtete der Aachener Delegierte Brunn, daß in seinem Gebiet das Vorgehen der katholischen Geist- lichen den Gewerkvereinen viel schade. Als er in seiner Eigenschaft als Agitationsleiter beispielsweise in dem Ort Weiden eine Ver- sammlung abhalten wollte, um einen Ortsverein zu gründen, habe der Pfarrer morgens in der Kirche gepredigt:Die Pest ist in Weiden eingebrochen; wer ihr anheimfällt, ist verloren!" Obcrschlesicn überall, wo das Centrum herrscht! Ein Pfarrer wegen Sittlichkeitsverbrechen st eck- brieflich verfolgt. Die Staatsanwaltschaft in Aachen erläßt einen Steckbrief hinter dem 53 Jahre alten in Köln geborenen katholischen Pfarrer Ernst Ritzenhoff aus Höngen, im rheinischen Kreise Heinsberg , weil dieser sich eines Sittlichkeitsverbrechens schuldig gemacht hat. Ein halbes Jahr später aber tragen die höchsten russischen Beamten keine Scheu mehr, ihrer Regierung offen die Ermordung des Fürsten zu empfehlen. Am 23. Dezember 1838 sendet der Direktor des Asiatischen Departements an den kaiserlichen Geschäftsträger in Bukarest folgendes Telegramm: Der Präsident der slavischen Wohlthätigleits-Gesellschaft (das war Herr Jgnatieff, derVater der Lüge", der früher� russische Gesandte in Konstantinopel , der auch einmal zum Fürsten von Bulgarien ausersehcn war) hat den Direktor der Staatspolizei gebeten� die B e a m t e n des Departements anzuweisen, den Bulgaren bei der Entfernung des Prinzen Koburg aus dem Fürstentum und bei der Beseitigung der dortigen Machthaber behilflich zu sein. Die nach Bulgarien in der V e r k l e i d u n o von Fischern gesandten Agenten haben dem Wirklichen Staatsrat Durnowow gemeldet, daß sie nach Untersuchung der Eisenbahn Rustschuk-Varna die Gegend bei Jschukur-Tschiftlik als am besten geeignet gefunden haben, eine Entgleisung des Zuges herbeizuführen. Herr Durnowow fügte dieser Mitteilung hinzu, daß seine Agenten, welche die Ausführung dieses Planes leiten könnten, in Jsmaila wohnen und, wenn nötig, als Fischer nach Rusischuk kommen könnten. Infolgedessen bitte ich Sie, gnädiger Herr, den Personen, welche sich bereit erklärt haben, den Plan auszuführen, mitzuteilen, daß Sprengstoffe und ein Situationsplan ihnen von russischen Fischern in Rustschuk zu bestimmter Zeit übergeben werden wird. Ich bitte, dies gleichfalls dem Gendarmerie- kommandantcn in Jsmaila mitzuteilen." Am 14. Juni 1889 endlich meldet der Gesandte Hitrowo nach Petersburg u. a.: Außerdem bittet Herr Tzankow persönlich, ihm die nötigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um sie an einige Personen auszuteilen, welche sich b e r e i t j: r k l ä r t haben, thiit- lichcn Anteil an der Ausführung des Staatsstreichs zu nehmen, und sich in i t andren verabredet haben, den Prinzen Koburg zu töten."' Und der famose russische Gesandte schlägt vor, diese Gelder durch den r u s s i s che n Gesandten in Belgrad auszahlen zu lassen, weil Herr Tzankowbis zum Staatsstreich" sich dort auf- halte. Acht Tage später, am 22. Juni, weist der Direktor des Asiatischen Departements Herrn Hitrowo an, durch den G e- sandten in Belgrad an T z a n'k o w 59 999 Frank aus- zahlen zu lassen. Die Verschwörung geht also dank dem russischen Golde weiter. Arn 26. September begnügt sich die russische Regierung nicht mehr mit ihrer Zustimmung zum äst o r d e, sondern sie verlangt sie. Der Direktor des Asiatischen Departements schickt dem kaiserlichen Gesandten in Bukarest eine geheime Mitteilung, worin es u. a. heißt: Die kaiserliche Regierung kann nicht damit einverstanden sein, daß Prinz Koburg auf demselben gesetzlichen Weg wie der Prinz Battenberg beseitigt wird"... (Prinz Battenberg wurde bekanntlich durch eilte Militär- verschwörung gefangen genommen und nach Rußland ge- schleppt das nennt der russische Beamte:gesetzlicher Weg" Ist Zum Beichtstuhl-Prozeß. AuS Kattolvitz wird berichtet: Der Prozeß gegen denGontoflazak" dürfte noch weitere Kreise ziehen. Bekanntlich hat ein Teil der durch die Zeugenaussagen angegriffenen Geistlichen Berichtigungen veröffentlicht, in denen sie gegen einzelne Zeugenaussagen Verwahrung einlegten. Einige der beteiligten Zeugen haben aber nunmehr Beleidigungsklagen gegen die Geist- lichci! angestrengt. Zur Frage der Arbeitskammcrn. In der b a d is ch en Ab- geordnetenkammer haben unsre Parteigenossen die Frage der Arbeiter- kanunern wiederum aufgerollt. Dabei gab die Regierung die folgende Erklärung ab, nachdem sie auf die Aeußerungen, die der Staats- sekretär Graf v. Posadowsky im Januar und Februar d. I. über diese Angelegenheit machte, Bezug genommen hatte: ... Hiernach steht in Aussicht, daß die Schaffung von Arbeiter- Vertretungen von den Organen der Reichsgewalt in die Hände ge- nommen wird. Die großherzogliche Regierung ist bereit, im Bundesrate dazu mitzuwirken, daß von Reichswegen Vorschriften erlassen werden, welche es den gewerblichen Arbeitern möglich machen, durch geordnete Vertretungen (Arbeits- oder Arbeiterkammern) ihre Wünsche und Anschauungen bezüglich der die Interessen der Arbeiter betreffenden Angelegenheiten zur Kenntnis der maßgebenden Behörden nnd Organe zu bringen. Bei dieser Sachlage hat die großherzogliche Regierung zur Zeit keinen Anlaß, über eine etwaige lan desrecht- liche Regelung des gleichen Gegenstandes Entschließung zu treffen."_ Ein Brief Samuel Maharcros. In einem Briefe des Missionars Brockmann aus Okahandja , 29. Februar, den die Rheinische Missionsgesellschast ver- öffentlichi, heißt es: Gestern abend kam uns ein Herero-Brief in die Hände, den Samuel Maharero am 11. Januar, also einen Tag vor Ausbruch der Feindseligkeiten, an seine Großleute geschrieben hat. Aus demselben sieht man, wie sehr den Leuten darum zu thun war, daß auch uns Missionaren nichts von ihrem bösen Vorhaben bekannt wurde. Der Brief lautet in Uebersetzung wie folgt:Okahandja , den 11. Januar 1994. An alle Großleule meines Landes. Ich bin der Oberhäuptling der Herero, Sam. Maharero . Ich habe ein Gesetz erlassen und ein rechtes Wort und bestimme es für alle meine Leute, daß sie nicht ihre Hände legen an folgende: nämlich Missionare, Engländer, Bastard, Bergdamara, Narna, Buren. An diese alle legen wir unsre Hände nicht. Thut diese Sache nicht. Ich habe einen Eid dazu gethan, daß diese Sache nicht offenbar werde, auch nicht den Missionaren. Genug. Ich bin der Häuptling Sam. Maharero , Okahandja ." Mit diesem Brief können wir allen bösen Ver- leumdungen, als hätten wir vorher um die Sache gewußt, ent- gegentreten._ Gouverneur Leutwcin meldet aus Okahandja , daß die Haupt- abteilung am 7. April, nachmittags 4 Uhr den Vormarsch auf Otjosasu augetreten hat._ Zur Berichtigung des Reichstags-Abgcordneten Dr. Burckhardt. Herr Dr. Burckhardt hat uns bekanntlich eine Berichtigung zu- gesandt, in der er erklärte, daß die Freisprechung des von ihm wegen Beleidigung verklagten Redakteurs vomHerb. Tageblatt" einzig und allein mit Rücksicht auf den 8 193 des Strafgesetzbuchs erfolgt sei. Wir begnügen uns dieser Berichtigung gegenüber mit folgendem Auszug aus dem schriftlich ausgefertigten Urteil des Hervorner Schöffengerichts: In dem fraglichen Artikel ist dem gegnerischen Kandidaten (Herrn Burckhardt) der Vorwurf gemacht, daß er über die Stellung des nationalliberalen Kandidaten bezw. Abgeordneten, Amtsgerichts- Rats Hofmann, zur Frage der italienischen Arbeiter eine falsche Meinung in den einheimischen Arbeitern erweckt und dadurch einen geradezu fanatischen Haß derselben gegen Hofmaun erregt habe. Er, Burckhardt, habe zunächst die betr. Rede des Abgeordneten Hofmann(gehalten im Reichstag am 18. Januar 1992) überall bei seinen Agitationsreden und Parteiversammlungen s o besprochen und interpretiert, als sei Hofmann für die italienischen Arbeiter wegen deren angeblich besseren Leistungen eingetreten, er habe damit den wahren Sinn jener Aeußerungen gerade in ihr Gegenteil verkehrt, da sie besagen sollten, daß gerade für die deutschen Arbeiter in erster Linie ge- sorgt werden müßte und nicht für die ausländischen, die vielmehr durch Verbilligung der Rückreise und andre Mttel, die Konkurrenz mit den einheimischen Arbeitern zu verhüten bezw. zu beseitigen, zum Abzug veranlaßt werden müßten; die in diesem Zusammenhang von Hofmann gesprochene Aeußerung, daß die Italiener wegen ihrer besonderen Tüchtigkeit zu Prinz Koburg hat durch Bestechung, Schreckensherrschaft und Gewalt von der Regierung des Fürstentums Besitz ergriffen und folglich muß dies Verbrechen nicht durch eine e.i n f a ch e Ver- j a g u n g aus Bulgarien gesühnt, sondern einem Volks- gerichr zu strenger Strafe übergeben werden." Nun folgen Verhandlungen mit den Verschwörern, wie dies Volksgericht" zu gestalten sei, und am 17. Dezember 1339 kann der russische Gesandte Hitrowo den ihm durch den Organisator der Verschwörung, den extra nach Bulgarien entsandten russischen Lieutenant Kablokow, übergebenenBeschluß des Militär- Revolutionskomitees in Sofia " nach Petersburg melden. Punkt 3 dieses Beschlusses heißt nach dieser Depesche: 3. Den Prinzen Koburg als Hauptschuldigen .... mit dem Tode zu bestrafen, zu welchem Zwecke er einem Gericht aus Volksvertretern zu übergeben ist, welches von dem Militärkomitee zu er- nennen i ft." Wir brauchen hierzu keine Kommentare zu liefern der Wort­laut dieser Mordpläne, die von der russischen Regierung ja nicht bloß gebilligt, sondern direkt provoziert werden, spricht zu deutlich. Am 19. Januar 1999 teilt der kaiserliche Gesandte in Bukarest frohlockend mit, daß Major Panitza an den Lieutenant Kablokow meldet:Prinz Koburg, das Ministerium und die Polizeibehörden sind in unfern Händen." Und Herr Hitrowo fügt hinzu: Wollen Sie die kaiserliche Regierung um schleunige Er- ncnnung eines kaiserlichen Kommissars und seine Ab- reise nach Belgrad ersuchen. Jeder Aufschub ist für die Sache äußerst gefährlich." Aber am 21. Januar muß Hitrowo nach Petersburg tele- graphieren, daß in der Nacht vorher derMajor Panitza und andre Teilnehmer an dem Anschlage gegen den Prinzen Koburg" in Sofia verhaftet tvorden sind. Auch Lieutenant Kablokow wurde verhaftet, die Teilnahme der russischen Regierung an dieser Verschörung wird offen gelegt. Am 17. Juni 1899 wird Major Panitza vor der gesamten Garnison in Sofia erschossen, der zu neun Jahren Gefängnis verurteilte Lieutenant Kablokow aber im August nach Rußland ausgeliefert. Die russische Regierung hat bis heute die Ermordung des Coburgers nicht erreicht. Aber fragen wir ist jemals eine Regierung so schamlos gewesen bei der Jnscenicrung von politischen Verschwörungen und bei Anstiftung zum Fürstcnmord, wie hier in diesen amtlichen Depesche» die russische Regierung sich gießt? Ist da noch ein qualitativer Unterschied gegenüber den serbischen Königsmördern? Hat man aber je gehört, daß die Großmächte ihre diplomatischen Beziehungen zu der von Herrn Giers und Alexander III. repräsen- ticrien Regierung infolge des Bekanntiverdens der russischen Mord- Pläne abgebrochen haben? Im Gegenteil wir erleben, daß andre Regierungeor der russischen Regierung bei der Verfolgring ihr nicht genehmer Politiker vorbehaltlos Glauben schenken und Hilfe leisten! Erdarbeiten bielfach bevorzugt würden, habe also gerade die Not« wendigkeit besonderen Schutzes gegen dieselben für die einheimischen Arbeiter betonen wollen. Statt besten behaupte das von dem Privat- klüger verfaßteChristlich-Sociale Handbuch für Jedermann":Hof- mann tritt für die italienischen Arbeiter ein, die unsre deutschen Arbeiter in ihrem Erwerb schädigen. Das mögen sich die Arbeiter merken", und als dem Privatkläger nun von gegnerischer, nationaler Seite, dies vorgehalten worden sei, habe er die von ihm verbreiteten unwahren Behauptungen dadurch von sich abzuwälzen ge- sucht, daß er sich auf seinen Parteigenossen v. Oertzen berufen, der jenen Satz im Wahlbüchlein aus der Hofmannschen Rede aus­gegraben und ihm zugestellt habe. Aber auch dann, als ihm die Unwahrheit seiner die Hofmannsche Rede betreffenden Behauptungen bekannt sein mußte, habe er nichts gethan, um die Sache aufzuklären, so daß ihm der Vor- wurf gemacht werden müsse und auch gemacht worden sei, er habe wissentlich unwahre Behauptungen verbreitet, um die Arbeiter gegen den bisherigen Abgeordneten aufzuhetzen. Nach dem Ergebnis der heutigen Beweisaufnahme ist nun allerdings so viel ais er- wiesen zu erachten, daß der Privatkläger jene Aeußerungen in der Reichstags-Rede vom 18. Januar 1992 zu Angriffen gegen seinen Parteigegner bewußt und z w a r f o r t g es e tz t benutzt und ausgebeutet und jenem hierdurch ganz außer- ordentlich geschadet hat, in dem Maße, daß sofort der RufItaliener" ertönte, wenn nur die Parteigenossen des Ab- geordneten Hofmann von dessen Wohlwollen für die Arbeiterschaft etwas sagten. Dieses Verfahren des Privatklägers als nicht aufrichtig zu kenn- zeichnen, muß als ein gutes Recht des Gegners erachtet werden, und da der fragliche Artikel in Nr. 155 desHerborner Tageblatts" ohne erkennbar nach Form oder Inhalt auf das Vorhandensein einer Beleidigung hinweisende Umstände diesen Sachverhalt hervorhebt, so steht dem Angeklagten hierfür der Schutz des§ 193 St.-G.-B. zur Seite. Es wird also hier die objektiv in dem Vorwurf der absicht- lichen Entstellung der Hofmannschen Rede zu unlauteren Zwecken liegende Beleidigung hinfällig durch die Vertretung eines berechtigten politischen Interesses seitens des Angeklagten." Hueland. Schweiz . Ein Anarchistengesetz. Der Schweizer Ständerat hat einstimmig ein Gesetz angenommen, durch welches die Verherrlichung von Ver- brechen der anarchistischen Propaganda mit Ge- fängnis bestraft»vird. Es bleibt einstweilen abzuwarten, ob dies Gesetz, das nur eine Konzession an drängende Nachbarn darstellt, auch die Billigung des Nationalrates findeü wird. Vom Standpunkt der Demokratie und Vernunft aus ist jede Unterdrückung der Preßfreiheit verwerflich. Gerade die absurden Auswüchse der Preßsreiheit können nur dadurch paralysiert werden, daß man ihnen durch vernünftige Argumente entgegentritt, daß man durch sociale Reformen, durch Uebung der Volksbildung, durch demo- kratische Institutionen jedem denkfähigen Menschen die Neigung zu Gewaltthätigkeiten benimmt. Durch UnterdrückungS- und Polizei- maßregeln verleiht man terroristischen Bestrebungen nur einen Nimbus, schafft man Märtyrer, die der verfolgten Sache nur nutzen, statt sie dem Fluche der Lächerlichkeit preiszugeben, der sicherer tötet, als alle Polizeimatzregeln. Hinzu kommt, daß ein Gesetz wie da? vom Ständerat an- genommene zu m i ß b r ä u ch l i ch e r Anwendung geradezu verlockt. Denn was heißtanarchistische Propaganda". was versteht man unterVerherrlichung von Ver- brechen"? Ist die politische und psychologische Erklärung von Notwehr alten gegen Regicrungssysteme, die eine gesetzliche Bethätigung des Volkes nicht dulden, bereits eineVerherrlichung"? Gilt nicht eine gerechte Be- urteilnng der Motive solch eines Attentäters vielleicht mich schon alsVerherrlichung"? Wir hoffen deshalb, daß der Nationalrat gesundes demokratisches Empfinden genug besitzen wird, dieses Gefälligkeitsgesetz gegenüber rückständigen, antidemo- kratischen Nachbarn abzulehnen. Die Schweiz selbst braucht den Anarchismus nicht zu fürchten. Die sich bedroht fühlenden ftemden Mächte aber mögen sich durch innere Reformen gegen diePropaganda der That" sichern. Frankreich . Ueber das französisch- englische Abkommen werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Von den Schriftstücken wird nur der Neufundland und Westafrika betreffende Vertrag die Unterschriften von Lord Lansdowne und dem französischen Bot- schafter Cambou tragen. Außer den Grenzberichtigungen an der wcstafrikanischen Küste findet seitens Englands die Ab- tretung der an der Küste vouFranzösisch-Guinea gelegenen Los- Inseln und des Gebietes von Sind ei an Frankreich statt. In der Vereinbarung betreffs Maroklos erklärt England, daß es sich feines Einflusses in Marokko begebe. Dafür verpflichtet sich Frank- reich, weder Tanger noch die Gibraltar gegen- überliegenden Küstenstriche zu befestigen. Ferner gestattet Frankreich der ägyptischen Regierung, den 259 Millionen betragenden Ueberschuß der Schuld zu verwende». Von politischen Zugeständnissen bezüglich Aegyptens sei während der ganzen Ver- Handlungen überhaupt nicht die Rede gewesen. Bezüglich Siams werden die Verpflichtungen Frankreichs und Englands nur etwas genauer bestimmt. Die Note betreffend die Neuen Hebriden bezweckt lediglich eine Revision der dortigen fran- zösischen und englischen Gerichtsbarkeit. Die Marine-UntersuchungSkommission ist nunmehr vom Minister« Präsidenten Combes im Einvernehmen mit dem Marineminister Pelletau zusammengestellt worden. Derselben gehören u. a. die Deputierten Doumer, Lockroy, Lanessan nnd Chaumet an, welch letzterer Pelletan sehr scharf angegriffen hat. Die Obmänner der fünf ministeriellen Kammergruppen, darunter Jaurös, ferner der Senator Clemeiiccau sowie eine Anzahl hoher Beamter der Marine- Verwaltung, des Staatsrates und des Rechnungshofes gehören der Kommission ebenfalls an. Die Liste umfaßt im ganzen 63 Mitglieder, und zwar 32 Deputierte, 18 Senatoren und 13 höhere Offiziere und Civil- beamte. Italien . Die Villa des Herrn Nasi. DerKölnischen Zeitung " wird aus Rom geschrieben: Das in Palermo erscheinende socialislische BlattLa Battaglia" entwirft nach eignen Nachforschungen folgendes Bild von den erfolgreichen Bemühungen des Abgeordneten und ehe- malige« Unterrichtsministers Nasi, sein Heim in Trapani aus Sizilien nett und möglichst kostenlos einzurichten: das Besitztum des Herrn Nasi liegt auf einer Landzunge, die ins Meer vorspringt, und besteht aus einer Villa mit Garten und anstoßender großer Fischerei. Die Fischereigerechtsame erlangte er im Oktober 1898 durch das Marineministcriuin, als er Minister für Post und Tele- graphie war. Sie umfaßt 129999 Quadratmeter, gilt für Fischzucht und verwandte Gewerbe, hat eine zeitliche Dauer von 99 Jahren und kostet dem Berechtigten eine jährliche Abgabe von 129 Lire. Im Juni 1992, als Nasi Unterrichtsminister war, tauschte er einen Teil der gemieteten Wasserfläche gegen eine andre geeignetere um. Bier Jahre zahlte Nasi trotz wiederholter Mahnungen die schuldige Pacht nicht; erst im Januar, als sich der Sturm bereits gegen ihn erhob, holte er das Versäumte nach. In seiner Pachtzone trieb i