tveiter gewirMastet teerten. Richtig ist, die Südlinien abzulehnenund die Nordlinien der„Großen" zu übergeben!(Beifall und Zischen.)Stadtbaurat Krause: Die Hauptbegründung ist vom Magistratschon 1800 gegeben worden; auf alles das, was dort ausgeführt ist,hat sich Herr Jakobi nicht eingelassen. Das ganze Netz von 1900ist keineswegs gefallen; auch hier befindet sich Herr Jakobiim Irrtum. Die Nordlinie ist von einer wahren Flut vonPetitionen gefordert worden. Mit den Terrainschwierigkeiten würdeder Omnibus sich nur schwer abfinden können. Glaubl Herr Jakobidenn nicht an die Entwicklung Berlins? Die Zuschüsse aus demStadtsttckel für die Nordlinie würden vorübergehend sein, wenn wirsie bauen, baut sie die„Große", so wäre der städtische Zuschußdauernd zu zahlen. Sehr erstaunt bin ich, daß auch die Endliniejetzt Herrn Jakobi nicht mehr gefällt.(Zustimmung.) Haben wirerst die Ueberschreitung der Linden, so werden die Linienauch Herrn Jakobi nicht mehr zu kurz sein. Nehmen Sie dieMagistratsvorlage an, so tragen Sie dem Verkehrsbedürfnis Rechnung!(Beifall.)Stadtv. Cassel(A. L.): Auch wir sind für die Ausschußberatung,sonst aber geteilter Meinung. Ich persönlich begrüße die Vorlagemit großer Sympathie und würde heute gar nichts, weiter bemerken,da ja Ausschußberatung bevorsteht, wenn nicht der Kollege Jakobidie Vorlage nach allen Richtungen im einzelnen und allgemeinennach Kräften madig gemacht hätte.(Heiterkeit und Zustimmung.)Ich kann dem gegenüber die Ausführungen von Singer vonA bis Z. unterschreiben.(Hört! hört! und Beifall.) HerrJakobi ist sehr geschickt mit seiner Dialektik; wenner nur immer die ganze Wahrheit sagen wollte.(Be-wegung und Heiterkeit.) Es ist gar nicht die Rede davon, daßdas 1900 vorgeschlagene Netz gebaut werden müsse. Mitder Anschauung des Herrn Jakobi hätte er seiner Zeitder Erwerbung der Siemenslinien als einer Thorheit dieschärfste Opposition machen sollen— das ist aber nichtgeschehen.„Du sprichst vergebens viel um zu versagen, derandre hört von allem nur das Nein!" Ich bin als Gegnerstädttscher Bahnen in die Verkehrsdeputation hineingegangen; ich binzur entgegengesetzten Neberzeugung gekommen. Die neuen Liniensind nicht so schlecht, wie Herr Jakobi in seiner Einseitigkeites darstellt. Wie kann Herr Jakobi sich gegen denMagistratsvorschlag auf die Minderheit des Magisttats berufen?Und gar auf ein einzelnes Magistratsmitglied, das allein alle Sach-Verständigkeit besitzen soll! Wenn der Verkehr eine Linie erfordert,dann wird sie auch rentabel Iverden. Und wie kann Herr Jakobisich demselben Sachverständigen bei den Südlinien entgegenstellen? Und endlich, wenn wir die Nordlinie durchdie„Große" bauen lassen sollen, wie konnte man dann sounglaublich handeln, nicht schon 1901 sie ihr zu übertragen, wo siesie noch ohne jeden städttschen Zuschuß zu bauen verpflichtet war?(Sehr gut! und Große Bewegung.) Ein ähnlicher Schritt wie dieKonzessionsverlängerung wird sich kaum wieder ereignen. Darumhat die„Große" jetzt alles Interesse, uns an dem Bau zuhindern, weil sie damit unsre Konkurrenz endgülttg niederzuwerfenhofft. Ich hahe aber keine Lust, mich einer Gesellschaft auszuliefern,welche es fertig bekommen hat, hinter unserm Rücken dieKonzessions- Verlängerung auf 30 Jahre sich zu verschaffenund welche vier Wochen danach einen Ministerialdirektora. D. an ihre Spitze stellte; zu einer solchen Gesell-schaft habe ich kein Vertrauen.(Stürmischer Beifall aufverschiedenen Seiten.) Einer Gesellschaft, die soeben jenenProzeß gegen uns angestrengt hat, noch die von Herrn Jakobiempfohlene Konzession zu machen, die er selbst auf 660000 M. berechnet,das halte ich mitmeinem Gefühl von derWürde eines Gemeindevertretersfür unvereinbar.(Lebhaftes Bravo! und Händeklatschen.) Das Ab-gehen von dem Beschlüsse von 1900 wäre eine Kapitulation derGemeinde vor der Straßenbahn-Gesellschast, eine solche Politik mit-zumachen, fühle ich mich außer stände!(Andauernder Beifall.)Stadtv. Rosenoiv(N. L.) bekämpft gleichfalls die Ausführungendes Stadtv. Jakobi und weist namentlich auf die veränderteStellung der Polizeibehörde zu den kommunalen Projekten hin. DieNeue Linke hätte die Vorlage auch ohne Ausschußberatung angenommen.ES sei auffällig, wie gut Herr Jakobi auch über die Vorgängeim Magistrat orienttert sei; leider fehle heute sowohl der Ober-bürgermeister als auch der Bürgermeister, die doch die Angaben desHerrn Jakobi allein richtig stellen könnten. Hoffentlich bleibe HerrJakobi mit seiner eigentümlichen Stellung zu dieser Frage, die man imPublikum üherhaupt nicht begreifen werde, in der Versammlung isoliert.Der Vertrag mit der„Großen" sei ein einziger großer Fehler ge-ivesen; man sei es müde in Berlin, sich noch weiter von dieser Ge-sellschaft schlecht behandeln zu lassen. Die Neue Linke sei hereit,die Vorlage anzunehmen, wenn auch nur Teile von ihr zur Aus-führung gelangen; diese Erklärung schon jetzt abzugeben sei nötig,um das Begräbnis der Vorlage im Ausschuß zu verhindern. WasHerr Jakobi vorschlage, sei geradezu ein Weg nach Canossa.Stadtv. P reich(Soc.-Fortschr.): Herr Jakobi steht ftmt seinenAnschauungen leider nicht so isoliert, wie es scheinen könnte;die Anhänger des städtischen Betriebes sollen sich also nichtin falsche Sicherheit wiegen. Herr Jakobi als Socialpolittker fürden Norden glaubt wohl selbst nicht, daß er ernst genommen wird.Der Erwerb der Siemens-Linien war unrentabel wegen deshorrenden Agios, das wir zahlen mußten; wir mußten aber damalskaufen, um zu verhindern, daß der Ring des Privatmonopolssich schloß, und heute steht die Frage zur Entscheidung, ob das Privat-Monopol Herr werden soll.Stadtv. Jakobi repliciert auf die Angriffe der Stadtvv. Cassel,Rosenow und Preuß. Wenn er hervorgehoben habe, daß die Vorlage imMagistrat nur mit einer Sttmme Mehrheit angenommen sei, so habe ernur Revanche genommen, denn bei einer andern Gelegenheit habeauch der Magistrat sich der Versammlung gegenüber dieses Mittelsbedient. Herr Rosenow habe seiner Zeit den Vertrag mitder„Großen" nur abgelehnt, weil er mit seiner inzwischenall absurdum geführten Ansicht über die Accumulatoren nicht durch-gedrungen sei.Stadtv. Caffel: Die Treptower und Pankower Linie sindseiner Zeit nicht unter der unbedingten Voraussetzung er-warben worden, daß die Ueberführung über die Linden sicher-gestellt sei. In seiner Replik auf den Stadtv. Jakobi hebt Rednerdann noch hervor, daß die Aussührungen des Stadtv. Singer sichheute lediglich auf dem Boden der bestehenden Verhältnisse bewegthätten.Stadtv. Singer: Ich bemerke nur noch, daß ich meinenprincipiellen Standpunkt nicht etwa auch nur iin geringsten auf-gegeben hätte, wie man aus gewissen Andeutungen des Vorrednersschließen könnte. Ich sehe im Gegenteil die Borlage als einen Sieguusrer Anschauungen an.Die Vorlage geht darauf an einen Ausschuß von 1ö Mitgliedern.Schluß nach Vzlv Uhr.Hus Induftnc und Handel.Die Beteiligung des deutschen Bankkapitals an der rumänischenPetroleumindustrie wird immer ausgedehnter. Nachdem die Diskonto-gesellschaft neben verschiedenen kleineren Beteiligungen die TelegaOil Co. unter ihre Fittiche gebracht und die Deutsche Bank die„Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft" mit einem Kapital von20 Millionen Mark begründet hat, ist nun auch die Dresdener Bankim Verein mit dem A. Schaaffhausenschen Bankverein zur Beteiligungau diesem Geschäftszweig übergegangen. Offiziell teilt darüber derSchaaffhausensche Bankverein folgendes mit:„In Bukarest hat gestern die Gründung der„Petroleum-Aktten-Gesellschaft Campina" mit einem Grundkapital von 6 000 0000 Leistattgefunden. An der Gründung sind beteiligt: der A. Schaaff-hausensche Bankverein, die Dresdener Bank, Se. Durchlaucht FürstGuido Henckel v. Donnersmarck, der Geh. Kommerzienrat Fritz Fried-länder in Berlin, die Bankfirma A. Levy in Köln, Hector Economosin Bukarest und Paris und die Internationale Bohrgcsellschaft inErkelenz. Die neue Gesellschaft Hai die sehr wertvollen PetroleumKonzessionen des Herrn Hector Economos in Campina, Moroni undEdera in Rumänien übernommen und wird, nachdem durch mehrfacheBohrungen«in reiches Petroleumvorkommen konstattert ist. mit einerintensiven Ausbeutung der Oelterrains alsbald vorgehen. Die technischeAusführung der notwendigen Arbeiten wird durch die InternationaleBohrgesellschaft in Erkelenz durchgeführt werden."Deutschlands Außenhandel in den Monaten Januar bis April1904 hat im Vergleich zu den ersten vier Monaten des vorigen Jahresbettächtlich zugenommen. Nach dem vom kaiserlichen StatistischenAmt herausgegebenen Apcilheft 1904 der monatlichen Nachweise überden auswärtigen Handel des deutschen Zollgebiets beträgt in denersten vier Monaten des laufenden Jahres:1. Die Einfuhr in Tonnen zu 1000 Kilogramm: 14 193 176gegen 13 441 186 und 12 169 346 im gleichen Abschnitt der beidenVorjahre, daher mehr 766 990 und 2 033 830 Tonnen. Edelmetall-Einfuhr: 373 gegen 398 und 367. 27 von 43 Zolltarifnummernzeigen eine Einfuhrzunahme. Unter diesen ragen hervor: Erden,Erze(-ff 620 413), Holz(-ff 216 341), Eisen(-ff 26 733), fernerKohlen, Instrumente, Maschinen und Materialwaren, während Ge-treide und andre Landbau-Erzeugnisse einen größeren Ausfallbrachten.2. Die Ausfuhr in Tonnen zu 1000 Kilogramm: 12 473 164gegen 12 058 974 und 10 164 296 im gleichen Abschnitt der beidenVorjahre, daher mehr 419 190 und 2 313 863 Tonnen. Edelmetall-Ausfuhr: 137 gegen 140 und 136. Bei 28 Zolltarifnummern isteine Ausfuhrzunahme verzeichnet, namentlich bei Kohlen(-ff 531 190),Getreide und andren Landbau-Erzeugniffen(-ff 166 992 wegenstärkerer Kartoffelausfuhr nach Großbritannien, Belgien und denNiederlanden sowie erhöhter Roggen- und Haferausfuhr). StarkeAusfälle zeigen Eisen und Eisenwaren(— 275 263, woran besondersRoheisen, Eisenbahnschienen, Rohschienen, Stabeisen, Eck- undWinkeleisen, Brecheisen beteiligt sind) und Materialwaren(— 105 233, wovon mehr als 70 000 Tonnen auf Verbrauchszuckeraus Rüben entfallen).—Victoria, Allgemeine Versicherungs- Aktien-gesellschaft, Berlin. Die am 31. Mai abgehaltene General-Versammlung genehmigte die Verteilung des in dem Geschäftsjahre1903 erzielten Ueberschusses entsprechend dem Vorschlag der Ver-waltung. Dieser Ueberschuß belief sich auf 20 790 357 M.(im Vorj.18 210 461 M.). Es erhalten davon die Mionäre eine Dividendevon 270 M. pro Aktie und die mit Gewinnanteil Versichertenzusammen 19 164 862 M. und zwar werden aus dieser Summe ent-nommen für die gewinnanteilsberechtigten Versicherten der Unfall-versicherungs-Abteilung 40 Proz., der Volksversicherungs-Abteilung25 Proz. der gezahlten Jahresprämie, ferner für die mit Gewinn-anteil auf den Todesfall Versicherten der Abteilung für größereLebensversicherungen eine Dividende von 3 Proz. der Summe derfür jede Versicherung seit deren Beginn gezahlten Jahresprämien.Die Gesamtzahl der in der Lebens- und Uufallversicherungs-Abteilung eingereichten Versicherungsauttäge betrug laut Geschäfts-bericht 508 924, wovon auf die LebensversicherungS- Abteilung463 901 Anttäge mit einer Versicherungssumine von 197 014 235 M.entfallen. Die Gesamteinnahme an Prämien und Zinsen betrug95 080 296 M.Was ist unter Fabrikpreisen zu verstehen? Ueber diese Fragehat die Handelskammer zu Liegnitz ein Gutachten abgegeben, dasvon allgemeinem Interesse sein dürfte. Ein Kausinann hatte, wieaus Schlesien gemeldet wird, inseriert, daß er seine Waren zuFabrikpreisen der Kundschaft abgäbe. Diese Behauptung wurde vonleinen Konkurrenten als unwahr bezeichnet und der Kaufmann wegenunlauteren Wettbewerbs angeklagt. Die Handelskammer gab ihrGutachten dahin ab:„Wenn Kaufleute von der Branche des Be-klagten bekannt machen, daß sie zu Fabrikpreisen verkaufen, so dürfensie die Waren nur zu den Preisen verkaufen, die sie ihnen selbstkosten. Sie dürfen für sich nur diejenige Provision in Anspruchnehmen, die ihnen die Fahrik, sei es durch Barzahlung oder wegenkurzen ZahlungSzieles, bei der Bezahlung prozentual vom Fabrik-Engrospreis abläßt. Keineswegs sind hier unter„Fabrikpreisen"diejenigen Preise zu verstehen, zu denen die Fabrik an Private ver-kauft." Das gerichtliche Urteil ging dahin, daß dem Beklagten auf-gegeben wurde, in seinen öffentlichen Ankündigungen die Angabe„zuFabrikpreisen" zu unterlassen; für jeden Fall des Zuwiderhandelnswurde ihm eine Strafe von 20 M. angedroht.Versammlungen.Fünfter Wahlkreis. In der am Dienstag im„Alten Schützen-Hause" abgehaltenen stark besuchten Versammlung dessocialdeni akratischen Wahlvereins wurde zunächst dieAufnahme von 61 neuen Mitgliedern bekannt gegeben und gut-geheißen. Sodann verlas der Vorsitzende das Wahlresultat aus dem32. und 40. Kommunal-Wahlbezirk. Bei der Verkündung des soüberraschend günstigen Stimmvcrhältnisses herrschte allgemeineFreudo über diesen schönen Wahlsieg der Partei, und ein einmütigesBravo der Anerkennung wurde den Genossen des Sechsten zu teil.Hierauf sprach Stadtverordneter Dr. Wehl über„Freisinnige Helden-thaten im roten Hause". Die scharf pointierten Ausführungen desReferenten fanden unter der Einwirkung des vorhin publiziertenKommunal-Wahlsieges eine besonders beifällige Aufnahme.— Alsdann gab Genosse Davidsohn bekannt, daß 34 Mitglieder wegenunentschuldbaren Fernbleibens von den vorjährigen Landtags- undStadtverordnetenwahlen ausgeschlossen worden sind. DenAusgeschlossenen steht die Berufung an die nächste Generalversamm-lung frei. In der Diskussion über diese Maßregel wurde es allseitigauf das schärfste verurteilt, daß es überhaupt noch Mitglieder einessocialdemokratischen Vereins geben konnte, die aus nichtigen Gründenihre selbstverständliche Wahlpflicht so gröblich vernachlässigen. Esmüßte dies um so mehr auffallen, als die Pflichtvergessenen in einemDurchschnittsalter von über 34 Jahren stehen und auch durchschnittlichbereits über ein Jahr der politischen Organisation angehört haben.Abgesehen von den Geschäftssocialisten, die angeblich aus geschäst-lichen Rücksichten der Wahl ferngeblieben sind, hat auch ein Arbeiter,der als Wahlmann gewählt war, bei der Hauptlvahl gefehlt. EinFriseur hat der Untersuchungskommission ganz naiv erklärt, er habeam Wahltage seinen Hund spazieren führen müssen und daher dieWahl versäumt; und ein Arbeitsvermittler für das Fleischergewerbehat sogar freisinnig gewählt. Tie Namen der Ausgeschlossenen sind:Hermann Arbeitlang, Lederarbeiter; Rudolf Braun, Tapezierer;Gustav Drochner, Arbeiter; Karl Kemmnitz, Händler; Franz Klein,Heizer; Hermann Kloß, Gürtler; Adolf Koßmann, Friseur; BernhardLewh, Cigarrenmacher; August Lietze, Arbeirer; Franz Paulick, Schrift-setzer; Hyroniemus Thorak, Arbeiter; August Tottlehen, Schneider;Wilhelm Wehrsig. Arbeiter; Emil Belter, Gastwirt; Otto Caspari,Bierabzieher; Karl Hennig, Hausdiener; Otto Hinz, Cigarrenhändler;Otto Koster, Milchhändler; Max Münch, Arbeiter; Ernst Platen,Plättereibesitzer; Waldemar Schumacher, Galvaniseur; Paul Ftz'd-ler, Klempner; Epnl Löfsler, Kassierer; Wolfgang Brieschwitz,Schlosser: Wilhelm Dölz, Hausdiener; Wilhelm Grübler, Schankwirt;Alfred Hähnel, Gastwirt; Paul Pottschiepel, Pfefferküchler; FritzRöbbeling, Uhrmacher; Joseph Clemens, Schuhmacher; HermannHaningk, Restaurateur; Joseph Clemens, Schuhmacher; Hermannmann, Musiker; Karl Pfeffer, Kaufmann. Von der Versammlungwurde der Ausschluß vorstehender Personen gegen eine Stimme ge-billigt. Unter Verschiedeues wurde noch mitgeteilt, daß am nächstenSonntag für die Mitglieder der vierten bis siebenten Abteilung einBesuch der Arbeiter-Wohlfahrts-Ausstellung in Charlottenburg inAussicht genommen ist.Der Streik der Metalldrücker bei der Firma Kirchner war dererste Punkt der Tagesordnung einer stark besuchten Metall-drücker-Versammlung, die am Mittwoch im Gewcrkschafts-Haus tagte. Dieser Werksttibenstreik hängt gewissermaßen mit demallgemeinen Metalldrückerstreik vom vorigen Jahr zusammen. Alsdmnals die Drücker die Arbeit wieder aufnahmen, fanden sie bei dergenannten Finna einen ihrer Kollegen als Meister, uno außerdemeinige andre Streikbrecher vor und ein Teil der Streikenden wurdenicht wieder eingestellt. Daß unter solchen Umständen ein gespanntesVerhältnis in der Werkstube herrschte, ist selbstverständlich. Zudemsuchte die Firma bei Festsetzung von Akkordpreisen die früher üblicheMitwirkung der Arbeiter— die doch als Verkäufer ihrer Arbeits-kraft vernünftigeriveise ein Mitbestimmungsrecht hierzu haben müßten— einfach auszuschalten, was ihr jedoch nicht ganz gelingen wollte.Die Streikbrecher waren thöricht genug, die organisierten Drücker, ihrerBemühungen, eine gerechte Preisfestsetzung aufrecht zu erhalten, wegen,zu verhöhnen und sie zu verraten. Die Firma suchte ihre Preis-drückereien auch dazu zu benutzen, einen ihr mißliebigen Arbeiterhinaus zu drängen; sie suchte Uneinigkeit unter den Kollegen hervor-zurufen, indem sie einem einen Zuschlag auf eine Arbeit gewährte.den sie andern versagte. Unheilvoll griff bekanntlich auch hier derKühnemännerverband ein, der dem Arbeitgeber vorredete, er hätteseine Arbeiter durch gute Preise verwöhnt. Thatsächlich hatten einzelnebesonders geschickte. Drücker bei der Firma ca. 40 M. pro Woche ver-dient, ein sür Berliner Verhältnisse und für intensive Arbeit tüchtigerFacharbeiter gewiß nicht zu hoher Lohn; andre Drücker verdientennur 21— 24 Mk. Es ist bereits erwähnt worden, wie der Kühne-männerverband die Streikenden zu einer Verhandlung nach seinemBureau in der Dresdenerstraße einlud, jedoch in seiner zum Prinziperhobenen Ungerechtigkeit die Teilnahme eines Vertreters des Metall-arbeiterverbandes ablehnte; und wie die Geladenen dann auf die Ver-Handlung verzichteten. Es sind jetzt 6 Streikbrecher bei der FirmaKirchner thätig, teils solche Leute, die unter andern Umständen kaumeingestellt worden wären und der Firma wohl nicht viel Nutzenhringen werden.— Ter Branchen-Vertrauensmann B e h r e n d.der die Lage schildette, sprach sich ebenso wie die ihm folgenden Rednerfür Fortsetzung des Streiks aus. Die Versammlung erklärte ein-stimmig den Streik für gerechtfertigt und forderte die Kollegen auf,ihn fortzusetzen.In der Diskussion wurde auch über die allgemeine Lage im Be-rufe, sowie über Vorgänge bei andern Firmen gesprochen. Cohenteilte mit, daß die Firma Feister unter anderm in einem Ham-burger Blatt unter einer Chiffre nach Metalldrückern verlangt. AufAnfrage verspricht sie den Reflektanten einen Wochenverdienst von30— 40 M., in Krankheitsfälle» einen Zuschuß, der das Krankengeldauf 30 M. wöchentlich erhöht, sowie verschiedene andre Ver-günsttgungen, aber nur unter der Bedingung, daß der Arbeiter keinerden Unternehmern feindlichen Organisation angehört. Mit Rechtstellte ein Drücker, der dies Angebot erhielt, auch an den Unternehmerdie Bedingung, nicht dem arbeiterfeindlichen Unternehmerverband an-zugehören. Eine andre Firma hat ihren Arbeitern jüngst das Lesendes„Vorwärts" und der„Metallarbeiter-Zeitung" verboten. Diese,sowie viele andre Thatsachen deuten darauf hin, daß die Unternehmerjetzt bei den: schlechten Geschäftsgang gern einen allgemeinen Streikprovozieren möchten. Die Arbeiter werden selbstverständlich den Herrennicht den Gefallen thun und jetzt streiken. Die Versammlung gabübrigens durch ihren zahlreichen Besuch und ihren Verlauf den Be-weis, daß die Drücker durch die Niederlage im vorigen Jahr unddurch die darauf folgenden Chikanierungen durchaus nicht mutlos ge-macht worden sind, und daß sie ihr gesetztes Ziel nicht aus den Augenverlieren.Bekanntlich ist der Streik im vorigen Jahr nicht ganz verlorengegangen, da eine große Anzahl Firmen einen Tarifvertrag mit demMetallarbeiterverband abgeschlossen hat. Diese Firmen sind durchauskonkurrenztüchtig geworden und offenbar mit dem Vertragsverhältnisim allgemeinen zufrieden; in der Sitzung der Schlichtungskommission,die am vorigen Freitag stattfand, äußerte ein Arbeitgeber-Vertreterden Wunsch, es möge nun auch für die außer den Drückern undGürtlern in den Betrieben thätigen Arbeitern ein Tarifvertrag ge-schaffen werden. Wie B e h r e n d weiter berichtete, wurde in derSitzung über einige strittige Punkte des Tarifvertrags beraten. Be-schlössen wurde, daß die Bestimmung, wonach der Arbeitgeber einemneueingestcllten Arbeiter gegenüber in den ersten 14 Tagen bei Akkord-arbeit nicht verpflichtet ist, den Minimallohn zu garantieren, auf Lohn-arbeiter keine Anwendung findet. Ferner wurde festgelegt, daß dieProzente für Ueberstunden nach neunstündiger Tagcsarbeit gezahltIverden müssen. Die nächste Sitzung der Schlichtungskommission wirdsich mit Verstößen einzelner Arbeitgeber gegen den Tarif befassen.—Außerdem wurden in der Versammlung die von den Hirsch-Dunckerschen gegen die Leiter des vorjährigen Streiks verbreitetenVerleumdungen erwähnt und die Feigheit gebrandmarkt, mit der sichdie Urheber um eine gerichtliche Belangung herumdrücken.Letzte Nachrichten und Dcpefchen.Stichwahl-Ergebnis a«S dem Wahlkreise Straßburg-Land.Straßburg i. Elf., 2. Juni.(W. T. B.) Bei der heutigenReichstags-Stichwahl im Wahlkreise Straßburg-Land erhielt Rechts-anwalt Blumenthal- Colmar(Demokrat) 9385, Redakteur H a u ß-Sttatzburg(Elf. Landespartei) 8624 Stimmen. Blumenthal istsomit gewählt._Straßbnrg i. E., 2. Juni.(W. T. B.) Auf Grund des§ 2des Preßgesetzes für Elsaß-Lothringen ist die Verbreitung derPariser Zeitung»Le Matin" in Elsaß-Lothringen verbotenworden.Saalfeld, 2. Juni.(B. H.) Seit heute früh 4 Uhr steht einTeil der Maschinenfabrik Jrmscher in Flammen. Das Feuer brach inder Gießerei aus._Die Aussperrung der Bauarbeiter in Wien beendet.Wien, 2. Juni.(B. H.) Die Aussperrung der Bauarbeiterist b e e n d e t, da die Meister den verlangten Minimallohn von4 Kronen bewilligten._Französische Deputiertcnkammer.Paris, 2. Juni.(W. T. B.) Das Haus berät das Gesetzüber die zweijährige Dienstzeit. Kriegsminister Andre hält dieeinwöchigen und dreiwöchigen Uebungen der Reservisten für aus-reichend. Der Minister stimmt der Kommission hinsichtlich der vor-gesehenen Zahlen für den Unteroffizier-Ersatz zu und erörtert danneinige Einzelheiten, bezüglich deren er sich mtt der Kommission nichtin Uebereinstimmung befinde, besonders bezüglich der Schüler vonSt. Cyr und derjenigen des Polytechnikums, die nur ein und nichtzwei Dienstjahre abgelegt hätten, bevor sie zu Offizieren ernanntwürden. Der Minister schließt mit der Erklärung, daß die Zu-sammcnsetzung der Compagnien keine Aenderung erleiden werde.—Jaures(Soc.) stellt fest, daß der Fortschritt und die Ideen derGleichheit eine gleiche Dienstzeit für alle notwendig machten. Rednermbekäpft das System des einjährigen Dienstes, welches die Schaffungzahlreicher Berufssoldaten fordern würde, und erkennt an, daß dasGesetz über die zweijährige Dienstzeit einen Fottschritt bedeute.(Beifall auf der äußersten Linken.) Redner schließt mit der Bitte,daß die Kammer den Wortlaut des Gesetzes annehme, um die Ab-stimmung hierüber zu beschleunigen.— Hierauf wird die General-debatte geschlossen.— Villeneuve beantragt alsdann, daß der Gesetz-cntwurf dem Oberen Kriegsrat zur Meinungsäußerung überwiesenwerde. Kricgsminister Andre spricht sich gegen den Antrag aus,der mit 335 gegen 224 Stimmen abgelehnt wird. Die Dringlich-keit der Beratung des Gesetzes wird hierauf mit 425 gegen22 Stimmen angenommen._Paris, 2. Juni.(W. T. B.) Eine offiziöse Note meldet, derNuntius Lorenzelli habe auch dem gestrigen Empfange bei demMinister des Auswärtigen, Delcasss, nicht beigewohnt, ebensosei der mit der Erledigung der Geschäfte der französischen Botschaftbeim Vatikan betraute Legonssekretär de Courccl dem Empfangebeim Staatssekretär Merry oel Val ferngeblieben.Berantw. Redakteur: Paul Büttner, Berlin. Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Paul Singer LiCo.. Berlin SW. Hierzu 2 Beilagen«. Unterhalt»«