vierzehn Jahren brachte mir ein israelitischer In- 1 dustrieller den folgenden Brief:
Euer Hochwohlgeboren
Beehre ich mich davon Mitteilung zu machen, daß ein Komitee unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin zum Bau einer Kaiser Wilhelm- GedächtnisSirche zusammengetreten ist. Es werden daher voraussichtlich im ganzen Lande in allen Streifen, oft wohl auch unter nicht Evangelischen, sich viele finden, welche diesen Plan gern unterstützen. Es sollen indessen dazu keine Kollekten veranstaltet werden, um nicht die bereits bestehenden zu stören. Wir erhoffen auch ohne Kollekte von allen, welche Liebe und Interesse für die Sache haben, freiwillige Spenden. Besonders bitten wir die mit irdischen Gütern reicher Gesegneten, durch eine einmalige große Gabe die Ausführung eines schönen Monumentalbaues zu ermög lichen. Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir nun ganz ergebenst zu ersuchen, diese Sache gütigst unterstützen zu wollen. Mit vorzüglicher Hochachtung Euer Hochwohlgeboren ergebenster
Freiherr von Mirbach, Oberhofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.
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Und der Reichsbote" flagt, daß der Reichskanzler dem preußischen Ministerpräsidenten„ eine minder gute Note" erteilt habe und schließt:
tommnis bezeichnet werden, daß ein Entwurf Preußens im Neichs-| zerstört, der russische Reichsrat als oberfte Regierungs tage so vom Bundesrat kritisiert wird; das hätte doch können im behörde eingesetzt und die nationale Armee Finnlands auf Schoße der Regierung zuvor erfolgen." gehoben wurde. Da die Bevölkerung Finnlands und Selbst die Post", die nur von einem Redaktionsfehler" insbesondere ihre wohlhabendere Schicht diesen Maßnahmen bald des preußischen Gesetzes spricht, muß als„ bedauerlich" zugeben, aktiven bald passiven Widerstand entgegensetzte, folgte von neuem „ daß ein Gesetzentwurf, bei dem vorauszusehen war, daß er Greuelthat auf Greuelthat. Der gesamte Beamtenapparat wurde schwere Anfechtungen erfahren werde, so wenig sorgfältig vor- gesäubert". Jm Herbst 1902 wurden 13 höhere Beamte, darunter bereitet ist, wie im vorliegenden Falle. Man wird den beteiligten 9 Mitglieder des obersten Gerichtshofes, willkürlich, ohne Prozeß Ressorts daher den Vorwurf nicht ersparen können, hier nicht und Urteilsspruch, ihres Amtes entsegt, weil sie sich geweigert hatten, mit der nötigen Sorgfalt und Genauigkeit gearbeitet zu haben; die Gültigkeit eines Wehrpflicht- Utases anzuerkennen, der die finnische sie trifft demzufolge auch die Schuld, wenn der socialdemokratische Jugend ungesetzlich zum Dienst in russischen Truppen zwingen Vorstoß gegen die Gesetzgebung Preußens nicht auf der ganzen wollte. Russen, die keinerlei Kenntnis des finnischen Rechts hatten, Linie so wirksam abgefertigt werden konnte, wie er dies von Rechts wurden in die Aemter eingesetzt. Der Senat, der als oberste wegen verdient hat." Centralinstanz die Justiz und die Verwaltung des Landes geführt hatte, wurde unter die Gewalt eines russischen unumschränkten Generalgouverneurs gezwungen und Bobrikow erschien als der geeignete Mann, das schmähliche Henkerswerk am finnischen Volke zu vollenden. Bobrikow ,, Nachdem man sich seiner Zeit das Zuchthausgesetz, ohne ein hat beispielsweise dem Senat verboten, solche Gesuche, Adressen und Wort zu sagen, hat verscharren lassen, sollte man im Reich und in Petitionen entgegen zu nehmen, die von mehreren Personen gemeinDer Mann war in heller Wut. Was soll ich nun machen? Preußen doppelt vorsichtig werden, immer wieder neue Butter in sam eingereicht werden und die unter dem Schein, Darstellungen Der Brief ist an mich adressiert, mit Tinte geschrieben, vom Ober- die Pfanne der socialdemokratischen Wählerumschmeichelung zu von den Bedürfnissen des Landes zu geben, einen Tadel von Hofmeister persönlich unterzeichnet. Und sehen Sie? oben geben. Und man sollte nicht immer wieder zu Mitteln der Be- Regierungsmaßregeln oder eine Störung der allgemeinen Ordnung links in der Ente Krone und Wappen mit der Umschrifi Kabinett fämpfung der Socialdemokratie greifen, die man sich vor die Füße und Ruhe bezivecken". Da das finnländische Volt sich wiederholt in Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin". Der Kaiserin werfen läßt, das gebietet die Selbstachtung." kann ich doch keinen Korb geben. Massenpetitionen bei dem Senat beschwert hatte, so wurde Daß ich Jude bin, wissen die Leute; deshalb der Appell an die„ nicht Evangelischen". diesem einfach verboten, solche Petitionen zu empfangen und zu Und unter dem beigelegten Aufruf stehen Namen! beraten. Unser Preußisches Abgeordnetenhaus . Munckel, denken Sie, der Fortschrittsmunckel, den wohl noch Kurzum, die gesamte finnländische Selbstverwaltung wurde bers feiner für einen Gottesmann hielt; und Hainauer, der schlecht Das Abgeordnetenhaus hatte am Freitag seinen frommen nichtet, die gesamte russische Barbarei warf sich auf das unglückliche getaufte Großspekulant, der wegen wüsten Jobbern der Dreinhauer Tag. Dabei erheiterte wieder der alte Herr v. Bodel- Wolf. Die russische Sprache als Amtssprache eingeführt. Russische hieß. Die sind gewiß auch so herangefriegt worden, schwingh das Haus durch sein Naturmensch- Wesen. Zu- Beamte statt der finnländischen eingesetzt. Zeitungen wurden verwie ich jetzt. Man will sich doch nicht mit Gewalt mißliebig nächst nahm es nach einigen salbungsvollen Reden den Antrag boten, Versammlungen, Beschwerden, Petitionen verboten. Die machen!" So war es damals und so ist's noch des konservativen Abgeordneten Graf Douglas an, daß Widerstrebenden eingekerkert. Tausende flohen aus dem Lande. heute. den Mannschaften der Landarmee und der Marine bei ihrem Nur ist inzwischen ein System daraus geworden; das längst Eintritt das Militär Gesangbuch als Eigentum übergeben ohne Widerstand entnationalisieren ließ. Deutsche Staatsrechtslehrer Westeuropa sympathisierte mit dem tüchtigen Volt, das sich nicht auch schon profanen Zwecken nugbar gemacht wird... Der Bomp wird. Nachdem das Haus in dieser Weise für das geistige schrieben Bücher und Broschüren gegen die Vergewaltigung Finnfirche fehlt noch elektrisches Licht? Wenn Siemens in der letzten Wohl der Menschheit gesorgt hatte, that es so, als ob ihm auch lands. Freilich die Freundschaftsbande, welche die Zeit zu viel in Anspruch genommen ist, sollen die um Rathenau oder Loewe ihrem jüdischen Herzen einen Stoß geben. Wer hat das körperliche Wohl der Aermsten der Armen am Herzen deutsche Regierung an den zarischen Absolutismus binden, den abscheulichen Röhrenroland im Tiergarten bezahlt? liege. Anlaß hierzu gab die Beratung des Antrages des wurden auch durch diese Schmach nicht gelockert. Berliner Großlaufleute. Die Puppen für den großen Stern? Abg. v. Bodelschwingh auf Vorlegung eines Gesetz- Wir haben jüngst die Proklamation veröffentlicht, welche Die Straßenbahn Gesellschaft, der dafür eine lästige Vorschrift entwurfs, durch den die Fürsorge für mittellose Wandrer aus einer Maffendemonstration von über zehntausend Arbeitern gestrichen wurde. Anderhalb Millionen fürs Friedrichs Muſeum mittelst Einrichtung von einstweiligen Arbeitsstätten und in Helsingfors denn in der Hauptstadt des Landes hat nun und nicht viel weniger für die Orientgesellschaft? die Herr James Simon , der Titel und Orden verschmäht, in seinem Haus Arbeitsnachweiſen geregelt wird, falls die Provinzial- Ver- bereits auch eine Arbeiterbewegung eingesetzt hervorging. In aber den Kaiser als Gast sah und eine Photographie mit aller sich im wesentlichen um eine Propaganda für die bekannten ordnungen und der Diktaturbefugnis des Generalgouverneurs, die aber den Kaiser als Gast sah und eine Photographie mit aller- waltungen einen entsprechenden Beschluß faſſen. Es handelt dieser Proklamation wurde die Aufhebung der ungeseklichen Vergnädigster Unterschrift erhielt. Tausend Beispiele wären anzuführen; doch nicht für jedes ist der Beweis so leicht zu liefern. Bodelschwinghschen Anstalten, die als social wertvolle Institute Heimbeförderung der Verbannten und die Einberufung des finnischen Was den„ mit irdischen Gütern reicher Gesegneten" heutzutage zu- nicht angesehen werden können. Die gleiche Materie hat das Haus Landtages gefordert. Ferner wurde vollständige Vereins-, Vergemutet wird, würde man ahnen, wenn etwa die Kommerzien- schon zu wiederholten Malen beschäftigt. Aber eine Regierungs- sammlungs-, Rede- und Preßfreiheit gefordert.„ Nieder mit räte Arnhold und Friedländer zu beeidetem Zeugnis gezwungen vorlage, die im Jahre 1895 eingebracht wurde und die Er- Plehwe, Bobrikow und dem triecherischen finnischen Senat 1" wären. Oft folgen die Auserwählten knirschend und stöhnend richtung von Verpflegungsstationen bezweckte, scheiterte an so schloß die Proklamation vom Anfang dieses Monats. dem Ruf, treischen oft wütend auf: Könnte ich nur, wie dem Widerstand der Landtagsmehrheit, insbesondere an der Die finnländische Bevölkerung ist in gährender Erregung. Und aus Titel, ein Dankschreiben aus dem Kabinett sogar reichlicher Erjaz. Kostenfrage. Auch diesmal wird der Antrag, der der Gemeinde- dieser Erregung ist der Anschlag gegen den Diktator und VerUnd in zehn von fünfzehn Fällen hat Mirbach sein Kammerherrn- fommission überwiesen wurde, eine gesetzgeberische Aktion derber des Vaterlandes hervorgegangen. Eugen Schuman, der händchen im Spiel. Er ist unermüdlich im Dienste des höchsten schwerlich zur Folge haben, was an und für sich auch nicht Thäter, der sich selbst nach der That das Leben nahm, um den Herrn und der allerhöchsten Herrin und scheut im Bewußtsein so weiter zu bedauern wäre. Will man auf dem in Frage Schergen des Zaren zu entgehen, ist Beamter und Sohn eines hohen Wirkens auch die Ausnutzung menschlicher Schwächen nicht. kommenden Gebiete überhaupt etwas erreichen, so bleibt früheren Senators. Offenbar hat seine eigne Familie unter der Man muß die Eitelkeit fanalisieren, um Zufuhrstraßen für die nichts andres übrig, als den Weg der Reichs- Gesetzgebung zu russischen Vergewaltigung unmittelbar und schwer gelitten. Er hat heiligsten Güter zu schaffen. Wer ängstlich erst dem Ursprung des betreten. gespendeten Geldes und den Motiven des Gebers nachspüren wollte, in der Person Bobrifows die russische Tyrannis getroffen. fäme nicht weit. Mirbach ist weit gekommen. Bis zu Sanden Gefeßentwurf, betreffend die Verpflichtung zum Besuche ländernten wird? Db der Barismus lernen wird? In dritter Lesung erledigte das Haus sodann noch den Ob der politische Sinn der That auch politischen Erfolg und Schmidt, Schultz und Romeick. licher Fortbildungsschulen in der Provinz Hessen- Nassau und die Sekundärbahn- Vorlage.
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ich wollte! Den meisten freilich ist ein Kronenorden, ein
Diese Mitteilungen ergänzen vortrefflich die Aussage des Herrn b. Mirbach: Es sei ihm nichts Ungewöhnliches, von reichen Persönlichkeiten einige Hunderttausend für wohlthätige Zwecke zu empfangen!
Politische Ueberlicht.
Ich bin kein Konsequenzenmacher.
Der deutsche Reichskanzler ist, wie erinnerlich, ein abgesagter Feind der Konsequenz wohl im Gefühl, daß er die Konsequenzen der Handlungen, die er zu verantworten hat, niemals ziehen kann. Ein besonders schönes Beispiel seiner Abneigung gegen die Konsequenzmacherei bietet sein Verhalten zur preußischen Kontrattbruch Vorlage.
Am 9. Mai 1904, bei der dritten Etatsberatung, brachte Bebel die Sprache auf das eben bekannt gewordene KontraktbruchGesetz. Schon damals wies Bebel auf den Einbruch in die Reichsrechte hin. Es liege wieder einmal die Thatsache vor,
„ daß die maßgebendste Regierung im Deutschen Reiche, die preußische, mit den schlimmsten Partikularbestrebungen vorangeht und eine Gesetzgebungsmaterie der Entscheidung des preußischen Landtages unterbreitet, die bisher nach Auffassung maßgebender Personen in der preußischen Regierung nur auf dem Wege der Reichsgesetzgebung gelöst werden konnte." Darauf erhob sich Graf Bülow in seiner ganzen Würde und erklärte: „ Auf das, was der Herr Abgeordnete Bebel über ein Gesetz ausgeführt hat, welches beim preußischen Landtag über die Erschwerung des Vertragsbruchs landwirtschaftlicher Arbeiter und des Gesindes eingebracht ist, gehe ich hier nicht ein.( Unruhe bei den Socialdemokraten.) Ich lehne es ab, mich hier über die Motive auszusprechen, welche die königlich preußische Staatsregierung bei ihrem gesetzgeberischen Vorgehen in Preußen leitet.( Beifall rechts.) Der Ort, sich darüber auszusprechen, ist der preußische Landtag, nicht der deutsche Reichstag ."
Am Sonnabend stehen Wahlprüfungen auf der Tagesordnung.
Tyrannentod.
Bobritoff, der Tyrann Finnlands im Auftrage des Baren, ist den Schüssen, die am Donnerstag gegen ihn gerichtet wurden, erlegen. Ueber das Attentat und den Tod Bobrikoffs giebt die Russische Telegraphen- Agentur" diese nähere Meldung:
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Petersburg , 17. Juni. Eugen Schumann, der den Anschlag verübt hat, war zuletzt Beamter der General- Unterrichtsverwaltung Finnlands und früher Beamter des Senats; er ist Sohn eines früheren Senators. Die erste Kugel traf den Hals des Generalgouverneurs und verursachte eine leichte Verletzung; die zweite Kugel traf einen von den Orden, die der Generalgouverneur trug, und streifte diesen nur leicht, die dritte Kugel traf den Unterleib. Der Generalgouverneur wurde nach seiner Wohnung gebracht, wo die herbeigerufenen Aerzte eine sofortige Operation für nötig erachteten. Die Aerzte machten den Kaiserschnitt und entfernten die Kugel nebst vielem gerommenen Blut. Die Teile der Eingeweide, die von der Kugel getroffen waren, wurden entfernt. Nachts ist Bobrikoff gestorben."
Es werden in Westeuropa wenige sein, welche die Schüsse Schumanns nicht als gerechte Vergeltung empfinden. Selbst das offizielle Organ der deutschen Regierung, die der zaristischen Barbarei alle Dienste leistet, vermag bisher nicht, die sonst übliche Empörung über den„ Verbrecher" aufzubringen. Diejenigen, welche sonst den Aft der Verzweiflung gegen furchtbare Vergewaltigung verleumden und bereit sind," Terroristen" und" Anarchisten" in die Hände der Häscher zu überliefern, bewerten die That gegen Bobrikoff anders als ähnliche Thaten. Auch die deutsche Reaktionspresse, welche die Ausmuzung solcher Geschehnisse geschäftsmäßig betreibt, verzichtet plötzlich auf das gewohnte Geschäft; die" Post" läßt sich an bloßer Busammenstellung der eingegangenen Meldungen genügen.
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Es verlautet, daß zum Nachfolger Bobrikows ein Mann ausersehen ist, dessen Name das blutigste Programm bedeutet: Generallieutenant v. Wahl. Er ist der berüchtigte Polizeibarbar von Wilna , der Arbeiter und Studenten schändlich prügeln ließ und der infolge seiner Methode bereits selbst Gegenstand eines politischen Attentates war, jenes Attentats, das kürzlich im deutschen Reichstag Graf Bülow unter die Gründe seiner Maßnahmen gegen russische Studenten in Preußen zählte! Bum Dank für seine Verdienste in Wilna wurde v. Wahl vor kurzem nach Petersburg an die Seite des Ministers v. Plehte berufen, der den Blutkurs des Barismus leitet.
b. Wahl bedeutet die blutige Verschärfung der finnländischen Zustände. Vielleicht gelingt es dem finnländischen Volt dennoch, Widerstand zu leisten. Möge Japan ihm helfen!-
Die Trotha- Jutrigue. Die„ Norddeutsche Allgemeine Beitung" hatte vorige Woche abermals die seiner Zeit im Vorwärts" geäußerte Vermutung, an der verantwortlichen Stelle in der Wilhelmstraße sei die„ Lokal- Anzeiger"-Depesche über die Leutwein - Krisis vorher gelesen worden, dementiert.
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Das neuerliche Dementi richtete sich, ohne das Blatt zu nennen, gegen die Zukunft". Diese antwortet nun in ihrer neuesten Nummer: ,, Wahr bleibt troßdem natürlich, daß der Kanzler die Depesche borher gelesen hat; daß sie ihm, auf Wunsch des Absenders, vor gelegt werden sollte, vorgelegt und als zur Veröffentlichung ge= eignet bezeichnet worden isi. Erweislich wahr. Das, sagte ich schon im vorigen Heft, ist das Unangenehme an der Sache. Zu viele Leute wissen drum; und wenn's zu Schwüren käme, bliebe von dem Dementi kein Buchstäbchen stehen. Daß man's troßdem ristiert hat, ist ganz in der Ordmmg. Man kennt seine Leute. Die Zeitungsschreiber, die sich um mich fümmern, wissen zwar, daß ich solche Dinge nicht vorbringe, wenn ich sie nicht beweisen kann; aber sie thun, als wäre mit der offiziösen Ableugnung alles erledigt. Ist die lästige Geschichte auf diesem bequemen Weg zu verscharren, so läßt sich dagegen nichts einwenden. Nicht das mindeste auch gegen die edle Ruhe der„ Norddeutschen Allgemeinen". Wozu ist sie denn da?" Graf Bülow hat also gegen eine von ihm mißbilligte Ent
Diese mehr oder minder offene Anerkennung des Rechtes auf Einen Monat darauf muß der Reichskanzler doch Rede stehen Tyrannenmord erklärt sich aus der Besonderheit der Urand durch seinen Vertreter Nieberding bekennen, daß die sa chen des Attentats. Der That des Eugen Schumann liegt nicht Erörterung des Gesetzes allerdings in höchstem Grade das Reich ein vorwiegend sociales Motiv zu Grunde, nicht die Verzweiflung und den Reichstag angehe, schon deshalb, weil in dem schwer zu des Verwahrlosten und Hungernden zeugte die That. Das Attentat verstehenden" Entwurf die Grenze zwischen dem Reichsrecht und gegen Brobrikoff ist eine nationale That, ist der Ausdruck zwischen dem Landesrecht, zwischen der Kompetenz der Reichs- Gesetz der Empörung eines getretenen Batriotismus gegen russische Fremd- scheidung des Kaisers den„ Lokal- Anzeiger" spielen lassen. Politit!- gebung und der Landes- Gesetzgebung nicht an allen Stellen mit der herrschaft. Nicht eine ausgebeutete Klasse richtet den Schuß gegen Deutlichkeit gezogen( seien), die gewünscht werden muß." die ausbeutende Klasse. Die Klasse, der Schumann entstammt, ist die bis vor kurzer Frift in Finnland die Verwaltung führende Klasse, die sich nun durch russische Gewaltthätigkeit verdrängt und entwürdigt sieht.
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Diese schroffe Wandlung binnen einem Monat tann nicht nur eine Furcht vor der Konsequenz sein, sondern sie darf vielleicht als ein kleiner Erfolg socialdemokratischer Aufklärung und Erziehung betrachtet werden. Ungefähr zu derselben Zeit, da Zar Nikolaus II. das wunder Wenn Graf Bülow am 9. Mai die Diskussion des Gesetzes ab- fame Friedensmanifest" entsandte, begann Friedensmanifest" entsandte, begann die Verlehnte, weil zur Kompetenz Preußens gehörig, so hatte er entweder gewaltigung Finnlands . Finnland hatte, als Schweden es an damals noch keine Ahnung, was in dem Gesetz der unter seinem Rußland abtreten mußte, die Dauer seiner staatlichen Selbständigkeit Präsidium regierenden preußischen Minister stand, oder er wußte durch Alexander I. feierlichst zugesichert erhalten. Es hatte seine es und er hat dann absichtlich dem Reichstage die Wahrnehmung eigne, aus Finnländern bestehende Centralregierung und Verwaltung. seiner Rechte und die Ausübung seiner Pflichten verwehren wollen, Bis 1899 war es ein finnländischer Staatssekretär, der dem Baren um Preußen vor einer Bloßstellung zu retten. die finnländischen Geschäfte vortrug. Finnland ist bis heute vor wiegend ein konservatives Bauernland und die Bevölkerung hat dem Barismus niemals Schwierigkeiten gemacht. Im Besitz ihrer Sprache und ihrer nationalen Selbständigkeit hat sie ihre Pflichten gegen die Petersburger Regierung nie verletzt.
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Der Erfolg der Interpellation der Socialdemokraten hat allgemeinen Kazenjammer hervorgerufen. Die Germania " bekennt „ Nach der zweieinhalbstündigen Rede Stadthagens antwortete Staatssekretär Nieberding, dessen Rede eine totale Abschlachtung des preußischen Justizministers Schönstedt ist. Schönstedt hat heute im Reichstage eine große Niederlage erlitten....
Aber gerade diese nationale Selbständigkeit sollte nicht länger geduldet werden, wie die Petersburger Centralgewalt überall im Bei dem Bund weiten Reiche jede nationale Art niedergedrückt und ihren Kreaturen der Landwirte hat diese Erklärung große Erbitterung hervor die Beherrschung und Ausbeutung der Volksstämme übergeben hat. gerufen; man hörte den Bundesrat als Hoflieferant der Social- Die Bergewaltigung Finnlands begann mit den Manifesten von demokratie" bezeichnen. Immerhin darf es als ein seltenes Bor- 1899, durch welche die die bisherige Verfassung des Landes
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Das Geschäft der Offiziösen. Daß es der Beruf der offiziösen Breffe ift, feierlich zu lügen, dafür bringen die jetzt in den Presse Grenzboten" veröffentlichten Tagebuchblätter des früheren Kultusministers Bosse wieder einen anmutigen Beleg. Bismard hatte 1879 den Bündnisvertrag mit Desterreich, der zum Dreibund führte, borbereitet. Wilhelm I. der Große war gegen alle politischen Maßnahmen, deren Ruhm ihm nachher zugeschrieben wurde. So war er auch, wie Boffe erzählt, aus einem Russenfanatismus heraus ein so hartnädiger Gegner einer deutsch österreichischen Alliance, daß er erklärte, seinerseits abzudanken, um Bismard, der auf diesem Vertrag bestand, im Amte zu erhalten.
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strenges Geheimnis. Bald darauf hielt der damalige Kultusminister Am 11. Oftober wurde der Vertrag unterzeichnet. Es blieb Buttkamer in Essen eine Rede, in der er von dem Vertrag sprach und auch andeutete, daß der Kaiser ihm Widerstand geleistet hätte. Darüber allgemeine Aufregung in hohen Kreisen.
Am 27. Oftober notiert Bosse:
" Heute früh fand bei dem Grafen Stolberg ein Ministerrat statt ohne Zuziehung des Kultusministers v.. Buttkamer. Graf Stolberg erzählte mir, Fürst Bismard habe ihm telegraphiert, vom Standpunkte der Diplomatie sei es ihm augenblicklich lieber, wenn der Minister v. Buttkamer im Amte bliebe, weil sein Abgang die Wahrheit der in der Essener Rede gemachten Enthüllungen bestätigen würde. In der That hat Herr b. Puttkamer sein Entlassungsgesuch eingereicht, habe sich bereit