Wir können uns nicht ganz des Gedankens erwehren, daß hinter'diesem neuesten Feldzug gegen den Stadtbaurat ein Drahtziehersteht, der nicht in der Lehrerschaft, sondern in kommunalenKreisen zu suchen ist An dem guten Glauben der„Päd. Ztg.*und ihres Mitarbeiters soll nicht gezweifelt werden. Aber die Ver-mutung drängt sich uns auf, daß sie ahnungslos sich dazu her-gegeben haben, einer„höheren Gewalt" als Werkzeug zu dienen.Freisinns-Heffnung für die Stadtvemdneten-Ersatzwnhl.Im 40. Kommunalwahl-Bezirk haben nun die Frei-sinnigen am Freitag in einer Kommunalwähler-Versammlung den„geni einsamen bürgerlichen Kandidaten" aufgestellt,den Maurermeister L e n tz, mit dem sie am 31. Mai den social-demokratischen Kandidaten Leo Arons zu schlagen und der Social»demokratie diesen Bezirk zu entreißen hoffen. Sie erscheinen einbißchen spät auf dem Kampfplatz, aber von einem Redner des Abends,dem fteisinnigen Stadtverordneten Rosenow, wurde versichert, einekurze Wahlagitation sei besser als eine lange. Herr Rosenow hat ingewissem Sinne recht. Die Freisinnigen und ihre Kandidaten ver-tragen auf die Dauer die Kritik nicht, der sie sich in einem Wahl-kämpf aussetzen müssen. Je länger die Sache dauert, desto größerist für sie die Gefahr, auch den letzten Rest von Kredit zu verlieren,den sie bei den Wählern etwa noch haben.Diesmal tragen sie sich mit st olzeren Hoffnungen alssonst— sofern man den schwungvollen Worten glauben darf, mitdenen sie am Freitag in der nur spärlich besuchten Versammlungeinander Mut zusprachen. Herr Rosenow hält den Zeitpunkt dieserErsatzwahl für besonders günstig, um die Socialdemokratie aus dem40. Bezirk zu verdrängen. Er erwartet viel von der„Uneinig-k e i t", die seit dem Parteitag zu Dresden die Führer des Frei-sinns in den Reihen der Socialdemokratie zu erblickenmeinen. Man sieht an solchem Geschwätz immer wieder, wie wenigder Freisinn das Wesen der Socialdeinokratie zu begreifen vermag.Warum die Arbciterklaffe socialdemokratisch ist und socialdemokratischwählt, warum sie auch in der Kommunalverwaltungsorialdemokratische Anschauungen und Grundsähe zur Geltung ge>bracht wissen will, davon haben die Richter, Kopsch, Rosenow undKonsorten keine Ahnung. Ihr Vertrauen auf unsre„Uneinigkeit"ist ein kindliches Vergnügen, das man ihnen gönnen kann.Die Siegeszuversicht, mit der die Freisinnigen des 40. Bezirksin den Wahlkampf ziehen, stützt sich noch auf einen andern Umstand.Herr Rosenow wies auch darauf hin, daß die Ersatzwahl noch nachden alten Wählerlisten vorgenommen werden muß, diebereits im vorigen Sommer aufgestellt sind. Inzwischen seienviele Wähler weggezogen. Es seien darunter gewiß auchfreisinnige Wähler, aber mehr noch gelte das für die Anhänger derSocialdemokratie, und bei diesen werde es besonders schwer sein, siejetzt noch zur Beteiligung an der Wahl heranzuziehen, da sie ver«mutlich weniger leicht als die Anhänger des Freisinns nach demWohnungswechsel zu ermitteln sein würden. D i e s e Hoffnung istallerdings kein kindliche? Vergnügen mehr. Es ist geradezu eineSchamlosigkeit, seine Befriedigung darüber zu äußern, daß die Be-nuhung veralteter Listen den Gegner in Nachteil bringt. Wirenipfehlen das den socialdemokratischen Wählern zur Beachtung,namentlich denen, die nach Aufstellung der Listen aus ihrem Bezirkverzogen sind.Von der Werbekraft des liberalen Gedankensscheinen sich die Freisinnigen in diesem Wahlkampf weniger zu ver-sprechen. Weder Herr Rosenow noch sein Mitreferent, der freisinnigeStadtverordnete Dinse, ließen sich darauf ein, das kommunalpolitischeProgramm des Liberalismus darzulegen. Sie begnügten sich, ihrenHörern zu schildern, was der Freisinn in Berlin und speciell aufdem Wedding alles geleistet habe und was alles er noch leistenwerde. Im übrigen ergingen sie sich— Herr Dinse noch mehr alsHerr Rosenow— in taktlosen, ungezogenen Ausfällen gegen diein der Stadtverordneten- Versammlung thätigen Socialdeniokratensowie gegen den im 40. Bezirk als Kandidat aufgestellten GenossenLeo Arons. Als dritter Redner sprach Herr Lentz selber. Er machte,das mutz man ihin lassen, diese Kampfesweise nicht mit, sonstaber drückte er das Niveau der Versammlung noch tiefer herab.Was er vortrug, war kleinlicher Stadtviertel-Kram,wie es m den Vereinen der Hausbesitzer an der Tages-ordnung ist. So ungefähr wie Herr Lentz am Freitag alsStadtverordneten-Kandidat sprach, mag er in dem Hausbesitzer«verein sprechen, um den er sich so große Verdienste erworben hat,daß er darin schon vor Jahren zum Vorsitzenden avanciert ist.Die Debatte schloß sich würdig an. Man wußte nichts andresund nichts Besseres zu thun, als auf den Straßenhandelzu schimpfen, und Herr Lentz beteiligte sich hieran mit Eifer.Nur Herr Dinse winkte vorsichtig ab, aber auch er ließ deutlichgenug durchmerken, daß der Freisinn den Straßenhändlern nichthold ist und nur um des schlechten Eindrucks willen der Erdrosselungdes Straßenhandels noch nickt zugestimmt hat. Auch diese Interessen-frage bildet ein ständiges Thema der Hausbesitzervereine,so daß ihre Erörterung allerdings in den Rahmen der Versammlunghineinpaßte. Doch mit all diesen Hausbesitzersorgen sollten HerrLentz und seine fteisinnigen Gönner nicht vor die Kommunalwählerdritter Abteilung hintreten, unter denen es bekanntermaßen keineHausbesitzer und auch keine Freunde der Hausbesitzer giebt.Die werkthätige Bevölkerung setzt in diesem Wahl-kämpf ihre Hoffnung auf andre Dinge als der Freistun und seineAvantgarde, die Hausbesitzer. Sie vertraut allein auf die Kraft dessocialdemokratischen Gedankens, und sie weiß, daß sie unter diesemZeichen siegen muß. Trotz aller Schwierigkeiten, die aus derBenutzung veralteter Wählerlisten uns erwachsen, trotz des Zu-sammenschlusses aller unsrer Gegner muß der Socialdemokratie nichtnur der 32.. sondern auch der 40. Bezirk erhalten bleiben. AmDienstag muß im 40. Bezirk der socialdemokratische KandidatGenosse Leo Arons gegen den Freisinnigen Lentz ebenso sichergewählt werden, wie im 32. Bezirk unser Genosse Karl Leid.Der Bäckerboykott im Gesänge.Seit den Tagen der schönen Helena hat noch jeder weltbewegendeKrieg seinen Sänger gefunden und darum darf auch der kritisch ver-anlagte Leser weder dem Kapital noch der Arbeit einen Vorwurfdaraus machen, daß die Ereignisse des Bäckerstreiks gleichfalls imLiebe verewigt sind. Der Dichter der Berliner Bäcker-Bohkott-Lieder ist kein Neuling auf dem Gebiete der Gelegenheitspoefie;wer die roten Bierbohko'tt-Lieder von 1894 in der Erinnerung hat.weiß, daß M u c i u s Scävola die Zeit bei der Stirnlocke zufassen versteht, und wird sich, wie immer er den poetischen Wert derneuesten Liedersammlung beurteilen mag, doch das eine geloben.daß er im Boykottieren unbewilligter Backware ebenso beharrlichsein will, wie unser mutiger Römer im Dichten.Die Gedichtsammlung hebt an mit einem Auftuf an das Volkder Arbeit:Nun stehst Du staunend, welchen SiegErrang die Einigkeit—Und wer in diesem schweren KriegDen Kämpfern ging zur Seit';Man könnt' sie fteudig schauenDurch alle Straßen zieh'n,Das sind der Arbeit Frauen,Die Frauen von Berlin IDann kommt ein humorvolles Katzenjammerlied derJnnungsprotzen, das nach der Melodie„O Tannenbaum" zu singenist. Ein VerS lautet daraus:O Obrigkeit, o Obrigkeit,Verbiet' das Boylottieren lDenn der Boykott, beim Donnergott,Macht uns bankrott, das ist kein Spott IO Obrigkeit, verbiet' den«treit,Verbiet' das Boykottieren!Auch der K l a g e g e s a n g des Kleinmeisters ist schon um des-willen bemerkenswert, weil er beweist, daß die dichterischeFreiheit durchaus nicht immer mit den Thatsachen aufgespanntem Fuß zu stehen braucht, sondern gar bittere Wahrheitenverkünden kann, die diesmal den Jnnungsmächten gewidmet sind:Ihr führt in Streik uns und Boykott,Ihr laßt den Armen quere schreibenUnd tobt, ivill er, anstatt bankrott,Die Ford'nmg g'rade unterschreiben.Ebenso spiegelt das Streikbrecherlied vom Meistersohndie Thatsachen wieder; diese biederen Jungen werden dargestellt,wie sie mit dem Geld der protzenden Väter in der Tasche gar nichtans Arbeiten denken, sondern nach Herzenslust der Spiel-leidenschaft ftönen:Stille Nacht, Hilfteiche Nacht!Jnnungsinacht Rettung bracht';Aus der Provinz'ne StreikbrecherscharBietet als Fliege-Kolonne sich dar:,Meistersöhne sind da—Hoppegarten, hurra!Aber auch der Ernst des Kampfes ist im Liebe dargestellt. DasBäckerverbandslied ruft die Gesellen, die sich endlich an-schicken, aus der Schmach eines verrotteten Bevormundungssystemsheraus der Freiheit eine Gasse zu bahnen, die Größe ihres Vor-Habens ins Gedächtnis:Noch kämpft man jede Nacht mit Sorgen,Man wirkt und knetet, keucht und kriecht,Daß selbst dem Himmel jeden MorgenSchamröte steigt ins Angesicht.—Wir woll'n ein eignes Heim auf Erden,Vom ew'gen Frondienst uns beftei'n,Wir woll'n vernünft'ge Menschen sein.Nicht Spieler und Verbrecher werden!Wir backen nachts in NotDer andern„täglich Brot"—Ein kleiner Schimmer SonnenscheinSchein' auch in unsre Nacht hinein!Die für den geringen Preis von zehn Pfennig käuflichen Liederdienen auch zur materiellen Unterstützung der Bäckergesellen, da derReinertrag der 3000 Exemplare starken Auflage der Verbandskassezufließen soll. Und wenn diese Lieder, was gewiß der Fall seinwird, die Berliner Arbeiterschaft im Boykott so bestärken, daß derwortbrüchige Bäcker protz die Thorheit seines verächt-lichen Handelns empfindlich zu spüren bekommt, so er-füllen auch sie ihren Zweck in dem Kulturkampf, den die Be-völkerung heute gegen den S ch m u tz der Ba ck st u b e zu führen hat.Städtische Straßenbahnen. Der Stadtverordneten-Versammlungist eine Vorlage über den Bau von fünf elektrischen Straßenbahnenzugegangen. In der Vorlage heißt es u. a.: Infolge des Beschlussesder Stadtverordneten-Versanimlung vom 18. Oktober 1900, daß inZukunft neue Straßenbahnlinien grundsätzlich nur für Rechnung derStadtgemeinde gebaut und betrieben werden, bringt der Magistratfolgende fünf Straßenbahnlinien in Vorschlag. Im Norden zwei,eine vom Baltenplatz nach dem Stettiner Bahnhof mit einer Ab-zweigung nach dem Weddingplatz; und im Süden drei, von derGroßgörschenstratze nach dem Dönhoffplatz, von der Kreuzbergsttaßenach dem Dönhoffplatz und vom Hermannplatz nach dem Dönhoff«platz. Eine Rentabilitätsberechnung kann nicht gegeben werden.Die nördlichen Linien werden wohl kaum durch den Wett-bewerb andrer bestehender Straßenbahnen beeinflußt. Sie führendurch Stadtteile, die erst der Bebauung erschlossen werdensollen, und schaffen keine neuen unmittelbaren Verbindungen nachdem Innern der Stadt, sondern zwischen äußeren Stadtteilen unter«einander. Diese Umstände lassen es möglich erscheinen, daß in denersten Jahren die Erträgnisse zur Deckung der Ausgaben nicht aus-reichen werden, sondern Zuschüsse aus städtischen Mitteln geleistetwerden müssen. Gleichwohl erscheint die Herstellung dieser Linienzweckmäßig. Da eine Vergebung dieser Linien an einen Unter-nehmer nicht angängig erscheint, so bleibt nur übrig, diese Linienselbst zu bauen. Der Herstellung der nördlichen Linienstehen keine Hindernisse entgegen. Die Staatsbehörden haben sichmit dem Bau dieser Linien grundsätzlich einverstanden erklärt, wäh-rend sie andre im Westen abgelehnt haben. Die drei südlichenLinien bieten günstigere Aussichten, weil sie durch dicht be«völkerte Stadtteile und nach dem Innern der Stadt führen. Es wirdangenommen, daß auch ihrer staatsbehördlichen Genehmigung keinHindernis entgegenstehen wird. Die Anträge an die Staatsbehördensollen erst, nackdem die Stadtverordneten-Versammlung zugestimmthat, gestellt werden. Diese drei Bahnen sind auf die Mitbenutzungvorhandener Straßenbahnen angewiesen. Die Deckung der Kostenin Höhe von rund ö>/z Millionen Mark soll im Wege derAnleihe herbeigeführt werden. Auf die nördlichen Linien sollen2'/« Millionen Mark und auf die südlichen 3 Millionen Markentfallen.„Wider die Pfaffenherrschaft", Kulturbilder aus den RelegionS-kämpfen des 16. und 17. Jahrhunderts. DaS 7. Heft dieses neuenLieferungswerkes, das von dem verstorbenen Genossen, Reichstags-abgeordneten Rosenow verfaßt ist, gelangt soeben zur Ausgabe. Esbringt den Schluß des 4. und den Anfang des 5. Kapitels: Welt-klerus, Zölibat und Beichtstuhl, in dem bebandelt wird: Klerus undLaien.— Die Versklavung des niederen Klerus durch die Bischöfe.— Die Priesterehe.— Kirchengut und Priesterehe.— Sittliche Verfassung des Klerus der ersten Jahrhunderte usw.Von den zahlreichen Illustrationen nennen wir:„Mönch und Beichtkind"; ferner ein Spottbild aus dem Jahre1609 auf das unmäßige Leben der Mönche und Nonnen und«inFlugblatt aus der Resormationszeit:„Der Pfaffen Kirchweih". Einandres Bild, ebenfalls aus der Resormationszeit, zeigt uns, wie„Mönch und Nonne in der Zelle" sich die Zeit vertreiben. DieIllustrationen sind in vorzüglicher Weise wiedergegeben und bildendas beste Mittel, die Leser mit der Kultur der damaligen Zeit vertraut zu machen.Ter Verlag bittet die Parteigenossen um thatkräftige Unter-stützung bei der Verbreitung dieses Werkes. Abonnenten könnenjederzeit eintreten.Bestellungen nehmen entgegen: sämtliche Austräger unsrerParteizeitungen, die Parteikolporteure und Parteibuchhandlungen,sowie jede sonstige Buchhandlung, jede Zeitungsspedition, in Berlinauch die Parteispeditionen und der Verlag: Buchhandlung Vorwärts,Berlin SW. 68, Lmdenstr. 69.Diebstahl im Rathause. In der Nacht vom Freitag zum Sonn-abend ist eine Kasse im Rathause erbrochen und bestohlen worden.Es ist dies die Kasse, in die die Gelder für sogenannte Schulsttafenfließen. In der Kasse befand sich nur ein unbedeutender Betrag von50 M. Von dem Thäter, der. wie es scheint, mit den Verhältnissenverttaut gewesen sein mutz, fehlt noch jede Spur. Während derNacht werden sämtliche Kassen der Bureauräume von alten bewährtenBeamten in regelmäßigen Zwischenräumen konttolliert. Bei diesenKontrollgängen ist nichts Auffälliges bemerkt worden.Schützen in der Schützenstraße. Em gefährlicher Unfug wurdegestern in der dritten Morgenstunde von zwei jungen Burschen in derSchützenstraße verübt. Die Nachtschwärmer ergötzten sich damit, daßsie mit einem Revolver eine gute Weile Schießübungen ver-anstalteten, sehr zum Schrecken der doch sonst so ziemlich an nächt-liehen Radau gewöhnten Bewohner der Straße. Als endlich einigeSchutzleute herankamen, suchten die tapferen Schützen ihr Heil in derFlucht, doch wurden sie in der Krausenstraße eingeholt. Sie thatenbei ihrer Festnahme sehr entrüstet und leugneten, die Knallerei ver-übt zu haben; es sprach für sie. daß die Schußwaffe auch nicht beiihnen gefunden werden konnte. Als aber schließlich der vor einemKellerfenster aufgelesene Revolver auf die Revierwache gebrachtwurde, half das Lügen nicht mehr. Hoffentlich vergeht ihnen inZukunft die Lust an Knalleffetten.Der auf dem Bahnhof Alexanderplatz infolge der Ausschreitungenzu Tode gekommene StattonSassistent Kühn wurde gestern. Sonn-abendnachmittag. auf dem Friedhofe am Krugsteae zu Lichtenbergzur letzten Ruhe bestattet. Einige tausend Personen, namentlichEisenbahnbeamte, erlviesen ihm die letzte Ehre.Ein Bootsunglück, wobei ein junger Mann sein Leben verlor,hat sich in der Nacht zu gestern auf der Oberspree zwischen der Abteiund Stralau zugetragen. Ein mit drei Personen bemcmntesUebungsboot des Ruderklubs„Vorwärts" befand sich gegen 11V, Uhrabends auf der Fahrt nach dem Klubhause in Stralau und wurdegegenüber der Abtei von einem Dampfer überholt. Das Boot gerietin die Wellen des Schisfes und wurde vermutlich durch die Unruheder Insassen zum Kentern gebracht. Trotz zahlreicher Hilfe gelanges doch nur, zwei der mit den Wellen Kämpfenden dem Tode zu ent»reißen. Der dritte, der 19jährige Kaufmann D., ertrank.Eine LieveStragödie spielte sich Freitag beim Gymnasium zumGrauen Kloster ab. Am dortigen Säulengang wohnt der Schul-diener Fritz Grohmann. Bei ihm dient seit dem 1. April die21 Jahre alte Emma T r y m p e l aus Leipzig. Dort hatte sie vorzwei Jahren den 24jährigen� Brauer Otto Sperling ausWartenburg kennen gelernt. Sperling ist seit Januar in Berlinund arbeitet im Böhmischen Brauhause. Mitte April trafen sich diebeiden zufällig in der Landsberger Allee und erneuerten die Bekannt-schaft. Am Pfingstmontag machten sie zusammen einen Ausflugnach Köpenick, wo sie einen Bruder Sperlings, einen Zimmermann,besuchten. Auf dem Heimwege stellte Sperling an seine Begleiterin,der er die Ehe versprach, ein Ansinnen, das sie bestimmt ablehnte.Da er es wiederholte, ging sie allein nach Hause. Freitagabend kurznach 9V- Uhr erschien Sperling im Garten des Gymnasiums. Ersah das Mädchen im Säulengange stehen, ging auf sie zu und ver-langte barsch, daß sie das abgebrochene Verhältnis wieder aufnehme.Sie erklärte ihm, daß sie von einem Manne, der ihr derartige An-träge stelle, nichts wissen wolle. Auf seine Drohung: dann passiertetwas, lief das Mädchen nach dem Garten. Sperling feuerte ihmzwei Revolver schüsse nach. Beide Kugeln gingen jedoch fehlund schlugen in das Mauerwerk ein. Als die Fliehende den Gartenbetreten hatte, fiel ein dritter Schuh, der ihren rechten Arm streifte.Jetzt kam Prof. Fichte, der mit seiner Gattin im Lehrergarten saß,herbeigeeilt und rettete die Bedrohte nach seiner Wohnung. Ponder andren Seite eilte Grohmann und sein 16jähriger Sohn herbei.Während letzterer die Polizei holte, wollte Grohmann Sperling dieWaffe, die dieser sich an den Kopf gesetzt hatte, entwinden. Es kamzu einem Ringkampf, bei dem Sperling hinfiel. Während desRingens ging ein Schuß los. Die Kugel riß Sperling die Stirn-haut auf, ohne ihn gefährlich zu verletzen, und streifte Grohmannam Knöchelgelenk der rechten Hand. Die Polizei machte dem Ring-kämpf ein Ende, nachdem Sperling sich noch durch einen Messerstichin die Brust verwundet hatte. Revierlieutenant Gieseler nahmSperling fest, Sanitätsrat Dr. Benicke verband die drei Verletzten.Sperling wurde als Polizeigefangener nach der Charit« gebracht.Seine Verletzungen sind nicht lebensgefährlich, die VerletzungenGrohmanns und seines Dienstmädchens sind unbedeutend.Schwere Urkundenfälschungen in mehreren Fällen hat sich derfrühere Polizeiwachtmeister Bernhard S ch u l tz e zu Schulden kommenlassen. Sch. wurde von seiner vorgesetzten Behörde wegen ver-schiedener Vergehen aus deni Dienst entlassen. Er übernahm HauS-Verwaltungen und beschäftigte sich in seiner freien Zeit mit Rechts-konsulentengeschäften. In einigen Fällen hatte er für seine Kundenbei Gericht Zahlungsbefehle erwirkt; um aber zu vermeiden, daß derbetreffende Schuldner Widerspruch gegen diese erhob, beantragte ernochmals den Erlaß von Zahlungsbefehlen, änderte dann die Atten-zeichen und Daten und ließ auf Grund der Duplikate dann Zwangs-Vollstreckungsmaßregeln vornehmen. Bei einigen der Schuldner er-regte dieses Verfahren doch Aufmerksamkeit, da sie gegen die er-gangenen Zahlungsbefehle Widerspruch erhoben hatten, trotzdem aberden Besuch des Gerichtsvollziehers erhielten. Sie unterbreitetendiesen so seltsamen Vorgang den Behörden und im ErmittelungS-verfahren wurde festgestellt, daß Schultz« der Urheber der Fälschungenwar. Es wurde daraufhin das Strafterfahren gegen ihn eingeleitet.Sch. zog es vor, sich den hiesigen Strafbehörden nicht zu stellen,sondern flüchtete nach der Schweiz. Als sein dortiger Aufenthaltsortermittelt worden war, wurde seine Auslieferung verlangt.Diesem Verlangen wurde auch bei der Schwere des begangenen Ver-brechens stattgegeben und Sch. wurde in das Untersuchungsgefängnisnach Moabit gebracht. Im Laufe des Untersuchungsverfahrens hatsich aber herausgestellt, daß an der Zurechnungsfähigkeit des Sch.bedenkliche Zweifel bestehen und so beantragte sein Verteidiger Rechts-anwalt Dr. Schwindt die Untersuchung des Geisteszustandesdes Sch. durch einen Psychiater. Von dieser Untersuchung wird eSnun abhängen, ob Sch. wegen seiner Strasthaten wird zur Verantwortung gezogen werden können.Die Schuhwarenfirma Carl Stiller ersucht uns, zu dem in Nr. 111gebrachten Bericht über die AuSmietung aus dem LangeschenSttftungShause ergänzend mitzuteilen, daß das HauS Jerusalemer-straße 33 V9 von ihr auf 20 Jahre mft Vorkaufsrecht gemietetworden ist.Selbstmord. In der Nackt zum 27. d. MtS. gegen 12«/« Uhr verübteauf dem Platz am Neuen Thor ein unbekannter, anscheinend demArbeiterstande angehörender Mann durch Erschießen mittels RevolversSelbstmord. Der Unbekannte wurde noch lebend zur Charitö ge-bracht, verstara aber dort bald nach seiner Einlieferung. Er warcirca 32 Jahre alt, 1,70 Meter groß, hatte dunkelblondes Haar,hellblonden Schnurrbart, gebogene Nase und war bekleidet mitschwarzem Kammgarnjackett, dunkel- und hellgestteifter Weste undHose, dunkler Krawatte, schwarzen Strümpfen und Schuhen,weißem Normalhemd und Unterhose, schwarzem steifen Hut. An-gaben über die Persönlichkeit des Unbekannten werden mündlich oderschriftlich in jedem Polizeirevier oder bei der Kriminalpolizei zuJ. No. 4884 IV. 27 04 erbeteu.Eine Fachausstellung des Verbandes deutscher Klempner»Innungen ist gestern in den Räumen der„Neuen Welt" inder Hasenheide eröffnet worden. Es ist die achte derarttge AuS-stellung seit 1875; die siebente wurde vor neun Jahren in Leipzigabgehalten. Damals waren 47 Leipziger Firmen und 173 aus-wärtige an der Ausstellung beteiligt, wogegen diesmal 152 BerlinerGeschäfte und 83 auswärttge vertreten sind. Kann von einem Ueber«blick über die deutsche Meto ll Warenindustrie mithin auch nur bedingtdie Rede sein. so ist nicht zu vergessen, daß sichnamentlich in Berlin gerade die Industrie für Beleuchwngs-Wesen, für Installationen, sowie die Maschinenfabrikatton ungemeinentwickelt hat und daher die Fortschritte auf den in Bettachtkommenden Gebieten ttotz der relattv geringen Beteiligung vonaußerhalb immerhin vor die Augen treten. Es kann hier, wo wirfür das Laienpublikum und nicht ftir Fachleute schreiben, nicht ausdie Einzelheiten der Ausstellung eingegangen werden. Jeder Hand»werker und Arbeiter der in Betracht kommenden Berufe wird auchohnedies das ihn Interessierende herausfinden und daraus lemenkönnen. Die Ausstellung von Werkzeugen, Werkstätten-Utensilien je.ist so reichhaltig, daß der Fachmann lange Stunden gebrauchen wird.um die zum beträchtlichen Teil in Betrieb vorgeführten Maschinenzu beobachten. Hervorgehoben seien ferner die von der Fachschulefür Blecharbeiter und Installateure in Aue sSachsen) ausgestelltenArbeiten. An der Wandfläche der Ouergallerie befinden sich in dervorderen Hälfte die Lehrgänge der Zeichenfächer der Schule, derUebungen im Skizzieren, in Geometrie, Schattenlehre, bautechnischemZeichnen und eine Auswahl von Blättern aus dem Lehrgange desProjettionszeichnenS, weiter in der hinteren Hälfte Lehrgänge vonFreihand- Fachzeichnen und von freihändigem Skizzieren ver»anschaulicht.DaS größere Publikum wird sich am meisten für die jdaSB e l e u ch tungSwesen vorführende Gruppe interessieren, dieganz besonders reichhalrig ist. Alle bekannten Berliner Firmen undmanche auswärtige sind hier vertreten und haben vor allem Spiritus«und Petroleuin-Glühlanipeu ausgestellt. Seit mehr als zehn Jahrenbemüht sich die Belenchtungsindustrie, den Glühstrumpf mit semengroßen Vorteilen auch der Masse der Bevölkerung zuzuführen, die in