lese ich deshalb dergleichen nicht mehr. CS geht wahrhaftig auch ohnedies. Dazu kommt flir mich noch ein besonderer Anlaß, den ich nicht fiern erwähne, den zu berühren mir jedoch in diesem Falle gestattet ein muß. Ich habe mir in den letzten Jahren allmählich eine vollkommen andre Existenz geschaffen, schaffen niüssen, mühsam und mit nicht geringen Opfern. Diese Existenz setzt voraus, daß ich meine sonstige öffentliche Bethätignng oiS zur äußersten Grenze ein- schränke, denn ich muß so schon zu meinem Erwerb die Abende und die Sonntage in reichlichem und überreichlichem Maße heran ziehen und kenne eigentlich seit Jahren einen freien Tag nicht mehr. Was thuts? Ich kann auf diese Weise unabhängig meinen wissenschaftlichen Neigungen nachgehen und auch der Partei wahr- scheinlich mehr nützen als sonst. Das hat mich innerlich zuletzt vollauf für alle notgedrungene größere Zurückgezogenheit entschädigt— wenn man will: für alle Lähmung nach außen hin. Es giebt in der Fraktion noch andre, denen ihr Erwerb ähnliche Einschränkungen auferlegt, die Chemnitzer Genossen haben mir bisher darüber keine Vorwürfe gemacht, und cS kann auch rasch einmal wieder anders kommen. Was ist also weiter dabei! Aber seit dem und so lange habe ich allerdings einen sehr triftigen zweiten Grund, mir alle irdisch-vergänglichen Partei„fälle" mit der unberührten Ruhe des Weisen und mehr aus den Wolken herab anzusehen; ich bin, in irgendwelchen_ Streit mitverwickelt, gar nicht in der Lage, den Handel auszufechten. Andre können das und ich gönne es ihnen von Herzen � was wäre für viele die Partei überhaugt, ohne tändel? Kür mich ist jede derartige Beteiligung zugleich ein Stück chercn ökonomischen Ruins, und damit scheide ich für diese Art Parteibethätigung ein für alle mal aus. Ich habe das soeben wieder an meinem Leibe ausprobiert; die ganzen letzten Wochen und Monate hindurch habe ich ein Werk, dessen Abschluß im wesent- lichen nur noch einen kürzeren Aufenthalt im Auslande voraussetzte, unvollendet da liegen lassen niüssen, wo die„Affaire" einsetzte. Und wenws nach andren ginge, so würde ich dieses Vergnügen, wegen eines, von mir in keiner Weise provozierten, vollkommen überflüssigen Zankes meine ganze Existenz preiszugeben, vielleicht rettungslos preiszugeben, noch eine paar Iveitere Monate genießen können. Dazu habe ich jedoch nicht die geringste Lust und nicht den geringsten Anlaß. Ich würde vielmehr gegebenenfalls einfach die Chemnitzer Genossen bitten, mich von meinem Mandat zu entbinden." Parteipresse. Die Auflage des.Hamburger Echo' hat die 40 000 Überschritten. Die Hamburger Genossen sind demnach nicht mehr weit davon, daß die Hälfte unsrer Reichstagswähler Abonnenten des Parteiblattes sind. Das fft ein sehr erfteulicher Zustand. Ein Grabdenkmal für Franz Hofmann. Auf dem Grabe unsres Parteigenossen Franz Hofmann ist jetzt ein Grabdenkmal errichtet worden. Schlicht und bescheiden, wie der Verstorbene war, ist auch das Denkzeichen für ihn. Die Einfassung des Grabes besteht aus rotem Meißner Granit. Am Kopfende des Grabes erhebt sich ein Obelisk� aus schwarzem schwedischen Granit, an dem ein Medaillon bildnis, das die treuen Züge des Verstorbenen wiederaiebt, angebracht ist. Das Medaillon ist von May in DreSden -Blasewitz modelliert und in Bronze gegossen. Die Inschrift am Obelisk lautet: Ein Sohn des Volkes. Franz Hofmann Abgeordneter de« 22. sächsischen Reichstags-Wahlkreises. * 26. Febr. 1852 t 4. Nov. 1903. Obwohl Du uns verließest, Unvergeßlicher. Der Unfrige bleibst Du doch. Gcwerkrchaftlidhce. Internationale Streikstatistik. Der meist beobachtete Rückgang der Streikbewegung im Mai trat nach der.Arbeitsmarkt-Korrespondenz' auch dieses Jahr ein. Während in Deutschland , Frankreich und England zu- sammen im April 206 Ausstände gezählt wurden, waren eS im Mai nur 167. Die Zahl der Beteiligten ging in England und Frankreich von 40 447 im April auf 17 679 im Mai zurück. So erheblich dieser Rückgang auch ist, so bleibt doch die Streikbewegung im Mai 1904 noch immer erheblicher als im BergleichSmonat des Vorjahres, wo in Deutschland , Frankreich und England zusammen nur 113 Streikfälle gezählt wurden. Die Zahl der Streikbeteiligten be- trug im Mai 1903 in Frankreich und England 16 193. Am lebhaftesten von den drei genannten Ländern war wie schon im Bormonat wieder die Bewegung in Frankreich , auf das nicht weniger als 93 Fälle mit 13 236 Streitenden entfallen. Vor allem spielte sich im Mai ein großer Ausstand in der Landwirt« s ch a f t ab. an dem sich ca. 4000 Arbeiter beteiligten. Sodann traten an sehr vielen Hafenplätzen die Dockarbeiter in Aus- stand. Auch in Italien streikten Land- und Hafenarbeiter in erheblicher Zahl. Der Gewerkschaftsbund der Landarbeiter der Lomellina proklamierte am letzten Mai den allgemeinen Ausstand. Die Arbeiter verlangen den Achtstundentag. Ein großer Ausstand im Baugewerbe begann Ende Mai auch in Rom . Beteiligt waren bei Beginn des Streiks etwa 8000 Arbeiter. In der Umgegend von Mailand streiften außerdem gegen 3000 Textilarbeiter. In Amerika nimmt die Streikbewegung wieder zu, obwohl die Lage des Arbeits- markteS wenig Erfolg für größere Ausstände verspricht. Vor allem sind die Arbeiter im Verkehrsgewerbe an der Streikbewegung beteiligt. In New Aork streikten die Frachtverlader, denen sich mehrere tausend Angehörige verwandter Berufszweige, darunter 8000 Fuhrleute anschlössen. In B a h i a ist ein Generalstreik aus- gebrochen. Ein solcher wird auch aus Callao sPcru) gemeldet. Die Ursachen der beiden zuletzt erwähnten Ausstände find politischer Natur und werden teilweise von den Arbeitgebern begünstigt. In Japan ist seit dem Ausbruch des Krieges die Streikbewegung bis auf ein Minimum zurückgegangen. In den gewerblichen Betrieben werden alle Konflikte entweder zu vermeiden gesucht oder doch ihr Austrag bis nach Beendigung des Krieges möglichst, verschoben. Aus dieser Haltung der Arbeiter geht deutlich die Solidarität der Interessen hervor, die bei dem rusfisch-japanischen Kriege alle Kreise der japanischen Bevölkerung eng verbindet. Serlln und tlmgegend. Zum Streik der Holzbildhauer. Bis gestern hatten 17 Firmen mit 82 Gehilfen die Forderungen ganz und 6 Firmen mit 17 Ge- Hilfen teilweise bewilligt. Bei 19 Firmen mit 136 Gehilfen dauert der Streik unverändert weiter. Die Firma Kümmel hat es bereits versucht. Arbeitswillige von außerhalb heranziHiehen; so wurden z.B. Kollegen aus Leipzig , die hier anfangen sollten. von den Streikenden gestellt und eines besseren belehrt.— Am Dienstag haben Verhandlungen mit den Arbeitgebern stattgefunden, die indessen noch nicht zum Abschluß gelangt sind. Die Arbeilgeber hatten am selben Abend noch eine Besprechung, um sich über die Forderungen der Gehilfenschaft definitiv schlüssig zu werden. Zum Streik der Steinsetzer und Rümmer ist zu berichten, daß sich auf den meisten Bauten jetzt auch die Steinmetzen, welche die Granitplatten und Bordschwellen bearbeiten, mit den Streikenden solidarisch erklärt haben. Dadurch ist vielfach den wenigen Arbeits- willigen, die stehen geblieben find, die Arbeitsgelegenheit genommen worden. Auch der Gewerkverein der Steinsetzer hat sich in der über« wiegenden Mehrheit dem Streik angeschlossen. Da die Streikenden sich auf eine große Anzahl von Orten, beispielsweise Potsdam , Brandenburg , Belzig , Wriezen usw. verteilen, konnte die genaue Zahl der Ausständigen noch nicht festgestellt werden, jedoch sind wenigstens 900 Steinsetzer und ca, 600 Rammer am Streik be- teiligt. Heute wollen die Ausständigen eine Vertretung an den Oberbürgermeister und die sonstigen in Betracht kommenden Körper- schaften abschicken. Die Stimmung unter den Ausständigen ist aus- gezeichnet._ Die Organisation der Straßenbahner ist gegenwärtig an zwei Konflikten beteiligt, in Potsdam und Spandau . Bei der Potsdamer Straßenbahn, die am 1. Januar d. I. in städtischen Besitz übergegangen ist, herrschen für die Angestellten schon seit langem die denkbar schlechtesten Zustände. Bei einer täglichen Arbeitszeit von 16 bis 13 Stunden erhalten sie 75 bis 85 M. Monats-„Gehalt". Im Monat bekommen sie drei ganze und sechs halbe Tage frei. Strafgelder in Höhe von 1— 5 M. sind keine Seltenheit. Eine frühere Petition der Angestellten an die damalige Gesellschaft um Aufbesserung der Arbeitsbedingungen wurde abgelehnt mit der Begründung, die Regelung werde erfolgen, wenn die Straßenbahn städtisch geworden sei. Nachdem aber sechs Monate vergangen sind, ohne daß die Stadtverwaltung auch nur eine Miene gemacht hätte, die Lage der Straßenbahner um irgend etwas zu verbessern, so petitionierte das Personal von neuem, diesmal an die städtische Straßenbahn-Verwaltung. Bescheiden baten die Angestellten nur um eine Verminderung der Strafgelder und eine geringe Lohnerhöhung. Die Antwort lautete ab- s ch l ä g i g. Eine Erhöhung des Lohnes sei zur Zeit nicht an- gängig, die Strafgelderfrage solle geprüft werden. Nunmehr be- schloffen die Angestellten, sich dem Handels-, Transport- und Ver- kehrsarbeiter-Verband« anzuschließen, um mit Hilfe der Organisation eine Aufbesserung ihrer Verhältnisse durchzusetzen. Von diesem Vorhaben bekam die Betriebsleitung jedoch Kenntnis, und um ein warnendes Exempel zu statuieren, gab sie dem Schaffner K., dem Verfasser der Petition, plötzlich die sofortige Entlassung mit der Begründung, daß SoZaldemoftatcn in Potsdam nicht als Straßenbahner geduldet werden könnten! Begreiflicherweise herrscht unter den Angestellten jetzt eine große Erregung über das schroffe Verhalten der städtischen Straßenbahn-Verwaltung, und es ist noch nicht abzusehen, wie sich die Angelehenheit weiter entwickeln wird. In Spandau hat die Direktion der dortigen Straßenbahn ebenfalls eine vom Verkehrsarbeiter-Verband im Namen der Air gestellten beantragte Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen abgelehnt. Da die Spandauer Straßenbahn den Berliner Elektricitätswerken gehört, so wandten sich die Angestellten noch mit einem Gesuch an die Generaldireftion dieser Werke, jedoch mit dem gleichen negativen Erfolge. Der tägliche Dienst beträgt dort für das Personal 12— 14 Stunden bei einem Anfangslohn von 83 M., steigend von zwei zu zwei Jahren um 2 M. bis zum Höchstbetrage von 100 M. pro Monat. Es ist den Angestellten kaum möglich, ihr Essen einzunehmen, da die Haltezeit an den Endstationen mir auf 4 Minuten bemessen ist; auch der Dienst ist äußerst anstrengend, weil dort das Zahlkasten- System besteht, der Fahrer also, weil leine Schaffner— außer Hilfsschasfnern des Sonntags existieren, außer seinem eigentlichen Dienst auch noch die Zahlung des Fahrgeldes überwachen muß. Kürzlich wurde nun eine Linie verlängert, jedoch kein neues Personal dazu eingestellt. Vielmehr erfolgte eine Vermehrung des Dienstes für die bisherigen Angestellten unter gleichzeitiger Verminderung der freien Tage. Statt bisher jeden neunten Tag giebt es jetzt nur jeden zehnten Tag frei.„Das rechnet sich besser," hatte der Inspektor gemeint.— Auch hier läßt sich noch nicht abschätzen, wie der Konflikt auslaufen wird. Das Spandauer Publikum bezeugt große Sympathie mit den bescheidenen Forderungen der Straßenbahner. Deutfcbes Reich. Maurer! In Nordhausen sind die Maurer in den Streik eingetreten, nachdem alle Bemühungen, einen friedlichen Ausgleich zu schaffen, mißlungen sind an der Hartnäckigkeit der Unternehmer. Die Gesellen verlangen eine Lohnerhöhung von 2 Pf. pro Stunde. Diese Erhöhung wollen die Unternehmer bewilligen, aber erst im Herbst, wenn sie keine Arbeiter beschäftigen. Zuzug fernhalten. Metallarbeiter! Die drohenden Differenzen in der Tiefbohr und Kälte-Jndustrie-Altiengesellschaft in Rordhausen sind durch die Bewilligung der Forderung der Arbeiter erledigt. Es trat eine Lohnerhöhung und eine Regulierung der Löhne ein. Ter Malerstreik in Posen ist nach einem sechswöchentlichen schweren Kampfe beendet. Die Arbeit wurde am Montag dieser Woche wieder aufgenommen, und zwar nach Vereinbarung eines neuen Lohntarifes auf drei Jahre, welcher für dieses Jahr einen Aufschlag von 2 Pf., für das nächste Jahr 1 Pf. und für das dritte Jahr abermals 2 Pf. pro Stunde vorsieht. Bekanntlich wollten die Posener Malermeister den so sehr verhaßten Centralverband (Vereinigung der Maler usw. Deutschlands ) vernichten und sperrten am 16. Mai alle Maler aus, welche nicht einen Revers unter- schrieben: daß sie„dem Hamburger Verband nicht mehr an- gehören und zu den alten Bedingungen weiterarbeiten wollten". Den Herren ist dieses Unterfangen nicht gelungen; es scheint viel- mehr als hätten sie aus diesem Streik bedeutendes gelernt, denn— man höre und staune— in der letzten Sitzung nach Abschluß des Tarifes erklärten sie, ohne von den Gehilfen dazu aufgefordert zu werden, auf Ehrenwort, daß sie nunmehr keinen Gehilfen mehr einstellen wollten, der nicht organisiert i st. Die Gehilfen sollten ihnen dafür behilflich sein, die Schmutz- konkurrenz zu bekämpfen. £luol»nd. Der Ausstand der Tapezierer in Kristiania ist in der vorigen Woche, nachdem er neun Wochen gedauert hatte, durch ein Ueber- einkommen mit den Arbeitgebern beendet worden. Der Minimal- lohn wurde auf 40 Oere die Stunde festgesetzt, die Arbeitszeit auf 57 Stunden wöchentlich. Der Ausstand hat den Skandinavischen Sattler« und Tapeziererverbaud 12 000 Kronen gekostet. Ter Streik im Gebiete von Ferrara nimmt ungeheure Dimensionen an. Den Landarbeitern und-Arbeiterinnen haben sich die Knechte und Stallleute angeschlossen; insgesamt sollen ca. 9000 Streikende vorhanden sein und immer neue Ortschaften schließen sich dem Ausstände an. Die Grundbesitzer weigern sich, mit den Arbeitern in Unterhandlungen einzutreten und versuchen. Streik- brecher heranzuziehen. Unter den Streikenden befinden sich zahl- reiche Frauen. Den Streikbrechern gegenüber verhalten sich die Ausständigen vollkommen korreft. Ueberflüssig hinzuzufügen, daß trotzdem ein großes Militäraufgebot im Streikgebiet zusammen- gezogen ist.__ Versammlungen. Centralverband der Braucreiarbriter(Settion 1). In der Ver- sammlung vom 19. Juni gab der Vorsitzende H o d a p p als ge- wesener Delegierter den Bericht vom Verbandstage, indem er die zu Beschlüssen erhobenen Anträge eingehend besprach und mit Ge- nugthuung konstatierte, daß sich darunter sämtliche von Berlin I gestellten Anträge befinden. In der Disftlssion bezeichnet H e y d e r den diesjährigen VerbandStag als einen der erfolgreichsten und als einen Markstein in der Geschichte der Brauereiarbeiter- Bewegung und bringt eine demenffprechende, gegen fünf Stimmen angenommene Resolution ein. Zum Hamburger Streik wurde getadelt und ist diesem Tadel nach Hodapp auch schon auf dem Delegierten- tage durch Tröger Ausdruck gegeben worden, daß der Hauptvorstand sich so zugeknöpft verhält. Unter„Verschiedenem" verliest der Vorsitzende ein Schreiben der Agitationskommission der Konsumvereine Berlins und Umgegend, worauf eine lebhaste Debatte über die Konsumvereine anhebt, aus welcher hervorzuheben ist, daß Funk mitteilt, er sei persönlich Anhänger der Konsumvereins- beweguug. aber im 6. Wahlkreise werde seitens des Wahlvereins Propaganda gegen diese Bewegung gemacht. Die meisten nach- folgenden Redner sind für Anschluß an die Genossenschaften. Jflr» als mehrjähriges Mitglied findet nicht die erwarteten Vorteile und schiebt dies der Leitung resp. dem mangelhasten Einkauf zu. Hodapp giebt bekannt, daß die verschiedenen Vereinbarungen mit den Brauereien jetzt in Buchform zusammengestellt sind und wird dazu beschloffen, dieselben für 15 Pf. an Verbandsmitglieder und 25 Pf. an Nichtmitglieder abzugeben. Heyder regt noch mal die Heraus- gäbe eigner Sammellisten an, und tadelt die geringe Benutzung unsrer Bibliothek; dieselbe soll nach dem Gewerkschaftshause verleg: und im Anschluß an Versammlungen sollen dort die Bücher aus- geliehen werden. Die Arbeiter der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft waren am Sonntag sehr zahlreich in den„Germania-Sälen" versammelt, um den Bericht der Kommission über die erneuten Verhandlungen mit der Direktion wegen Errichtung eines Arbeiter-Ausschusses entgegenzunehmen. Wie erinnerlich sein dürfte, hatte eine frühere Versammlung den Entwurf der Direktion teilweise ab- gelehnt, weil mehrere Ausschüsse gebildet werden sollten, während die Arbeiterschaft einen Ausschuß für das ganze Werk für zweck- mäßiger hielt. Eine Verständigung über diesen Puntt konnte bei den letzten Verhandlungen mit der Direktion nicht erzielt werden. Dennoch glaubt die Kommission einen Mittelweg entdeckt zu haben,_ um zu verhindern, daß bei der Bildung mehrerer Ausschüsse ein Aus- schuß gegen den andern ausgespielt werden könne. Der Versamm- lung wurde daher folgender Vorschlag gemacht: Die Kommission wird nochmals beauftragt, bei der Direktion vorstellig zu werden, um dem§ 7 des Ausschuß-Statuts nachstehenden Anhang zu geben: „Die einzelnen Fabrikausschüsse haben jederzeit das Recht, ein Mit« glied aus einem andern Ausschuß derselben Fabrik mit beratender Stimme zu den Sitzungen hinzuzuziehen". Diesem Borschlage stimmte die Versammlung zu, um nicht die ganze Vorlage zu Fall kommen zu lassen. Tempelhof . Ueber„Religion der Worte und Religion der Thaten" sprach am Dienstag, den 21. Juni, Frl. Ida Altmann in einer öffentlichen Bolksversammlmig, welche im Lokale von M. Müller, Bcrlinerstr. 41/42, stattfand. In der Diskussion nahm Frau Thiel das Wort, und indem sie sich den Ausführungen der Referentin an- schloß, forderte sie die Anwesenden, welche von der Hohlheit und Nichtigkeit der kirchlichen Lehren überzeugt sind, auf, ihren Austritt aus der Landeskirche zu erklären. Nachdem noch der Vorsitzende Alb. Schmidt in beredten Worten die Anwesenden ermahnt hatte, das, was sie gehört haben, auch zu beherzigen, wurde die Ver- sammlung geschlossen._ Letzte J�acbnchten und Depefchcn. Darmstadt , 29. Juni. (B. H. ) Der Sohn des Millionen- deftaudanten Schade, Otto Schade, der der Beihilfe verdächtig war und sich in Untersuchungshaft befand, ist heute morgen gegen eine Kaution von 10 000 M. entlassen worden. Die Karthäuser-Angelegenheit vor der Nntersuchungs-Kommisfion. Paris , 29. Juni. Die Untersuchungs-Kommission vernahm heute den Advokaten Ract, den Vertreter des flüchtigen Bankdirektors Lepöre. Ract erklärte, Lepöre habe nicht mit den Karthäusern in Grenoble , sondern mit denen in Freiburg in der Schweiz Geschäfts- Verbindungen unterhalten. Die Freibnrger Karthäuser behaupten, Lepöre habe sie um 300 000 Frank geschädigt. Im weiteren Äerlaufe der Verhandlung der Karthä»ser-Kom- Mission lehnte der mit der Voruntersuchung gegen die Karthäuser bettaute Untersuchungsrichter es ans Grund des Berufs- geheimniffes ab. Aussagen zu machen. Hierauf wurde Millerand über die bei Chaberl beschlagnahmten Papiere vernommen, in denen von ihm wegen Dekoricruug zweier Industrieller die Rede sein sollte. Millerand that dar, daß diese Auszeichnungen völlig zu Recht erteilt seien, und verwahrte sich mit Entrüstung gegen die Anichuldigung, die man gegen ihn erhebe. Bei seinem Austritt aus dem Ministerium fei er armer gewesen als zur Zeit seines Ein- trittes. Er werde kein Vermögen hinterlassen und wünsche, daß sein Name ein ehrlicher bleibe. Mehrere Kommissare erheben Einspruch gegen die Art, wie gewisse Behörden Informationen sammelten. Die Kommission beschloß, die Erklärungen Millerands unverzüglich zu veröffentlichen._ Paris , 29. Juni. (B. H. ) In der Untersuchung gegen den Hauptmann D'Autriche, der der Fälschung der Kassenbücher im Generalstab verdächtig ist, wurden heute drei weitere Offiziere der- uommen, die während des Dreyfus-Prozesses in RenneS im General- stab gedient haben, und zwar der Overstlieutenant Rollin, und die Hauptleute Franyois und Mareschal. Infolge dcS Verhörs ordnete der die Verhandlung leitende Hauptmann Cassel die sofortige Ver- Haftung her drei genannten Offiziere an, welche nach dem Militär- gefängnis abgeführt wurden. Paris , 29. Juni. (W. T. B.) Die.TempS' schreibt über den Besuch König Eduards in Kiel : Diese Begegnung war notwendig; sie war beiderseits herzlich und hat nicht nur für die Gegenwart jeden Gedanken von Antagonismus beseittgt; sie dürste auch für die deutsch -englische Zeitungsfehde mildernd einwirken, mehr aber darf man von dieser Begegnung nicht verlangen. Dampferunglück.j Rom , 29. Juni. (B. H. ) In JglefiaS(Sardinien ) ließen Reeder ttotz der schlechten Verfassung, in welcher sich ihr Dampfer befand, diesen schwer belastet und mit zehn Passagieren an Bord, in See stechen. Der Dampfer war kaum zehn Meter vom Ufer entfernt, als der Boden des Schiffes durch die Last eingedrückt wurde und dasselbe unterging. Alle Paffagiere erttanken. Pom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Tirntfin, 29. Juni. (Meldung des„Reuterschen Bureaus'.) Wie verlautet, haben die Russen gestern 25 Werst östlich von Hait- scheng eine Niederlage erlitten. Wegen des raschen Vorrückens der Japaner ziehen sich die Russen bei Taschiffchiao schnell nach Norden zurück, da sie befürchten, daß sie abgeschnitten würden. Petersburg, 29. Juui.(W. T. B.) Auf der battischen Schiffswerst erfolgte auf dem Torpedoboot„Delphine" während eines Versuchs eine Explosion, wodurch das Schiff zum Sinken kam; 3 Offiziere und 23 Mattosen erttanken; 2 Offiziere und 10 Mattosen wurden gerettet. Konstantinopel , 29. Juni. (Meldung des Wiener k. k. Tele- lzraphen-Korrespondenz-Bureaus.) Da bei Maskat in der Umgebung !>eS persischen Golfs die Cholera ausgebrochen ist, wurde flir Provenienzen aus Maskat eine ftinstägige Quarantäne angeordnet. Die Quarantäne fiir Provenienzen aus Port Said und Aden wurde aufgehoben. Tanger , 29. Juni. (Meldung des„Reuterschen BnreanS'.) Aus juter Quelle verlnutet, Frankreich treffe Vorbereitungen, um das in Algerien stationierte Zuavenbataillon fiir den hiesigen Polizei- dienst zu organisieren. Das Geschwader der Vereinigten Staaten unter Konteradmiral Jewell ist in See gegangen. New Aork, 29. Juni. (B. H. ) Der verflossene Montag war der heißeste Tag seit 23 Jahren. Viele Personen starben an Hitz- chlag. Gegen Abend entlud sich ein furchtbares Gewitter. Der Sturm deckte zahlreiche Häuser ab. Ein Dampfer mit 40 Passagieren ging unter. 6 Personen erttanken. New Dork, 29. Juni. (B. H. ) Eine sensationelle Entdeckung wurde in Jack-Creek(Wiskonsin) gemacht. In der Umgebung dieser Ortschaft befindet sich ein Hügel, der aus Quarz und Kiesel besteht. Es genügt, mit einem Pflug über den Hügel zu fahren, um Gold- körnet von großem Wert aufzudecken. Eine Tonne dieser Erde soll angeblich Gold für zwei Pfund Sterling enthalten. Verantw. Redakteur: Paul Büttner , Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.u. Verlagsanstalt PaulSi»gerScCo..BerlinLW. Hierzu 2 Beilagen u. ttaterhaltungsblalt
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