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Abgg. Dr. Lukas( natl.) und v. Dirksen( Rp.) sprechen gleichfalls ihre Genugthung über den Abschluß der Verträge aus und fügen das Bedauern hinzu, daß auch England, Amerika   und Dänemark   sich nicht angeschlossen haben. Damit schließt die Diskussion, das Gesetz wird in erster und zweiter Lesung angenommen. Es folgt die erste Beratung eines Gefeßentwurfes be­treffend die Krankenfürsorge für Seeleute, diese auf 26 Wochen ausdehnt.

Wir haben zu dem

der

wird

als

"

Abg. Blankenhorn und Geheimrat Halley polemisieren noch in worden. Das zeigt, wie notwendig die Einführung einer Kranken-, Seemannes im Fall seiner Erkrankung Anspruch haben auf ein mehreren Reden gegen einander, dann schließt die erste Lesung und versicherung ist.( Bravo  ! links.) Drittel der Henter, falls der Unterhalt seiner Familie vorher ganz oder der Gesezentwurf geht an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Abg. Rettich( f.): Die Schwierigkeiten der Organisation einer teilweise von ihm bestritten worden war. Herr Hirsch hat Es folgt die erste und zweite Lesung der drei von Deutschland  , Krankenversicherung für Leute, die sich überwiegend im Auslande beantragt, das Wort teilweise" durch überwiegend" Destreich, Ungarn  , Belgien  , Spanien  , Frankreich  , Italien  , Luxemburg  , aufhalten, sind so groß, daß man mit vollem Recht davon abgesehen zu ersetzen, um eine Uebereinstimmung der Seemannsordnung den Niederlanden  , Portugal  , Rumänien  , Schweden   und der Schweiz   hat. Ich bitte den Herrn Präsidenten recht dringend, die zweite und mit dem See Unfallversicherungs Gesetze zu erzielen. Dieser abgeschlossenen Abkommen über das internationale dritte Lesung möglichst bald auf die Tagesordnung zu sehen, damit Zweck ist aber dadurch durchaus nicht erreicht worden. Der Privatrecht, die Eheschließung, Ehescheidung und Vormund- die Seeleute recht bald der ihnen hier gewährten Bergünstigung teil- Bassus: Im Fall der Lebensunterhalt ganz oder überwiegend vom schaft regeln. haftig werden.( Bravo  ! rechts.) Seemann   bestritten ist"- bezieht sich nur auf die Fürsorge Abg. Dove( frs. Vg.) dankt der Regierung für die Förderung der Abg. Dr. Pakig( natl.): Ich kann nicht ersehen, was der un- für Verwandte aufsteigender Linie; dagegen ist Ver­Versuche friedlicher internationaler Verständigung, bedauert aber, daß glückselige Fall eines armen Menschen, der im geistestranten Zustand forgung von Frauen und Kindern besonders geregelt. Diese haben Rußland   sich dem Abkommen nicht angeschlossen hat. auf einem Schiffe zurückgehalten wurde, mit dieser Vorlage zu thun ohne weiteres den Anspruch auf 20 Proz. der Heuer. Wenn man haben soll.( Buruf bei den Socialdemokraten.) Der socialdemo- also wirklich eine Uebereinstimmung des See- Unfallsversicherungs­fratische Vorredner hat verschiedene Wünsche geäußert, die eine Gesetzes und der Seemanns  - Ordnung herbeiführen will, dann sollte wesentliche Erweiterung der Vorlage und eine Verschiebung dieses au man den Frauen und Kindern der Seeleute unter allen Umständen sich spruchreifen Gegenstandes auf unabsehbare Zeit bedeuten die Familien- Unterstützung zusprechen. Die Familien- Unter­würden. Ich wünsche, daß dieses Gesetz recht bald in Kraft tritt stüßung für Seeleute zunächst in viel geringerem schon mit Rücksicht darauf, daß im vorigen Jahre, als der Maße ausgezahlt werden, bei andren Arbeitern, weil Staatssekretär eine baldige Regelung der Materie in Aussicht stellte, die Seeleute in viel geringerem Maße verheiratet find. Es würde dies die socialdemokratischen Redner eine Vertröstung auf den sich für die Reedereien höchstens um eine Summe von 15 000 m. Nimmerleinstag nannten.( hört! hört! bei den Socialdemokraten.) handeln, die für sie ernstlich gar nicht in Betracht kommt, aber für Wenn wir das Gesetz am 1. Mai in Kraft treten lassen, wird endlich die betroffenen Familien, die heute gar nichts bekommen, eine' sehr Abg. Schmalfeld  ( Soc.): einmal der 1. Mai ein Nimmerleinstag für die Socialdemokraten gute Hilfe ist. Was die Krankenversicherung der Seeleute anbetrifft, so hat sich Herr Rettich dagegen ausgesprochen. Er meinte, die vorliegenden Gesetzentwurf einige werden.( Lachen bei den Socialdemokraten.) Abänderungsanträge im Interesse der Seeleute zu stellen. Heute Abg. Erzberger( C.): Auch wir wünschen eine möglichst baldige fleinen Reeder würden dadurch zu sehr belastet werden. Gerade diese müssen die Seeleute die Kosten der Krankheit, die Verabschiedung dieses Gesezentwurfs. Zu den vom Abg. Schmal- Leute, die heute eventuell große Summen für einen erkrankten Mann bei ihnen nach der Abmusterung ausgebrochen ist, trotzdem feldt in Aussicht gestellten Anträgen können wir heut natürlich feine ausgeben müssen, würden durch die Einführung davon befreit werden. Schon damit arbeitslose Seeleute die Krankenversicherung als sie sich dieselbe im Dienste der Reeder zugezogen Stellung nehmen, da sie nicht im Druck vorliegen. Selbstversicherung fortsetzen können, ist es notwendig, haben, selbst bezahlen. Daß das ein schweres Unrecht ist, haben einzelne Reedereien, z. B. der Abg. Molkenbuhr( Soc.): die Krankenfürsorge durch eine Krankenversiche Norddeutsche Lloyd  , selbst anerkannt. Andre Gesellschaften Wenn der Herr Vorredner nicht verstanden hat, was Genosse rung zu eriegen. Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß, freilich nehmen keine Rücksicht darauf, sondern halten im Schmalfeldt   mit dem von ihm angeführten Falle beweisen wollte, wenn eine wirkliche Gleichstellung der Seeleute mit den übrigen Be­Augenblicke der Abmusterung alle Verpflichtungen für erledigt. fo liegt das wohl an seiner mangelhaften Auffassungsrufen erreicht werden soll, einige Aenderungen an der Novelle vor­Daher müssen wir eine Bestimmung schaffen, daß für diese Seeleute gabe. Schmalfeldt   hat sich nicht beklagt, daß man den Mann so zunehmen sind und ich glaube, daß sie ohne besondre Gefahr vor­noch bis drei Wochen nach der Abmusterung gesorgt wird. Eine lange an Bord gehalten, sondern daß man ihn, der schon 11 Monate genommen werden können, da eine übermäßige Belastung der Reeder entsprechende Bestimmung existiert schon für die auf dem Lande be- irrsinnig war, abgemustert und hilflos ans Land nicht entsteht. Zum Schluß noch eine Frage der Rechtsauslegung. schäftigten Arbeiter. Weiter hat man bei der Seemanns- Ordnung gesetzt hat, damit der Reeder der Verflichtung entginge, ihn zu das Küchenpersonal und die Stewards besonders verpflegen. Das ist ein drastischer Beweis dafür, wie die Reeder In dem alten wie in dem neuen Gesetz findet sich die Bestimmung, schlecht behandelt. Während man im übrigen eine gewisse sich der Verpflichtung entziehen, die sie auf Grund der geltenden der Reeder habe die Kosten der Verpflegung zu tragen Es ist nun Arbeitszeit von zehn Stunden festsetzte und in den Tropen von acht Seemannsordnung haben. Ich könnte Ihnen eine ganze Anstreitig, wie die Kosten zu bemessen sind, wenn der kranke Seemann  Stunden, hat man die Stewards davon leider ausgeschlossen, sie zahl von Fällen vorführen, in denen man Leuten gesagt hat: zu seiner Familie ins Haus geht, ein Fall, der besonders häufig müssen heute 16-18 Stunden täglich arbeiten. Man hat seiner Zeit Ihr seid nur faul, Ihr müßt arbeiten", und ihnen so lange zugesezt eintritt, wenn Seeleute aus dem Krankenhause entlassen ohne daß sie jedoch schon arbeits­erklärt, daß sie sehr viel freie Zeit während des Tages hätten, aber hat, bis sie schließlich eingewilligt haben, sich abmustern zu lassen, werden, fähig sind. Vielfach erhalten diese Leute ich möchte es feinem anraten, vor versammelten Stewards diese und dadurch jedes Anspruchs verlustig gegangen sind. Ich halte diese Ansicht zwar für irrig und Aeußerung zu thun, er würde einfach ausgelacht werden.( Sehr Wenn plötzlich von allen Seiten als dringender Wunsch her- Unterstützung. richtig! bei den Socialdemokraten.) Daher beantragen wir, daß den gestellt wird, die Wohlfahrt des Gesezentwurfs möglichst bald den glaube, daß im§ 61 des Gesetzes sogar die Höhe der Verpflegungs­Sollte meine Auffassung aber Familien der Stewards, wenn diese im Krankenhause Seeleuten zu gute kommen zu lassen, so ist das ein eigentümlicher fosten für diesen Fall angegeben ist. liegen, der Betrag einer Heuer gezahlt wird. Umschwung in der Stimmung der Mehrheitsparteien. Wenn es Ihnen irrig sein, so wäre es nötig, in dem neuen Geſetz eine Bestimmung Man kann nicht verlangen, daß die Frauen der Stewards dafür Ernst damit ist, so hätten Sie schon im März 1902 dazu Ge- zu treffen, auf welche Kosten der Seemann bei Familienverpflegung büßen, daß das Trinkgeldertesen an Bord besonders stark aus- legenheit gehabt, wenn Sie damals die von uns gestellten Anspruch hat.( Bravo  ! bei den Socialdemokraten.) gebildet ist. Für zerbrochenes Geschirr zahlt der Norddeutsche Lloyd   Anträge angenommen hätten.( Sehr gut! bei den Socialdemokraten.) Staatssekretär Graf Posadowsky: den Stewards mir 10 Prozent!( hört! hört! bei den Socialdemo- Angeblich soll der Zweck der Vorlage sein, die seemännischen Arbeiter Als ich am 16. März 1903 die Erklärung abgab, daß dieses fraten.) Die übrigen 90 Prozent müssen sie selber tragen. Ferner mit den übrigen gegen Krankheit versicherten Arbeitern möglichst Gesetz vorgelegt werden würde, erklärte ich, daß bei dem allge­beantragen wir. gleichzustellen. Das soll wieder ein Stückchen Socialreform sein, meinen Unterschied zwischen der allgemeinen Fürsorge und der aber damit ist es bei den Seeleuten eine eigenartige Sache.( Sehr Fürsorge für Seeleute in Bezug auf Tragung der Versicherungskosten ahr! bei den Soc.) Die Socialreform für Seeleute dreht sich die Verlängerung der Unterstützungsdauer auf 26 Wochen für die immer i m Kreise herum. Auch nach der jetzigen Vorlage haben die Seeleute noch nicht die Rechte, die Arbeitgeber des Schiffahrtsgewerbes eine ganz andere Bedeutung fie nach dem alten Handelsgesetzbuch von 1861 hatten.( Hört! habe als für die Arbeitgeber der übrigen Gewerbezweige. Darum Wir wünschen außerdem eine ausreichende Krankenversicherung hört! bei den Socialdemokraten.) Sie hatten damals Rechts- muß diese Frage einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. für die Seeleute; die Reederpresse hat behauptet, daß durch die ansprüche, die erst wir ihnen heut liefern wollen, und das zu einer Wir haben diese Prüfung vorgenommen und haben gesehen, wie außerordentlich schwer es ist, die Kosten aus der Kranken­Ausdehnung der Krankenfürsorge auf 26 Wochen die Reeder bei Zeit, wo das Wort Socialreform noch gar nicht erfunden war. Die dem schlechten Gesundheitszustande der Seeleute überlastet würden. Seeder scheinen allerdings ungünstig gestellt zu sein, weil sie allein fürsorge den Berufsgenossenschaften aufzuerlegen. Als wir damals diese Erklärung abgaben, waren wir noch im Unsicheren. Der Zwed Aber in der Praxis stellt sich die Sache wesentlich anders. Da lassen die Last aus der Krankenversicherung tragen müssen. That der Novelle war keineswegs eine umstürzende Aenderung der Grund­sich die Reeder nicht von der Krankenfürsorge ruinieren, sondern sächlich ist das nicht so schlimm. wätzen die gasten einfach ab. Infolgedessen ist von vorn- Krankheiten sind von sehr furger immer, Dijeta miten lage der Krankenversicherung für Geeleute, aber ich hielt es für man allen Kranken gewährt, auch den Seeleuten ge= herein eine Krankenversicherung für die Seeleute notwendig, wir 18, Tagen. Nun ist es allerdings richtig, daß die Krankheits  - unbedingt notwendig, daß man die Dauer der Krankenfürsorge, die werden Ihnen deshalb in der zweiten Lesung eine dementsprechende dauer bei Seeleuten etwas länger ist als bei Landarbeitern. Es währen müsse. Ich bitte dringend, diese Eröterungen, ob Seeleute man überhaupt die Krankenversicherung für Resolution vorlegen. Heute hat die Krankenfürsorge ungeheuerfommen verschiedene klimatische Krankheiten in Betracht, liche Zustände zur Folge. Das möchte ich Ihnen in einem be- denen die Landarbeiter nicht ausgesetzt sind. Sehr oft fehlt eine andere Grundlage stellen soll, mit diesem Gesetz nicht zu ber­stimmten Fall nachweisen. Ein 41 Jahre alter erster Steuermann es auch an Bord an der nötigen Pflege und den auf dem Schiff Konkordia" einer Reederei in Elsflet wurde in einem nötigen Heilmitteln. Man klagt auch sehr oft darüber, daß, binden. Ich habe den dringenden Wunsch, daß man die Wohlthaten überseeischen Hafen einfach abgemustert. Alle seine Sachen wurden wo ein Arzt an Bord ist, doch der Kapitän die Rolle eines Ober- dieses Gesetzes den Seeleuten möglichst bald zukommen läßt. Ueber die Organisationsfragen können wir noch sehr oft bei andrer Ge­von dem Kapitän einbehalten. Er mußte als Heizer auf einem eng- arztes spielt und viele Borschriften des Arztes einfach nicht ausführen legenheit sprechen. Ich bin gern bereit bei anderer Gelegenheit in lischen Schiff in seine Heimat zurückkehren und von Bremen  , läßt, weil sie ihm zu teuer sind. gelandet war, die 65 Kilometer nach seiner Durchschnittlich werden von den Reedern für den See. diese Erörterung einzutreten.( Bravo  !) Damit schließt die Diskussion. Die zweite Lesung der Novelle Heimat in einer stürmischen Winternacht notdürftig bekleidet und mann 7,65 M. an Krankenversicherungskosten ausgegeben. Da ohne Kopfbedeckung zurücklegen.( hört! hört!) Dort erkannte man gegen wenden die Arbeitgeber auf dem Lande durchschnittlich wird ohne Kommissionsberatung vorgenommen werden. sofort, daß der Mann schwer geiftestrant war. Er wurde in 21,9 M. pro Kopf auf. Unbedingt muß ich die Gleichstellung der Das Haus vertagt sich sodann auf Montag 1 Uhr. Auf der die Jrrenanstalt gebracht, dort wurde fortschreitende Gehirnerweichung Seeleute mit den übrigen Versicherten fordern, damit nicht der Tagesordnung stehen 1. Reichsgarantie für die Bahn von Dares­festgestellt, und er ist seitdem gestorben. Seine alte 85jährige Kranke so hilflos bleibt, wie es in dem Falle geschehen ist, den uns salem nach Proporo, 2. Aufnahme einer Anleihe für das Schutz­Eine Genosse Schmalfeldt geschildert hat. Mutter hatte schon elf Wochen vor seiner Abmusterung aus seinen mein Briefen erkannt, daß er geistesgestört sei. Daß dem Kapitän diese Lücke in der Seemannsordnung besteht in der Familienfürsorge. gebiet Togo, 3. erste Lesung des Börsengesetzes und der Stempel­Krankheit entgangen ist, ist umsoweniger möglich, da man sie auf Dieser Mißstand ist in der jetzigen Seemannsordnung lediglich dem englischen Schiff sofort erkannte.( Hört! hört!) durch ein Mißverständnis des Reichstages hineingekommen. In der Trotzdem ist der Mann einfach ohne jede Krantenfürsorge entlassen zweiten Lesung war bestimmt worden, daß die Angehörigen des

Präsident Graf Ballestrem: Herr Abgeordneier, wir fennen feine Anträge in der ersten Lesung, sie können erst in zweiter Lesung Abg. Schmalfeld( fortfahrend):

gestellt werden.

Ivo

er

Im dunkelsten Wien.

-

weitaus

besondere

Steuernovelle.

Schluß 6 Uhr.

gar

feine

auf

heimnisse der Ufer ein wildes Ashl der Obdachlosen unter Zillen Nur ein Bauarbeiter, der mit seiner Frau am Tage des Be­und in stinkenden Höhlen. Er schildert Menschen, die auf den fuches von 24 Hellern( 20 Pfennigen) gelebt hat, ist bewußter In allen Sprachen und aller Sprachen Mundarten hat die Not Düngerhaufen der Gärtner schlafen, weil es dort warm ist; die den Socialdemokrat. Auf dieser massenpsychologischen Erscheinung, daß das bitterste schon auf uns eingeredet: aus trockenen Berichten der beschreibenden geflickten Rock auf dem bloßen Leibe tragen und es jeden Morgen Nationalökonomie und aus den tönenden Rythmen zornentflammter dem Zufall überlassen müssen, ob ihnen der neue Tag ein Häuflein Elend in tausend von tausendundeinem Falle zur vollkommensten Apathie führt, ist ja alles Glück der Regierenden und Besitzenden Poeten, aus naturalistischen Romanen, aus Denkwürdigkeiten von ekle Nahrung bringt. Arbeitern, aus Volksliedern aus dem Rinnstein". Dem Proletarier Dann steigt er auf der Staffel dieser gesellschaftlichen Ordnung gegründet! Aus diesen Elendsgestalten ist nicht nur der bewußte erschloß sich aus dieser Litteratur keine neue Welt; die bürgerliche um eine Stufe höher: er erflimmt die steilen, engen Stiegen tastende Drang nach aufwärts geschwunden, auch alle Gefühle der Gesellschaft aber hat die Mode vom Anfang der neunziger Jahre, tapitalistischer Zinsburgen. Diese Leute, die unterschiedslos zusammen- Auflehnung, der Empörung, der Rachsucht sind ausgebrannt oder da sie mit lüfternem Grusel den ersten Blick in fürchterliche Tiefen gewürfelt Groß und Klein, Mann und Weib, Bursche und haben wohl nie in ihnen geglüht. warf, längst überwunden. Was will zu solcher Zeit ein neues Elendsbuch? Das Bändchen Im dunkelsten Wien  , Strottgänge von May Winter." ( Wiener Verlag  , Wien   und Leipzig   1904) wird mit seinem Titel trop der trefflichen Deckenzeichnung von Stanzenhofer aus dem breiten Chor der litterarischen Neuerscheinungen nicht wie eine Fanfare flingen zum mindesten nicht für die, die Max Winter  , seinen Stoff und feine Art noch nicht kennen.

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Mädchen beieinander in engen Räumen hausen und selten ein Nur ein mächtiges sociales Empfinden konnte den Verfasser dieses brauchbares eignes Bett zur Verfügung haben, sind ja schon die Buches alles Widerstreben vor dem Anblick des Aeußersten überwinden Glücklicheren. Sie sind keine Gelegenheitsarbeiter wie die Obdach- heißen und ihn für seine Fahrten mit einem Mut ausrüsten, losen, sondern Leute mit gesicherter Existenz" Bau- und der die höchste Achtung verdient, wenn auch die bürgerliche Gesell Telegraphen- Arbeiter, Flickschuster, Schwertutscher und andre schlecht schaft, die jeden Bergfer bewundert, für solche Art von Mut nicht entlohnte Proletarier. Da mißt er Räume aus, stellt die Zahl der das rechte Verständnis hat. Und der Verfasser hat auch damit recht Bewohner, der vorhandenen Schlafgelegenheiten fest und erfährt gethan, daß er den Thatsachen einfach die Sprache seines Herzens mancherlei von den Arbeits- und Lohnverhältnissen der Insassen. lieh, ohne nach Tendenz zu jagen, wo diese Tendenz sich aus jeder Den Lesern der Wiener  , Arbeiterzeitung" ist freilich May Winter Mit seinen Freunden vom Donaukanal   zusammen genießt er die Ecke übermächtig aufdrängt. Manchmal freilich, wenn er zu einem ein guter alter Bekannter; gute alte Bekannte sind ihnen auch jene Segnungen des modernen Rechtsstaates. Mit einer Schar Obdach- Seitenhieb auf die Wiener   kommunale Verwaltung ausholt, mag Stizzen, die jetzt zum Buch gesammelt vor ihnen liegen. Sie fennen loser wird er aufgegriffen und erhält Gelegenheit, in die Polizei- dem, der nicht den ehrlichen Haß eines Wiener Socialdemokraten Winter als einen eigenartigen kühnen Journalisten das viel gefängnisse Einblick zu erhalten und in die Art, wie dort Menschen gegen die verkommene Spießerwirtschaft der Luegerhorde unmittel­als ob sich in dieses mißbrauchte Wort ist hier als Ehrentitel gebraucht der das Elend behandelt werden, deren Verbrechen es ist, hungrig zu sein und fein bar mitfühlt, das Gefühl kommen, Weltpanorama der ein gewisser fleinlicher Zug ein Not bis in seine allerlegten Schlupfwinkel verfolgte, dessen vertrauen- Bett zu haben. die Erfahrung gelehrt, Judes hat Wie ertragen diese schliche. daß solche Die Frage drängt sich auf die Lippen: erweckendem Wesen sich Herzen öffneten, die längst darauf verzichtet hatten, der Welt ihr Leid zu klagen, und der, was er gesehen und Massen, denn um Massen handelt es sich, so entsetzliche Leiden? Nuzanwendungen im Einzelnen nicht ohne Erfolg geblieben find. in ihnen das Feuer der Revolte, drängen sie So ward beispielsweise ein Haus, dessen Zustände Winter in der gehört, in merkwürdig lebensvollen und anschaulichen Stizzen wieder- Glimmt zum Ausbruch, streben sie nach Rache? Wer diese Schilde- Arbeiter- Zeitung" geschildert hatte, acht Tage nach dem Erscheinen zugeben verstand. der vermag es faum der Schilderung niedergerissen. Ob seine einstigen Bewohner nun Diese Skizzen sind sociale Poesie und wissenschaftliche Be- rungen mit fühlendem Herzen liest, schreibung zugleich. Von der wissenschaftlichen Beschreibung haben zu fassen, daß sich der Groll dieser Letzten der Enterbten nicht besser daran sind? Auch möchte der Leser, den dieses Buch von der ersten bis zur sie die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben, von der Poesie täglich ein duzendmal in wilden besinnungslosen Gewaltthaten das warme lebendige Kolorit: den Heimatston, das heimlich durch- entlädt. Ach nein! Müde, tatenlos, refigniert, gemächlich, fast ge- letzten Seite in seinem Bann hält, manchmal länger weilen, wo der zitternde Mitempfinden. In diesem Sinne sind sie Muster eines mütlich schiebt das alles zu dem großen Aschenhaufen zu, in dem Verfasser rasch vorüber eilt, von manchen der flüchtig vorbeigleitenden eigenartigen Genres und können als solches gar nicht genug wir alle enden. Dieser Strotter flagt über die neue Konstruktion Gestalten etwas von ihrem Woher und Wohin erfahren. Wohl wissen jenen vorgehalten werden, die glauben, es genüge, die" Thatsachen der Aborte, die seinen Erwerb geschmälert hat: der Gedanke, daß wir, daß diese Gesellschaft ihre Opfer heischt, und daß es allemal reden" zu lassen eine unwahre Phrase, da doch die Thatsachen dieser Mann, der mit gebeugtem Nacken die Kloaten durchwühlt, welche geben muß, die in ihr die Allerlegten sind. Aber welches nicht selbst, sondern nur aus der Darstellung reden!... einmal den Leib der verhaßten Großstadt mit tödlichem Sprenstoff Schicksal, welches Ineinandergreifen von Zufall, Veranlagung, Schuld hat gerade diese Menschen zu den allerlegten gemacht, die Winter begleitet einen Strotter bei seiner Arbeit. Unter füllen könnte, mag in dem Kopfe eines Romaziers entstehen Strottern versteht man in Wien   Leute, deren Erwerb es ist, den dem passiven Helden des Dramas liegt er vollständig ferne. Aus und keine andren? Welche Umstände ermöglichen es einem Proletarier, Spülicht der unterirdischen Kanäle nach verlorenen oder weg- dem Donaukanal   holt der Obdachlose seinen Trunk. Unser Wanderer der Bewohner einer Zinskaserne zu bleiben, welche schleudern ihn in geworfenen, aber noch verwertbaren Gegenständen zu durchsuchen. will ihn über die furchtbare Gefahr eines solches Genusses belehren. den Spülicht herab und zu dem Ünrat des Kanals? Gerade Winter Üleber dieses letzte, ärmlichste, schmutzigste Gewerbe giebt er aus" Das Wasser ist nöt schlecht zum Trinken", erhält er zur Antwort, wäre der rechte Mann dazu gewesen, uns auf solche beklommene eigner Anschauung die genauesten Angaben: über seine Technit, seine es ist ja frisch und rein". Und in einem scheusäligen Zinshause, Fragen Antwort zu geben, Lebensgänge Einzelner zu verfolgen, in Organisation, feine Einkünfte, seine Gefahren. Mit dem Strotter einem wahren Massengrab seiner Bewohner, aber auch einer wahren ihre Arbeitsgewohnheiten, ihr Liebesleben, ihr Haushaltsbudget, ihre steigt er in den Kanal ein, durchwühlt die Därme der Großstadt Goldgrube seiner Besigerin, giebt ihm eine Mieterin diese treuherzige Familienverhältnisse einzubringen und von dem allen ein Bild zu und läßt sich von seinem Führer alles Wissenswerte erzählen. Lehre mit auf den Weg: geben, das weder durch trockene Häufung von Thatsachen ermüdet, So Häuser sollten mehr sein. san a wahre Wohlthat für noch durch phantastische Ausläufer irreführt. Doch vielleicht holt er's noch nach, wenn das, was diefer die arme Menschheit. M'r siecht's aa.( Man sieht es auch.) An dem Haus ist nie a Wohnung ang'schlagen, die gehen alle unter Band bringt, auch außerhalb Wiens   die Würdigung und Beachtung F. S. der Hand weg. findet, die er verdient.

Dann durchstreift er die Brigittenau, das Proletarierviertel des Wiener   Nordens. Am Donaukanal   betrachtet er die verwahrloste Jugend bei ihren munteren, ausgelassenen, oft gefährlichen Spielen und die Männer bei ihrer schweren Arbeit. Er durchforscht die Ge­

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