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einigen Eindruck, daß Parteien, die sonst nicht die mindeste A6- ncigung gegen England haben, in dieser Frage einmütig mit den andern zusammenstehen.(Bravo ! links.) Staatssekretär Frhr. v. Richthofcn: In der Samoa -Frage hat der König von Schweden als SchiedS- lichter in thesi zu Gunsten von Deutschland entschieden. Ucber die einzelnen Ansprüche soll ein friedlicher Vergleich außerhalb des Schiedsvertrags herbeigeführt werden. Von nnsren Ansprüchen im Gesamtbetrage von 112 000 Dollars sind bisher 23 000 bezahlt worden. Wir haben England und Amerika mitgeteilt, daß wir das nicht für ausreichend erachten und daß, wenn die friedliche Lösung nicht erreicht wird, wir den König von Schweden auch über diese Einzelheiten als Schiedsrichter anrufen würden. Ich verstehe die schmerzlichen Empfindungen, die hier über die E n t s ch ä d i g u n g s f r a g e in S ü d a f r'i k a aus- gesprochen wurden; der Urgrund dafür liegt in der Auffassung der englischen Regierung, die von der der Redner hier im Hause wesentlich abweicht. Sie hält sich völkerrechtlich zur Ent- schädigung überhaupt nicht für verpflichtet und will lediglich ex gratia den Schwerstgcschädigteu eine billige Unterstützung gewähren. Demnach hat sie eine Anzahl von Grundsätzen für die Bemessung der Entschädigungen aufgestellt. Es sollen also ausgeschlossen werden: 1. die außer deutsche Staatsangehörige auch Angehörige der beiden Republiken waren, 2. die eine Verletzung der Neutralität a ch ohne eigne Schuld begangen haben, 3. alle Aktiengesellschaften und Gesellschaften überhaupt, darunter auch die MissionSanftalten. Von nnsren 332 Ansprüchen sind also 283 abgelehnt worden, davon 63 wegen Neutralitätsbruch, 33 wegen nicht genügenden Nachweises der Reichsangehörigkeit. Von den ge- forderten 12 Millionen Mark sind 1 800 000 Mark 16 Prozimt bewilligt worden, wovon bisher% bezahlt sind. Auch die andren Länder hatten keine besseren Resultate. Amerika erzielte 16 Proz., Frankreich 9 Proz., Rußland 2 Proz., Holland 3 Proz., die Schweiz , die auch durch unsren Bevollmächtigten vertreten war, 20 Proz. In dem neulich erwähnten Falle Diel wurde keine Entschädigung gewährt, weil er mehr als zehn Jahre in Transvaal gelebt hatte. Dr. Tiel- mann hat dadurch, daß er Boerenarzt wurde, die Neutra- lität gebrochen. Dasselbe gilt für Herrn Ratmann, doch haben wir in beiden Fällen noch einmal Beschwerde eingelegt. Daß unser Beamter das möglichste erreicht hat, beweist ein Anerkennungs- schreiben eines auch nicht befriedigten Reklamanten. Wenn wir aber Appell einreichen, so muß dieser in Südafrika geprüft und erledigt werden, erst dann können wir auf diplomatischem Wege vor- gehen. Die Beteiligten sind gewiß schwer getroffen durch diese Verzögerung, aber eine schnellere Erledigung läßt sich bei solchen Schadenersatz-Fordernngen nicht erreichen. Der Staatssekretär verteidigte dann das Verhalten des Konsuls Nels in Prätoria bei den Massenausweisungen im Juni 1900 und schloß mit der Bitte, die Stellung der Deutschen im Auslande nicht dadurch zu schädigen, daß man die Vertreter Deutschlands im Auslande grundlos beschuldigt.(B i e l f a ch e Z u r u f e: Und Rußland ? Nußland?!) Abg. Graf Kanitz(f.) beschwert sich darüber, daß deutschen Strom- schiffern lästige Paßschwierigkeiten in Rußland gemacht würden, während die russischen Schiffer mit einfachen Legitimationskaren bis nach Königsberg fahren könnten. Ministerialdirektor v. Fraichius erklärt, das Auswärtige Amt habe wenig Einfluß in dem Dongebiet, weil dort die Militär- Verwaltung allein herrsche und ein Ausnahmezustand bestehe. (Jni einzelnen bleiben die Ausführungen des Redners auf der Tribüne unverständlich.) Abg. Dr. Müller-Sagan(frs. Vg.): Wenn die Regierung wirklich nichts andres kann, als ihr Be- dauern über die Vexationen deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens in Rußland , dann ist das stolze Wortcivis germanus" nichts als Hohn.(Unruhe rechts.) Ob Jude, ob Christ, ob polnischer oder deutscher Herkunst, die Angehörigen des Deutschen Reiches müssen dem Auslande gegenüber als Einheit dastehen. Herr Pauli, der die Ausführungen des Herrn Kämpf durch Lachen störte, hat damit wenig nationales Empfinden bewiesen. Das Auswärtige Amt hätte die Pflicht, bei den Lcr- Handlungen wegen Erneueruiig der Handelsverträge mit Rußland dafür zu sorgen, daß dieser Punkt klargestellt wird. Man wird nicht leugnen können, daß es für uns eine schwere Wirtschaft- liche Schädigung bedeutet, wenn es den deutschen Geschäfts- reisenden jüdischen Glaubens unmöglich gemacht wird, ihren Geschäften in Rußland nachzugehen. Thatsäche ist, daß die Inden im Auslande vielfach Träger des Deutschtums find. (Oho l rechts.) Davon daß im Bezirk Rostow ein Ausnahmegesetz gilt, ist in dem bestehenden Handelsvertrag nicht die Rede. Ich wünsche dringend, daß das Auswärtige Amt dafür sorgt, daß die Mißhandlungen deutscher Bürger jüdischen Glaubens in Rußland aufhören.(Bravo ! links.) Abg. Dahlem (C.) führt Beschwerde über vertragswidrige Ucber- griffe holländischer Schiffe beim Lachsfang am Rhein . Staatssekretär Frhr. v. Richthofcn: Die russische Regierung hat bisher keinen Zweifel darüber gelassen, sowohl uns wie Oestreich, England und Amerika gegenüber, daß sie durchaus gewillt ist, die für die russischen Inden geltenden Bestimmungen auch für die sich zeitweise in Rußland aufhaltenden Juden eintreten zu lassen und daß sie diesen letzteren keine größeren Rechte gewähren will. Wir werden selbstverständlich auch bei den gegenwärtigen Verhandlungen und wir haben schon Schritte in dieser Richtung gethan fort­fahren, nach Möglichkeit für bessere Behandlung und bessere Er- reichung der Geschäftsmöglichkeit für deutsche Juden in Rußland ein- zutreten, und wünschen, daß wir dabei zu einem günstigen Resultat kommen. Abg. v. Kardorff(Rp.): Ich kann Herrn Dr. Müller-«agan darin ja vollständig beistimmen, daß es wünschenswert ist. wenn unsre jüdischen Mitbürgern in Rußland besser behandelt werden. Aber ich entsinne mich, daß Fürst Bismarck ein- mal gefagt hat, Rußland werde nie und nimmer darauf eingehen. fremde Juden anders zu behandeln wie seine einheimischen. Wenn Herr Dr. Müller-Sagan anzudeuten scheint, dann lieber gar keine Handelsverträge nun, damit wäre ich ja ganz einverstanden. Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath(natl.) schließt sich dem Wunsche des Abg. Dahlem an._..« Abg. Gochein(frs. Vg.): Die Art und Werse , wie Herr v. Kardorff die Frage der Behandlung deutscher Juden in Rußland hier besprochen hat, ist sehr wenig geeignet, das Bestreben der Regierung auf Besserung der Verhältnisse zu fordern. Wenn von uns eine'Aeußerung in dieser Weise gethan wäre, hatte man uns sicher vorgeworfen, daß wir die Stellung unsrcr Unterhändler bei den Vertragsverhandlungen schwächten. Herr v. Kardorff hat durch Citierung der BismarckschenAeußerung von vorn- herein die Aussichten unsrer Unterhändler auf Erfolg auf diesem Gebiete illusorisch gemacht. (Sehr richtig I links.) Ich möchte wirklich bitten, gerade bezüglich solcher internationaler Verhandlungen etwas mehr Zurückhaltung zu üben.(Sehr richtig I links.). Abg. v. Kardorff(Rp.): Bon Herrn Gothem brauche ich keine Belehrung darüber.>vie ich mich zu verhalten habe. Ich glaube nicht, daß meine Worte unsren Unterhändlern geschadet haben. Daß mir und auch dem Grafen Kunitz an den russischen Handels- Verträgen nicht besonders viel liegt, habe ich wiederholt gesagt. Damit schließt die Diskussion. Persönlich bemerkt Abg. Pauli-Potsdam(k.). er habe nicht über die Ausführungen des Herrn Kämpf gelacht, fondern nur über die Art seines Vor- trageS, über das Erzählen vonOriginalitäten". Der Titel wird hierauf bewilligt und die Resolution M ii n ch- F e r b e r gegen die Stimmen her Socialdemokraten a n- genommen. Beim TitelGesandtschaften und Konsulate" fragt Abg. Erzberger<C.) an, ob es richtig sei, daß dieMÜItchener Allgemeine Zeitung" den Konsuln gratis geliefert werde. Staatssekretär Frhr. v. Richthofen : Eine gewisse Anzahl Zeitmigen wird den Konsuln auf Wunsch aus fiskalischen Mitteln gewährt.. Diese Zeitungen werden zusammengestellt nach den Anträgen der be- treffenden Konsuln, welche sich wesentlich nach dem lokalen Be- dürfnis richten. Unter anderin figuriert darunter auch dieMiiuchener Allgemeine Zeitung". Der Titel wird bewilligt. Die Kommission hat die für eine Ministerresidentur in La Paz in Bolivien geforderte Summe von 37 000 Mark ge- strichen. Staatssekretär Freiherr v. Richthofen bittet um Bewilligung. Abg. v. Böhlcndorff(k.) schließt sich dieser Bitte an. Abg. Dr. Spahn<C.) hält das Bedürfnis nicht für nachgewiesen. Die Geschäfte dieser Ministerresidentur könnten auch ferner von Lima aus erledigt werden. Abg. Dr. Arendt(Rp.) bedauert diese Haltung des Centrums im Interesse des deutschen Handels. In der Kommission habe nur eine Znfallsmehrhcit die geringfügige Forderung abgelehnt. Abg. Dr. Pansche(natl.) hält eine Sparsamkeit gerade hier für unangebracht, wo es sich darum handle, der nordamerikanischen Kon- kurrenz entgegenzutreten. Die südamerikanischen Staaten fühlten sich zurückgesetzt, wenn sie vom deutschen Reich so als Nebensache be- handelt würden. Die Forderung wird entgegen dem Kommissionsbeschluß von einer Mehrheit, die sich aus den beiden Rechten, den National- liberalen, der freisinnigen Vereinigung und einigen Centrums- abgeordneten zusammensetzt, bewilligt. Zur Entsendung von Sachverständigen für Handelsangelegen- Heitel, an kaiserliche Konsularämter werden 193 000 M. 25 000 M. mehr als im Vorjahre verlangt. Abg. Blell(frs. Äp.) tritt für feste Anstellung dieser Beamten mit Pensionsberechtigung ein. Das Kapitel wird bewilligt. Im KapitelAllgemeine Fonds" hat die Kommission einen Titelzu Kommissionszwecken" 35 000 M. gestrichen. Die Abg. Dr. Spahn(C.). Dr. Stockmann(Rp.), Frhr. v. Richt- Hofen(k.), Graf v. Orivla(natl.) wollen 16 000 M. bewilligen. Abg. Spahn(C.) begründet seinen Antrag. Seine Ausführungen bleiben im einzelnen auf der Tribüne unverständlich. Abg. Dr. Südekum(Soc.): Herr Spahn ist hier als freiwilliger Regierungskommissar auf- getreten. Wenn der Regierung an der Bewilligung wenigstens eines Teiles der in der Kommission abgelehnten Forderung gelegen wäre, so wäre es doch ihre Pflicht gewesen, diese Forderung selbst zu begründen. Wir sehen keine Veranlassung, auch nur einen Teil der Forderung zu bewilligen, denn in der Kommission ist die Position einstimmig gestrichen worden mit der direkten Absicht, der Kolonialverwaltung und dem Reichsschatz- anit ein Mißtrauensvotum zu erteilen, weil dieser Titel eine Ver- schleierung des Etats darstellt. Ein deutlicher Beweis dafür ist allein schon die dieser Position angehängte BemerkungAufgaben kolonialpolitischer Natur erheischen eine Erhöhung dieses Fonds um 10 000 M." Nicht einmal da hat man es für nötig gehalten, zu sagen, daß diefes Geld ausgegeben werde für festangestellte Kolonialattaches in London , Paris usw. Der Herr Referent hat gesagt, es sei in der Kommissionberichtet" worden, man habe das Geld für diesen Zweck verwandt. Das ist aber ein Euphemismus. Diese Thatsache ist vielmehr aufgedeckt worden in der Kommission durch ein Mitglied derselben. Weder Vertreter des Kolonialamts noch des Reichsschatzamts haben in der Kom- Mission das allergeringste darüber angedeutet, wozu denn eigentlich diese 33 000 Mark verwendet werden sollen. Der Herr Kolonialdirektor räumte dann nachher ein, daß nicht vorschrifts- mäßig verfahren sei. Wenn man aber so vorgeht, wie Herr Spahn, dann ivird man kaum die Ko- lonialverwaltung abschrecken, in Zukunft genau o zu handeln und nachheraiizuerkcnneii", daß nicht korrekt verfahren sei. Ueber die Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit der Kommissare brauche ich um deswillen nichts zu fagen, weil es sich hier eben um ein Mißtrauensvotum gegenüber der Kolonial- Verwaltung und noch mehr dem Reichsschatzanit handelt, das diese Position ohne Einwendungen hat passieren lassen. Wenn wir in einem wirklich tonstitutionellen Staate lebten, wäre der Herr Kolonialdirektor an seinem Platze unmöglich. Da dies nicht der Fall ist, so wird dieser Zwischenfall ihn vielleicht länger in seinem Amte halten, als es sonst der Fall gewesen wäre.(Bravo I bei den Socialdemokraten.) Reichsschatzsekretär Frhr. v. Stengel: Das Mißtrauensvotum, das mir soeben erteilt worden ist, läßt mich ziemlich kalt.(Lachen bei den Socialdemokraten.) Irgend welche Fehler sind, wenn man die Sache ruhig betrachtet, weder von der Kolonialverwalwng noch vom Reichsschatzanit gemacht worden. Es liegt weder eine Ver- schleierung vor noch ein Verstoß gegen staatsrechtliche Grundsätze. Ich gebe zu, daß die Beteiligung des Reichsschatzamtcs bei Etats- überschreituiigen bisher etwas mangelhaft gewesen ist. Ich bemerke aber, daß eine bessere Regelung dieser Angelegenheit eingeleitet ist und daß die Erörterungen über diesen Punkt schweben. Im übrigen handelt es sich nicht um eine etatsmäßigc, sondern um eine kommissarische Beschäftigung der Kolonialattachös, diese können jederzeit wieder zurückberufen werden. Es mag sein, daß vielleicht eine Aeußerung des Herrn Kolonialdirektors in der Budget- kommission mißverstanden ist. Ich hoffe aber, durch die Erklärung, die ich hier abgegeben habe, dieses Mißverständnis über die Art der Stellung dieser Beamten ein- für allemal beseitigt zu� haben. Von einer Verschleierung kann nicht die Rede sein. Abg. Freiherr v. Äichthofeil(k.) hat in der Kommission für Streichung gestimmt, beantragt aber jetzt Bewilligung von 16 000 M. Er bestreitet gegenüber dem Abg. Südekum, daß es sich um eine Verschleierung gehandelt habe, lvofür die Kommission der Regierung ein Mißtrauensvotum gegeben habe. So weit gehenden Beschlüssen hätte er nicht zugestimmt. Die Regierung habe ihre Mitteilungen in der Kommission durchaus freiwillig gemacht. Er habe nur die nötige Aufklärung haben wollen und werde jetzt für den Antrag Spahn stimmen. Abg. Dr. Paasche(natl.): Wir haben kein Blatt vor den Mund genommen und sprechen auch heute noch offen aus, daß thatsächlich eine Verschleierung vorliegt. Sachlich halten wir allerdings die Kolonialattachös für dringend notwendig und haben zum Kolonial- Etat einen entsprechenden Antrag gestellt. Vorläufig wollen wir der Kolonialverwaltung einen entsprechenden Fonds für Kommissionen- zwecke bewilligen.(Bravo ! bei den Nationalliberalen.) Abg. Dr. Arendt(Rp.): Der Gedanke, daß es sich um ein Miß- trauensvotum gegen die Kolonialverwaltung und das Reichsschatzamt handelt, ist bei Herrn Dr. Südekum wohl durch ungeschickte Preßauslasjungen, besonders derNational-Zeitung", erweckt worden. Ich bedauere aber, daß der Herr Reichsschatzsekrctär auch heute noch versucht hat, die Praxis des Kolonialamtes zu ver- teidigen. Ich hoffe, daß der Kolonialdirektor uns mitteilen kann, daß die Attaches inzwischen zurückberufen sind.(Bravo I rechts.) Kolonialdirektor Dr. Stübcl: Die Kolonialattaches sind zum 1. April zurückberufen worden, was. da sie nur kommissarisch be- schäftigt waren, ohne weiteres möglich war. Doch bedauert die Kolonialverwaltung, auf ihre hochgeschätzten Dienste verzichten zu müssen. Gelder für Kommissionen in diesem Etat auszuwerfen, ist dringend notwendig, weil wir bei Togo und Kamerun Grenz- regulierungen mit Frankreich und England zu beraten haben. Abg. Dr. Südekum(Soc.): Mehrere Redner haben geleugnet, daß ein Mißtrauensvotum gegen die Kolonialverwaltung und das Reichsschatzamt beabsichtigt war, aber alle haben das Verhalten dieser Aemter als unzulässig bezeichnet, das nenne ich ein Mißtrauensvotum. Die etatsrechtlichen Ausführungen, die der Staatssekretär heute gemacht hat, sind doch zu bedenklich, als daß wir sie unwidersprochen lassen könnten. Fonds bestehen doch nicht nur aus der ausgeworfenen Summe, sondern auch aus dem Dispositiv, d. h. aus der Angabe des Verwendungszwecks. Und aus der allgemeinen Bezeichnungfür Kommissioliszwecke" herauszulesen, daß das Geld zur Besoldung von. auf lange Zeit angestellten Beamten bestimmt ist, geht einfach nicht an. Wenige Schritte weiter findet sich z. B. der Posten: Entschädigung für zwei in Bremen und Hamburg kaufmännisch vorzubildende Be- amte. Die bleiben doch auch nicht ewig da, kommen doch auch mal zurück. Aber ebenso wie diese kommissarisch entsandten Beamten besonders aufgeführt sind, hätten diese Kolonialattaches mindestens in einer Anmerkung gesondert genannt werden müssen. Daß sie nicht etatsmäßig angestellt sind, habe ich wohl gewußt; sie auch, wenn sie nicht einen bedauerlichen Mangel an Intelligenz aufweisen. (Heiterkeit.) DerWink" in der Budgetkommission, auf den hin uns die Regierung reinen Wein einschenkte, war wirklich ein Wink mit dem Zaunpfahl, der es ganz unmöglich machte, uns mit allgemeinen Redensarten abzuspeisen und über die Anstellung der beiden Beamten im unklaren zu lassen. Ob man der Regierung die Absicht der Verschleierung imputieren will, ist Sache der Auffassung des Einzel- falles und Sache des Geschmacks. Die Veröffentlichung imKolonial- blatt" läßt freilich geradezu auf die Absicht der Ver- schleierung schließen.. Die Regierung hat doch sonst so viel Wege. Nachrichten, deren Kennttttsnahme sie wünscht, in die Presse zu bringen. Im vorigen Jahre ist der gesamte Fonds für die Kolonialattaches ausgegeben und noch überschritten worden. Da sehe ich nicht ein, wofür man jetzt plötzlich die 16 000 Mark braucht; man wird uns doch nicht einreden wollen, daß die beiden Attaches gethan haben, was jetzt 3 bis 6 Kommissionen erledigen sollen. Schon im Hinblick auf die geradezu phantastischen Forderungen des Kolonialdirektors für Südwestafrika, auf die wir noch kommen werden, bitte ich, den ganzen Betrag zu streichen, schon um der Regierung das Mißtrauen deutlich fühlbar zu machen. (Lebhaftes Bravo! links.) Damit schließt die Diskussion. Die Regierungsvorlage wird ein- stimmig abgelehnt, der Antrag Spahn gegen die Stimmen der Socialdemokraten und der Freisinnigen Volkspartei angenommen. Von den einmaligen Ausgaben hat die Budgetkommission 80 000 M., die zur Erwerbung eines Grundstücks für eine Sommer- Wohnung des kaiserlichen Gesandten in Teheran gefordert werden, g e st r i ch e n. Abg. v. Böhlcndorff(k.) beantragt die Bewilligung dieser 80 000 M., da der Aufenthalt in der Stadt Teheran während der fünf heißen Sonimermonate gesundheitsgefährlich für das Personal der Gesandtschaft sei. Schon zwei deutsche Gesandte seien dort gestorben. Ein Regicningskommissar verliest ein ärztliches Gutachten aus Teheran , das die Angaben des Vorredners bestätigt. Abg. Dr. Spahn<C.): Die Budgetkommission hat die Absetzung dieser Forderung für dieses Jahr gewünscht, weil eS in den Erläute- rungen zu dieser Forderung im Etat heißt:Die Mittel für die zu errichrenden Gebäude werden später gefordert werden." Der Reichstag muß wissen, wie viel diese Gebäude kosten sollen, bevor er die Mittel zur Erwerbung des Grund und Bodens bewilligt. Der Kominissionsbeschluß auf Streichung wird aufrecht erhalten. Der Rest des Etats wird debattelos bewilligt. Es folgt die folgende Interpellation Graf Oriola(natl.): Ist der Herr Reichskanzler bereit, darüber Auskunft zu geben: 1. Aus welchen Gründen die Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Versorgungsansprüche der Offiziere und Mannschaften des Reichs- Heeres, welche, wie die Thronrede hervorhebt,allseittg als dringendes Bedürfnis anerkannt worden ist, noch immer nicht dem Reichstage zugegangen sind? 2. Wann endlich diese Gesetzentwürfe, welche auch die Versorgung der Offiziere und Mannschaften der Marine und Schutztruppen auf gleicher Grundlage verordnen sollen, an den Reichstag gelangen werden? Kriegsminister v. Einem erklärt sich bereit, die Interpellation sofort zu beantworten. Nach 6l/i Uhr begründet Abg. Graf Oriola(natl.) die Jnter« pellation. Die Thronrede hat uns die Pensionsgesetz-Entwürfe ver- sprochcn und Herr v. Einem hat erklärt, dieses Gesetz sei wichttger als das Ouinquennat. Vor vier Monaten ist diese Erklärung er- folgt, bis heute haben wir vergebens auf das Gesetz gewartet. DaS ist der Grund unsrer Interpellation.(Bravo I) Kriegsminister v. Einem: Ich habe dem Herrn Vorredner folgendes zu erwidern: Bei Uebernahme der Geschäfte des Kriegsministeriums fand ich ein un- fertiges Gesetz vor insofern, als eine Einigung über wesentliche Bestilninungcn innerhalb der preußischen Ressorts nicht erzielt war. Trotz langwieriger, eingehender KommissionSberatungen war die Angelegenheit nicht zum Abschluß gebracht, vielmehr auf einem toten Punkte angekommen. Ich stand auf dem Standpunkt, daß entsprechend den ver« schiedcnen Ausführungen meines Herrn Amtsvorgängers, dem Wunsche dieses Hauses und dem Interesse des Heeres dieses Gesetz sobald als möglich vorzulegen sei. Meine erste Sorge war daher nach nochmaligen eingehenden Erörterungen innerhalb des Kriegs- Ministeriums neue Kommissionsberatungen mit den preußischen Ressorts in die Wege zu leiten. Diese haben zur Einigung geführt und diese Einigung ist auch erzielt worden mit den Kriegsministerien der Bundesstaaten. Das soweit fertig- gestellte Gesetz ist unter dem 3. Dezember dem Bundesrat zugegangen und ebenso lagen dem Bundesrat auch die entsprechenden Gesetze für die Marine und die Schutztruppen vor. Letzteres ist dem Bundesrat allerdings erheblich später zugegangen. Das Mannschafts- versorgungs-Gesetz ist auf einer ganz neuen Grundlage aufgebaut, ebenso weicht das Gesetz zur Versorgung der Offiziere in wichtigen und wesentlichen Punkten von dem geltenden Recht ab. Es ist daher wohl erklärlich, daß im Bundesrat namenllich wegen der finanziellen Bedeutung dieser Frage eingehende Auseinandersetzungen und Beratungen stattfinden müssen. Einen bestimmten Zeitpunkt für den Abschluß dieser Beratungen bin ich im Augenblick nicht im stände anzugeben.(Hört I hört! bei den Nationalliberalen.) Daß ich den dringenden Wunsch hege, die Vorlage alsbald zur Beschluß- fassung und Verabschiedung dem Hause vorzulegen, geht aus allen meinen bisherigen Aeußerungen hervor.(Bravo !) Ich hoffe, daß sich dieser mein Wunsch noch in der jetzigen Tagung wird erfüllen lassen. Ob das der Fall ist, muß abhängen von dem Gang der Beratungen innerhalb der verbündeten Regierungen. Auf Antrag des Abg. Sattler wird die Besprechung der Jnterpellatton beschlossen. Hieraus vertagt sich das HauS. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. Besprechung der Jnter- pellation Oriola; Etat des allgemeinen Pensionsfonds, Etat des Reichs-Jnvalidenfonds, Etat für die Expedition nach Ostafien. Interpellation Auer(Soc.) und Genossen betr. die Außerbetriebsetzung von Kohlengruben im Ruhrrevier. Schluß 63/4 Uhr._ parlamentanfcbcQ. Die Hilfsaktion für Südwestaftika. Die Budgetkommission des Reichstags fetzte am Dienstag ihre Verhandlungen mit der Beratung der Hilfe- leistung für die durch den Herero-Aufstand Ge- schädigten fort. Referent Prinz Arenberg forderte die Zu- stimmung der Kommission zu den in der Denkschrift der Regierung niedergelegten Grundsätzen. Der Korreferent Dr. Paasche hätte am liebsten gesehen, daß man den Geschädigten volle Entschädigung und nicht bloß Beihilfen gewährt hätte. Bedenklich scheine ihm nur die Beihilfe an Ausländer, denn diese würden wohl vollen Ersatz verlangen, wie das auch deutsche Staatsangehörige in andern Ländern gemacht hätten. Dann käme es aber wieder dahin, daß die deutschen Geschädigten schlechter gestellt würden als die Ausländer. Wenn man die Kolonien anziehend machen wolle, dann müsse man auf eine volle Entschädigung zukommen. Abg. v. Richthofen schloß sich den Ausführungen des Referenten an: es gehe leider nicht an. den Geschädigten mehr als Beihilfen zu gewähren. Die Rechtsansprüche der Auslander käme»