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Haltung aufzugeben, sie sind der Ansicht, dah sie leinerler Schwierig­keiten haben werden, das erforderliche Material prompt geliefert zu erhalten. Einige der Roheisen-Produzenten im Süden haben, trotz- dem sie mit ihren Preisen zurückgegangen sind, keine Aufträge er- halten. Von den Hochofenwcrken im Norden halten noch einige an ihren Preisen fest, während andre ebenfalls eine Reduktion eintreten liehen. Der Umsatz in schweren Eisen- und Stahlprofilen ist noch immer sehr gering. Kleine Umsätze wurden in Stahlschienen gemacht, während der Umsatz in Konstruktions-Eisen zurückgegangen ist. Für Platten wird vielfach auf einen Rückgang der Preise gerechnet. Das Geschäft in Trahtprodukten ist ebenfalls schwächer. Das gleiche gilt von Blechwalzwerken, wogegen die Weißblech- und Röhrenwalzwerke sehr stark beschäftigt sind. Bestätigt wird diese Situationsschilderung durch die aus New Jork einlaufende telegraphische Meldung, dah in der vergangenen Woche 28 Hochöfen in den Vereinigten Staaten aufs Neue ausgelöscht worden sind. Auch die Eisenbahnen schreiten, da sich der Frachtverkehr noch immer vermindert, erneut zur Entlassung von Arbeitern und Beamten. Die Pennsylvania -Bahn hat auf ihren westlich von Pittburg gelegenen Linien nochmals 1100 Angestellte entlassen. Saarabien vor Gericht. (Privat-Depeschen desVorwärts".) St. Johann, 3. Juni. Der Prozeß Krämer begann Freitagmorgen 9 Uhr. Vorsitzender ist Landgerichtsrat Heidemann, Staatsanwalt Freytag, Verteidiger Rechtsanwalt Heine-Berlin. Bergwerks-Direktor Hilger tritt als Nebenkläger auf mit Rechtsanwalt Trier -Zweibrücken und Lanser- St. Johann. Die Zahl der Zeugen beträgt über 100, Entlastungs- zeugen. Angeklagter Krämer giebt an, der Zweck seiner Aktion sei die Werbung für den Bergarbeiter-Verband und die Bekämpfung der Arbeiterentrechtung. Er will das System bekämpfen, nicht Personen. Krämer war 18 Jahre lang fiskalischer Bergmann und bisher un- bestraft. Er wurde gematzregelt, weil er eine Bergarbeiter-Ver- sammlung besucht hatte. Darauf hat er die Flugblätter heraus- gegeben, die auf Antrag des BergfiskuS konfisziert wurden. Das Gericht hat 30 Entlastungszeugen abgelehnt. Rechtsanwalt Heine beantragt deren Ladung, da die Anklage sich gegen die Flugblätter als Ganzes richtet. Das System im Saar - gebiet soll aufgedeckt werden. Der Staatsanwalt widerspricht. Das Gericht behält sich eine spätere Beschlußfassung vor. Es kommt zu einem Rcncontre zwischen Heine und dem Staatsanwalt. Letzterer behauptet, das Centrum habe im Landtage die Nieder- läge im Lehnen-Prozeß verwischen wollen. Heine erwidert, der Grrichtssaal sei kein Platz für politische Reden. Wenn der Ankläger Aufklärung wolle, dann dürfe er keine Einschränkung der Beweis- aufnähme wollen. Hilger giebt die Maßregelung der Bergleute zu. Sie hätten eine socialdemokratische Versammlung besucht. Das würde nicht geduldet. Der Bergarbeiterverband sei socialdemokratisch. Es ständen Socialdemokraten an seiner Spitze. Heine fragt Hilger, ob der Bergfiskus nationalliberal sei, weil Hilger nationalliberaler Führer ist. Hilger giebt keine Antwort. Die Zeugenvernehmung beginnt mit Bekundungen über Wahlbeeinflussungen bei den Reichs- tagswahlen. Bergleute, andre Arbeiter und Pfarrer erklären, es sei den fiskalischen Arbeitern freie Wahl unmöglich gemacht. Stimmzettelverteilung sei nur den National- liberalen gestattet. Nur nationalliberale Zeitungen seien in den Werkshäusern gestattet. Hilger gesteht ein, das Lesen ihm nicht passender Lektüre den Arbeitern untersagt zn haben. R.-A. Heine meint darauf, hiermit sei eigentlich schon bewiesen, was Krämer behaupte. Hilger habe weitere Zeugen über- flüssig gemacht.(Heiterkeit im Zuhörerraum.) Der Vorsitzende droht mit Räumung. Werksbeamte als Zeugen bestreiten die Wahlbeeinflussung, sie sei nicht amtlich". Arbeiterzeugen bekunden, daß die Bergleute zur Wahl in Trupps geführt. Die Annahme andrer als nationalliberaler Zettel sei verboten. Das Lesen von Centrums- und Arbeiterblättern sei verboten. Hilger sagt, das Verbot bestehe seit 1893, weil das Centrum aufwiegle. Buchdrucker Artmann bekundet, die Bergleute seien in Kolonnen zur Wahl gebracht. Sie hätten wählen müssen wie die Vorgesetzten. Die Verhandlung wird um 1 Uhr unterbrochen und bis S Uhr vertagt. Der Prozeß wird mehrere Tage dauem. GerieKts-Leitung. Wer ist der Thäter? Eine sensationelle Verhandlung, welche einen verhängnisvollen Justizirrtum aufdecken sollte, hat am gestrigen Freitag vor dem Kriegsgericht der I. Garde-Jnfanterie-Division statt- gefunden. Es handelte sich darum festzustellen, ob ein bisher un- vescholtener Mann durch drei Instanzen hindurch unschuldig verurterlt ist oder nicht. Der Thatbestand ist folgender: Am 29. Oktober 1903 wurde der Füsilier Ferdinand Nahm von der 8. Compagnie des Garde- Füsilier- Regiments wegen einfachen Diebstahls, begangen zum Nachteil eines Kameraden, von dem Kriegsgericht der I. Garde- Infanterie- Division zu vier Wochen strengem Arrest und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes verur- teilt. Zt. sollte dem ebenfalls auf der Stube 23 liegenden Füsilier Piekenhagen in der Nacht vom 20. zum 21. September 1903 das unter dem Kopfkissen liegende Portemonnaie mit 9 M. Inhalt ge­stohlen haben. Der Bestohlene sowie mehrere Zeugen bekundeten damals einwandsfrei, daß nur Nahm der Dieb gewesen sein könne. Der bestohlene Piekenhagen sagte aus, daß er in jener Nacht gegen i Uhr durch ein leises Geräusch aufgeweckt worden sei. Da habe ein Mann im Hemde vor ihm gestanden, der dann um mehrere Betten der Korporalschaftsstube herumgelaufen sei, und schließlich auf einen Schemel, der vor dem Bett des Füsilier Nahm gestanden, gestiegen wäre und sich dann in das Bett des Nahm gelegt habe. Er habe deutlich erkannt, daß N. dieser Mann gewesen. Dieser Bekundung schloß sich auch der Gefteite Diehl an. Piekenhagen behauptete dann weiter, daher alsbald aufgesprungen und den merkwürdigen Nachtbesucher bis zu dessen Bett verfolgt habe. Er wäre an das Lager des Nahm heran­getreten, habe ihn am Arm gefaßt und gefragt, ob er denn wach gewesen sei. Dies habe der Befragte verneint. Vielmehr wäre Rahm aufgesprungen und zum Unteroffizier Freise gelaufen um dem- selben seinerseits mitzuteilen, daß er von P. geweckt und in so an- züglicher Weise gefragt worden wäre. Der Vorgesetzte habe beiden bedeutet, sich ins Bett zu legen und zu schlafen. Als am nächsten Morgen die Füsiliere ihr Bett machten, vermißte Piekenhagen sein Portemonnaie mit 9M. Inhalt; der leere Geldbehälter wurde später zwischen den Betten zweier andrer Füsiliere gefunden. Der Verdacht der Thäterschast fiel auf den Füsilier Nahm, der Bursche beim Lieutenant von Falk war. Der Angeklagte leugnete hartnäckig und behauptete, daß ein Racheakt des P. vorliege, der ihm nicht wohl gesinnt ist. Da aber alle Zeugen sich über den Angeklagten ungünstig aus- sprachen und er nicht einen einzigen Entlastungszeugen beibringen konnte, so gewann das Kriegsgericht die volle Ueberzeugung von seiner Schuld. Ja es hob sogar in seinem Urteil als strafschärfend das hartnäckige Leugnen hervor. Der Verurteilte legte gegen diesen Spruch Berufung bei dem Ober-Kriegsgericht des Gar'decorps ein. Aber die Hauptverhandlung dieser Instanz kam genau zu demselben Ergebnis wie das Kriegsgericht. Am 21. November 1903 wurde das Urteil rechtskräftig. Nun stellte Nahm den Antrag wegen Wiederaufnahme des Ver- fahrens beim Reichs-Militärgericht. Der erste Senat dieser höchsten Militärgerichts-Behörde beschloß jedoch den Antrag als unbegründet zu verwerfen. Die Feststellung des Diebstahls sei durch die Aus- sagen der Zeugen Diehl und Piekenhagen erwiesen. Der letztere habe in dem Gang und der Haltung des vor ihm im Hemde stehenden Mannes deutlich den Nahm erkannt. So mußte sich der Verurteilte in sein Schicksal fügen. Er verbüßte die vier Wochen strengen Arrest und wurde, da er in der zweiten Klasse des Soldatenstandes versetzt worden war, in die Disciplinarabteilung des Garde-Corps nach Spandau überführt. Am Anfang April diesen Jahres erhielten der Kaiser und der Kronprinz anonyme Briefe, die sich mit der Affaire Nahm beschäftigten. Die Schreiben wareir vom 8. April des Jahres datiert und ohne Unterschrift. In dem Briefe an den Kaiser heißt es:Ich will Ew. Majestät mitteilen, daß Nahm unschuldig ist, ich bin zur Reserve entlassen, diente in derselben Compagnie des Garde-Füsilier- Regiments, und wußte, daß Piekenhagen viel Geld hat. Ich habe mich in jener Nacht an sein Bett geschlichen und habe das Geld gestohlen." Dann folgt in diesem Briefe die ausführliche Beschreibung, wie der sich selbst denunzierende Dieb die That verübt hat. Zum Schluß heißt es:Ich versichere Ew. Majestät, daß Nahm das Geld nicht genommen hat. Ich bin jetzt beim Civil und werde arbeiten, bis ich dem Bestohlenen das Geld wieder zurückerstatten kann." Der Brief an den Krön- Prinzen lautet ähnlich; es wird darin zum Schluß die Bitte aus- gesprochen, der Kronprinz möge wegen Nahm mit dem Kaiser sprechen. Seinen Namen wollte der Briefschreiber nicht nennen, da er dann selbst unglücklich werden würde. Das Militärkabinett sandte diese beiden Schreiben an das Garde-Füsilier-Regiment, und der Hauptmann der 8. Compagnie, Herr v. Witzleben, ermittelte den Briefschreiber alsbald. Es war sein eigner Bursche, der Füsilier Vincenz Kuropka. Derselbe wurde sofort verhaftet, leugnete jedoch hartnäckig. Erst am 21. April ließ sich der Inhaftierte dem die Untersuchung führenden Kriegsgerichtsrat Dr. Ullmann vorführen und legte vor demselben folgendes Geständnis ab: Nahm sei unschuldig, er habe den Diebstahl begangen. Die That habe sein Gewissen schwer bedrückt. Er sei Katholik und habe sein Vergehen einem Geistlichen gebeichtet. Der Pfarrer habe ihm aber keine Absolution erteilt und ihm geraten, durch ein offenes Geständnis seinem Vorgesetzten gegenüber sein Gewissen zu erleichtern. Da sei er, um sich selbst zu schützen und dem Kameraden Nahm zu helfen, auf die Idee gekommen, an den Kaiser und Kronprinzen zu schreiben. Später hat Kuropka dieses Geständnis zurückgenommen. Die jetzige Verhandlung gestaltete sich wiederum sensationell genug. Sie richtete sich gegen Kuropka, der ebenfalls wegen einfachen Diebstahls, begangen an einem Kameraden, angeklagt war. Kuropka erklärte, dah er nicht der Thäter sei; er habe in der fraglichen Nacht geschlafen. Bezüglich der an den Kaiser und Kronprinzen ge- schriebenen Briefe, zu deren Verfasser er sich bekennt, behauptet er, dah er dem Nahm befreundet gewesen. Dieser habe ihm leid gethan, er habe geglaubt, ihm aus der Verlegenheit zu helfen und habe des- halb die Briefe geschrieben. Verhandlungsführer: Sie schildern in diesen Briefen den Diebstahl so genau, als ob Sie selbst dabei, zum mindesten aber wach gewesen wären, während Sie behaupten, geschlafen zu haben. Angeklagter: Pieckenhagen hat am andern Morgen alles erzählt, daher wußte ich es. Ver­handlungsführer: Sie haben ja ein Geständnis abgelegt und widerrufen dasselbe. Nach dem Geständnis hätte Ihnen Piecken- Hagen früher erzählt, dah er damals viel Geld bei sich habe. Sie gestanden zu, in jener Nacht aufgestanden zu sein und das Porte- monnaie genommen zu haben. Als Pieckenhagen wach wurde, wären Sie auf einen Schemel und von da ins Bett gestiegen. Das leere Portemonnaie hätten Sie zwischen die Betten zweier Füsiliere ge- warfen und das Geld verausgabt. Angeklagter: Ich habe das Geständnis abgelegt, weil ich befürchtete, dah ich mit diesen Briefen eine Majestätsbeleidigung begangen hätte; ich habe in diesen Briefen die beiden hohen Herren belogen. Und da dachte ich, es wäre besser, wenn ich ein derartiges Geständnis ablegte. Hätte ich den Diebstahl begangen, so hätte ich nicht gegen Nahm Zeugnis ab­gelegt. Verhandlungsführer: Als Nahm in das Unter- suchungsgefängnis abgeführt wurde, sind Sie an denselben heran- getreten und haben ihm gesagt:Ich kann Dir nicht helfen. Du brauchst mich nicht als Zeugen anzugeben." Angeklagter: Nahm hat zu mir gesagt:Wer weih, ob wir uns wiedersehen, ich bin schwer verdächtigt." Da habe ich gesagt:Ich kann Dir nicht helfen." Hierauf wird der Zeuge Nahm vernommen. Er hat seine Strafe verbüßt und ist auf Verfügung des kommandierenden Generals des Gardecorps aus der Disciplinarabteilung wieder in seine Com- pagnie zurückversetzt worden. Zeuge beteuert wiederum, dah er un- schuldig sei. Ob Kuropka der Thäter gewesen ist, weih ich nicht; mit Pieckenhagen aber bin ich zu jen?c Zeit verfeindet gewesen. Später, als ich meine Strafe verbüßte, fiel es mir ein, wie sonderbar sich Kuropka mir gegenüber benommen, als ich in Untersuchungsarrest abgeführt wurde. Es fiel mir auch ein, daß den Kameraden Beming und Thomas, deren Betten neben demjenigen des K. stehen, gleichfalls Geld gestohlen worden ist. Pieckenhagen muh in jener Nacht mich mit Kuropka verwechselt haben. Unsre Betten standen in einer Linie; er konnte sich täuschen, von welchem Schemel der Thäter wieder ins Bett stieg. Nun wird der Hauptzeuge Pieckenhagen ver- nommen. Derselbe bleibt nach wie vor trotz aller Vorhaltungen des Verhandlungsführers dabei, daß nur Nahm der Dieb gewesen sein könne. Als er um 4 Uhr morgens erwacht sei, habe vor seinem Bett ein Mann im Hemde gestanden, das Gesicht hätte er nicht sehen können, nur die Figur, denn er lag im unteren Bette. Dann sei derselbe nach dem Ofen zu weggelaufen, nach der Ecke, wo Kuropka schlief. Dort kniete der Dieb nieder, und nun hätte der Zeuge ge- sehen, dah es Nahm war. Schliehlich sei der Thäter vom Schemel vor dem Bett des Nahm in das Bett desselben gestiegen, doch ver- möge er das Letztere nicht mit Sicherheit anzugeben. Nahm sei auch gleich wach gewesen, als der Zeuge ihn geweckt. Zeuge ist dem Nahm nicht feindlich gesinnt gewesen, er hat ihm vielmehr öfter Geld gegeben. Auch Kuropka behauptet, dah er Nahm öfter mit Geld aus- geholfen habe. Der frühere Gefreite, jetzige Techniker Diehl schränkt seine diesmalige Aussage gegen Nahm bedeutend ein; er könne nur sagen, dah er jemand im Hemde habe durch die Stube eilen sehen, der dann in ein Bett gesprungen. Sehr erschüttert werden die Aussagen des Pieckenhagen durch diejenigen des Füsiliers Kiehl. Dieser sagt aus. dah in jener Nacht Pieckenhagen auch an sein Bett getteten sei und ihn gefragt habe, ob auch er wach gewesen, was er natürlich verneinte. Zeuge will damit beweisen, daß Piecken- Hagen in jener Nacht bezüglich der Thäterschast des Nahm nicht so sicher gewesen sei. Trotz aller Vorhaltungen des Verhandlungsleiters bleiben beide Zeugen dabei, die Wahrheit gesagt zu haben. Füsilier Thomas sagt aus, dah am nächsten Morgen, als die Spinde revidiert werden sollten, Kuropka ihm drei und dem Gefreiten Bemig'4 M. gegeben habe, mit der Bitte. eS> aufzubewahren. Kuropka erklärt dies damit, dah er viel Geld habe,-wer bestraft worden wäre, wenn er so viel Geld im Brustbeutel getragen hätte. Das Geld habe er von Hause geschickt erhalten. Feldwebel Römenapf stellt aus dem Postbuch fest, daß Kuropka zuletzt am 29. Juli 1903 von seinen Eltern Geld erhalten habe und zwar b M. Hierauf fand auf Gerichtsbeschlutz ein Lokaltermin in der betreffenden Stube der Gardc-Füsilier-Kaserne in der Chausseestrahe statt, der jSooch ein positives Ergebnis nicht hatte. Es wurden sodann die Zeugen vereidigt, mit Ausnahme des Hauptzeugen Piecken- Hägen, von dem das Gericht annahm, dah derselbe objektiv die Un- Wahrheit gesagt. Auch Nahm wurde auf Grund des Absatz III des § 199 Reichs-Militär- Strafgesetzbuches nicht vereidigt. Das Gericht beschlieht sodann, demnächst nachts 2 Uhr unter Anwesen- heit des Angeklagten und aller Zeugen einen zweiten Lokaltermin abzuhalten. Es soll ermittelt werden, ob bei der zu dieser Zeit herrschenden Dunkelheit die Zeugen überhaupt etwas sehen konnten. Ein Arzt soll sodann den Haupt- zeugen Pieckenhagen auf sein Sehvermögen untersuchen. Letzte Nachrichten und Dcpcfchen. Lotterie-Jnteressengemeinschafts-Konferenz. Eisenach , 3. Juni. (W. T. B.) Heute vormittag trat eine Kon- ferenz von Verttetern der mitteldeutschen Bundesstaaten zusammen. Vertreten waren Sachsen-Meiningen , Sachsen-Koburg-Gotha, Schwarz- burg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen , Sachsen-Altenburg, Sachsen-Weimar , Anhalt, Lippe-Detmold. Schaumburg -Lippc und das Großherzogtum Hessen. Von einigen Staaten waren die Minister anwesend. Die Beratungen betrafen die schwebenden Verhaudlikugeii mit Preußen wegen Her stellung einer Lotterie-Jteressengemeinschaft. Unter den Beteiligten wurde eine vollständige Uebereinsttmmung erzielt._ München , 3. Juni. DieKorrespondenz Hoffmann" meldet: Das imBayrischen Courier" gebrachte Gerücht, dah ein sehr hoher Offizier aus dem Unterstützungsfonds für Offiziere eme Unterstützung von 30 000 M. erhalten habe, ist nach jeder Richtung unwahr und völlig unbegründet. Weder dieser noch ein ähnlich hoher Betrag wurde je an einen höheren Offizier aus diesem Fonds gewährt. Ge- suche Um Bewilligungen aus dem Fonds werden statutengemätz kam- missionell gewürdigt und der Bescheid darauf erfolgt ohne jede Ein- fluhnahme des Kriegsministeriums. Zur Lage der Bauarbeiter-Aussperrung. Wien , 3. Juni. (W. T. B.) In einer heute abgehaltenen, von etwa 10 000 Bauarbeitern besuchten Versammlung, in welcher über die Aussperrungsangelegenheiten beraten wurde, wurde ein- stimmig beschlossen, die Arbeit am nächsten Montag unter folgenden Bedingungen wieder aufzunehmen: Sofortige Erhöhung des Minimallohnes von 3,60 Kronen auf 3,80 Kronen, Erhöhung des Minimallohnes vom 1. August ab auf 4 Kronen und Einsetzung einer paritätischen Tarifkommission. Lohnbewegung der Müller in Effeg. Esseg(Ungarn ), 3. Juni. (B. H. ) Die Dampfmühle Union so- wie die übrigen hiesigen Mühlen mußten den Betrieb einstellen, weil die Mllllergehilfen eine 40prozentige Lohnerhöhung fordern, was von den Direktionen abgelehnt wurde. Französische Deputiertenkammer. Paris , 3. Juni. (W. T. B.) Hubbard(rad. Soc.) bringt einen Antrag ein, der die Regierung auffordert, Mahnahmen zu er- greifen, die es den Parlamentsmitgliedern ermöglichen, an der auf Grund einer Resolution des amerikanischen Kongresses erfolgten Ein- ladung zu einer interparlamentarischen Konferenz über die intcr- nationale Schiedsgerichtsfrag«, teilzunehmen. Hubbard fordert die Dringlichkeit und die Verweisung des Antrages an die Budget- kommission. Das Haus beschlieht demgemäß. G r o s j e a n(Nationalist) führt Beschwerde darüber, daß in mehreren Volksschulen Lehrbücher eingeführt seien, die kollektivistische und heeresfeindliche Grundsätze enthalten. Unterrichtsministcr C h a u m i e bestreitet, dah das von Grosjean bezeichnete Buch an die Schüler verteilt worden sei. Jeden Versuch einer Aufforderung zur Gesetzlosigkeit und Nichterfüllung der militärischen Pflichten weise er, der Minister, entschieden zurück. Er habe volles Vertrauen zu den Lehrern und bitte übrigens, einzelnen Fehlgriffen oder Ver- irrungen keine übertriebene Bedeutung beizulegen.(Beifall.) Die Kammer nimmt darauf mit 4SI gegen 70 Stimmen eine Tages- ordnung an, in der die Erklärungen der Regierung gebilligt werden. Generalstreik in ArmentidreS. Paris , 3. Juni. (B. H. ) Die socialistischen Syndikate von Armentiöres hielten gestern Versammlungen ab. in denen beschlossen wurde, in einen Generalstreik zu treten. Zusammenstoß mit dengelben" Gewerkschaftlern. Marseille , 3. Juni. (W. T. B.) Zwischen Dockarbeitern, welche dem internationalen Syndikat angehören, und solchen des französischen Syndikats kam es, als erstere die letzteren an der Löschung der Ladung eines Schiffes verhindern wollten hier heute zu Zusammenstößen. Hierbei wurden zehn Personen verletzt, davon zwei schwer. Hafenarbeiter-Ausstand. Cherbourg » 3. Juni. Die Hafenarbeiter sind in den Ausstand getreten: sie verlangen eine Lohnerhöhung. Revolutionare Kundgebungen russischer Arbeiter und Studenten. Warschau , 3. Juni. (B. H. ) In Riga fanden seitens der Studenten und Arbeiter revolutionäre Strahendemonstrationen statt. Die einschreitende Polizei und Kosaken wurden mit Revolver- schüssen empfangen; 5 Demonstranten und S Polizisten wurden ge­tötet, S Polizisten und 18 Demonstranten schwer, zahlreiche andre leichter verwundet. 27 Kundgeber wurden verhaftet. Salonicki, 3. Juni. (B. H. ) Der deutsche Generalmajor v. Alten übernahm die Leitung der hier errichteten Gendarmerieschule. B-m russisch° japanischen Kriegsschauplatz. Tokio , 3. Juni. (Meldung desReuterschen Bureaus".) Die Gesamtverluste der Japaner in den Kämpfen um Nanschan betragen 31 Offiziere und 713 Mann tot. 100 Offiziere und 3460 Mann ver- wundet. Riutschwang, 3. Juni. (Meldung desReuterschen Bureaus'.) Alle Bemühungen, mit dem Südende der Halbinsel Liautung in Ver- bindung zu treten, sind ergebnislos verlaufen, da die Japaner alle Verkehrsmittel beherrschen und keine Nachrichten als ihre anttlichcn Bekanntmachungen durchlassen. In den Mühlen in Charbin wird Tag und Nacht an der Vermahlung von Weizen aus der Mandschurei gearbeitet. Tschifu , 3. Juni. (Meldung desReuterschen Bureaus".) Aus Riutschwang hier eingetroffene Dampfer berichten, daß sie letzte Nacht in der Nähe von Port Arthur schießen hörten; doch habe man nur zwei japanische Kreuzer gesichtet. Verantw. Redakteur: Paul Büttner . Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u.VerIag: VorwärtsBuchdr.u. Verlagsanstalt Paul Singer Sc Co., Berlin 5 W, Hierzu 2 Beilagen.