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Nr. 157.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DesterreichUngarn 2 Mr., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Gingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.
Vorwärts
9. Jahrg.
Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr Abends, an Sonnund Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.
Fern spred- Anschluß: Amt I, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Freitag, den 8. Juli 1892.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Getäupt!
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gehen können, daß die öffentliche Meinung das Recht zur Allgemeinen Zeitung ", eine Artikelreihe, die sein Annahme erhielte, Fürst Bismarck hätte wieder auf die von der Neuen Freien Presse" in Wien veröffentlichtes Der Reichs Anzeiger"( Nr. 158 vom 7. Juli) ver- Leitung der Geschäfte irgendwelchen Einfluß gewonnen. Interview gegen die von Caprivi in der Norddeutschen öffentlicht folgende zwei Rundschreiben, die an die Vertreter Falls der Fürst oder seine Familie sich Euver Durchlaucht Allgemeinen Zeitung" geübte Kritik vertheidigen soll. Bedes Reiches im Auslande bezw. an den Wiener Botschafter Hause nähern sollte, ersuche ich Sie, sich auf die Erkanntlich spielt in den höfisch- diplomatischen Beziehungen vom Reichskanzler Grafen von Caprivi 1890 und 1892 widerung der konventionellen Formen zu beschränken, einer zwischen Bismarck und Alexander III. die Geschichte angeb verschickt worden sind. Sie lauten: etwaigen Einladung zur Hochzeit jedoch auszuweichen. lich gefälschter Aktenstücke eine Rolle. Es handelt sich um Diese Verhaltungsmaßregeln gelten auch für das Botschafts- die bulgarische Frage und jener, wie behauptet wird, sehr 1. Grlaß vom 23. Mai 1890 an sämmtliche personal. Ich füge hinzu, daß Se. Majestät von der geschickt gefälschten Ürkunden, aus denen ein doppeltes Spiel Raiserlich deutsche und Königlich preußische Hochzeit keine Notis nehmen werden. Euer 2c. find beauf des Reichskanzlers gegen Rußland sich hätte erweisen lassen. von dem Grafen Kálnoky Mittheilung zu machen. fragt, in der Ihnen geeignet scheinenden Weise sofort hier- Nun steht es aktenmäßig fest, daß Bismarck 1887 dem Zar den dokumentarischen Beweis der Fälschung liefern Graf von Caprivi mußte. Jezt fabelt er, verlogen oder vergeßlich, wir meinen
Missionen:
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Euer( Titel) wird nicht entgangen sein, daß gegen wärtige Stimmungen und Anschauungen des Fürsten von Bismarck , Herzogs von Lauenburg , mehrfach durch die Presse an die Deffentlichkeit gebracht worden sind. Wenn Der haarscharfe Gegensatz zwischen den zwei Akten- mehr verlogen als ein Opfer greisenhaften Gedächtnißdie Regierung Seiner Majestät in vollſter Anerkennung der stücken iſt ſinnenfällig. Es hat lange gedauert, bis der schwundes, Alexander III. habe dem wahrheitsliebenden Bismarck auf einfache Erklärung ohne Weiteres geglaubt. unsterblichen Verdienste dieses großen Staaismannes hierzu Reichsregierung der Geduldsfaden riß. Es lag den herrschenden Kreisen daran, den Haupt- Und so heißt es auch wieder in der Allgemeinen Zeitung " auf persönliche Verhältnisse und innere Politik beschränkten, verfechter und Hauptvertreter des herrschenden Systems zu( Nr. 186 vom 6. Juli): mußte sie sich, seit auch die auswärtige Politik davon berührt schonen. Ihn angreifen, heißt auch die Bourgeoisie, heißt wird, die Frage vorlegen, ob solche Zurückhaltung auch ferner den Klassenstaat angreifen. So ist man peinlich bemüht, zu rechtfertigen sei, ob sie nicht im Auslande schädlichen Sache und Persönlichkeit zu scheiden, nicht das System, sondern Mißdeutungen unterliegen könnte. Seine Majestät der den von ihm losgelösten Repräsentanten als Einzelnen zu Raiser sind indeß der Ueberzeugung, daß entweder von selbst kritisiren, den Streit als einen persönlichen zu kennzeichnen. eine ruhigere Stimmung eintreten oder aber der thatsäch- Einen Streit, den man in elfter Stunde noch sich beiliche Werth des von der Presse Wiedergegebenen mit der zulegen bemüht hat. Eine Versöhnung sollte herbeigeführt Zeit auch im Auslande immer richtiger werde gewürdigt werden, um Ruhe zu schaffen. Nicht so sehr gefährliche Es sei nicht zu befürchten, daß aus der Verbrei- Indiskretionen fürchtete man durch den Hader mit dem hing subjektiver, mehr oder weniger richtig aufgefaßter, turbrandenburgischen Vasallen" es zeigt sich, daß hie und da zweifellos absichtlich entstellter und zum Theil Caprivi auf einen Schelm anderthalbe sezt, die Fehde zu. Personen von anerkannter Feindschaft gegen Deutschland selbst schädigt den Monarchismus.
werden.
gethaner Aeußerungen ein dauernder Schaden entstehen Die Verdienste" Bismarc's um den Klassenstaat bleiben önnte. Seine Majestät unterscheiden zwischen dem Fürsten unbestritten, müssen unbestritten bleiben. So wird der geBismarck früher und jetzt und wollen seitens Allerhöchstihrer hässige, in ohnmächtiger Wuth sich verzehrende amtshungrige Regierung alles vermieden ſehen, was dazu beitragen könnte, Alte an den Pranger gestellt und vor allem Volk geder deutschen Nation das Bild ihres größten Staatsmanns stäupt.
3 trüben. Indem ich Euer( Titel) hiervon mit der Er Das ist das Ende des„ größten aller Deutschen ". Am mächtigung, erforderlichen Falls demigemäß sich zu äußern, Schandpfahl der Mann von 1864, 1866, 1870, am Schandin Kenntniß ſege, füge ich ergebenſt hinzu, daß ich mich pfahl der Vater des Kulturkampfs, des Sozialistengeseges, ber Hoffnung hingebe, es werde auch seitens der Regierung, am Schandpfahl der Chef der Ausbeuter und Zöllner, der in Bezug auf die Anschauungen des Fürsten Bismarck ein| bei welcher Sie aftreditivt sind, den Aeußerungen der Preise Schutzpatron des Militarismus am Schandpfahl. aktueller Werth nicht beigelegt werden. von Caprivi.
Reuß:
Im Hinblick auf die bevorstehende Vermählung des Grafen Herbert Bismarck in Wien theile ich Euer 2c. nach Vortrag bei Sr. Majestät Folgendes ergebenst mit:
Bismard au Se. Majestät den Kaiser fehlt es vor Allem an der unentbehrlichen Voraussetzung eines ersten Schrittes seitens des früheren Reichskanzlers. Die Annäherung würde| aber,
Feuilleton.
Machbruck verboten.]
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Der Lehrer wurde ernst und antwortete langsam: Gestern Abend hat es ein schlagendes Wetter gegeben. Der Fremde erinnerte sich des Gespräches wohl, das er heute Nacht gehört hatte. Herr Petit- Waudrü aber fuhr wehmüthig fort:
Ich habe traurige Ereignisse erlebt. Vor 30 Jahren hat das schlagende Wetter fünf Menschen in Bont- surSambre getödtet; sie sind unter der Erde geblieben. Vor 30 Jahren? fragte Jaquemin.
Ja, vor 30 Jahren.
Und fünf Bergleute sind unter der Erde geblieben? Man hat sie nie wiedergesehen.
Kennt man ihre Namen?
Also, wie gesagt, jene beiden Maßnahmen( Verbot der Lombardirung russischer Werthe durch die deutsche Reichsbank und die Polenausweisungen) hatten die Beziehungen zu der maßgebendsten Stelle Rußlands so wenig erschüttert, daß Raiser Alexander im Jahre 1887 die ganze Situation von dem einfachen" Ja" oder„ Nein" des Fürsten Bismarck abhängig machte und diesem„ Mein" bezüglich der gefälschten Aftenstücke absolut vertraute, ein Zeugniß, welches er im Jahre 1889 in bekannter Weise wiederholt hat. Wenn nun die„ Nordd. Allg. 3tg." entweder schlecht unterrichtet oder indiskret auf geheime Aftenstücke hinweist, welche als entgegengesetzte Zeugnisse" von russischer Seite vorliegen und eines Tages an das Licht der Deffentlichkeit treten tönnten", so lassen wir dahingestellt, inwiefern man in Rußland von diesen Andeutungen erbaut sein wird."
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Das ist teck gelogen. Und die Wahrheit sagt der
Eitelste und Amtswüthigste aller Menschen wohl etwa, wenn er schreibt:
„ Für den Fürsten selbst, der auf dieser Welt absolut nichts mehr erstrebt, kann die heutige Stellung des Reichskanzlers nichts Verführerisches haben. Ihm liegt an einem Personenwechsel gar nichts, sondern er wünscht nur nach seinen Kräften, nach seiner Kenntniß und seiner Erfahrung zur Besserung einer Politik beizutragen, die unsere Zufunft gefährdet; er will deren heutige Leiter bessern, nicht beseitigen."
Die Sozialdemokratie, die den Häuptling der inter nationalen Reaktion stets bekämpft und ihn als Volksfeind den„ Hamburger Nachrichten" vom 7. Juli weicht Saure Trauben, das ist des Räthsels Lösung. Und in gebrandmarkt hat, sieht mit kühlem Lächeln, daß die Gewalthaber von heute den einst Allmächtigen an die Schander muthig zurück und opfert einen seiner Trabanten, den des Henkers brennt auf seiner Stirn. Zum Kainszeichen Allgemeine Zeitung " herausgiebt. Otto der Held säule stellen und ihn mit Ruthen peitschen. Und das Eisen früheren Redakteur der„ Kölnischen Zeitung ", der in Köln jetzt die für die Bismarckerei gegründete West deutsche
das Brandmal, das ist das Ende vom Liede.
Politische Ueberlicht.
Berlin , den 7. Juli. Stets ein Komödiant, stets ein Feigling. Fürst Bismarck
veröffentlicht in seinem Münchener Organ, der
langen, dünnen Brotschnitten, die zusammengelegt, leicht mit Butter geschmiert und mit Käse belegt waren.
Das junge Mädchen erschien einige Minuten darauf und auf die Einladung des Herrn Petit- Waudru setzte man sich zu Tisch. IV.
erklärt:
Die Invektiven der offiziösen Presse gegen den Fürsten Bismarck nehmen vorzugsweise den Inhalt von Artikeln der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung " zur Grundlage, während nach Angabe des Berichtes über das Wiener Interview der Fürst das genannte Blatt nur in der Form der Ablehnung Der Mitverantwortlichkeit für die Artikel desselben erwähnt hat. Zu regelmäßigem Verkehr mit dem Fürsten in Friedrichsruh ist aus geographischen Gründen kaum eine andere der drei in
Der Schöffe war einer jener alten Gemeindebeamten, die in ihren Verwaltungsgeschäften ergraut sind und sie alle auswendig kennen.
Als er in sein Bureau zurückging, hörte er hinter sich Jemanden eintreten. Er wandte sich um und sah einen anständig gekleideten Mann mit ernstem Gesicht, den er nicht An demselben Novembermorgen hielt eine Equipage, fannte. Der Fremde erklärte, daß er gekommen sei, um in Pontbespannt mit zwei englischen Pferden und am Wagenbeschlag Jur- Sambre Wohnung zu nehmen und fügte hinzu, daß er mit eleganten Initialen versehen, gegen 10 Uhr am Ge- eine Erkundigung einziehen möchte. Der Schöffe forderte meinde- Amte in Bont- sur- Sambre. Ein Lakai sprang vom ihn auf, sich zu setzen und fragte nach seinem Namen. Der Bock, trat in das Gemeindehaus und kam gleich wieder Fremde reichte ihm darauf ein in rothes Leder gebundenes zurück mit einem Manne, der das Aussehen eines alten Heft. Das belgische Wappen war auf dem Einband einGemeindebeamten hatte. Gleichzeitig wurde ein Fenster der geprägt und unten las man in Goldbuchstaben den Namen: Equipage herabgelassen und eine grobe befehlshaberische Jean Jaquemin. Stimme sagte zu dem Beamten:
Herr Schöffe, ich theile Ihnen mit, daß ich abreise. Der Schöffe betrachtete etwas überrascht den Bettsack und die Decken, die das Innere des Wagens füllten und
fragte respektvoll:
Wird der Herr Bürgermeister lange abwesend sein? Vielleicht! ich reise nach London . Geben Sie mir gut acht während meiner Abwesenheit. Giebt es nichts Neues? Heute Nacht hat es im Schacht Nr. 15 den Anfang eines schlagenden Wetters gegeben.
Es entsprach das einer Verordnung, welche die Bergarbeiter für außerordentliche Verdienste auszeichnen soll. Jener Formel, mit der alle amtlichen Schriftstücke eröffnet werden: Leopold, König von Belgien , entbietet Allen, die in Gegenwart
und Zukunft Bürger und Bedienstete des belgischen Staates find, Gruß und Heil"; es folgte eine alphabetisch in Kolonnen geordnete Namensliste. Bei den Namen war die Art der Dienste angegeben, welche die mit Auszeichnung bedachten Arbeiter geleistet hatten, nebst dem Datum und dem Orte ihrer Geburt. Am Ende des Heftes befand sich ein vierfach zusammengefaltetes Pergament, welches das vom König unterzeichnete Patent darstellte und in dem unter dem Buchstaben J folgende Worte eingetragen waren:" Jean Jaquemin, Obersteiger. Zwanzig Jahre musterhaften Dienstes. Aufführung außerordentlich mäßig und rechtlich. Hat sich durch mehrere tapfere Thaten hervorgethau. Bei Srei Unglücksfällen hat er Arbeitern das Leben gerettet. Hat sich durchaus selbst unterrichtet. Im Alter von Die Fenster schlossen sich und die Pferde flogen davon. 30 Jahren benutzte er seine freien Stunden dazu, um
Einige Personen könnten sie Euch noch nennen. Die Namen der fünf Todten müssen auf dem Gemeinde Amt mit einer Geldstrafe belegt wird.
festgestellt worden sein.
Ich weiß! Ich habe angeordnet, daß der Schuldige Man hatte Lerouchat beschuldigt. Er scheint aber unThut nichts. Man darf Reklamationen niemals
Unruhe hervor. Diese Worte brachten bei Jaquemin eine leichte schuldig zu sein. Er erblaßte plötzlich, erhob sich, ging im
Ja, Herr Bürgermeister.
Bimmer hin und her, und als er am Spiegel vorüberging, nehmen. Ist das Alles? betrachtete er sich mit einem verstohlenen hastigen Blick. Augenblick brachte die alte Magd des Lehrers
In diesem
das Frühstück. Dasselbe bestand aus Zichorientaffee, Milch,
Es ist gut! Abfahren, Kutscher!
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