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So OOO Bäumchen der verschiedensten Arten sind gepflanzt worden. Jedes Kind hat ein Blumenbeet, und für die schönsten Beete werden Preise verteilt. Eine andre Schule hat 20 Acres mit einem kleinen Park und einem Flüßchen. Für die großen Städte hat die Neuerung ihre Schwierigkeiten, weil der Boden zu teuer ist. Da hilft man sich manchmal mit großen Baustellen, die für solche Schulzwecke gemietet werden. Dieser öffentlichen Fürsorge für die Erziehung der Kinder steht leider ein mächtiger, zerstörender Faktor gegenüber, und das ist die kapitalistische Ausbeutung der Kinderarbeit, die in Amerika ebenso schoimngslos betrieben wird wie anderswo. Industrie und Handel. Der Weinbau und Wein Handel im Bezirk Trier , der die Wein' gegenden der Mosel , Saar und Ruwer unifaßt, war nach dem Jahresbericht der Handelskammer zu Trier für 1903 im der- flossenen Jahre für den Winzer abwechselnd mit großen Hoffiilingen und bitteren Enttäuschungen verknüpt. Der Ernteertrag schwankte an der Mosel , Saar und Ruwer zwischen ein Drittel und einer vollen Ernte, so daß im allgemeinen eine Zweidrittel-Ernte an- genommen werden könne. Gehöre der 1S03er Wein auch nicht zu den guten Jahrgängen, so sei seine Beschaffenheit doch etwas besser als diejenige der beiden vorhergehenden Jahrs. Die Preise der Weine waren nicht hoch, mit Rücksicht auf ihre Güte aber inimerhin be- friedigend. Bessere Sachen wurden verhältnismäßig teuer bezahlt. Im allgemeinen stellten sich die Preise in den Weinbangegenden der Mosel . Saar und Ruwer aber immer noch höher als in andern Weinbau- bezirken. Einen nennenswerten Aufschwung habe der Weinhandel im Berichtsjahre nicht genomnien; der Geschäftsgang war im Gegenteil recht schleppend. Die wenig günstige allgemeine Wirtschafts­lage wird als Hauptgrund dafür angeführt. Die 1901er Weine haben sich zum großen Teil schlecht entwickelt und dürften manchem Händler nicht unbedeutende Verluste verursacht haben. Die im Frühjahr 1904 zur Versteigerung gebrachten 1902er Weine erzielten im Verhältnis zu ihrer Güte hohe Preise. Am Schluß klagt der Bericht wieder über dieVerdächtigungen", an denen es auch lm verflossenen Jahre nicht gefehlt habe. Rückgang der deutschen Bierproduktion. Der Bericht über die wirtschaftliche Lage der deutschen Brau-Jndustrie, der auf dem in Frankfurt abgehaltenen Zehnten Deutschen Brauertag erstattet wurde, stellte fest, daß zum erstenmal ein Fallen der deutschen Bierproduktion zu verzeichnen sei. welche im Jahre 1903 67 669 000 Hektoliter be- trug. Deutschland stehe nun nicht mehr an der Spitze der Bier- Produktion, sondern die Vereinigten Staaten von Amerika haben ihm mit einer um einer halben Million Hektoliter höheren Produktion den Rang abgelaufen. Die Ursache dieses Rückganges sei in der noch immer vorhandenen wirtschaftlichen DepreNon, im Wachsen der Anti-Alkoholbewegung und in der ungünstigen Witterung der letzten Jahre zu suchen. Fusion in der Margarinefabrikation. Ans Hamburg wird der Franks. Ztg." mitgeteilt, daß ein großer Teil der Aktien der Aktien- gesellschaft Ä. L. M o h r in Altona in holländische Hände über- gegangen sei; die Margarinefirma Jürgens in Osch habe sie von der Hamburger Vereinsbank erworben, ein Vertreter dieser Fabrik werde Mitglied des Aufsichtsrats von A. L. Mohr werden. Deutsche Ausfuhr nach den Bereinigten Staaten. Der G e- samtwert der Ausfuhr von Deutschland nach den Vereinigten Staaten , laut Deklaration der Exporteure bei den verschiedenen amerikanischen Konsulaten, während des mit dem 30. Juni 1904 beendeten Fiskaljahres beträgt 446 135 628 M. gegen 507 333 676 M. im Vorjahre und 427 19g 070 M. im Fiskaljahre 1902. GexverKIcKaMicKes. Eine Episode aus dem Klassenkampfe. In Marienburg befindet sich die ganze Streikleitung in Unter- suchungshast. Seit einigen Togen verbreiteten die bürgerlichen Blätter über Marienburg die tollsten Dinge, so daß man annehmen mußte, es herrsche dort der reine Krieg zwischen Streikenden und Arbeitswilligen. Bekanntlich streiken dort die Maurer, und der Streik wäre längst beendet, wenn nicht einige Scharfmacher auf ihren Herrenstandpunkt pochen würden. Die Polizei arbeitet ngch bekanntem Muster. Das Streikpostenstehen ist verboten. Ein Arbeiter, der Streikposten stand, wurde nicht nur vom Trottoir, sondern auch vom Fahrdamin fortgetviesen. Als er nicht ging, wurde er verhaftet. Im Gefühle seines Rechtes widersetzte er sich der Verhaftung und wurde nun zwangsweise fortgebracht. Zweifellos wird man den Aermsten nun obendrein wegen Widerstandes gegen die Staats- gewalt verurteilen. Aber es kommt noch viel besser. An einem Bau standen drei Maurer. Ein 70 Jahre alter Maurer, der von oer Streikleitung aus taktischen Gründen die Erlaubnis zum Arbeiten erhalten hatte, kam vorbei und wurde von einem der Maurer in gutmütigem Tone gehänselt. Sofort sprang ein Zimmer- polier hinzu und mischte sich in die Angelegenheit hinein. Der Maurer sagte, er möge sie in Ruhe lassen? da zog der Polier einen Revolver hervor und gab einen Schreckschuß ab. Der Maurer fragte den Polier nun, wie er dazu komme, zu schießen, und ob er einen Schein habe. Der Polier drohte darauf, den Maurer zu erschießen. Nun ging dieser auf ihn zu und suchte ihm den Revolver abzunehmen; es kam zwischen beiden zu einem Handgeinenge und als der Maurer nach unten zu liegen kam, schoß der Zimmerpolier dem Maurer durch den Oberschenkel. Den an- geschossenen Maurer brachte man nach dem Kranken- hause und von hier a»S wollte man ihn verhaften. Das ließ jedoch der Arzt nicht zu. Die beiden andern Maurer, die da gestanden und rein nichts gemacht hatten, wurden jedoch v e r- haftet und sind heute noch in, Untersuchungsgefängnis. Der Revolverheld aber befindet sich auf freiem Fuße l Die Hetzpresse schreibt, daß er sich in der Notwehr befunden habe; dagegen faselt sie davon, daß gegen die Maurer ein Verfahren wegen Land- friedensbruchs eingeleitet werden soll. Aber nun weiter I Ein Maurer und ein Arbeiter schlugen sich; einige andre Maurer sahen zu. und als die Polizei kam, verhaftete diese auch die Maurer, die zu- gesehen hatten. Auch diese befinden sich heute noch im Untersuchungs- gefängnis; auch gegen sie soll ein-, Verfahren wegen Land- friedensbruchs eingeleitet werden. Unter den letzteren Maurern befinden sich die Streikleiter. Die Hetzpresse behauptet, daß sie revolutionäre Schriften bei sich trugen. Man schaudere revolutionäre" Schriften! Die bestanden aus VervnndSzeitungen und einigen Flugblättern über den Streik. Jetzt ist Ruhe, schreibt die Hetzpresse weiter, nachdem die Urheber der Streik- beweg ung beseitigt sind. Hier enthüllt sie den sehnsüchtigen Wunsch aller Scharfmocherseelen. Es sind Schritte gethan worden, um die Freilassung der Ver- hafteten zu erwirken. Zu beachten ist, daß den Streikenden kein Brrsammlungslokal zur Verfügung steht und daß sie in den vielen Wochen niemals zusammenkommen konnten, um über ihre Lage zu beraten. Dem Wirt deS Lokals, wo das Streikkomitee zusammenkam, wurde schon vor einiger Zeit die Polizeistunde auf 7 Uhr abends herabgesetzt._ Berlin und tlmgegeneu Vom Streik der Rammer und Steinsetzer. Die JnnungSherren treten immer mehr in die Fußstapfen der Kühnemänner. Neulich waren die von Berlin , Steglitz , Potsdam und EberSwalde im Spatenbräu beisammen. Es beliebte ihnen nicht, mit den er- schiencnen Kommissionen der Streikenden zu verhandeln. Man Eercmtw. Redakteur: Paul Büttner . Berlin . Inseratenteil verantw. schickte sie weg. Hohnboll wurde ihnen angekündigt, sie würden schon erfahren, unter welchen Bedingungen wieder gearbeitet werden dürfe. Gestern sMontag) wurde ihnen mitgeteilt: Die kombinierte Versammlung derSteinsetzer-Jnnungen von Berlin , Steglitz , Potsdam und Eberswalde , die von 65 Meistern besucht war, hat beschlossen, Steinsetzergesellen unter folgenden Be- dingungen einzustellen: 1. Die Gesellen verpflichten sich, bei jedem vom Steinsetzmeister bestimmten Polier oder Arbeilsführer zu arbeiten. 2. Der Steinsetzer- geselle bekommt bei neunstündiger Arbeitszeit mit den üblichen Pausen einen Stundenlohn nach Leistung bis zu 7 5 Pf.; das besagt, daß jeder Steinsetzer zu leisten hat, was in seinen Kräften steht. Die üblichen Pansen bei Damm- Pflasterungen sollen bestehen bleiben; bei Mosaik und Klein- Pflasterungen vormittags von 9 bis 12 und nachmittags von 1 bis 4 Uhr je eine Viertelstunde Pause. Andre Pausen fallen weg. Das Fahrgeld innerhalb Berlins wird nicht gezahlt, jedoch nach außerhalb das volle Fahrgeld ent- schädigt. Ehe diese Bedingungen seitens der Steinsetzergesellenschaft nicht anerkannt werden, gilt der Streik nicht als ausgehoben. Die Steinsetzmcister verpflichten sich, die Rammer nach Bedarf zu den alten Bedingungen wieder anzustellen. Arbeitswillige können nach diesen Bedingungen eingestellt werden." In derselben Versammlung der genannten Innungen wurde seitens ihrer Mitglieder ferner bestimmt:Um den Arbeitsnachweis in den Händen der Innungen zu erhalten, soll jeder Steiusetzmeister, welcher Gesellen einstellt, den Arbeitnehmer mit einem Zettel, auf welchem der Name und die Wohnung des Gesellen, der Tag der Einstellung sowie die Unterschrift des Meisters enthalten ist. nach dem Jnnungs- bureau schicken. Hier wird der Arbeitnehmer in eine Liste eingetragen und ihm gesagt, den von der Innung gestempelten Zettel seinem Meister abzugeben. 2. Innerhalb acht Tagen vom Dienstag, den 12. Juli, an gerechnet, wird eine von den Innungen bestimmte Kommission, bestehend aus 12 Mitgliedern, eine Arbeitsordnung aus- arbeiten, auf deren Basis gearbeitet werden soll." Diese Beschlüsse der Innungen wurden gestern nachmittag einer stark besuchten Versammlung der Streikenden unterbreitet, die im großen Saal des Gewerkschaftshauses tagte. Schenke referierte. Die Beschlüsse der Innungen bedeuten eine wesentliche Ver- schlechterung der bisherigen Arbeitsbedingungen der Steinsetzer, während den Rammern ihre Forderungen schlank ab- gelehnt werde». Den Steinsetzern soll der bisherige Minimallohn von 75 Pfennigen umgewandelt werden in eine» Maximal- lohn� mit Wiedereinführung der Klassenlöhne. Von den sechs Pausen bei Mosaik- und Kleinarbeit von je fünfzehn Minuten werden vier aberkannt, was in den betreffenden Fällen eine Verlängerung der Arbeitszeit von einer Stunde bedeutet. Auch die Abschaffung der Fahrgeldvergütung innerhalb der Stadt wird von den Innungen diktiert. Weiter bedeutet der Beschluß eine H e r a u f s e tz u n g der Anforderungen an die Arbeitsleistung. Nach einer Pause von»/«Stunden, wo die Kommissionen zu der Kundgebung der Innungen Stellungnahmen, schlug deren Mehrheit seine Einigung wurde nicht erzielt) folgende Resolution vor:Die Gesellenausschüsse beider Innungen sStegliy und Berlin ) werden beauftragt, den Innungen folgenden Antrag zu unterbreiten: Für den Fall, daß bis Donnerstag, den 14. Juli, die Arbeit wieder aufgenommen wird von den Steinsetzern unter den bisherigen Bedingungen ziehen die R a m m e r ihre Forderungen zurück. Sollte dieser Antrag von den Innungen bis zur angegebenen Zeit nicht angenommen sein, dann gilt der Antrag als zurückgezogen und der Kampf nimmt seinen Fortgang bis zur endgültigen Enischeidung." Schenke und Knoll u. a. empfahlen diese Resolution. Angesichts der wesentlich verschärften Situation ersuchten sie die Rammer, nur das Gemeinsamkeitsgefühl sprechen zu lassen und von ihrem eigenen Interesse bei der Entscheidung abzusehen. Das gemeinsame Interesse an der Organisation erfordere den vorgeschlagenen Schritt. Es wäre doch auch nicht so schwer, zu Gunsten derer, denen etwas genommen werden solle, zu verzichten auf daS, was man noch nicht habe. Der Vorschlag solle ja auch bloß für drei Tage, gelten. Zeige man den kommunalen Behörden, daß man entgegenzukommen bereit sei. Es handele sich darum, die Behörden aus ihrer sogenannten Neutralität, die faktisch keine sei, herauszutreiben; dieserNeutralität", die nur bestehe in einem Warten auf die ausbedungcnen Leistungen. Wenn die Behörden dabei blieben, dann dauere der Streik noch vier bis sechs Wochen. Bei weiteren sechs Wochen müsse die Organisation an 120 000 M. aufbringen, und selbst wenn die Arbeiterschaft allgemein sich beteilige, würde die Organisation mindestens auf zehn Jahre hinaus belastet. Was das bedeute, könne sich jeder sagen. Es folgte eine heftige Debatte, die zeitweilig zu stürmischen Sccnen führte. Der Gegensatz zwischen Ramniern und Steinsetzern, der schon in der gemeinsamen Sitzung der Kommission die Einigung über den der Versammlung zu unterbreitenden Antrag unmöglich gemacht hatte, verschaffte sich auch hier Ausdruck. Von verschiedenen Vertretern der Rammer werden eine Reihe Bedenken erhoben. Man glaubte nicht, daß durch einen Forderungsverzicht der Rammer viel geändert würde zu Gunsten der Steinsetzer, da den Meistern der bisherige Steinsetzertarif sowieso ein Dorn im Auge wäre. Auch wurde verlangt, daß die Rammer allein entscheiden darüber, was sie thun wollten. Eine Abstimmung in dieser gemeinsamen großen Versammlung, wo die Steinsetzer die Mehrheit hätten, wäre eine Ver- gewaltigung der Rammer, deren Folgen nicht ausbleiben würden. Es wurde Vertagung der Verhandlungen verlangt. Dem wurde von den Rednern, die für den obigen Antrag sprachen, entgegengehalten, daß jetzt beim Generalstreik von Rammern und Steinsetzern nur gemein- same Beschlüsse zulässig seien. Weil um ll{l Uhr der Saal ge- räumt werden soll, drängt das Bureau auf Entscheidung. Es entstebt großer Lärm und nur durch eine Vertagung von 10 Minuten entgeht die Versammlung der Auflösung. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird dann jedoch mit übergroßer Majorität angenommen unter heftigen Protestrufen, namentlich aus den Kreisen der Rammer. Es wird das Wort vielfach zur Geschäftsordnung verlangt. Die Rammer bleiben, wie Zwischenrufe ergeben, dabei, daß sie selber entscheiden wollen. Stürmische Erregung greift um sich. Der Vorsitzende dringt nicht durch, der Posizei-Offizier löst die Versammlung auf. Wie wir hören, wird die Streikkommission ihren An- trag den Innungen jetzt selbständig unterbreiten. Die Listen der Charlottenburger Gewerkschafts- Kommission für die streikenden Steinsetzer und Berufsgenossen Deutschlands sind beim Genossen Paul Schulze, Friedbergstr. 24, Gartenhaus III, sofort in Empfang zu nehmen. Der Ausschuß der Charlottenburger Gewerkschafts» Kommission. Ein rabiater Jnnungsmeister. Vor der fünften Strafkammer deS Landgerichts I als Berufungsinstanz fand gestern eine Ver- Handlung gegen den Holzpantinenmachcrmeister Gustav Görges, Gitschinerstraße 66, wegen thätlicher Beleidigung eines früheren Ge- sellcn V. statt, der den ehrsamen Meister gerade nicht als einen be- sonders empfehlenswerten Arbeitgeber erscheinen ließ. Die Beweis- aufnähme ergab folgenden Sachverhalt: Im letzten Winter hatte der Pantinenmacher B. bei Görges gearbeitet, daselbst aber sein Arbeits- Verhältnis gekündigt. Görges wollte seinen Gesellen nun nicht gehen lassen und behielt ihm widerrechtlich Papiere und Handwerkszeug ein. Aehnlich soll er es schon mehrfach bei andern Gesellen gemacht haben. Der Geselle klagte hierauf beim Gewerbegericht auf Lohn- ausfallentschädigung. Erst beim vierten Termin besann sich Herr Görges darauf, daß er eigentlich Jnnungsmeister sei und die An- gelegenheit infolgedessen nicht vor das Gewerbe-, sondern vor das Jnnungs- Schiedsgericht gehöre. Hier kam es denn auch am 9. Februar d. I. zur Verhandlung, wobei Görges mittelst Ver- säumnisurteil zur Zahlung verurteilt wurde. Kurz nach Fällung deS Spruches erschien indessen GörgeS im Sitzungssaal. Als er vernahm, daß er zahlen solle, wurde er aufgebracht. Mit den Worten:Lump, verfluchter Schwindler", ging er auf den klägerischen Gesellen B. los und versetzte ihm im öffentlichen Sitzungssaal in Gegenwart des Schiedsgerichts und der Zuhörer einen solchen Stoß vor die Brust, daß der Getroffene an die Wand taumelte. Vom Vorsitzenden deS Jnnungs-Schiedsgerichts erhielt der rabiate Meister eine Rüge. Der Geselle aber verklagte ihn, und am 2. Mai wurde Görges vom Schöffengericht deshalb zu 20 M. Geldstrafe event. vier Tagen Ge- fängnis verurteilt. Gegen dieses Urteil hatte er nun Berufung ein- gelegt, die er trotz dringender Mahnung des Vorsitzenden nicht zurück- nehmen wollte. Da in der Verhandlung die Anklagepunkte durchaus bestätigt wurden, so erkannte das Gericht aus Verwerfung der Be- rufung, wobei der Vorsitzende bemerkte, daß die schösfengerichtliche Strafe gegen den Angeklagten wirklich milde genug ausgefallen sei. veutkcbes BeicK. Die Düsseldorfer Polizei thut sich in der letzten Zeit in der Bekämpfung der Arbeiterbewegung sehr hervor. Nachdem wir vor einigen Tagen berichten konnten, daß sie das Versammlungsrecht durch Anwendung der Polizeistunde beschränken wollte, ist sie jetzt dabei. daS Recht des Streikpostenstehens aufzuheben. Die organi- sierten Maurer hatten über einen größeren Neubau wegen Lohn- differenzen die Sperre verhängt. Um dieselbe wirksam zu machen, hatte man in der Nähe der gesperrten Arbeitsstelle und auf dem Bahnhofe Streikposten ausgestellt. Sobald die Polizei Kenntnis von dem Aufstellen der Streikposten erhielt, erschien sie in einer Stärke von acht Mann und verlangte die Entfernung der Streikenden. Die Streikposten dursten nur in einer Entfernung von vielleicht 900 Meter von der Baustelle Aufftellung nehmen, der Streikposten auf dem Bahnhofe wurde gleich weggejagt. Streikende, die die Polizeibeamten auf das Ungesetzliche dieses Vorgehens hin- wiesen und sich weigerten, die Straße zu verlassen, wurden verhaftet. Der Vertrauensmann der Maurer Düsseldorfs, von dem Vor- gefallenen in Kenntnis gesetzt, kam zu der Baustelle und stellte die Beamten über ihr Vorgehen zur Rede. Der Erfolg war der, daß er zum Verlassen desStreikgebietes" aufgefordert und nachher ver- haftet wurde. Selbstverständlich werden sich die Gerichte noch mit der Affaire beschäftigen, doch sind vorläufig die Streikenden durch das ungesetzliche Eingreisen der Polizei in die wlrtschastlichen Kämpfe die Benachteiligten. Bugtand. Ein Bergarbeiter-Streik ist in Boryslaw (Galizien ) ausgebrochen. 6000 Arbeiter der Petroleumgruben streiken. Im Jahre 1901 hatten die Arbeiter durch einen Streik einen teilweisen Sieg errungen. Die Unternehmer verpflichteten sich, die Kuappschaftskasse zu regeln, für Wohnungen zu sorgen und zahlreiche vorhandene Mißstände zu be- fettigen. Der Vertrag wurde unterschrieben und die Kapitalisten brachen ihn in schnöder Weise. Zwei Jahre später wurde die Borhslawer Produltion durch ein Kartell centralisiert. Die Ver- sprechungen, die den Arbeitern gegeben waren, wurden dennoch nicht gehalten. Seitdem gärt es im Revier. In der letzten Zeit fanden loiederholt große Versammlungen statt. Der Streik brach am 8. Juli unerwartet und vorzeitig aus, als ein Beamter einen Arbeiter schlug. Der Streik wurde sofort zum Generalstreik. Alle Gruben stehen still. Am Freitag und Sonnabend fanden Massenversamm- lungen statt. Die Haltung der Streikenden ist eine ruhige. Die Schulen sind geschlossen. Am Morgen des 9. Juli ist schon em Bataillon Infanterie eingezogen. Die Kapitalisten wollen die Arbeiter zu unbedachten Thatcn provozieren. Die Unternehmer wollen alles bewilligen nur nicht den geforderten Acht- stundentag. Die Unruhen in Brest , von denen der Telegraph bereits berichtet hat. sind hervorgerufen durch sehr strenge Urteile gegen einige Bäckereiarbeiter, welche wegen Streikvergehen angeklagt waren. Der eine wurde zu 3 Monaten, ein zweiler zu 4 und der dritte zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Daraufhin demonstrierten die Bäckereiarbeiter, die streikenden Straßenbahner und andre vor dem Justtzpalast. Auf Anordnung des Präfekten ging die Gendarmerie mit großer Brutalität nicht bloß gegen die Manifestanten, sondern anch gegen völlig Unbeteiligte vor, auf dem Marktplatze sind gegen 200 Schüsse abgegeben worden, unter den Verwundeten befinden sich Frauen und Kinder. In der Nacht zum Sonnabend ist dann zahl- reiches Militär in Brest angelangt. Die Bäckergesellen Roms beschlossen in den Ausstand zu treten. Die Behörden haben die notwendigen Maßregeln getroffen, um die Stadt vor Mangel an Brot zu bewahren. Zu bedauerlichen Konflikten ist es in der in Italien etwa 30 Kilometer von Bologna gelegenen Gemeinde Malalbergo gekommen. Dott hatte sich mit der Zeit eine recht gute Organi- sation der Landarbeiter entwickelt, die aber von den Grundherren niemals anerkannt wurde; diese niachte im Gegenteil fortgesetzt Versuche, dieselbe zu vernichten. Auf dem Besitztum des Grafen Salina war kürzlich ein Streik der Landarbeiter ausgebrochen, und anstatt sich mit der Organisation zu verständigen, stellte der Gras Streikbrecher ein. Die Orgaiüsierten suchten die Streikbrecher in Güte zu überreden, sich ihnen anzuschließen, diese aber machten von den Revolvern Gebrauch, die ihnen der Graf zu ihrer Verteidigung zur Verfügung gestellt hatte. Darauf kam es zu einer blusigen Schlägerei, die Streikbrecher flohen in ein nahegelegenes Arbeiter- Haus und verteidigten sich dort. Die Belagerer zündeten das Stroh- dach des Hauses an, wodurch die Insassen gezivungen waren, das- selbe zu verlassen, und es wäre ihnen jetzt wohl sehr schlecht er- gangen, wenn nicht die Gendarmerie angelangt wäre. Die Folge dieser bedauerlichen Vorfälle ist nun, daß die Regierung große Truppenaufgebote nach dem genannten Orte abgesandt hat. Letzte Nachrichten und Depefchen. Karlsruhe , 11. Juli. (W. T. B.) In der heuttgen Sitzung der Zweiten Kammer erklärte Staatsminister v. Brauer über die Frage der Berfassungsrevision. die Regierung sei mit den letzten Beschlüssen der Verfassungskommission einverstanden. Die Beschlüsse wurden darauf mit 48 gegen 14 Stimmen der Social- demokraten, Demokraten und Freisinnigen angenommen. Die letzte Entscheidung hängt nunmehr von dem Votum der Ersten Kammer ab. Da die vorhandenen Differenzpunkte,>vie Staatsminister von Brauer ausführte, von geringer Bedeutung sind, hofft man auf das Zustandekommen der Verfassungsreform. Wien , 11. Juli. (SB. T. B.) DieNeue Freie Presse' meldet aus Ristovatz: Der Konventtonalzug Salonichi Wien erlitt heute bei Amatovo eine zweistündige Fahrtunterbrechung. Die Ursache war die Aufsindung von 15 Kilogramm Dynamit, das auf das Geleise gelegt war. Die Nachtzüge zwischen Uesküb und Salonichi sind von heute ab eingestellt worden. Lemberg , 11. Juli. (W. T. B.) Der Ausstand der Borislawer Petroleumarbeiter nimmt einen ruhigen Verlauf. Die Bemühungen, das aus den Eruptivschächten ausströmende Rohöl in Behälter ab- zuleiten, werden fortgesetzt. Ein Teil der Erdwachsarbeiter hat sich den Ausständischen angeschlossen. Unterhandlungen zum Zwecke eines Ausgleichs sind eingeleitet Ivorden. Rem, 11. Juli. (W. T. B.) Auf gerichtliche Anordnung ist heute der ftühcre Bersaglieri -Hauptmann Mancinelli unter dem Verdachte. ein Mitschuldiger des wegen Spionage verhafteten Kapitäns Errolessi zu sein, festgenommen worden._ Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Soeul, 11. Juli. (Meldung desReuterichen Bureaus'.) Die Kriegskorrespondenten und die fremden Militärattachös haben jetzt zum erstenmal seit Ausbruch des Krieges die Erlaubnis erhalten. an dem Vormarsch der japanischen Truppen teilzunehmen, während sie bisher beim Hauptquartier des Generals Kuroki zurückbleiben mußten. Tokio , 11. Juli. (W. T. B.) Am Sonnabend find die russischen KreuzerBejan",.Diana', Pallada" undNowik" mit zwei Kanonen- booten und sieben Torpedoboots- Zerstörern aus dem Hafen von Port Arthur herausgefahren. Das Geschwader, dem eine größere Anzahl Dampfer zur Minenbeseitigung vorauffuhren, wurde von der japanischen Torpedoflottille angegriffen und zog sich nach- mittags in den Hafen zurück. Admiral Togo berichtet, daß die japanische Flotttille keine Beschädigungen erlitten hat. : Th. Glocke, Berlin . Druck U.Verlag: Vorwärts Buchdc.u.VerlagsanstaltPaul Singer L-Co., Verlin 2VV. Hierzu 2 Beilage» u.Unter�altungsblatt