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konnte nicht erbracht, vielmehr nur festgestellt werden, daß Böhm namens der nationalliberalen Partei die Rech- nungen auch die für die Geldentschädigungcn an die centrums- katholischen Arbeiter und für das Freibier an den Stadtrechner Uebel, den ausgefallenen Centrumskandidaten, der bei der Stichwahl für Dr. Becker ins Zeug ging, gezahlt hat. Orb wurde zu einer Geldstrafe von 600 M. verurteilt. Ein Majcstätsbcleidiger aus dem Ccntrum. In einer Majestäts- beleidigungssache fällte die Strafkamnier in Schweinfurt   ein freisprechendes Urteil. Der Sünder, der gegen die Majestät gesündigt haben sollte, war der verheiratete Brauer Andreas Lang von Stadel- schwarzach, der bei einer Unterhaltung im Wirtshause darthun wollte, daß der Kaiser aus dem gleichen Stoff gemacht sei wie er, und das etwas derber ausdrückte. Darin sollte nun die Majestätsbeleidigung liegen. Der Staatsanwalt mußte im Laufe der Verhandlung selbst die Anklage fallen lassen und er wollte den Angeklagten lediglich wegen groben Unfugs zu 14 Tagen verdonnert wissen. Nachdem der Verteidiger geltend gemacht, daß der Mann keines- Wegs ein Socialdemokrat, sondern ein strammer Centrums- mann sei, erfolgte Freisprechung,~ Husland. Italien  . Wegen Majestätsbcleidigung konfisziert wurde dieser Tage das vatikanische OrganVoce della Verita"<dieStimme der Wahr- heil"). Die Majestütsbeleidigung soll in einem Artikel, anläßlich des Besuches Loubets verübt worden sein. Dänemark  . Klassenjustiz gegen die Gewerkschaftsbewegung. Das Hof- und Stadtgericht zu Kopenhagen   hat am Montag ein Urteil gefällt, das. wenn eS vom höchsten Gericht bestätigt wird und Nachahmung findet. es den Arbeitgebern möglich machen würde, wegen einer einfachen Warnung vor Zuzug die Kassen der Gewerkschaften auszuplündern. Das Gericht verurteilte nämlich den Tischler- und Stuhlmacher- o den Wagenmachcr-Verband und dessen Vorsitzenden Jensen, dem Tischlermeister V. Andersen tausend Kronen Schadensersatz zuzahlen, weil die beiden Organisasionen im Jahre 1900 während eines Ausstandes bei dem Tischlermeister mehrere Mal inSocial-Demokraten" Aufrufe erlassen hatten, worin auf die Vorgänge aufmerksam gemacht und vor gewarnt wurde. Die Aufrufe waren in der für dieje Fälle allgemein üblichen und durchaus sachlichen Form gehalten, wie sie tagtäglich bei derartigen Anlässen in Arbeiter- blättern erscheinen. Würden die Arbeitgeber und die Gerichte mit » gen Anklagen und Urteilen fortfahren, so könnten den Gewcrk- schaften viele hunderttausend Kronen abgenommen werden und »nancher Arbeitgeber könnte sich dabei eine schöne Summe Geldes verdienen".Social-Demokraten" erklärt, daß er nicht glauben tonne.daß das höchste Gericht, das sich sicherlich auch noch mit dieier Sache zu befassen haben werde, das Urteil des Hof- und Stadtgerichts bestätigen werde. Es wäre auch skandalös, wenn den Unternehmern das Recht zugestanden werden sollte, sich in dieser Weist der Kasien der Gewerkschaften zu bemächtigen. Die kommunale Wahlrcform gehört bekanntlich zu denjenigen Gesetzesvorlagen, die dem Volke sehr wünschenswert erscheinen, aber der Regierung und den ihr ergebenen Parteien nicht als dringlich erscheinen. Der zur Prüfung der Vorlage am 14. Januar eingesetzte parlamentarische Ausschuß hat jetzt einen gedruckten Bericht über seine bisherige Thätigkeit herausgegeben. Sie bestand im wesent- lichen in einer Anftage an die Regierung über die infolge der Re- form zu erwartende Vermehrung der Wählerzahl. Das Ministerium des Innern hat darauf folgende Aufklärung gegeben: Jetzt beträgt die Zahl der Koinmunalivähler Dänemarls 491 999, durch die Regierungsvorlage würde sie auf 464 999 steigen, einschließlich 54 999 weiblicher Wähler. Rechnet man ttber mit den vom Folkething angenommenen AbänderungS- Vorschlägen, wonach auch steuerzahlende Dienstboten, sowie die Frauen, deren Männer Gemeindesteuern zahlen, wahlberechtigt sein sollen, so läßt sich die Vermehrung der Wählerzahl nicht genau angeben; die Gesamtzahl der Kommunalwähler wird danach jedoch geschätzt auf 429 909 Männer und 379 000 Frauen. Im ganzen be- trägt in Dänemark   die Zahl der über 25 Jahre alten Männer 553976, Frauen 617 837. Der Ausschuß hat sich außerdem über den bei den ttommunalwahlen in Norwegen   gebräuchlichen Wahlmodus, sowie über den für die Reform des Kammerwahlrechts in Schweden   vor- geschlagenen Wahlmodus Auftlärung geben lassen. Zu weiteren Thaten hat der Ausschuß leine Zeit mehr gefunden. Rnfzland. Um Bebels Bild. Man schreibt uns aus Petersburg  : Neulich ist in der hiesigen Bergakademie   folgende merkwürdige Geschichte passiert. Der neu angestellte Direktor der genannten An- ftalt, Professor der Chemie von der Petersburger Universität K o n o w a l o w, hatte offenbar beschlossen, sofort seineSchneidjg- kcit" zu beweisen und die rebellische Studentenschaft der Berg- akademiofest anzufassen", es sei nebenbei bemerkt, daß die Bergakademie   in Petersburg   sich in den letzten Jahren durch den revolutionären Geist ihrer Zöglinge, sowie durch eine Gruppe fort- schrittlicher, anständiger Professoren rühmlich hervorgethan hat. Seinen Kampf mit dem Drachen Rebellion begann nun Herr Direktor Konowalolv damit, daß er sich zur Revision in den sogenannten Speisesaal" begab eine genossenschaftliche Veranstaltung der Studenten, wo sie ihre Mahlzeiten einnehmen. Zeitungen lesen und die Geselligkeit pflegen. Der Speisesaal der Bergakadcmikcr befindet sich im Äkademiegebäude, und so wähnte sich der schneidige neue Direktor berufen, auch dorthin sein wachsames Auge spazieren zu lassen. Und, o Schreck! was erblickt er auf einer Wand des Speisesaales, unter andren Porträts beliebter russischer Schriftsteller und Denker? Bebels Bild! Sofort erklärt Herr Konowalow dem Dujour habenden Studenten, daß das anstößige Porträt heruntergenommen werden müsse. Er bekommt jedoch zur Antivort, daß die Ausschmückung der Wände im Speisesaal eine interne Angelegenheit der Verwaltung des besagten Saales sei, a ri K Bebel auf Anweisung dieser Verwaltung seinen Platz s I m.�nPe- Der gereizte Direktor befiehlt alsdann dem Portier, I*£.i* herunterzuholen; als sich jedoch auch dieser weigert, der Herr Direktor eigenhändig Bebels Bild von der Wand und schmeißt es auf den Boden. »»*** ließ sich diesen Tort nicht ruhig gefallen: galt es doch die Unamastbarkeit der studentischen Selbstverwaltung zu verteidigen. Es wurde eine Versammlung einberufen, ein Protest angenommen und derselbe zum Direktor geschickt. Allein Herr Konowalow wolltefest bleiben" und jagte einfach die stndentilche Deputation, die ihm den Protest überreichte, fort. Die Studenten- schaft berief als Antivort darauf eine neue Versammlung ein und stellte die Forderung d er Entlassung Konowalow s. Gleichzeitig brach em Konflikt zwischen dem Direktor und den Professoren aus. In einer Sitzung des Professorenrats machte Professor Lutugm sderselbe, der sich bereits auf dem letzten Kongreß der Techniker durch forsichnttllche Halsimg hervorgethan hat) dem Direktor die Bemerkimg, daß er dessen Benehmen den Studenten gegenüber für unpassend erachte. Konowalow er- widerte durch eine Grobheit, indem er Lutugin, der zwar kein ordentlicher Professor, aber seit Jahren Mitglied des Professorenrats m Erhielt, daß er eigentlich kein Stimmrecht habe. Daraufhin gab Prof. Lutugin sofort seine Demission und verließ den Saal. Seinem Beispiel folgten noch 5 Pro fessoren, die zusammen mit noch 4 Assistenten des Laboratoriums, zusammen also 19 Personen, demiffionierten und als Bedingung ihrer Rückkehr auf den Posten die Entlassung des Direktors forderten. Außerdem er- klärten drei Viertel aller Ssildenten, nicht zum Jahresexamen erscheinen zu wollen, falls Konowalow nicht des Amtes enthoben werde. In- folgcdessen ist die Bergakademie   geschlossen. Die De- Mission der genannten Professoren und Assistenten ist im Augenblick, iwo ich Ihnen schreibe(1s. April), noch nicht genehmigt. parlamentavifckes. Die Budgctkommission des Reichstages setzte am Mittwoch die Beratung der zum Reichshaushalts- Etat bei ihr eingebrachten Resolutionen fort. Zur Verhandlung stand der Antrag Müller- Speck, der Reichstag möge ein Gesetz erlassen, durch dessen Be- stimmungen ermöglicht wird, diejenigen Bestände an künstlichen Süßstoffen, die sich noch in amtlichen Zolllagern befinden und In- ländern gehören, unter amtlicher Aufsicht an Apotheker oder an die Aktiengesellschaft vorm. Fahlberg  , List u. Cie. abzugeben. Trotz der eingehenden Darlegungen des Unterstaatssckretärs v. Fischer versuchte der Centrumsabg. Erzberger imInteresse des Mittelftandes" den komischen Vorschlag zu retten. Der württembergische Bundesrats- Bevollmächtigte Schneider stellte fest, daß in ganz Würltemberg 253 Personen 1416 Kilogramm Süßstoff in den Zolllagern eingelegt haben; 249 Personen haben Vorräte von bis 19 Kilogramm, 199 Personen haben nicht einmal ein Kilogramm. Die württembergische Regierung stehe dem Vorschlag sympathisch gegenüber. Dr. Südekum geißelte die durch die Resolution empfohlene skurrile Art der Gesetzesmacherei. Diese Art derMittelstands- retterei" nehme sich wie die Karrikatur einer vernünftigen Gesetzgebung aus und könne nicht scharf genug zurück- gewiesen werden. Wenn man schon so wolle, dann solle man doch lieber gleich auch die Namen derGeschädigten" in das Ent- schädigungsgesetz aufnehmen; man dürfe sich dann aber nicht wundern, wenn hinterher jeder Handwerker oder Lieferant, der bei irgend einer Submission zu Schaden gekommen ist, mit dem Verlangen nach einer gesetzlichen Entschädigung komme. Dann werde man ja wohl erkennen, wohin man gerate. Abg. Dr. P a a s ch e schloß sich diesen Ausführungen an und brachte eine Abänderung der Resolution Speck   ein, wonach der Reichskanzler Erhebungen darüber anstellen soll, wieviel Süßstoff noch in deutschen  Zolllagern liegr, ob einzelne Leute von: Gesetze besonders hart getroffen werden und ob ihnen geholfen werden kann. Ab- geordneter Speck wollte seine Resolution nicht gerade wörtlich genommen wissen, sondern wollte mir den kleinen Leuten helfen. Um überhaupt ein Resultat zu �erreichen, so sagte Herr Speck, zöge er seine erste Resolution zurück und schlug eine neue vor. Danach soll den inländischen Besitzern von Süß- stoffen in Zolllagcrn eine Entschädigung auf dem Verwaltungswege zugebilligt werden. Er hoffe, daß auch die Socialdemokraten dafür zu haben seien. Unterstaatssekretär v. Fischer sagte zu, daß die Sache nochmals geprüft werden solle. Nach weiterer Debatte wurde auch die zweite Resolution Speck   zurückgezogen und die Resolution Paasche angenommen. Abg. Dr. Arendt begründete sodann eine Resolution zum Etat der Stempelsteuer. Danach sollen die Regierungen ersucht lverden, eine reichsgesetzliche Regelung des Lottericwesens und die Einrichtung einer ÄeichSlotterie herbeizuführen. Der jetzige Zustand der Konkurrenz der cinzelstaatlichen Lotterien und die Verbote des Spielens inausländischen" Lotterien in den verschiedenen Staaten fei unerträglich. Abg. Arendt legte ein sächsisches R e k l a m e- S ch w e i n" vor, das ganzsocialdcmokratisch" abgefaßt sei und in dem Lafsalle als Schutzheiliger der Lotterie aufgeführt werde. Solcher Prospekte seien eine Unzahl vorzulegen. Die Staaten verkauften sich hier gegenseitig das Recht der Ausbeutung ihrer Unter- thanen durch die Lotterien. Das einzig Zweckmäßige sei eine rcichs- gesetzliche Regelung des Lottericwcscns und dann die Einführung der Reichslvtterie. Der sächsische Geh. Rat Dr. R ü g e r erkannte das Bestehen großer Mißstände an, aber augenblicklich lasse sich nichts dagegen thun. Für die Reklame sei die sächsische Regierung nicht verantwortlich; gegen die Ausschreitungen werde man vorgehen. Die Reichslotterie würde ein Eingriff in die Landeshoheitsrcchte sein. Auf die Einnahmen aus der Lotterie könne z. B. Sachsen zur Zeit gar nicht verzichten. Der Schatzsekretär v. Stengel meinte, das Reich(habe nur ein Interesse an der ordnungsmäßigen Entrichtung der Stempel. Der Bundesrat habe sich mit der Frage der Reichs- lotterte überhaupt noch nicht beschäftigt; deshalb könne er sich auch gar nicht äußern. Abg. Graf v. O r i o l a wandte sich gegen die Vorschläge des Abg. Arendt, befürwortet aber die Verständigung zwischen den einzelnen Regierungen. Geh. Rat P a u l s e n legte dar, daß nur der schlechte Stand der Reichsfinanzen die thüringischen Staaten zur Errichtung einer Lotterie getrieben habe. Abg. Singer begrüßte die Neigung des Abg. Arendt zum CentraliSmus  ; die Er- wähnung des Ramens Lassalle scheine ihm auf einer Fälschung zu beruhen. Wenn die Lotterie schädlich sei, dann solle man sie nicht nach dem Grundsatz:Ein Gott, ein Reich, eine Lotterie" noch weiter verbreiten. Deshalb solle man gegen die Resolution stimmen. Abg. Dr. Arendt trat in seinem Schlußwort(nachdem das sächsischeSchwein" ein Weilchen auf den Kommissionstischen gesucht und endlich wieder gefunden worden war) nochmals überzeuguugsvoll fi'ir seinen Antrag ein und zog ihn dann zurück. In einer Resolution der Centrumsvertreter wird verlangt, die Verwaltung des ostasiatischcn Expcditionscorps mit der Verwaltung von Kiautschou   zusammenzulegen, aber in der Voraussetzung, daß sie demnächst ganz zurückgezogen werde. Der Staatssekretär des Aus- wärtigen betonte die Absicht, das Corps bald zurück- zuziehen; man wolle eine Neiiorganisation für den nächsten Etat in Erwägung ziehen, bitte aber, den Weg nicht festzulegen. Abg. Ledebour   wies auf die Gefahr hin, daß durch diese Zu- sammcnlegung das Cxpedittonscorps zu einer dauernden Einrichtung werde. Die Besatzungsbrigade wollen wir aber bald zurückbringen; deshalb würden die Socialdemokraten gegen die Resolution Speck  stimmen. Abg. v. Staudt) sprach sich ebenfalls dagegen aus. Abg. Graf v. Oriola bestritt das Vorhandensein von politischen Gefahren in der Resolution; das Ziel sei ihm sympathisch und des- halb stimme er dafür. Staatssekretär v. Richthofen bestritt, daß eine Verschmelzung der Verwaltungen ohne weiteres eine Verbilligung bedeute. Abg. Bebel wandte sich gegen den Grafen Oriola, von dem er vermutete, daß er auf dem Wege der Resolution zu einer dauernden Einrichtung der Besatzungsbrigade kommen wolle. Wenn man die Brigade rasch zurückziehen wolle, dann brauche man gar nicht erst zu reorganisieren. Jetzt sei die Stellung des Reichstages klarer als nach einer solchen Verschmelzung, nach der man gar nicht mehr werde erkennen können, was man für die Brigade aufgewendet habe. Abg. Speck behauptete, daß durch seinen Vorschlag eine er- hebliche Erfparnis erzielt werde; etwas andres wolle er nicht. Abg. Dr. Paasche führte gegen Bebel aus, seine Partei wollte auch keine Kolonialarmee, sondern die Zurückziehung der Brigade  ; es sollte dann nur eine Gesandtschaftswache in Peking   bleiben und der Verwaltung in Kiautschou   unterstellt werden. Er wolle gegen die Resolution stimmen. Abo. Gröber wandte sich ebenfalls gegen die Resolution; Reuorganisationen seien immer sehr teuer. Auch sei der Zeitpunkt dafür nicht günstig. Abg. Speck zog seine Rc- solution zurü ck.' Wahlpriifungs-Kommission. Zur Prüfung stand zunächst die Wahl des Abg. Potthoff(frs. Vg.), Wahlkreis W a l d e ck- Pyrmont. Bei der Hauptwahl erhielt der Antisemit 4155 Stimmen, Potthoff 2891, der Socialdemokrat 1839, das Centrum 176; bei der Stichwahl Potthoff 5184, der Antisemit� 5944. Gegen die Wahl wurde von antisemitischer Seite Protest ein- gelegt. In Pyrmont   hat der Kreisrentmeister als Wahl- Vorsteher fungiert. Nach§ 9 des Wahlgesetzes können nur solche Wahlberechtigte Vorsteher, Beisitzer oder Protokollführer bei der Wahlhandlung sein,welche kein unmittelbares Staatsamt bekleiden": fungieren Staatsbeamte dennoch bei der Wahlhandlung, dann wird nach der bisherigen Praxis der Kommission und des Plenums der Wahlakt des betreffenden Ortes kassiert. Da jedoch die Kassierung des Wahlaktes in Pyrmont   nicht zur Aufhebung der Majorität für Potthoff führen würde, entschied sich die Kommission dahin, nur im Eventualfall die Kassierung dieser Wahl vorzunehmen. Der Protest behauptet nun, es sei eine amtliche Wahlbeeinflussung zu konstatieren, da Postmeister und andre Beamte, denen keine Polizei- lichen Befugnisse zustehen, in einem von ihnen mit ihrem Titel unterzeichneten Wahlaufrufe für Potthoff eingetreten seien. Die Kommissiw hielt dies für unbeachtlich, weil eben die betreffenden Beamten keine polizeilichen Befugnisse haben. Und da sonst weiter« Monitas nicht gezogen waren, kam sie zu dem Beschlüsse, die Wahl Potthoffs für gültig zu erklären. Die Wahl des Abg. v. M a l tz a h n(k.) im 4. mecklenburgischen Wahlkreise. Malchin  -Waren, war der Kommission zur Prüfung zugewiesen worden von der 5. Abteilung, die an der Gültigkeit der Wahl gezweifelt hatte. Ein Protest gegen die Wahl lag nicht vor. Bei der Hauptwahl erhielt v. Maltzahn 9211 Stimmen, der Socialdemokrat 6288. die Freisinnige Vereinigung 2734; die Majorität für v. Maitzahn betrug also nur einige siebzig Stimmen. Von den für ungültig erklärten Stimmen war jedoch nur ein kleiner Teil für gültig zu erklären, das hob die Majorität für v. Maltzahn nicht auf. Da bedeutende Verstöße:c. nicht kon- statiert werden konnten, so erklärte die Kommission auch diese Wahl für gültig. Ebenfalls wurde die Wahl des Abg. M e n tz(k.), Wahurcw G u m b i n n e n- I n st e r b u r g, für gültig erklärt. Dann prüfte die Kommission die Wahl des Abg. G a m p(Rp.). 8. Wahlkreis des Regierungsbezirkes Marienwerder, Deutsch  » Krone. Bei der Hauptwahl erhielten Stimmen: Centrum 3776; Gamp 2969; Antisemit 2379; Bund der Landwirte 1914; Social- demokrat 645; freisinnige Vereinigung 234; bei der Stichwahl Gamp 6925, Centrum 4589. Gegen die Hauptwahl war von antt- semitischer Seite Protest eingelegt. Zwei Tage vor der Wahl ver- bot die Polizei eine antisemitische Wählerversammlung, angeblich aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Der Protest behauptet nun, daß Gamp, der 599 Stimmen mehr als der antisemitische Kandidat erhalten hatte, nicht in die Stichwahl ge- kommen wäre, wenn die Versammlung hätte stattfinden können. Die Kommission hielt an der bisherigen Praxis fest, daß, wenn im Unikreise des Versammlungsortes bis zu vier Kiloinetern Entfernung Orte mit zahlreicher Wählerschaft in Bettacht kommen, so daß ein andrer Wahlausgang durch die abzuhaltende Versamm- lung hätte herbeigeführt werden können, dann die Wahl zu kassieren sei. Aber die Mehrheit der Kommission kam zu dem Schlüsse, daß das Versammlungsverbot an und für sich wohl beachtlich sei, aber nach Berücksichtigung aller einschlägigen Ver- Hältnisse und nach einer auf Wahrscheinlichkeit beruhenden Be- rechnung noch eine Majorität für Gamp bestehen bleibe. Und da ein weiterer Protestpunkt, der eine amtliche Wahlbeeinflussung durch einen Gemeindediener im Auftrage des Gcmeindevorstandes be- hauptete, beweislos gelassen wurde, also nicht genügend substantiiert war, kam die Mehrheit der Kommission zu dem Beschluß, auch die Wahl Gamps für gültig zu erklären. Nächste Sitzung: Donnerstag, 5. Mai. Die Miinzkoimilission beriet am Dienstagabend die Borschläge, die den Kommissionsmitgliedern für die Form der neuen Fünfzig- Pfennigstücke gemacht worden waren. Wie die Regierungsvertreter mitteilten, hat das Reich für das Gramm Feinsilber einen Kosten- aufwand von 18 Pf., da es aus den einzuziehenden Thalerstücken hergestellt wird; auf dem Weltmarkt ist der Silberpreis 8 Pf. pro Gramm. Das nach Wurms Vorschlag geprägte Fünfzigpfennig- stück, das dicker wie die bisherigen ist, hat ein Rauhgelvicht von 4,16 Gramm; bei 699 Feingehalt würden pro Stück 3,125 Gramm Silber erforderlich sein, die zum Silberpreise des Weltmarktes 25 Pf. kosten würden, während das von der Regierung vorgeschlagene mit 3,336 Gramm Rauhgewicht und 2,5 Gramm Silbcrgehalt 29 Pf. kostet. Dadurch aber, daß das Reich das Silber in den Thalern weit teurer einkaufen muß(nach 8 4 des Münzgesetzes), stellen sich die Kosten des von der Regierung vorgeschlagenen Fünfzigpfennigstückes auf 45 Pf. und das nach Wurms Vorschlag geprägte auf 55 Pf. Letztere Unkosten sind freilich nur scheinbare; wie Wurm darlegte, ließen sie sich durch Einkauf von Silber für Prägung der Fünfzigpfennig- stücke auf 25 Pf. herabsetzen. Daß das dickere Fünfzigpfennigskuck praktisch ist, wurde anerkannt, Wurms Antrag aber, es zu prägen. mit sechs gegen sechs Stimmen abgelehnt. Der Antrag Erzberger  , auch D r e i m a r k st ü ck e zu prägen, wurde gegen vier Stimmen angenommen. Der Entwurf soll noch vor den Pfingstferien zur zweiten Lesung im Plenum kommen. Maifeier. Ueber die Maifeier im Wahlkreise Osthavclland ging uns«och nachstehender Bericht zu: In Velten  , Vehlefanz, Marwitz   und Hennigsdorf   fanden zahlreich besuchte Feste und Versammlungen statt. Besonders stark war der Andrang in Velten  , wo in dem großen Thieleschen Gartenetablissement kein Apfel mehr zur Erde konnte. An den drei ersten Orten hielt Genosse Dr. Karl Liebknecht  , in Vehlefanz und Marwitz unter dem Toben deS fürchterlichen Unwetters, die Festrede. In Ketzin   war aus lokalen Gründen schon am 24. April eine gut besuchte Versammlung mit dem Genossen Liebknecht als Referenten abgehalten worden. Am 1. Mai wurde unter regster Beteiligung ein AtiSflug unternommen. In Nauen   fand eine gut besuchte Versammlung am Sonnabend statt, während der Sonntag ausfchlicßlich der heiteren Unterhaltung vorbehalten blieb. Ucberall war die Stimmung begeistert. Ueber die Maifeier im Auslande erhalten wtt noch eine An« zahl Nachrichten, die wir hier folgen lassen. Die Maifeier in der Schweiz   verlief, wie wir bereits berichteten, an allen Orten glänzend und befriedigend. Die Festzüge zählten überall viele Teilnehmer und in den größeren Städten bildeten Taufende in den Straßen und an den Fenstern eine imposante lebendige Einrahmung. Die zahlreichen roten Fahnen, die in den Festzüg'en mitgeführt wurden, ferner hübsche Kindergruppen, weiß gekleidete Mädchen mit Blumenbogen, die Gruppen der organisierten Frauen in ihren farbigen Sommerkleidern, die kostümierten Turner» gruppen usw. verliehen wie immer den Umzügen Leben und Farbe. Im Züricher   Fcstzuge marschierte auch ein schwarzer Genosse, ein Neger, mit, daneben viele Russen, Italiener   usw. Die Zahl der Zugsteiliiehmer bcttug 6999 bis 7999, diejenigen am Festplatze circa 19999. Die Festreden hielten am Vormittag in Zürich   Arbeiter- sekretär Böschenstein- St. Gallen, am Nachmittage Advokat Albisser- Luzern, außerdem wurden italienische Referate gehalten. Wintctthur hatte 1999 Personen im Zuge, 1599 auf dem Fcstplatze; Redner waren Zinner und Advokat Dr. Benz; St. Gallen 2999 Teilnehmer, Redner Advokat Dr. Farbstein- Zürich und Barbani; Luzern   1999, Redner Dr. Erismann-Zürich   usw. Ein tüchtiges Stück Aufklärungs- und Agitationsarbeit ist wieder geleistet worden. In Dänemark   gestaltete sich die Maifeier wiederum zu einer gewalttgen Massendemonstratton. Der Zug, der sich in K o p e n» Hagen   am Nachmittag mit roten Fahnen, Hunderten Standarten, Vereins- und Gewerkschaftsbannern, mit 21 Musikkapellen durch die Straßen der Stadt bewegte, zählte ungefähr 29 999 Teilnehmer. Auf dem Fcstplatz sprachen die Parteigenossen P. K n u d s e n, C h r. N a s- müssen, I. A. Hansen und P. S a h r o e. Die Demonstration galt diesmal vor allem dem Achtstundentag. Mit großer Begeisterung stimmten die Versammelten einer Resolutton zu, in der diese Forderung ausführlich begründet wird und Regierung und Reichstag auf- gefordert werden, sobald wie möglich den von der socialdemo- kratischen Folkethings- Fraktion eingereichten Gesetzentwurf über den Achtstundentag durchzuführen. Am Abend fanden in den vier Versammlungsgebäuden der Arbeiterschaft Versamm- lungen statt, die alle außerordentlich stark besucht waren. Außer in der Hauptstadt haben noch in 56 Städten und Orten Dänemarks  DemonstrationSziige und Versammlungen stattgefunden, alle unter zahlreicher Beteiligung. Auch in Norwegen   ist die Maifeier großartig verlaufen. In Kristiania   nahmen ca. 15 999 Menschen am Demonstrationszuge teil, 82 Organisationen mit 24 Musikkapellen waren im Zuge ver- treten. Auf dem Versnmmlungsplatz im Tivolihaven sprach der StorthingS-Abgeordnete I. Berge über den Achtstundentag, ferner Magnus NilSsen, der Geschäftsführer der Arbeiterpartei. Im Cirkus   hielt Storthings-Abgeordneter Dr. A. E r i k f e n die Fest­rede. Ueberall herrschte große Begeisterung.