oder Entsendung von Bildern auf internationale Aus-stellungen je nach dem Wert des einzelnen Werkes. DiesenStandpunkt vertrat namens unsrer Fraktion heute auchin witziger Rede Genosse S ü d e k u m. Der Centrunrs-abgeordnete Kirsch stellte den Antrag, die Resolution indemSinne umzuändern, daß alle Künstler ohne Rücksicht auf ihreZugehörigkeit zu einzelnen Richtungen aus Reichsmitteln unter-stützt werden sollten; und dieser Antrag wurde dann auch fasteinstimmig angenommen.Aus dem Vielerlei der socialpolitischen Debatte sinddie Beschwerden des Genossen Horn wegen ungenügenderBeaufsichtigung der Glashütten durch die Gewerbe-Jnspektorensowie die Forderungen hervorzuheben, die Genosse L i p i n s k ifür die Handelsangestellten erhob. Die Antwort des Staats-stffretärs Graf Posadowsky lautete wenig entgegen-kommend. Es scheint, als ob die Regierung auf Jahrehinaus nichts für die Handlungsgehilfen thun will.Hingegen konnte aus eine Anfrage unsres Genossen Schmidt-Frankfurt der Staatssekretär erklären, daß geheime polizeilicheErhebungen über eine Verschärfung des§ 123 der Gewerbe-Ordnung nicht stattfänden. Es handelt sich da um eineForderung der Scharfmacher, daß auch Streitigkeiten zwischenden Arbeitern dem Unternehmer Grund zur sofortigen Ent-lassung geben sollen.Der konservative Abg. v. Riepenhausen erzählteeine wundervolle Geschichte vom Maurer-Terrorismus, die erschon einmal erzählt hat, von neuem, las ein Maiflugblattder hannoverschen Socialdemokraten vor und hielt schließlicheinen Vortrag über Bebels Stellung zur schwarzenund gelben Rasse. Graf Balle st rem erhöhte die Komikder komischen Rede durch erheiternde Unterbrechungen.Ferner hielt der polnische Abgeordnete K u l e r s k i einelängere Vorlesung über die Grundlagen der Pädagogik unterbesonderer Berücksichtigung von Comenius im Verhältnis zuden Volksschulen der Provinz Posen, und der nationallibcraleGraf O r i o l a bemühte sich in verspäteter Kunstrede, die Er-folge des Herrn v. Riepenhausen zu erringen.Die dritte Lesung des Etats wird am Mittwoch kaum zuEnde geführt werden können, da bei dem Militär- wie Justiz-Etat noch längere wertvolle Erörterungen zu erwarten sind.—Reichskontraktbrüchig.Am Dienstag begann das preußische Abgeordnetenhaus nachErledigung einiger kleinerer Vorlagen die erste Beratung des Gesetz-entwurfs betreffend die Gründung neuer Ansiedelungen in den Pro-vinzen Ostpreußeu, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen,Schlesien, Sachsen und Westfalen. Von bornhereii« ist diesem Aus-nahmegesetze eine große Mehrheit, bestehend aus den beiden kon-servativen Parteien und den Nationalliberalen, sicher. Von Interessewar es nur, wie die Freunde der Vorlage im Hanse und amMinistertische den offenbaren Verfassungsbruch motivierenwürden. Vor allem war es der Minister des Innern, Freiherrv. H a m in e r st e i n, der sich spielend über die Verfassung hinweg-setzte. Herrn v. Hammersteins Intelligenz berechtigt zu der Annahme,daß er vielleicht den juristischen Unsinn glaubt, den er vorträgt.Die Macher des Ostmarkenvereins und der Deutschen Landbankschicken offenbar die Hammerstein und Podbielski vor, weil ihrmangelhaft ausgebildetes Unterscheidungsvermögen sie befähigt, auchan der hellsten Tollheit keinen Anstoß zu nehmen. Herrv. Hammerstein übertraf sich diesmal selbst so sehr, daß es ihmgelang, einen Sturm von Pfui- Rufen sogar seitens der regierendenPartei, des Centrums, zu ernten. Er suchte sich über den Mangelan Gründen durch Grobheit hinüberzuretten. Und Gründe hatteHerr v. Hammerstein nicht ins Feld zu führen. So legte er sichdenn aufs Schimpfen, warf dem Centrums-Abgcordueten Rören vor,daß er den Mund voll genommen habe, sprach von polnischer Un-Verschämtheit und was dergleichen Plumpheiten mehr sind, so daß erfortgesetzt große Unruhe hervorrief.Hammerstein verteidigte das„Kampfgesetz", wie er es nannte.mit einer Schilderung der großpolnischen Gefahr, daß alten Weibernwirklich angst und bange werden konnte. Durch seine ewigen Ger-manisations-Reden hat sich bei ihm die fixe Idee entwickelt, daß esschon morgen zum blutigen Kampf zwischen den Polen und Preußenkommt, wenn er nicht auf der Hut ist. Er erzählte allen Ernstesals ganz sicher, daß in C h i c a g o sich eine polnische Armee vonOffizieren und Unteroffizieren ausbilde. Diese Armee wird dannvermutlich in der Entscheidungsstunde zunächst Hamburg oder Kieleinnehmen, um dann den Polen zu Hilfe zu eilen. Das war aberauch die einzige Idee, die in seiner Rede zum Ausdruck kam. Inseine Kriegervereinsrede flocht er einige staatsrechtliche Betrachtungen,durch die er sich offenbar den Anspruch auf juristische Unsterblichkeitsichern wollte. Daß nach der Verfassung alle Preußen vor dem Gesetzgleich sind, konnte er nicht bestreiten, aber diese Gesetzesgleichhcit,meinte er, bezieht sich nur darauf, daß jeder Preuße den bestehendenGesetzen unterworfen ist, nicht aber darauf, daß jeder Preuße dasgleiche Recht hat.Daß es sich bei dem Gesetz um ein Ausnahmegesetz handelt.mußte auch Minister v. Podbielski zugeben, der sich im übrigensehr zurückhaltend zeigte. Er mochte wohl eingesehen haben, daß eres mit seinem Kollegen v. Hammerstein an staatsrechtlichem undjuristischem Wissen doch nicht aufnehmen kann.Bekämpft wurde die Vorlage von den Abgg. Rören sC.).Dr. v. Skarzynski sPole) und Peltasohn sfrs. Vg.).Herr Rören sprach, wie man anerkennen muß, sehr scharf undenergisch. Aber mit solchem Oppositionsdonuer ist es nicht mehrgethan. Preußen verfolgt jetzt systematisch das Ziel, alles, wasdurch Reichsgesetz unmöglich gemacht ist, ffr Preußen durchzusetzen.Es wird Zeit, daß endlich gegen diese fortgesetzten Reichs-kontraktbrüche. die nachgerade eine Art p a r t i k u l a ristisch e nHochverrats darstellen, eingeschritten wird. Das Centrum hatdie Macht, diese preußische Politik zu verhindern, wenn es will, daja im Reichstage nichts ohne sewe Mithilfe geschehen kann. Gebrauchtes diese Macht nicht, sondern begniigt sich mit ein paar kräftigenWorten, so zeigt es damit, daß es ihm nicht Ernst damit ist, denimmer gemeingefährlicher werdenden preußischen Partikularismus zubekämpfen.Mittwoch: Fortsetzung und kleinere Vorlagen. Außerdem einAntrag auf Einleitung eines Verfahrens wegen Beleidigung desAbgeordnetenhauses.Das Herrenhausberiet am Dienstag nur kleinere Vorlagen und Petitionen,darunter eine um Abänderung des Einkommensteuer-Gcsctzesbehufs Abzugsfähigkeit der von dem zum Gewerbe- oderBergwerksbetrieb dienenden Grundeigentum zu entrichtendenKomntunalsteuern vom Einkommen. Die Petition hat dasaus schon wiederholt beschäftigt; sie wurde auch diesmal deregieruyg, trotz ihres Widerspruchs, zur Berücksichtigung über-wiesen.Am Mittivoch beginnt die Etatsbcratung.Zum Rücktritt Leutlveins.Unsre Bemerkungen zu der Sensationsnachricht der Scherl-Presseüber den bevorstehenden Rücktritt Leutweins und seine unausbleib-lichen verhängnisvollen Folgen haben— ein Novum in der publi-zistischen Praxis August Scherls!— den„Loknl-Anzeiger" zufolgender in unverfälschtem Kanzlerjargon gehaltenen Polemik gegenden„Vorwärts" veranlaßt:...„Hauptmann Dann Hauer erfüllte nur seinepublizistische Pflicht, als er uns von der gegenwärtigenStimmung dortiger alter Aftikaner rechtzeitig Kenntnisund dadurch Gelegenheit gab, alle Hindernisse für einferneres Verbleiben Leutweins auf seinem Posten aus deniWege zu räumen. Er hat uns sogar seine Quellen ftir dieuns übermittelte Nachricht— die nebenbei bemerkt nicht mitdemGouverneur Leutwein selb st identisch sind—in einem Zusatz zu seiner Depesche, der von uns nicht veröffentlichtwurde, näher charakterisiert, um jeden Verdacht von sichzu weisen, als ob etwa sein Telegramm Mittelzu einer in Südwestafrika ängezetteltenJntrigue sei. Der„Vorwärts" weiß alles ganzgenau und verlegt heute schon den Sitz dieserangeblichen Jntrigue nach Berlin. Er leistet sichbei der Ausmalung dieses Gedankens ein noch tolleres Phantasie-stück, als die„Staatsbürger-Zeitung", das in seiner Drolligkeitsogar das Märchen von der„Kaiserinsel" übertrumpft. Wir habenim übrigen gestern schon unsrer Ueberzeugung Ausdruck gegeben,daß O b e r st Leutwein ein viel zu guter Patriot undSoldat ist, um nicht schließlich wieder Herr seiner Ver-stimmungen zu werden. Wir würden uns daher nichtwundern, wenn in allernächster Zeit bereits eine definitiveErklärung Leutweins an amtlicher Stelle einträfe, daß erauf seinem Posten verharre."ES ist uns natürlich gar nicht eingefallen zu behaupten, daß dasWindhuker Telegramm August Scherls in Berlin aufgegeben wordensei. Wir haben lediglich bemerkt, daß ein solches Telegramm, dassich in schärfster Form gegen die neueste Südwestafrika- Politik—nicht der verantwortlichen Regierung— wendete, un-möglich ohne Sondierung an gewissen Stellen inBerlin veröffentlicht worden sein könne. Die Zwischen-träger Scherls brauchen deshalb ebensowenig bei dem Reichs-kanzler selbst antichambriert zu haben, wie es wahrscheinlichwar, daß der Scherl- Korrespondent in Windhuk direktvon Leutwein inspiziert worden ist. So plump werdendiplomatische Jntriguen ja wohl schwerlich eingefädelt. Aber die„Quellen", die Herrn Dannhauer seine„absolut sicheren" In-formationen zuraunten, werden wohl auch wieder von unsichtbarenAdern gespeist worden sein! Eine solche Kombination erfordert sowenig Scharfsinn, daß sogar die„Staatsbürger-Zeitung" eine„Fluchtin die Oeffentlichkeit" dahinter witterte. Wir wollten denn auch bei-leibe keine scharffinnige Konjektur zu Markte bringen, sondern ein-fach die heillose Wirrnis unsrer Weltpolitik beleuchten.Die„Norddeutsche Reichskorrespondenz" schreibt ebenfalls überdie Angelegenheit:„Aus Afrika kommt die Kunde, daß Ober st Leutweinnur die Ankunft des neuen Oberkommandierenden, General-licutenant v. Trotha, die am 7. Juli erfolgen wird, abwartenwill, um dann nach Deutschland zurückzukehren.Trotz aller Beschönigungsversuche wäre damit eingetroffen, waszu erwarten war. Der hinter den Coulissen ge-führte Kleinkrieg verschiedener Gruppen drängt geradezudahin, einmal vor breitester Oeffentlichkeit eine laute unddeutliche Sprache zu reden.Leutwein galt und gilt noch heute bei allen Kennern derVerhältnisse als ein Kolonialmann von großer Praxis und ebensogroßer Tüchtigkeit. Die Schuld an den wenig erfreulichenEreignissen in Südwest trifft ihn sicherlich nicht. Wer dieVerantwortung zu tragen hat, das ergiebt hoffentlich die vomKaiser gewünschte Untersuchung. Von Anbeginn aberrichtete sich gegen Leutwein eine Hetze, die seinen Sturz alsZiel betrachtete. Erkundigte man sich damals an Stellen, die eshätten wissen müssen, so erfuhr man mit größter Be-stimmtheit: Leutwein bleibt selbstverständlich;es liegt nicht der gering st e Anlaß vor. seine Demissionzu wünschen. Wenige Tage später nannte ein Teil der Presse denNamen des Herrn v. Trotha in Verbindung mit dem Ober-kommando in Südloestasrika; darunter Blätter, deren Informationenverläßlich sind. Gleich darauf erfuhr man an berufener Stelleabermals: es denkt kein Mensch daran, eine Aenderungin die Wege zu leiten.Und wieder einige Tage später— war Generallieutenantv. Trotha Oberkommandierender für Südwestafrika. Die Ueber-raschung war selbst an aller maßgeblich st er Stelle einevollkommene. Um den schlechten Eindruck, den das unsichereTasten hin und her in der Oeffentlichkeit gemacht hatte, zu ver-wischen, hieß es: Leutwein bleibt doch; nicht Oberkommandierenderzwar, aber Gouverneur; er hat die Entbindung von den mili-tärischen Geschäften selbst gewünscht und denkt nicht daran, sie alsKränkung aufzufassen. Und nun kommt abermals einNovum:Leutwein kehrt in die Heimat zurück. Es ist kein Wunder, daß das Ver-trauen zu unsrer Kolonialpolitik unter solchen Umständen schwererschüttert wird. Selbst der Laie wird hier Zeuge eines Ränke-spieles sondergleichen. Auswärtiges Amt(Kolonialamt),Reichs-Marineamt und Militärkabinett— jedes treibt seine be-sondere Politik, jedes hat seine eigne Neigimgen und eigne Wünsche.Dazu kommt eine ganze Schar von nichtbcamteten Kolonial-Politikern mit einer ebensolchen Schar von Sonderinteressen.Seit Jahr und Tag wird die Forderung erhoben, das Kolonialamtmit selbständigeren Beftignissen auszustatten und ihm die Verant-Wartung für sein Ressort zu übertragen. Wer hat heute die Ver-antwortung an dem, was in Südwestafrika geschehen ist und nochgeschieht, zu tragen? Nach der Verfassung: der Reichskanzler.Gewiß, aber trifft ihn auch die moralische Verschuldungan Vorgängen, denen er machtlos gegenübersteht? Freiherrv. Marschall flüchtete sich seiner Zeit in die Oeffentlichkeit, umendlich einmal die geheimnisvollen Fäden bloßzulegen, die u n-Verantwortliche„Minister" gesponnen hatte». ES wärean der Zeit, daß Graf Bülow diese m. Beispielefolgte und rückhaltlos�die Vorgänge ent-schleierte, die Leutweins Sturz zur Folge hatten.Der verantwortliche Leiter der deutschen Politik war noch amTage der Afrika-Konferenz der fe st en Meinung,daß Leutwein unter allen Umständen bleibenmüsse. DiefeS Rätsel harrt noch heute der Lösung."„Etwa" 2000 Mann Nachschub?Der„Tag" meldet:„In gut unterrichteten militärischen Kreise»nimmt man an, daß die Zahl der berittenen Truppen inS ü d w e st a f r i k a um etwa 2000 Mann erhöht werdenwird. Das Pferdcmaterial soll ausschließlich aus Ost-preußen bezogen werden."Sollen nun überhaupt nur 2000 Mann nachgeschickt werden,oder außer 2000 Berittene» auch noch Fußtruppen?!—HmidertsiinsmidsUbzig Typhuskranke.Nach privaten Meldungen auS Windhuk beträgt die Zahl derTyphuSkranken in Otjihasnena 2 Offiziere und 05 Mann, in Windhuk40 Mann, in Okahandja 42 Mann, in Karibik 20 Mann. In Ab-babis ist ein Erholungsheim eingerichtet worden, wo sich die Typhus-und Malaria-Rekonvaleszenten wieder kräftigen können. Die Zahlder Typhuskranken ist zwar noch nicht wesentlich zurückgegangen,aber dank den getroffenen Borbeugungsmaßrcgeln ist das weitereUmsichgreifen der Epidemie verhindert worden.Die„Norddeutsche Allgemeine" gegen Leutwein.Das offiziöse Blatt bringt an der Spitze seiner letzten Nummerfolgende Erklärung:„Ein in Südwestaftika befindlicher Berichterstatter hat unterm8. d. M. aus Windhuk gemeldet, der Gouverneur Oberst Leutweinsei entschlossen, sogleich nach Uebergabe der Geschäfte an denGenerallieutenant v. Trotha nach Deutschland zurückzukehren.Wir halten diese Meldung für durchaus falsch; denn siesteht in unlösbarem Widerspruch mit Erklärungen, dieOber st Leutwein aus freien Stücken seinen vorgesetztenBehörden abgegeben hat."Dies Dementi klingt ungewöhnlich gereizt. Es liefert einenneuen Beweis für die unglaubliche Verwirrung in den Regierungs-kreisen. Warum hat man denn nicht Leutwein selbst zu einer tele-graphischen Erklärung veranlaßt, statt ihm indirekt Wankelmüiigkeitvorzuwerfen?!—_Ein Pionier kolonialer Brutalitätist heute morgen in der Person des bekannten AfrikareisendenHenry Stanley in London dahingegangen. Als Todesursachewird Wassersucht genannt.Stanley hat sich— vom geographischen und kolonialausbeute-rischen Standpunkte aus— große Verdienste um die Erforschung undErschließung des vor seiner Zeit in Wirklichkeit noch ziemlich„dunklen", das heißt unbekannten Erdteils erworben. Stanleywurde 1871 von der Zeitung„New Jork Herald" nach Afrika ent-sandt, um Livingstone aufzusuchen. 1874 unternahm er eine zweiteafrikanische Reise, auf der er den von Livingstone entdeckten Lualabaals Ouellfluß des' Congo nachwies. 1377 fuhr er dann, von derOstküste kommend, den Congo bis zu seiner Mündung hinab, eineDurchquerung Afrikas, die großes Aufsehen erregte. 1879—34 legteer im Auftrag des belgischen Königs Stationen am mittleren Congoan, 1887 leitete er die Expedition vom Congo zum ägyptischen Sudan,um den durch die Mahdistenbewegung von allem Verkehr mit Europaabgeschnittenen Emin Pascha zu entsetzen, jedenfalls auch, umEnglands politischen Einfluß im Sudan zu stärken. Er fand EminPascha am Albert Nyanza und zwang ihn und Casali zum Auf-bruch nach Sansibar.Stanley, eine rücksichtslose, brutale Natur, führte ein neuesSystem in die Afrikareisen ein, das leider später vielfach Nach-ahmung gefunden hat. Statt, wie Livingstone, seine Reisen nurmit einer kleineren Begleitmannschaft zu untenrehmen und sich friedlichmit den Eingeborenen über den Durchmarsch zu verständigen, wasdank der Gutmütigkeit der Eingeborenen auch immer geglückt ist,rüstete Stanley förmlich eine kleine Armee aus, mit der er sich ein-fach überall den Durchmarsch erzwang. Der Pfad seiner Expeditionenwar denn auch stets mit Leichen besät. Auch seine eignen Leutewurden mit dem Revolver terrorisiert und einfach niedergeschossen,wenn sie sich den Strapazen nicht länger unterwerfen wollten odersie vor drohenden Gefahren zurückschreckten.Stanleys wichtigste Entdeckung, die Erforschung des Congos unddie Anpreisung des Reichtums der Eingeborenen an Elfenbein, führtezur Gründung des Congostaates unter dem Protektorat desindustriösen Königs von Belgien und jenen himmelschreienden Grau-samkeiten bei der Ausplünderung der unglücklichen Eingeborenen, diemehr als einmal— freilich ohne Erfolg!— von der Presse derganzen Welt gebrandmarkt worden sind.—Deutfches Reich.Der Seniorenkonvent des Reichstages hat sich am Dienstagunter Vorsitz des Präsidenten über die Dauer der Pfingstferien ver-ständigt. Ueber den Beginn der Pfingstferien war man geteilterMeinung. Der Vorschlag des Präsidenten ging dahin, nach Er-ledigung des Etats in dritter Lesung vor den Ferien nur noch diedritte Beratung des Gesetzes betr. die unschuldig Verhafteten sowiedie erste Lesung des Gesetzes betr. die Entlastung des Reichsgerichtsfertig zu stellen. Von nationalliberaler und konservativer Seitewurde verlangt, daß das Plenum noch einige Tage der nächstenWoche tagen' solle, damit die Budgetkommission namentlich dieAfrikabahnen fördern und zur Beratung im Plenum bringenkönnte. Die Vertreter des Centrums, der Socialdcmokratie undder Freisinnigen traten der Ansicht des Präsidenten bei,da für das Plenum nach Pfingsten so viel Arbeitsstoff bereit liegt,daß die Budgetkommission ebenfalls nächste Woche nicht mehr thätigzu sein braucht. Da eine Verständigung darüber nicht zu erzielenwar, wird das Plenum am Sonnabend über diese Frage entscheiden.Der Wiederbeginn der Sitzungen nach Pfingsten ist auf deu7. Juni festgesetzt.Ob eine längere Vertagung bis zum Herbst stattfindet, ist nochnicht festzustellen. Der Reichskanzler ist der Vertagung nicht ab-geneigt, mutz jedoch erst die Entschließung des Kaisers einholen. Dader Kaiser zur Zeit nicht in Berlin ist, nach Ansicht des Grafenv. Bülow aber eine schriftliche Erledigung dieser Angelegenheitnicht ratsam erscheint, wird die endgültige Entscheidung, obnach einer kurzen Tagung nach Pfingsten die Sitzungen bis AnfangNovember vertagt werden, erst nach Pfingsten erfolgen.Vor Beginn der Verhandlungen war dem Seniorenkonvent vomPräsidenten mitgeteilt worden, daß von der Hainburg- AmerikaPaketfahrt Aktiengesellschaft 33 Einladungskarten zu einer Nord-landsfahrt vom 3. bis zum 10. Juni eingegangen sind.Die Togo-sgescllschafts-ZBahn.In der B u d g e t k o m m i s s i o n des Reichstags, die sich nochimmer mit der Vorlage für die T o g o b a h n zu beschäftigen hat,geißelte Dienstag Abg. Ledebour in der schärfften Weise die so-genannten„Landkäufe" der Togogesellschaft lind ihres Vorgängers,des Herrn Sholto Douglas; die„Erwerbung" von ca. 50 000 Hektarfür ungefähr 400 Mark bezeichnete er als eine B e g a u n e r u n gder Eingeborenen und fragte den Kolonialdirektor, ob in der Thatdas Gouvernement in Togo zunächst abgelehnt habe, den berühmten„Kanfkoutrakt" zu genehmigen' und ob die Beyauptung richtig sei,daß die Genehmigung erst direkt vom Kolouialamte gegeben wordensei? Die geplante Bahn liege allein ini Interesse der Togogesellschaftund werde letzterer eine bedeutende Wertsteigerung bringen. DerKolonial-dircltor Dr. S t ü b e l bestritt, daß zwischen dem Bahnbau und demLandbesitz der Togogesellschaft ein Zusammenhang bestehe. Die400 M. seien nur ein Teil des Gefamtkaufpreises, der zusammen2 7 9 5 Mark für 45 000 Hektar betragen habe. Die Eingeborenenseien nicht geschädigt worden. Der Gouverneur habe aller-dings die Verkäufe nicht genehmigen wollen, es sei das durch dasKolonialamt geschehen. Zur Zeit der Genehmigung bestandnoch die Ansicht, daß man größere Landgesellschaften in den Kolonienbegünstigen müsse: jetzt hege man diese Ansicht nicht mehr..in diesemUmfange". Die Verträge seien vor fünf bis sechs Jahren ab-geschlossen worden, da könne man also nicht mehr eingreifen. DieGesellschaft habe großes Entgegenkommen für die Bahn gezeigt, siewolle alles zum Bahnbau nötige Land abtreten, dazu noch4000 Hektar Land an die Regierung zu Gunsten der Eingeborenenund auch auf ihre sogenannten Verkaufsrechte verzichten. Das habeallerdings sehr geringen Wert, da die Regierung entschlossen sei, dieLaudkänfe nicht mehr zu dulden IAbg. Speck n, einte, die Sache liege so, daß man am ehestennoch ftir die Bahn in Togo eintreten könne. Die Togo-Gesellschaftrechne offenbar mit sehr erheblichen Gewinnen aus dem Bahnbau;deshalb müßte doch auch diefe Gesellschaft zu den Kosten heran-gezogen werden.Der Kolonialdirektor meinte, es sei natürlich sehr an-genehm, wenn die Togo- Gesellschaft etwas beisteuerte, er werde esauch versuchen, sie dazu zu bewegen— aber die Togo- Gesellschaftsei doch auch erst noch eine junge Gesellschaft, die erst verdienen