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Nr. 112. 21. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 14. Mai 1904.

90. Sigung. Freitag, den 13. Mai 1904,

nachmittags 1 hr.

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Abg. Thiele( Soc.):

fie sich nie

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starb bald darauf

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Nunt

Am

der Strafvollzug sei das Schmerzenslind der Strafrechtspflege, und über 200 Tage im furchtbaren Dunkelarreft doch liegt der Kampf gegen das Verbrechen zweifellos in seiner Organi- zugebracht. Genau wie bei der Prügelstrafe müßte bei jeder sation. Daß man sich trotzdem so wenig mit ihm beschäftigt hat, schweren Disciplinarstrafe ein Arzt hinzugezogen werden. hat seine natürliche Ursache. Die politischen Redakteure find zu Plößensee, das ja eine Muster anstalt sein soll. Im in höchstem Maße in der Lage, die Deffentlichkeit auf- Ottober 1901 wird angezeigt, daß der Strafgefangene Angeli feinen zurufen. Wenn auch in dieser Hinsicht noch vieles im Am Bundesratstische: Frhr. v. Stengel, Dr. Nieberding. Argen liegt, find doch gewisse fleine Verbesserungen erreicht. fieben Tagen Arrest verurteilt und der Gefängnisarzt erkennt die Arbeitsplatz beschmutzt und die Aufseher beschimpft hat. Er wird zu Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Lesung Die andren Gefangenen hingegen sind gar nicht in der Lage, die eben Tagen Arrest verurteilt und der Gefängnisarzt erkennt die bes Gesetzes betr. Entschädigung für unschuldig er- Deffentlichkeit für sich zu interessieren. Entweder legt man ihren diese Veröffentlichungen einen eignen Namen gemacht hat: Herr Vollstreckung für unbedenklich an. Es ist der Arzt, der sich durch Iittene Untersuchungshaft. Mitteilungen tein Gewicht bei, oder sie sind so fchwer Dr. Pfleger, in der Strafanstalt unter dem Namen gedemütigt, so tief gebrochen, daß fie gar feine Mitteilungen Meine Partei wird gegen das Gesetz stimmen. Wir können mehr machen können. Deshalb herrscht großes Schweigen über den ,, Dr. Unbedenklich" uns nicht entschließen, den Standpunkt einzunehmen, den das vergitterten Häusern des Strafvollzugs. Gewiß haben sich aufgeklärte bekannt, weil er mechanisch und schablonenmäßig unter jede Art von Centrum bei der zweiten Lesung so lebhaft vertreten hat, daß der Aerzte der Straftanstalten um seine Verbesserung bemüht und eine Disciplinarstrafe sein" unbedenklich" fett. Obgleich die Mit­Sperling in der Hand besser ist wie die Taube auf dem Dache. große Literatur hierüber angehäuft, aber selbst humane Männer gefangenen bereits darauf aufmerksam machten, daß Angeli feit Mit solcher Taktik täuscht man die Regierung und täuscht waren nicht im stande, in der Praxis auch nur das schlimmste Wochen hufte und frank sei, kam er nicht ins Lazarett, sondern auf das Bolt. Die Regierung, weil man ihr Vorgehen sanktioniert, zu verhütten. Jetzt ist der Vorhang weggezogen, und wir haben in fieben Tage in den Dunkelarrest. Schon am 31. Oftober obwohl wir weder mit den Principien noch der Ausführung des eine Welt des Grauens und des Entfehens brach er zufammen Gesezes einverstanden sind. Und das Volt, weil man sich so stellt, als sei ein neues Volksrecht errungen, während in Wirklichkeit gar hineingeblickt. Das Buch von Hans Leuß , das dies zuerst bewirkt hat, wird und war am 2. Februar des nächsten Jahres tot.( Hört! hört! bei nichts erreicht ist. Von den Konservativen überrascht uns ja ein Kulturbuch im höchsten Grade sein. Es war der außerordentlich den Socialdemokraten.) Ein Strafgefangener Namens Mudolph, die Zustimmung zu dem in der zweiten Kommissionslesung so ver- feltene Fall eingetreten, daß ein Mann aus den gebildeten Klassen der wegen Hehlerei im Jahre 1902 zu einem Jahre Gefängnis ver­schlechterten Entwurfe nicht; sie sind ja noch nie für ein allgemeines burch ein schaveres Geschick unter die Menschen geworfen wurde, die urteilt war, aber sonst ein braver Mensch und guter Familienvater Recht des Voltes eingetreten. Aber charakteristisch für sie war doch eine sonst als Abschaum der Menschheit gelten. Er hat wirksam die An- war, und sicherlich nach seiner Entlassung wieder ein nützliches Glied Bemerkung des Abg. Himburg: Wenigstens wird durch das neue Gesetz schauungen der modernen Strafrechtsschule unterstützt, die nicht der menschlichen Gesellschaft geworden wäre, wurde wegen eines dafür gesorgt sein, daß nicht allzuviel Schuldige entschädigt werden." peinigen, erschrecken und niederwerfen, sondern heraufziehen, kräftigen Ohrenleidens vom Lazarettgehilfen behandelt( Hört! hört! bei den Wenn der Abg. Himburg als amtierender Richter, der er ist, will. Er hat das erreicht durch die lebensvolle Schilderung der Socialdemokraten), der ihm durch ungeschickte Behandlung immer diesen Standpunkt einnimmt, daß vor allem verhindert Menschen, wie sie wirklich sind und wie sie die Gefängnisse be- neue Verlegungen zufügte. Erst nach geraumer Zeit fam er ins Lazarett werden muß, daß mit 98 Unschuldigen nicht auch 2 Schuldige bölfern. Er hat eine große, begeisterte Fehde gegen die Vor- und erst dann auf seinen Wunsch in die Charité. Dort wurde eine hindurchkommen, dann mögen sich die Angeklagten in Acht nehmen. urteile der Gesellschaft begonnen, die die Armen schuldig Mittelohrentzündung festgestellt und er Resolutionen seien nur eine Mastierung unsres Rückzuges. Das hätte wieder aufrichten können. Sein Buch wird eine auf lange Zeit hin- in der Anstalt. So leichtfertig wird im Gefängnis mit Menschen­Der Abg. Storz hat uns vorgeworfen, die von uns vorgeschlagenen werden läßt und sie dann da hinabstößt, wo er sich selbst sagen sollen, als er nach Anführung so vieler Bedenken aus bedeutende Stellung in der Geschichte des Strafvollzuges ein leben umgegangen, so verbrecherisch werden Menschen zu Grunde ge­doch für das Gefeß zu stimmen erklärte. Der grundlegende§ 1 nehmen. Aber ich kann jetzt diese großen Fragen nur nach zwei richtet.( Lebhafte Zustimmung bei den Socialdemokraten.) schließt die Entschädigung derjenigen aus, die schon vom Staatsanwalt Richtungen, nach der rascheren Entdeckung von Krankheiten und der Ver- schlimmsten steht es mit der Behandlung von Geisteskranken. Im Falle freigelassen sind, gegen die also beispielsweise nicht einmal genug hängung von Diszciplinarfstrafen erörtern, die beide schon auf dem Boden des Prinzen Arenberg sagte ich beim Militäretat, er hätte sofort Material zur Erhebung der Anklage vorlag. Die Regierung bes des gegenwärtigen Strafvollzuges zu lösen sind. Was wir über Die Regierung be- des gegenwärtigen Strafvollzuges zu lösen find. Was wir über nach Feststellung seiner Unzurechnungsfähigkeit entlassen werden gründet diese Ausnahme damit, daß sie erklärt, es sei ein unbekanntes diese beiden Fragen von Leuß wissen, ist in letzter Zeit bedeutend müssen. Aber ich fürchte, es steden viele in den Gefängnissen, die Gebiet, es würde nur eine ganz geringe Zahl davon betroffen und ergänzt worden durch die schwerer geistestrank sind als Prinz Arenberg und doch nicht wir seien auch schon weiter als andre Staaten. Schlimm genug, Beröffentlichungen der Zeit am Montag" und des Borwärts". herauskommen.( Sehr wahr! bei den Socialdemokraten.) daß die Entschädigung unschuldig Verhafteter für die Justizverwaltung Man würde den Inhalt für unmöglich halten, wenn er nicht Schon die Gerichte prüfen zu wenig den Zustand der Angeklagten ein unbekanntes Gebiet ist. Das liegt nur an ihr, nicht attenmäßig festgestellt wäre. Es ist auch gegen die Veröffentlichung auf ihre Zurechnungsfähigkeit hin. Aber wenn im Gefängnis der an den Schwierigkeiten der Materie.( Sehr wahr! bei von Regierung und Verwaltung fein Widerspruch erhoben worden, Zustand erkannt wird, so müßte doch sofort nach den gesetzlichen Be­den Socialdemokraten.) Die Zahl der Fälle ist auch gar nicht so gering; so daß die Autenticität der Altenstücke über jedem Zweifel erhaben ist. Stimmungen das Wiederaufnahmeverfahren erfolgen. Ich komme der Staatssekretär schätzte sie auf 20 Broz. Wir verwahren uns über Jch bedauere aber zugleich, daß die Regierung sich nicht kritisch jetzt auf den bekannten Fall Willy Grosse, der seiner Zeit den Justiz­haupt principiell dagegen, eine Prozentgerechtigkeit anzuerkennen. zu dieser Veröffentlichung geäußert hat. Ich deute ihr Schweigen rat Lewy ermordet und dafür 15 Jahre Gefängnis erhalten hatte. Auch die im Militärftrafverfahren vom Gerichtsherrn Freigelassenen als das der Betroffenheit. Ich bin gezwungen, hier wenigstens Man hätte ihn schon damals auf seinen Bufstand hin unterfuchen sollen nicht entschädigt werden, darunter litte die Disciplin. Bum einiges aus dem Material vorzutragen, da die deutsche Bresse den follen, denn sein Vater war am Delirium gestorben. Aber Teufel mit einer Disciplin, die die Gerechtigkeit nicht vertragen kann! Beröffentlichungen in den genannten Blättern nicht die nötige Auf- meist ist bei einer folchen Mordthat die Wut zu groß, ( Sehr gut! bei den Socialdemokraten.) Es ist ja schwer, drei Juristen merksamkeit geschenkt, sondern versucht hat, sie tot zu schweigen. als daß für längere Untersuchungen noch die nötige Stimmung unter einen Hut zu bringen, aber ich bin überzeugt, wenn man alle Erst neuerdings hat die Presse zur Sache Stellung genommen, so vorhanden ist. Im Januar 1899 stellte Sanitätsrat Dr. Bär fest, daß bei 60 Juristen dieses Hauses zusammenberiefe, würden sie sich alle für die Köln . Voltsztg." und auch die Köln . 8tg." Unter zwei Gesichts- Grosse eine Geisteskrankheit im Entstehen sei. Im März 1899 unsern Antrag aussprechen. Man beruft sich immer auf die andern punkten werde ich hauptsächlich meine Ausstellungen machen. Erstens machte er einen Staaten, wenn man Fortschritte verhindern will. Warum beruft werden die Krankheiten nicht rechtzeitig festgestellt und selbst gesunde Selbstmordverfuch. man sich nicht auf fie, wenn es sich um Wahlrecht, Vereinsrecht, Bersonen geraten durch das System in Verfall. Zweitens ist die Später wird allerdings einmal die Möglichkeit der Simulation Gesetzgebung durch das Volk handelt?! Art der Anwendung der Disciplinarstrafen zu tadeln. Zwei angenommen. Im Januar 1900 tam er in die Tobsuchtzelle. Im Nun haben wir ja sehr vielen Gefeßen zugestimmt, obwohl sie Fälle aus früheren Jahren will ich zunächst er Juli 1900 wurde ein reizbarer Zustand bei ihm festgestellt. Aus mangelhaft waren, wenn wir erkannten, daß es sich um Mängel wähnen. Seit dem 24. Juni 1895, erzählt Leuß in Briefen vom Juli 1902 ging flar hervor, daß der junge Mann voll­handelte, die die Regierung bei den bestehenden Verhältnissen nicht seinem Buche, war ein gewisser Garbe frant und nahm keine ständig verblödet sei. Dabei wird der Mann noch heute im Ge­gut beseitigen könnte. In diesem Falle aber hätte es die Regierung Nahrung zu sich. Der Arzt Dr. Schredensberger unter- fängnis gehalten. Muß man denn die reichen Mittel haben wie Bring fehr wohl gefonnt. Es lag nur an ihrem Willen, und da halten wir suchte ihn anfangs Juli und dittierte ihm fünf Tage Duntelarrest wegen Arenberg, um sich durch Verwandte die Wiederaufnahme des Verfahrens einen offenen Kampf für beffer, als ein faules Kompromiß. Dadurch Simulation. Am 15. Juli hielt der Arzt den Kranken immer noch zu erzwingen? Ein andrer Fall. Im März 1902 wurde ein russischer Jude, wird eine gesunde, frische Klarheit in unsre Verhältnisse kommen, denn für einen Simulanten und sagte ihm:" Wir wollen doch mal sehen, Namens Stläroff, seines Beichens Tabakschneider, nach Plößensee auf ein die Ohnmacht des Reichstags liegt viel weniger an der Stärke der wer den größten Dickkopf hat". Am 31. Juli brach der Kranke be- Jahr eingeliefert, weil er eine Uhr gestohlen hatte. Er kam bereits Regierung als darin, daß er seinen Willen zu wenig tonſequent reits im Gefängnis tot zusammen; anscheinend unzurechnungsfähig an. Wahrscheinlich hat er überhaupt durchsetzt.( Sehr wahr! bei den Socialdemokraten.) Er ist doch feine Leber war gänzlich vom Krebs zerfressen. nicht gestohlen. Bei seiner Einlieferung giebt er wirre Antworten. nicht nur ein Beirat, der gehört und nicht gehört werden kann. So aber tritt ihm die Regierung in der Kommission von vorn herein Ich habe von Aerzten mir fagen laffen, daß eine solche Krankheit Im Gefängnis arbeitete er nicht, sondern stierte den Auffeher un­entgegen. Der Reichstanzler hat vorgestern im Herrenhause beklagt, fchon recht lange vorher zu erkennen ist. Meine Herren, wer von aufhörlich an. Dieser machte aber Meldung. Der Arzt untersuchte Hierauf kommt er daß er für seine sociale Thaten keine Dankbarkeit finde. Das fommt, 3hnen sich vorstellen mag, was Dunkelarrest ist, ein Aufenthalt Stläroff und erklärte ihn für gefund. weil die Regierung sich jahrelang dazu drängen läßt und auch ohne Bettlager bei Wasser und Brot, der kann sich denken, unter noch mehrere Male nach einander in Arrest, weil man ihn für Als er endlich in seiner dann die Aufgabe nur sehr unvollkommen erfüllt. Fürchten was für Dualen der arme Gefangene gestorben sein muß.( Sehr einen hartnäckigen Simulanten hielt. Sie nicht, daß das Volk die Gerechtigkeit nicht bertragen richtig! bei den Socialdemokraten.) Aus berselben Anstalt will Belle befinmungslos dalag, kommt er zur Beobachtung ins Lazarett kann; nachdem eg einen so guten Magen für so viele ich einen zweiten all nennen aus dem Jahre 1891. Ein Ge- und von dort ins Irrenhaus. Vom 22. März bis 24. Mai war Ungerechtigkeiten gehabt hat, wird es auch die Gerechtigkeit ver- fangener hatte bei seiner Aufnahme einen andern Gefangenen an­74 Tagen mehr oder minder strengen Arrest tragen, aber das Regierungssystem scheint sie nicht bertragen zu gesprochen und bekam infolgedeffen Arrest. Hier im Arrest betrug er können. Ich möchte sehen, wie bie preußische Regierung sich gegen fich nicht vorschriftsmäßig, infolgedessen bekam er nochmals zehn verurteilt worden. Zuletzt einen bisher noch unbekannten Fall, über einer wahrhaft großen Kulturaufgabe ausnimmt. Wir wissen Tage. Dann hatte er ein Bedürfnis auf ein Stüd Papier verrichtet der geradzu typisch ist. Im September 1899 wird ein gewisser Tritter ja, daß, wenn wir nun gegen diesen Gesetzentwurf stimmen, die und bekam dafür nochmals zehn Tage. Am 28. April tam er aus wegen Diebstahls auf 12 Jahre nach Blößensee eingeliefert. Wegen Gegner eine neue Nummer mehr im Verzeichnis der nützlichen dem Arrest und am 4. Mai wiederholter Verstöße gegen die Hausordnung wurde er discipli­Fortschritte" haben werden, gegen die wir gestimmt haben. Das narisch bestraft. Dann ließ ihn Dr. Baer seinen Lebenslauf schreiben. foll uns aber nicht hindern, uns selbst und unserem Programm treu Dabei habe ich mich erkundigt nach der Person des Direttors Diefer Lebenslauf giebt zunächst die Thatsache ganz richtig an und zu bleiben.( Bravo ! bei den Socialdemokraten.) und erfahren, daß derselbe ein humaner Mann sein soll. Sie können fährt dann plöglich fort: In Halle trieb ich mich vorigen Herbst Abg. Dr. Müller- Sagan( frf. Vp.): Meine politischen Freunde sich vorstellen, wenn selbst unter der Leitung eines humanen in einer Herberge herum und erfuhr, daß außerhalb der Stadt werden dem Gesez zustimmen trok schwerer Bedenken. In einer Mannes dergleichen Dinge passieren, von welchen Grausamkeiten jemand wohnt, der viel Geld hat. Ich sprach ihn, als er ausging, Sache, deren Entwicklung im Fluß ist, braucht man sich nichts zu der heutige Strafvollzug im allgemeinen begleitet sein muß. Ich als Bettler an, er wies mich ab; ich sollte mich wegscheren, sonst bergeben, wenn man mit einer Abschlagszahlung zufrieden ist. Der tomme zu einigen Fällen aus neuerer Zeit. Sie werden sehen, daß würde er seinen Hund auf mich bezen. Da haute ich zunächst den Borredner hat unrecht, wenn er meint, eine Resolution legte der sich diese Mißstände nicht auf eine Anstalt beschränken, ich nehme Hund auf den Kopf, daß er tot war und dann balgte ich mich mit Regierung eine Verpflichtung auf. Er hat selbst zugegeben, daß das ein Beispiel aus der Strafanstalt Brandenburg. Ein Mann, dem Manne, um ihm sein Geld zu nehmen. Plöglich sah ich einen Gesetz eine Wohlthat ist, troßdem ist seine Partei dagegen. namens Höhne, war im Jahre 1897 zu zwei Jahren Zuchthaus hellen Blutstrom hervorspringen und der Mann war tot." Wie leicht Abg. Thiele( Soc.): Meine Partei wird es gern tragen, an wegen Hehlerei verurteilt worden. Im März fragte die Frau des festgestellt wurde, war es eine Wahnvorstellung, da ein derartiges Ver diesem Gesetze nicht mitgewirkt zu haben. Verurteilten an, warum ihr Mann ihr nicht schreibe, es brechen überhaupt nicht vorgekommen war. Trotzdem der Gefangene Danach schließt die Diskussion. Das Gefeß wird im wesent- sei doch schon fast ein Jahr verflossen. Die Antwort lautete, außerdem die Gegenstände mit Inschriften und Darstellungen scheuß lichen ohne Alenderung angenommen gegen die Stimmen der Social- er sei zu faul gewesen und habe deshalb kein Geld.( Hört! hörtlichster Mordthaten bekrigelte, die man gar nicht wiedergeben kann, demokraten. Nur in§ 4 wird ein Abfaz hinzugefügt, daß der Be- links.) Im August schreibt die Frau einen neuen entließ ihn die Strafanstalt und vier Wochen später ist er an einer alten Frau schluß über die Entschädigung des unschuldig Berhafteten auch den ganz verzweifelten Brief Hinterbliebenen zugestellt werden muß. an die Anstalt.( Redner verliest ihn und erweckt dadurch lebhafte Darauf setzt das Haus die Beratung des Etats beim Stufe der Teilnahme.) Jezt wird dem Mann zu schreiben erlaubt;( Vielfaches Hört! hört! links.) Man hat ihn gefaßt, ihm aber gar Justizetat fort. Hierzu liegt folgende Resolution Auer und Gen. als er aber erklärt, feine Hände zitterten so sehr, daß er nicht schreiben feinen Prozeß gemacht, weil man seine Unzurechnungsfähigkeit sofort ( Soc.) vor: tönnte, unterblieb das Schreiben auch diesmal, da man ihm einen erkannte. Den Reichstanzler zu ersuchen, unbeschadet der Vorlegung Mitgefangenen als Schreiber nicht gewährt.( hört! hört! bei den An die Graufigkeit all dieser Vorgänge kann die schärfste Kritik eines Reichs- Strafvollzugsgefeges- bei den verbündeten Re- Socialdemokraten.) Im November läuft ein drittes Schreiben der nicht heranreichen. Man mag über Zwed der Strafen und Anwendung gierungen dahin zu wirken, daß Frau ein. Sie sagt dabei:" Ich bin dem Wahnsinn nahe, des Strafvollzuges denken wie man will, diese Geschehnisse sind

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Abg. Dr. Gradnauer( Soc.):

war er eine Leiche.

nicht schreiben kann.

der Mann zu

wirklich zum Mörder geworden.

1. in den Gefängnissen und Strafanstalten schleunigst Maß ich kann es gar nicht begreifen, daß mein Mann plöglich so schlecht gleich fürchterlich auch für die, die noch den Standpuntt einnehmen, regeln getroffen werden, welche geeignet sind, die rechtzeitige Fest- geworden sein soll.( Hört! hört! bei den Socialdemokraten.) den Verbrecher niederzuwerfen, zu erschrecken, zu peinigen. Das ist stellung von förperlichen und geistigen Erkrankungen der Ge- Es wird wieder der Frau als Grund die übergroße Faulheit des ein Verfahren, das weit abliegt von jederlei Strafzwed, das wider fangenen, sowie die Hilfeleistung in Erkrankungsfällen zu sichern; Mannes angegeben.( hört! hört! bei den Socialdemokraten.) End- rechtlich, ungefeßlich, unsinnig ist und das zeigt, daß wir, 2. die Verhängung von schweren Disciplinarstrafen unter lich 9 Monate nach dem ersten Brief entschließt man sich, den Mann die wir uns uns einbildeten, in einem erleuchteten Zeitalter Rechtsgarantien gestellt wird; vom Arzt ansehen zu lassen und es stellt sich fofort heraus, zu leben, noch nicht heraus sind über das, was wir 3. dem Reichstage jährlich eine Uebersicht über Bahl, Art und daß seine rechte Hand so stark zittert, daß er in der Tat rückständigen Beiten zum schwersten Vorwurf machen, daß Anlaß der in den Gefängnissen und Strafanstalten verhängten Geistestrante gemartert und gefoltert werden. Noch heut wüßten wir Disciplinarstrafen vorgelegt wird. Es war ihm aber nicht nur das Schreiben versagt, sondern er war alle diese Dinge nicht, wenn nicht ein Anstaltsschreiber sie zufällig in auch inzwischen mit Arrest und Koftentziehung bestraft worden. Die Deffentlichkeit gebracht hätte, heute so wenig wie in den Es scheint uns unausweichliche Pflicht des Reichstags, sich mit( hört! hört! bei den Socialdemokraten.) Ein andrer bergangenen zehn Jahren, und da dürfen wir wohl die Frage ben Vorgängen zu beschäftigen, die unsre Resolution veranlaßt haben all aus der Strafanstalt Lichtenburg bei Torgau . aufiverfen, d bei der atveiten Lesung zum großen Teil noch nicht befannt Dort wurde ein Gefangener, der wegen Sittlichkeitsverbrechen was mag noch alles verborgen sein? waren. Ihrem fürchterlich entsetzlichen Eindruck kann sich niemand zu 2 Jahren Buchthaus verurteilt war, zu Schneiderarbeiten befohlen,( Sehr wahr! bei den Socialdemokraten.) Denn das Material, das entziehen. weil er vor langen Jahren beim Militär Schneider gewesen war. hier vorliegt, stammt ausschließlich aus den Aften von Plökensee. Ich habe die Aften des Reichstags seit seiner Begründung durch- Vom 10. Februar 1894 an wird angezeigt, daß er das Pensum nicht Da ist es dringend notwendig, Abhilfe zu schaffen, aber geblättert und da ist mir auf dem Gebiet des Strafvollzugs vor leistet, und er wird wegen Faulheit zu fieben Tagen Arrest verurteilt. Da wir den socialen Grundsatz des Zusammenhanges von Schuld allem zweierlei aufgefallen. Einmal die Verschleppung jeder Reform So geht es weiter zu 7 Tagen, zu 11 Tagen, einmal auch zu und Milieu auf die Gefangenen angewendet wissen wollen, so durch die Regierung.( Sehr wahr! bei den Socialdemokraten.) G3 14 Tagen über ein ganzes Jahr lang. Endlich im Juni 1895 wird wenden wir ihn auch auf die Aerzte und Anstaltsleiter an, welche ist geradezu ein Musterbeispiel der Verschleppungskunst, das die Re- ihm angedroht, daß er unter Einrichtungen stehen, die zu so schrecklichen Zuständen führen gierung durch mehr als drei Jahrzehnte geleistet hat. Aber auch müssen. Der ganze heutige Strafvollzug steht auf ganz falscher Grundlage. Diese ganze Art der Einsperrung ohne Licht und Luft, ohne genügende Ernährung läßt die Gefangenen geistig und wenn er herauskommt, förperlich immer mehr herunterkommen; und die beste Straft gebraucht, um sich wieder empor zu arbeiten, trotzdem ihm der Matel des Gefängnisses anhaftet, dann ist er am wenigften geeignet, den Kampf aufzunehmen, weil er am schlimmsten geschwächt ist. Dieser falsche Geist macht sich auch geltend im System ber Disciplinarstrafen, deren langes Register beweist, daß man

Beitschenhiebe

Der Reichstag hat sich auf diesem Gebiete fast ausschließ zu erwarten habe, wenn er das Bensum noch einmal nicht liefert. lich mit den politischen Redakteuren beschäftigt und die( Lebhaftes Hört! hört! bei den Socialdemokraten.) Durch neuere Frage des Strafvollzuges sonst nicht behandelt. Es ging ihm wie Verordnung find die Peitschenhiebe als Strafe für Nichtlieferung ber ganzen öffentlichen Meinung, die glaubt, daß das Entscheidende des Penfums beseitigt worden. Für diesen Mann war es aber ein die Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind und daß mit dem Glück, daß er gepeitscht werden konnte, weil diese Strafe nur unter Urteilsspruch des Richters der Fall in der Hauptfache erledigt ist. Hinzuziehung des Arztes beschlossen werden kann. Da stellte sich Dabei beginnt erst mit dem Betreten der Strafanstalt das eigentliche bald heraus, daß er augentrant war und die Nähte nicht sehen Problem der Strafrechtspflege. Geheimrat Krohne hat einmal gesagt: konnte. Aber inzwischen hatte er