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fatltt man sich ungefähr vorstelle», welche Lust im Schulzimmer herrscht. Angesichts solcher schier unglaublichen Schulverhältnisse im Kultur� staate Preußen erscheint die enthusiastische Lobrede desliberalen' Abgeordneten Dr. Voltz-Kattowitz über die Volksschulzustände in Oberschlesien und insbesondere im Jndustriebezirk, die dieser Ver- treter der Grubcnbarone kürzlich im preußischen Landtage vom Stapel ließ, besonders bezeichnend. Der genannteVolksvertreter" zog in seiner Rede besonders über die Schrift eines oberschlesischen Rektors Urbane! her, in der der sachkundige und übrigens ganz Hakatistisch begeisterte Verfasser ziemlich scharf die skandalösen Volks' schulverhältnisse Oberschlesiens kritisiert. Herr Voltz wies demgegen­über mit großem Stolze darauf hin, daß in den letzen fünf Jahren die Zahl der Volksschullehrer im oberschlesischen Jndustriebezirk von 1373 auf 1753 gestiegen sei. während die Zahl der Volksschüler im gleichen Zeitraum von 107 002 auf nur 130 732 gewachsen wäre. Auf einen Lehrer kamen danach in, Jahre 1899 durchschnittlich 78 Schüler, 1903 nur noch 75 Schüler! Ein bewundernswerter Fortschritt I Während in manchen städtischen Volksschulen diese durchschnittliche Schülerzahl für je einen Lehrer nicht erreicht wird, giebt es dagegen hunderte von Schulklassen, besonders in den Jndustriedörfern. in welchen die Durchschnittsziffer 100 erreicht wird, ja in vielen Fällen 150 erreicht und übersteigt. Bei der auch für ganz Oberschlesien geltenden Durchschnittsziffer von 75 Schülern für einen Lehrer fehlten aber im vergangenen Jahre gar noch die Lehrer für 772 Schul klaffen. Bei einer Durchschnittszahl von 50 Schülern auf eine Lehr- kraft gewiß eine bescheidene Forderung! würden in Ober­ schlesien gegenwärtig rund 2500 Lehrer fehlen I C3e\verKfd)aft:UcKes. Streikposten sind ans Gesetz gebunden! Diese Selbstverständlichkeit, an der wohl wahrhaftig noch kein Mensch bisher gezweifelt hat, tischt das Kammergericht in einer jüngst gefällten Entscheidung der Welt als neueste Weisheit auf. Die Streikposten H. und Genossen waren polizeilich aus der Gegend einer Fabrik in der Schillingstraße fortgewiesen worden, wo Metall- arbeiter streikten. Sie gingen, empfahlen sich aber nicht auf die Dauer. Es gab deshalb Anklagen wegen Ueber- tretung der berühmten ßZ 132 uud 133 der Berliner Straßen- Polizeiverordnung, weil die Widerspenstigeneiner zur Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung. Sicherheit und Bequemlichkeit des Verkehrs auf der öffentlichen Straße ergangenen Anordnung eines Aufsichtsbeamten nicht gefolgt seien. Das Landgericht als Berufungsinstanz sprach jedoch die Angeklagten mit folgender Be- gründung frei: Der Polizeibehörde sei zur Kenntnis gekommen, daß Ausschreitungen von Streikenden in jener Gegend borgekommen sein sollen. Deshalb habe der Polizeilieutenant den ihm unter- stellten Beamten aufgegeben, die Streikposten fortzuweisen. Es stehe aber nicht fest, daß thatsächlich dort an den Tagen vorher Aus- schreitungen vorgekommen wären. Es müsse angenommen werden, daß die Streikposten als solche weggewiesen seien, was nicht thunlich sei. Darum müsse Freisprechung erfolgen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob jedoch das Kammer- gericht das landgerichtliche Urteil wieder auf und vertvieS die Sache zu nochmaliger Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Begründend wurde ausgefiihrt: Es erhelle nicht klar aus der Vorentscheidung, ob der Vorderrichter meine, daß die An- geklagten nur als Streikposten weggewiesen seien oder ob die Wegweisuug erfolgte, weil die Polizei infolge einer Nachricht über angebliche Ausschreitungen neue Ausschreitimgen befürchtete und durch die Anordnung der Wegweisung diesen vor- beugen wollte. Nur weil sie Streikposten seien, könnten Streikposten allerdings nicht weggewiesen werden. Dagegen könne es geschehen, wenn der Ztveck die Aufrechterhaltung der Ruhe, Sicherheit und Bequemlichkeit des Verkehrs sei, daß die Wegweisung zu diesem Zwecke erfolge. Denn Streikposten seien nicht etwa deshalb, weil sie Streikposten seien, als vom Gesetze losgelöst anzusehen; sie unterständen auch als Streikposten den allgemeinen, für jedermann geltenden Bestimmungen. Sehr richtig I Aber diese Bestimmungen dürfen auch andrer- seits nicht nur auf Streikposten angewandt werden und sie dürfen nicht nur gelten, wenn irgendwo ein Streik ist, sondern müssen überall und gegen jedermann angewendet werden. Nur wenn die Polizei das Recht hat, wegen derBefürchtung" von Ausschreitungen den Tiergarten oder die Leipzigerstraße zu sperren, darf sie auch die Schillingstraße und mutz sie diese dann auch gegen alle sperren. Das Kammergericht hat Recht: Streikposten sind nicht als vom Gesetze losgelöst anzusehen; sie haben kein größeres Recht als andre Leute, sie sind aber auch nicht minderen Rechtes. Nachdem das Kammergericht festgestellt hat, daß Streikposten nicht deshalb, weil sie Streikposten sind, als vom Gesetze losgelöst anzusehen sind, werden vermutlich die Verteidiger derselben die Beamten, welche gegen sie vorgingen, fragen, ob sie gegen alle Passanten oder nur gegen Streikposten einschreiten. Ist das letztere der Fall, dann sind die Streik- Posten allerdings als Streikposten nicht wegen der allgemeinen Be- fürchtnngen der Polizei fortgewiesen, und das giebt auch das Kammer- gericht nicht zu._ Berlin unA Qmgegend. Ernste Differenzen im Banklempner-Gcwerve drohen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auszubrechen. Es handelt sich um die Nichtanerkennung eines von der gemischten Schlichtunaskommission einstimmig gefaßten Abänderungsbeschlnsses eines Tarifparagraphen seitens der Arbeitgeber und deren absichtliche Verschleppung der in dieser Sache anberaumten EinigungS-Verhandlnngen. Eine gestern abend im Gewerkschastshause tagende stark besuchte Banklempner- Versammlung nahm unter entschiedenster Mißbilligung des Ver- Haltens der Meister folgende Resolution an: Die Versammlung beschließt: Nachdem die Kle>npnermeister auch die für den 6. Mai an- gesetzte Verhandlung des Einigungsamts verhindert haben, soll am Montag den 9. d. Mts. eine Konferenz der Vertrauens- leute die schriftlich formulierten Forderungen betreffend Fahrzeit- entschädigung in Empfang nehmen, diese Forderungen Dienstag früh den Meistern unterbreiten und bis Mittwochabend Antwort verlangen. Mittwochabend soll eine weitere Versammlung der Bauklempner stattfinden, die dann auf Grund des dann vorliegenden Resultats über die weiteren Maßnahmen endgültig Beschluß zu fassen hat. Achtung, Einsetzer! Der Zuzug nach dem Bau in Schmargendorf , Zoppotterstr. 15(Tischlermeister Goertzig) ist streng fernzuhalten. Der Gauvorstand des Deutschen Holzarbeiter-VerbandeS. Dcutfcbcs Reich. Breslancr Terroristeuprozesse. Neue Folge. Unter einer ganz ausfälligen Begründung wurde am Donnerstag der Verbandssekretär der Breslauer Maurer, Genosse Widern, wegen Streikvergehen zu einem Monat Gefängnis ver- urteilt. Die organisierten Maurer und Bauarbeiter eines bestimmten Baues waren mit einem Polier in fortgesetzten Streit geraten, der schließlich zu einer Lluseinandersetzung führte, als der Polier einen Maurer entließ. Die Organisierten legten daraus die Arbeit nieder und verhängten die Sperre über den Bau. Als diese Sperre auch über andre Bauten desselben Unternehmers verhängt wurde, nahm der Polier seine Entlastung. Jetzt verhandelte der Unter- nehmer mit dem Maurerverbande und dabei gab der Vorsitzende Widera an, die Sperre würde nicht eher aufgehoben, bis der Polier entlassen sei. I» diesen Worten liegt nach Ansicht des Gerichts eine Bedrohung, denn: die Bedrohung ist s ch o n in d e r A n- k ü n d i g u n g eines U e b e l s zu erblicken, die die freie Entschließung des Bedrohten beeinflußt, wenn mich die Drohung nichts strafrechtlich BcrfolgbarcS enthüllt. Damit stellte sich das Gericht auf den Boden eines Hamburger Oberverwaltungsgerichts- Erkenntnisses und verurteilte Widera zu einem Monat Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte zwei Monate beantragt. Ein weiterer Prozeß gegen vier Breslauer Maurer, die einem Nichtverbändler einen Stiefel versteckt haben sollen, ist im Gange. Versammlungen. Berliner Gewcrkschqftskommission. Am Donnerstag fand eine Versammlung der Delegierten statt, in der zuerst der Ausschuß neu gewählt wurde. Die Wahl fiel auf folgende Mitglieder: Metall- arbeiter Wiesenthal, Holzarbeiter M a a ß, Maurer F r i tz s ch, Handelshilfsarbeiter Schumann, Buchbinder Brückner, Schneider Ritter, Bauarbeiter Heidemann. Auf Antrag Tischendörfers wurde beschlossen, die Wahl künftig durch Stimmzettel vorzunehmen, nachdem die Kandidaten in einer vorhergehenden Ver- sammlung vorgeschlagen worden sind. Als Revisoren wurden ge- wählt: Buchdrucker Teske, Bäcker Hetzschold, Buchdruckerei- Hilfsarbeiterin Frau Thiede. Als zweiter Punkt stand auf der Tagesordnung: Antrag auf Erhöhung der Beiträge und Anstellung eines dritten Beamten. K ö r st e n, der den Antrag begründete, wies an den Einnahmen und Ausgaben der letzten drei Jahre nach, daß, wenn man nur mit den regelmäßigen Einnahmen rechne, diese nicht ausgereicht haben, um die Kosten des Bureaus zu decken. Man habe deshalb auf die außerordentlichen Einnahmen zurückgreifen und aus diesen das rechnungsmäßige Deficit decken müssen. Zwa? sei noch Geld genug vorhanden, um das Deficit auch serner in derselben Weise auszugleichen, aber es empfehle sich doch, die regelmäßigen Einnahmen so zu gestalten, daß sie die laufenden Ausgaben decken. Der Ausschuß beantragt deshalb, den Beitrag der Gewerkschaften von 10 Pf. pro Jahr und Mitglied auf 12 Pf. zu erhöhen. Keine Gewerkschaftskommission im ganzen Reiche erhebe so geringe Beiträge wie die Berliner . In andern Orten würden durchschnittlich 50 Pf., im Marimum sogar 1,20 M. pro Mitglied und Jahr erhoben. Die Anstellung eines dritten Beamten für das Bureau der Kommission sei eine unabweisbare Notwendigkeit geworden, denn die Arbeiten der beiden Sekretäre hätten sich so vermehrt, daß während des vergangenen Jahres ständig eine, zeitweise sogar mehrere Hilfskräfte beschäftigt werden mußten. Die beiden Sekretäre seien oft außerhalb des Bureaus beschäftigt, am Gewerbegericht, Schiedsgericht, Reichs-Ver- sicherungsamt, Verhandlungen bei Lohnbewegungen usw., so daß manchmal nur der Hilfsarbeiter im Bureau anwesend war. Das sei ein unhaltbarer Zustand, den man auf die Dauer nicht beibehalten könne. Es werde beabsichtigt, die Geschäfte in der Weise zu verteilen, daß die beiden jetzigen Sekretäre in erster Linie die aus der Arbeiter- Versicherung resultierenden Arbeiten erledigen, während dem neu- anzustellenden dritten Beamten die Besorgung der laufenden Ge- chäfte der Kommission zufallen soll. In der Diskussion zeigte sich, daß für die Erhöhung der Beiträge wenig Neigung vorhanden ist, während die Anstellung eines dritten Beamten nur auf geringeren Widerstand stieß. Gegen die Beitrags- crhöhung wurde eingewandt, daß das rechnungsmäßige Deficit ja nur gering sei, die regelmäßigen Beiträge würden sich erhöhen, weil die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften gewachsen sind, übrigens könne man den vorhandenen Fonds auch ferner zur Deckung der laufenden Ausgaben, soweit es nötig ist, heranziehen. Gegen die Anstellung eines dritten Beamten bemerkte Döblin : Man werde vielleicht mit zwei Sekretären auskommen, wenn diese sich hinsichtlich des Feldes ihrer Thätigkeit eine weise Beschränkung auferlegen. Namentlich könne die Ue bernahme von Vertretungen am Reichs- Versicherungsamt eingeschränkt werden, da ja für diese Thätigkeit das Eentral-Arbeitersekretariat eingerichtet sei. Je stärker das Personal ei, desto mehr werde sich das Bedürfnis, sich zu bethätigen, bemerkbar machen, und schließlich würden auch drei Beamte nicht ausreichen, um die vermehrten Arbeiten zu bewältigen. Manche Arbeiter- sckretariate hätten sich ein sehr weites Arbeitsfeld gesteckt. Wenn die beiden Sekretäre der Berliner Gewerkschaftskommission sich auf die Arbeiten beschränken, welche das eigentliche Gebiet des Sekretariats mit sich bringen, und Ivenn sich dann herausstelle, daß sie diese Arbeiten nicht bewältigen können, dann möge man einen dritten Beamten anstellen. Vorläufig könne man wohl von der festen Anstellung eines dritten Beamten absehen, aber die Erhöhung des Gehalts der gegen- wältigen Sekretäre in Erwägung ziehen. Gegen diese Ansicht wurde von andren Rednern ausgeführt, daß, selbst wenn die von Döblin gewünschte weise Einschränkung stattfinde, doch ein dritter Beamter eingestellt werden müsse, denn die Arbeiten hätten sich so stark vermehrt, daß sie von den beiden Sekretären nicht bewältigt werden können. Wenn die Arbeiten sich weiter so vermehren wie bisher, so werde wohl außer den drei Beamten noch eine ständige Hilfskraft für Schreibarbeit eingestellt werden müssen. Link bemerkte: Es sei ein Irrtum, wenn man glaube, durch das Eentral-Arbeiter- fekretariat werde das Berliner Sekretariat erheblich entlastet, denn es sei natürlich, daß Sachen, die die Berliner Sekretäre vor dem Schiedsgericht geführt haben, von ihnen auch vor dem Reichs-Ver- sicherungsamt geführt werden müssen. Wenn die focialpolitifche Thätigkeit des Berliner Sekretariats beibehalten werden soll, dann sei ein dritter Beamter notwendig. Andernfalls müßten sich die beiden Sekretäre nur auf die rein gewerkschaftlichen Arbeiten des Bureaus beschränken. Döblin erwiderte hierauf, er wolle die socialpolitische Thätigkeit des Sekretariats nicht eingefchränkt wissen. fondcrn nur die Vertretung beim Reichs-Versicherungsamt, wofür ja das Eentral-Arbeitersekretariat da sei. Auch meine er, nach Schluß des Reichstags werde Körstcn mehr Zeit haben wie jetzt, wo er als Abgeordneter in Anspruch genommen ist. Im Laufe der Debatte liefen mehrere Anträge auf Erhöhung des Gehalts der beiden Sekretäre, sowie auf Festsetzung einer Gchaltsskala ein. Gegen die Gehaltserhöhung sprach O l b r i ch, der Vertreter der Schuh- macher. Die Abstimmung hatte folgendes Ergebnis: Die Erhöhung der Beiträge wurde abgelehnt, die Anstellung eines dritten Beamten gegen eine Stimme an- genommen. Tie Stelle soll ausgeschrieben und aus der Zahl der Bewerber der geeignete ausgewählt werden. Auf Antrag Brückners wurde beschlossen, das Gehalt der beiden Sekretäre von, 2200 auf 2100 M zu erhöhen. Ferner wurde ein von K n o l l gestellter Antrag angenommen, welcher den Ausschuß beauftragt, der nächsten Versammlung eine Gehaltsflala vorzulegen, welche die Gehälter ein für allemal regelt und zwar im Sinne der Anregungen des Stuttgarter Gewerkschaftskongresses. Als dritter Punkt der Tagesordnung folgte die Berichterstattung über die beim Ausschuß angemeldeten Streiks. K ö r st e n berichtete über den Streik der Vergolder. Derselbe währt bereits sechs Wochen. Man hätte nicht annehmen können, daß dieser Streik sich so lange hinziehen würde, denn es handelt sich nicht um materielle, sondern nur um Prinnpielle Forderungen, in der Hauptsache um die Einsetzung einer Schlichtungskommission und die Regelung der Heimarbeit. Tie Einsetzung einer Kommission ist eine Notwendigkeit, um eine Instanz zu schaffen, welche die Differenzen regelt, die durch die fortgesetzten Lohnabzüge entstehen. Redner hat bereits sechsmal mit den Unternehmern und deren Ver- trctern verhandelt, ohne daß bis jetzt das geringste Resultat erzielt wurde. Die Einsetzung der Kommission, die sonst bei Streiks als etwas selbstverständliches sozusagen nebenbei bewilligt wird, stößt I in diesem Falle auf ungeahnte Schwierigkeiten. Nicht das geringste Entgegenkommen haben die Unternehmer gezeigt, sie wollten auch nicht vor dem Einigungsamt verhandeln. So"wie die Dinge jetzt liegen, kann man den Vergoldern nicht raten, den Streik aufzugeben. Die Gewerkschaften lverden ersucht, den Streik nach Kräften zu unter- stützen. S p ä t h e, der Vertreter der Vergolder, wies darauf hin, wie notwendig die Regelung der Heimarbeit in der Goldleistenfabrikation sei. Durch die Heimarbeit werde eine Schundkonkurrenz geschaffen, die der Schrecken aller Berufsangehörigen sei. Der Führer der Unter- nehmer, der bekannte freisinnige Stadtverordnete und Landtags- abgeordnete Rosenow stelle sich den Forderungen der Arbeiter so schroff gegenüber wie es die ärgsten Reaktionäre thun. Tic aus- wärtigen Kollegen warten darauf, daß das Unwesen der Berliner Hausindustrie eingedämmt werde, und deshalb werden auch die Berliner Vergolder ihren Streik durchführen. Weiter wurd- mit­geteilt. daß 000 Streikende zu verzeichnen sind, und daß auch der Verband der Handels- und Transportarbeiter mit 66 Packern am Ausstand beteiligt ist. Hetzschold berichtete über die Ursachen und den Verlauf der Lohnbewegung der Bäcker. Tieselbe war geplant als eine Be- weguüg zur Einführung einer Tarifgemeinschast. Nachdem aber die Meister jede Verhandlung nach dieser Richtung abgelehnt haben, ist die Bewegung eine ernste geworden und der Kampf ist unvermeidlich. Es muß jetzt etwas geschehen, um die Lage der Bäckergesellen zu verbessern, die wegen ihrer schlechten Löhne sie gehen herunter bis zu 5.35 M. wöchentlich bei halber Kost in andern Berufen Arbeit suchen und hier nicht selten als Lohndrücker auftreten. Die Organisation der Bäcker ist in letzter Zeit von 121 auf 1000 Mit- glieder gewachsen, und während der kurzen Zeit dieser Lohnbewegung ist die Mitglicderzahl schon auf 2700 gestiegen. Es sind das nicht nur Kollegen, die sich wegen des Streiks aufnehmen ließen, sondern. die gekommen sind, weil sich daS Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Organisation gehoben hat. Ter so gestärkte Verband kann mit den besten Hoffnungen dem Streik entgegensehen. Materielle Unter- stützung der Gewerkschaften wird einstweilen nicht nachgesucht, denn der Verband verfügt über ausreia?ende Mittel, aber es wird er- wartet, daß die Gewerkschaften dem Streik der Bäcker ihre moralische Unterstützung zu teil werden lassen. Hierauf gab P i g u s ch einen kurzen Bericht über die Be- wegung der Konditoren, die sich, soweit sie in Bäckereien arbeiten, dem Bäckerstreik anschließen. Ter Redner empfahl auch diesen Streik der wohlwollenden Berücksichtigung der Gewerkschaften. Damit war die Tagesordnung erledigt. In der Versammlung fehlten die Vertreter der Asphalteure, Barbiere, Böttcher, Bureau - angestellten, Glaser, Marmorarbeiter, Masseure. Mühlenarbeiter, Musiker. Schmiede. Steinarbeiter. Stereotypeure, Bühnenarbeiter. Dylographen. Der Arbeiter-Sängerdund hielt am 10. April in der Brauerei Friedrichshain eine Ausschußfitzung ab. Ehe in die Tagesordnung eingetreten wurde, gab die zum FallLibertv" kontra Meyer gewählte Kommission ihren Bericht. AuS demselben ging Meyer als gerecht- fertigt hervor. Dem VereinLiberts" sprach die Kommission einen Tadel dahingehend aus. die Sache ohne vorherige eingehende Unter- suchung der Oeffentlichkeit unterbreitet zu haben. Zur Aufnahme in den Bund hatte sich das Pahlsche Doppelquartett gemeldet. Nach längerer Diskussion wurde die Aufnahme mit 66 gegen 55 Stimmen abgelehnt. Zum Delegiertentag der Liedergemeinschaft in Dresden werden auf Antrag zwei Delegiere entsendet. Gewählt wurden der Kassierer A. Seiknt und der Bundesdirigent R. Blobel. In Sachen der beiden VereineSangeslust Hl". Tempelhof und.Liederzweig". Hermsdorf, welche beide die Lokallifte nicht beachtet haben, wird letzterem Verein eine Rüge erteilt, im Wiederholungsfall Ausschluß angedroht. Beim Verein Tempelhof ist die Sache nicht richtig ausgeklärt und wird die Sache zur weiteren Erledigung dem Bor - stand überwiesen. Das Provinzial-Sängerfest findet in diesem Jahre am Sonntag, den 26. Juni in Zehdenick statt. Dem Komitee zur Errichtung eines Georg Herwegh -DenkmalS in Liestal (Schweiz ) wurden 150 M. bewilligt._ Letzte Nacbnchtcn und Depcrcben. Vom russisch-japanischen Kriegsschauplatz. Paris . 6. Mai. (B. H.) Nachrichten aus Petersburg zufolge soll Kuropatkin an den Zaren telegraphiert haben, es sei unmöglich, das Vordringen der Japaner bis zu einer Entfernung von 1.10 Kilo- meter angesichts der numerischen Schwäche der russischen Streitkräfte zu verhindern. Petersburg, 6. Mai. (B. H. ) Hier erwartet man stündlich die offizielle Bestätigung einer seit dem frühen Vonnittag in den leitenden Kreisen Petersburg? cirkulierenden Nachricht, wonach die Japaner bei Pilsowo landeten und dadurch die Verbindung vom Lande ans mit Port Arthur abschnitten. Paris , 6. Mai. (B. H). DerTempS" berichtet aus Peters- bürg: Obwohl man noch offizielle Bestätigung abwartet, wird doch an kompetenter Stelle als zweifellose Thatsache versichert, daß die Japaner im Norden von Port Arthur und zwar in Pitsowo gelandet sind und die Landverbindung mit Port Arthur abgeschnitten haben. Paris, 6. Mai. (B. H.)Echo de Paris" berichtet aus Peters­ burg , Kapitän Kurakino, Offizier des Generalstabes, versuchte, ob- gleich verwundet, den linken Flügel des Generals Sassulitsch schwimmend zu.rreichen, er ging jedoch unter und seine Leiche wurde von Kosaken geborgen. Weiter meldet daS genannte Blatt, man glaube in russischen Militärkreisen, daß sich jetzt die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze überstürzen werden.____ Washington, 6. Mai. (Meldung des Reuterschen BureauS.) Der Gesandte in Tokio Griscom übermittelte dem Staatsdepartement ein Telegramm, in welchem er die Landung der Japaner auf der Halbinsel Liautung ungefähr 40 Meilen oberhalb von Port Arthur bestätigte. Man sagt, der Ort sei Kintschau, der an dem schmälsten Punkte der Halbinsel liegt. Infolgedessen sei der Betrieb auf der Osteisenbahn eingestellt und die Belagerung von Port Arthur nehme ihren Anfang._ Abschluß der Gemeinderatswahlen in Wien . Wien , 6. Mai. (W. T. B.) Mit dem heutigen Tage sind die Ersatzwahlen zum Gemeinderat abgeschlossen. Der Gemeinderat setzt sich nunmehr zusammen auS 136 Christlichsocialen, 20 Fortschritt- liche» und 2 Socialdemokraten. Die Russen räumen Port Arthur. London , 6. Mai.<B. H. ) Nach hierher gelangten Meldungen haben die Russen die Garnison von Port Arthur bis auf 4000 Mann zurückgezogen. Die Archive und Gelder wurden nach Mlkden ge­bracht._ Eocialistische PräsidentschaftZ-Kandidatur.- New Pork, 6. Mai.<B. H. ) Die Socialdemokraten nominierten Eugen Debs, den aus dem Chicagoer Bahnstreik bekannten Arbeiter- führer zum Präsidentschafts-Kandidaten. Dresden , S.Mai.(D.H.) DirektorR einhold vomInvaliden- dank" vergiftete sich zerrütteter Vermögensverhältnisse wegen. Ob die Kassen dieses UnterstützuugsvereinS in Ordnung sind, weiß man noch nicht. Rom , 6. Mai. (W. T. B.) Die Flucht NasiS bestätigt sich, es scheint, daß Nasi sich nach der Schweiz gewandt habe. Rom . 6. Mai. (W. T. B.) Wie dieTribuna" meldet, suchte der Mullah bei der italienischen Regierung um Frieden nach und erklärte, sich unterwerfen und die Oberhoheit Italiens anerkennen zu wollen. Ferner erbat er die Vermittelung Italiens zwischen sich und England. Es bleibe nur noch die Frage des Waffenhandels zu löseu, der hauptsächlich über Dschibuti geht. Pexgntw. RshMuri Paul Büttnrtzt Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Drucku.Verlag: VorwärtsBuchdr.u, Verlagsanstalt Paul Singer& Co.. Berlin S W. Hierzu 3 Beilagen.