Angeklagte« McrtinZ. Dieser erklärt: Im April oder März 1902 kam zu mir ein russischer Parteigenosse aus Berlin mit Erzählungen von durchaus Vertrauens- und glaubwürdiger Seite. Ueber seine Person ver- weigere ich jede Auskunft, nicht weil ich fürchtete, mich strafbar zu machen, sondern um ihm Unannehmlichkeiten zu er- sparen. Er ist wiederholt mit andern russischen Genossen zu mir gekommen. Später kamen diese allein, um russische Schriften ab zuholen. Ich bekam Sendungen von W. Pätzel aus Berlin unter der Bezeichnung„Druckschriften".— Vors.: Aber auch als„Schuh waren" deklariert.— A n g e k l.: Was die Russen dazu veranlafcr hat, geht mich gar nichts an.— Vors.: Aber diese Geheimnisthuerei und die Bezeichnung des Absenders als Papel anstatt„Buchhand- lung Vorwärts" hat viel zur Erhebung der Anklage beigetragen.— Angekl. M e r t i n s: Ich finde diese Vorsichtsmahregel bei der Freundschaft der deutschen und der russischen Polizei fthr verständlich und naheliegend.— Vors.: Wie hießen die verbreiteten Schriften und wie hießen die Russen, die sie von ihnen holten?— Angekl.: Es war die„Jskra". Die Namen der Personen habe ich nicht erfahren und auch nicht erftagt; wie leicht könnte man in einem unbewachten Augenblick die Namen verraten! Aber die Russen mußten sich hüten, der russischen Polizei derartiges zu verraten. Vors.: Angeklagter, stellen Sie sich mal zunächst gerade hin. Sie thun ja gerade so, als ob Sie hier schon als Verteidiger Ihr Plaidohrr hielten. Sie scheinen fich gar nicht als Angeklagter zu suhle»; Sie find aber angeklagt und zwar stehe» Sie unter einem sehr schweren Verdachte. Wenn Sie etwas davon auf sich lasten lassen, dürste Ihnen bald keine Gelegenheit mehr gegeben werden, ein derartiges Be nehmen zu zeigen. sGroßr Bewegung.)— Angekl.: Die Orgairi sation der„Jskra" ist rein socialdemokratisch und stimmt in ihren Zielen genau mit der deutschen Socialdemokratie überein. Nur dieser Ivollte ich als Socialdemokrat eine Unterstützung zu teil werden lassen. Ich habe demnach auf den Rat meiner russischen Freunde die Bitte um Beförderung anderer Schriften abgelehnt, ebenso eine Bitte von Skubbik und eine gleiche von Lina Struve.— Bors.: Ist Ihnen bekannt, daß in der socialdemokratischen Presse zahlreiche Majestäts- beleidigungen auch gegen den Zaren begangen werden?— Angekl.: Ueber socialdemokratische Majestätsbeleidigungen kann man ja recht verschiedener Meinung sein. Aber daß socialdemokratische Redatteure deswegen bestraft sind, weiß ich.— Der Angeklagte erklärt weiterhin, er selbst habe nie ein Paket abgesandt oder es als Schuhware deklariert. Schließlich wird noch ein Frachtbrief vorgelegt, auf dem Mertins Name steht.— Der Angeklagte erkennt dies nicht an.— Der Angeklagte K ö g st, an den eine Sendung gerichtet ist, wird über den Absender befragt; er erklärt, ich weiß nichts, ich kann nicht lesen, ich kann nicht schreiben! sGroße Heiterkeit.)— Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt Angekl. MertinS, daß er auch deutsche Flugblätter und Schriften in den 1ö Jahren, da er Vertrauensmann sei, zahlreich empfangen habe. Rechtsanw. H a a s e: Wir haben jetzt etwas ganz Neues ge- hört. Russische Freunde sollen Mertins abgeraten haben, sich mit i-okubbik einzulassen, weil dieser eine schärfere Richtung vertreten habe. Hat der Russe nicht vielleicht gesagt, die Richtung Skubbiks sei lettisch- national, im übrigen aber socialdemokratisch?— Angekl. MertinS: Ich habe der Sache keinen Wert beigelegt.— Vert. Liebknecht: Sie wissen also gar nichts davon?— An- geklagter: Rem, ich hatte mehr zu thun.— Vert. Liebknecht: Ich möchte nur namens meiner Klienten gegen die Behauptung protestieren, daß es kein Charakteristikum der deutschen socialdemokratischen Presse sei, sich in beleidigender Weise mit dem Kaiser oder andern Fürsten zu beschäftigen. Ich be- Haupte, daß die Redatteure bürgerlicher Blätter verhältnismäßig ebenso häufig wegen Majestätsbeleidigungen bestraft werden. Für die Behauptting des Gegenteils muß ich bitten, ganz bestimmte Thatsachcn anzugeben.— Vors.: Sie werden doch wohl nicht bestreiten, daß sich in den socialdemokratischen Zeittingen schärfere Angriffe gegen den Absolutismus finden als in den bürger- lichen?— Verteidiger Liebknecht : Gegen das System allerdings, gegen den Zarismus, nicht gegen den Zaren. — Vors.: Man spricht von„Väterchen I"— Vert.: Ja, als Vertreter eines Systems.— Damit ist die Vernehmung Mertins beendet. Der folgende Angeklagte Ehrenpfort giebt an: Ich habe mich auf Veranlassung eines russischen Swdenten der Chemie, Namens Gabriel, den ich in einer Parteiversammlung traf, mich zum Empfang von Schriften bereit erklärt. Da ich ver- reiste, habe ich die Adresse des Gastwirts Weber aufgegeben. Zwei Pakete sind auch angekommen und beschlagnahmt worden. Weiter ist nichts eingegangen.— Vors.: In den Briefen ist, wie Sie gehört haben, die Antwort ausdrücklich an Sie verlangt.— Angekl. Ehrenpfort: Es ist möglich, daß die jungen Russen, die bei mir wohnten, Briefe auf meinen Namen empfangen haben.— Vors.: Es haben seit dem Jahre 1896 32 Russen bei Ihnen gewohnt.— Vert. Liebknecht: Es haben auch Deutsche bei dem Angeklagten Ehrenpfort gewohnt. Zudem wohnen in der ganzen Kantstraße in Charlottenburg zahlreiche Russen, die sehr fest zusammenhalten.— Der Angeklagte giebt weiter an, daß er mit den bei ihm wohnenden Russen wenig gesprochen und von einem Verkehr nichts gewußt habe. Er sei Socialdemokrat und habe zu seiner Information die anarchistische Wochenschrift„Neues Leben" gelesen; er habe sie offen bei sich liegen lassen.— Vors.: Sie sind wohl nicht auf eine HauS- suchung vorbereitet gewesen?— Vert. Liebknecht: Bisher wurde immer erklärt, die Haussuchung bei dem Angeklagten Ehrenpfort habe nichts Belastendes ergeben, weil er sich nach den Zeitungsmeldungen über die Haussuchungen in Königs- berg vorhergesehen habe, daß auch bei ihm gehaussucht werden würde. Jetzt soll auf einmal das Gegenteil richtig sein.— Angettagter Ehrenpfort: Selb st wenn ich im voraus von einer Haussuchung gewußt hätte, hätte ich die Zeitschrift ruhig liegen lassen. Schließlich erklärt der Angeklagte, er wisse von den russischen Verhältnissen so viel, daß er mit Bestimmtheit behaupten könne, die russische Socialdemokratte oder wenigstens ihre seit Jahren überwiegende Richtung stehe gerade auf demselben Standpunkt wie die deutsche Socialdemokratie. Angettagter PSyel giebt folgende Erklärung ab: Ich habe mich bei meinen früheren Vernehmungen sehr zurückhaltend geäußert. Ich that es aus- schließlich deswegen, weil ich die rnssischrn Parteigenossen keinen Unannehmlichkeiten aussehen wollte. Sie gleichsam hineinzulegen hätte ich vor meinem Gewissen schon als Socialdemokrat nicht ver- antworten können. Auch heute würde ich jede Auskunft über die Person der Russen verweigern, selbst wenn ich sie kennte. Eines TageS kamen zwei Russen mit Empfehlungsschreiben Axelrods, dessen Name in der russischen Socialdemokratie dasselbe bedeutet wie bei uns der Bebels oder Liebknechts, zu mir in das alte Gebäude des„Vorwärts". Sie baten um die Erlaubnis, sich dahin russische Schriften senden zu lassen. Um jede Störung im Geschäft, das auch ausländische, speciell russische Schriften bezieht, zu vermeiden, schlug ich ihnen vor, als Adresse meinen Namen persönlich anzugeben. Danach wurde Jahrelang verfahren, bis ich plötzlich vor den Unter- suchungsrichter citiert wurde. Ich habe nie Schriften als Schuhwaren deklariert, aber wenn die Russen darum ersucht hätten, hätte ich es unbedenttich gethan. Hätten sie mich geftagt, hätte ich ihnen auch dazu geraten. Ich weiß ja selbst am besten, wie sie von den massenhaft herum- lungernden Spitzeln beobachtet werden. Die Pakete trugen den besonderen Stempel Blumenfelds oder Bulyanoffs, der Expedienten der„JSkra", und wurden sofort für Rußland bereitgestellt. Möglicher- weise kamen auch solche von der Wiener Partei-Buchhandlung I. Brandt. Die Sendungen von Axelrod kamen monatlich ein- •der zweimal und wurden durch einen königliche« Hofspediteur weiter befördert. Inzwischen ist die russische Polizei gekommen, um sich zu erkundigen. So ttären sich die Angaben des Kronzeugen der„Post", Abel, auf. Vom Hofe sind die Russen hineingegangen, weil der Keller, in den wir die Schriften aus Platzmangel legten, von dort ohne Störung des Ladengeschäfts sich erreichen lasse. Ich saß an meinem Pulte in der Expeditton, die auf dem dritten Hofe liegt. Zum Schluß mache ich noch darauf aufmerksam, daß bei sehr .vielen Sendungen, wenn die Besteller um Diskretion baten, mein Name als Absender statt desjenigen der Buchhandlung Vorwärts gesetzt wurde. Das geschah z. B. bei Sendungen an deutsche Beamte.— Vors.: Wie kam es aber, daß der in Berlin verhaftete Russe Popoff alias Schekoldin Ihre Adresse bei sich hatte?— Angekl.: Herr Präsident, von dieser Thatsache höre ich jetzt zum erstenmal.(Bewegung.) Verteidiger Liebknecht : Ich kenne Popoff. er ist ein intimer Freund Axelrods und verdankte diesem Pätzel's Adresse.— Vors.: Kennen Sie den Dr. v. Wetscheslaff? War er einer der Russen, die zu Ihnen kamen?— Angekl.: Nein, er hat nur Schriften beim„Vorwärts" gekaust und war mir deshalb ein lieber Mensch, weil er oft und viel bei mir kaufte.— Unter allgemeiner großer Heiterkeit wird allseitig auf die Auskunft des Steueramtes Berlin verzichtet. PätzelS Vernehmung ist damit beendet. Als nächster Zeuge wird der Angeklagte Losmann Kögst aus Bajohren vernommen. Er ist sehr schwer verständlich, spricht schlecht deutsch und erzählt lange Schmuggler-Gcschichten.— Vors.: Sind Sie auch Schmuggler?— Angekl.: Nein, nein I(Große Heiterkeit.) Es ergiebt sich, daß Kögst für je einen Rubel Pakete aufbewahrt, vom Spediteur abgeholt und den Schmugglern zuge- ttagen habe. Einmal ist er dann angeblich, wie die Schmuggler ein Paket abholten, nachts aber immer wieder auf seinen Hof zurückbrachten, mit diesem Paket über die Grenze gefahren und ein Unbekannter hat es an einen russischen Offizier für 26 Rubel ver- kauft. Ein andres Mal habe ein Paket beim Aufladen„gekullert". Da habe er fich gesagt:„Erst kommt das Paket hier an, ohne daß die Fracht bezahlt ist, und dann sind die Kisten leer. Da muß ich doch einmal nachsehen." Sein 12jähriger Sohn, der lesen könne (Heiterkeit), habe den Deckel abgerissen. In dem Paket seien Druck- chriften gewesen, die dann bei ihm beschlagnahmt worden seien.— Damit ist das Verhör des Angeklagten beendet. Es beginnt die Zenzeiwernehmung. Als Zeugin wird zunächst Frau Nowagrotzki, 33 Jahre alt, vernommen.— Staatsanwaltschaftsrat D r. Caspar macht auf das krankhafte Aussehen der Zeugin aufmerksam und bittet sie, sich zu setzen. Die Zeugin erklärt, sie sei durch die ständigen Verfolgungen ihre? Mannes schwer angegriffen, könne die Vernehmung aber stehend aushalten. Sie bestättgt durch weg die Angaben ihres Mannes. Auch sie habe den einen Russen, der bei ihnen war, wegen seines eleganten Auftretens, feines HauS- »ohen Stehttagens und wegen seiner Kleidung, die nicht gewesen 'ei, wie bei andern Menschen(große Heiterkeit), für einen Spitzel gehalten. Die Sendungen an Klein habe sie durch einen Bekannten wegschicken lassen, der immer mehrere Pakete in eins zusammenband. So erklärt es sich, daß statt 22 empfangener Pakete nur ö bis 6 von ihr abgeschickt seien. Den Namen des betteffenden gefälligen Freundes will die Zeugin nicht nennen, um ihm nicht Scherereien zu machen. Sie versichert aber, daß es keiner der Angeklagten ge wesen sei. Zeugin Frau Braun kann nur wiederholen, daß ihr Mann, an dessen ganzer Thätigkeit sie seit dem Tode ihres Kindes teilnehme. von der Hanssuchung und der Hineiuziehung in die Anklage aufs äußerste überrascht worden sei. Der folgende Zeuge Julian Borchardt - Königsberg, Redakteur der.Königsberger Volkszeitung", sagt über seinen Brief an Pätzel aus, gegen Treptau seien bei der Königsberger Parteileitung Be- chwerden wegen Nachlässigkeiten bei der ReichstagSwahl eingelaufen, die sich als unbegründet herausgestellt haben. Doch habe sich ergeben, daß er einem russischen Genossen seinen Koffer l1/« Jahre vorenthalten habe, um gleichsam einen Erpressungsversuch zu machen. Darauf sei das Urteil gesprochen und durch ihn an Treptau über- mittelt worden. Zeuge Tischler Linde-Königsberg hat, als Klein ihm von der aussuchung bei sich benachrichttgte. folgendes geschrieben: Rege ssch deswegen nicht auf, wenn Du vernommen wirst, bestreite alles, gieb so wenig als möglich Antwort, äge: Du weißt nichts oder kannst Dich nicht besinnen. Außergewöhnliches telegraphiere mir sofort. Der Zeuge giebt als Grund für dieses Schreiben an, daß er Klein für w e n i g ge- wandt halte und aus Erfahrung wisse, daß bei polizeilichen Ver- nehmungen die Protokolle sehr oft sich nicht mit den Aussagen decken.— Der Staatsanwalt beanttastt. den Zeugen wegen des Ver- dachts der Begünstigung nicht zu vereidigen.— Verteidiger H a a s e widerspricht. Der Zeuge habe wohl seine ungeschickten und von niemand mehr als von der Verteidigung bedauerten Briefe genügend aufgeklärt. Der Gerichtshof schließt sich de« Ausführungen des Staats- anwalts an und läßt dir beiden Zeugen unvereidet, ebenso die beiden Ehefrauen. — An den nächsten Zeugen Kriminalkoinmissar Wohl- r o m m erklärt Verteidiger H a a se eine große Anzahl Fragen richten zu müssen. Die Verhandlung wird deswegen auf Donnerstag S Uhr vertagt. Außer Wohlfromm sollen morgen 20 Zeugen ver- nommen werden. Schluß 3>/z Uhr. _ Versammlungen. Ueber die Lage der Möbelpolierer Deutschlands prach Genosse Barenthin in einer Vertrauensmänner-Ver- ammlung der Möbelpolierer, die am 6. d. Mts. im Gewerkschafts- hause stattfand. Er führte etwa aus: Durch die Enquete des Deutschen Holzarbeiter-Verbandes, welche im Jahre 1962 ver- anstaltet wurde, ist man in der Lage, sich über Lohn- und Arbeits- bedingungen im Beruf der Möbelpolierer Kenntnis zu verschaffen. 2168 Möbelpolierer in 24 Städten hätten sich an dieser Enquete beteiligt. Die Arbeitszeit betrage im Durchschnitt über 66 Stunden. in einzelnen Städten sogar 69— 60 Stunden. Bedenke man, mit welchen gesundheitsschädlichen Stoffen, wie denaturiertem Spiritus. verschiedenen giftigen Farbstoffen usw., gearbeitet werden müsse, so ei in Verbindung mit der langen Arbeitszeit erklärlich, daß der Organismus der Arbeiter ungeheuer darunter leide. Daher auch das niedrige Durchschnittsalter. Auch der Lohn sei ein trauriger. Im Durchschnitt würden 20,70 M. erzielt. In einigen Städten sinke der Lohn bis auf 14 M.. Dazu kämen noch dieAuslagenfürMaterialien; in dieser Beziehung stehe Dresden an der Spitze. 11 Poliererinnen müssen hier für Schleis-, Grundier- und Poliermaterial nebst Lack jährlich 2433 M. ausgehen; macht pro Person 226 M. das Jahr. Die Arbeiter würden gezwungen, die Materialien vom Unternehmer zu entnehmen und teurer als anderwärts zu bezahlen. Obgleich § 115 der Gewerbe-Ordnung den Unternehmer verbietet. Werkzeuge und Stoffe für Accordarbeften zu höheren als den ortsüblichen Preisen zu verabfolgen, kämen solche Gesetzesübertretungen seitens der Unternehmer gar zu häufig vor. Die Arbeiter seien auch diesen Schamlosigkeiten der Unternehmer gegenüber vielfach machtlos, weil ie im Falle der Weigerung oder Anzeige mit Entlassung und Arbeitslosigkeit zu rechnen hätten. Diese 11 Poliererinnen hatten 'einen Dürchschnittsverdienst von 14,09 M. Ziehe man die Aus. gaben für Poliermaterial ab, so bleihe bei 67stündiger angestrengter Arbeitszeit pro Woche ein Verdienst von 9,73 M. im Durchschnitt. Ost sei bei Beratung des Uebertritts zum Holzarbeiter-Verbande geltend gemacht, daß wegen der übermäßigen Accordarbeit seitens der Tischler eine Vereinigung unmöglich sei. Das sei aber jetzt nicht mehr aufrecht zu erhalten. In 80 Proz. der Werkstätten arbeiten die Polierer im Accord, die Tischler nur in 16,7 Proz. Von den 2168 an der Enquete beteiligten Möbelpolierern seien 1272 im Holzarbeiter-Verbande, 14 Hirsch-Dunckerianer, 2 christlich, 296 sonstig und 686 nicht organisiert. Bei Veranstaltung der Enquete seien im Verbände der Möbelpolierer noch nicht 1000 ge- Wesen. Angesichts der traurigen Lohn- und Arbeitsbedingungen müsse man ans Besserung derselben, speciell in den Provinzen, bedacht sein; das sei aber nur möglich, wenn die Polierer ihren Einfluß im Holzarbeiter-Verband geltend machen könnten, indem sie sich demselben anschlössen. Nach Beendigung des mit Beifall aufgenommenen Vortrages erstatteten die Bezirksleiter Bericht. Nicht vertteten waren Rixdorf und Friedrichsberg._ Letzte lyachnchtcn und Depclchcn. Köln , 13. Juli. (W. T. B.) Die„Kölnische Volkszeitung" meldet aus Neuwied : Vom Landgericht Neuwied wurde heute der ehemalige Direktor der Fabrik feuerfester Produtte zu Vallendar , Leo Otto Böing. zum Ersatz desjenigen Schadens verurteilt, welcher verschiedenen klagenden Aktionären dadurch entstanden ist, daß sie sich durch die gefälschten günsttgen Bilanzen und die künstlich hochgeschraubten Dividenden zum Ankauf von Aktien bestimmen ließen. Soweit die Klage gegen den Aussichtsrat und das Vorstandsmitglied Emil Böing gerichtet war, ist sie abgewiesen worden; die Verhandlung gegen das Vorstandsmitglied Arthur Böing wurde auf den 14. Oktober dieses Jahres vertagt._ Parlamentsschluß in Frankreich . Paris , 13. Juli. (W. T. 83.) Nachdem die Deputiertenkammer und der Senat noch das Budget der direkten Steuern bewilligt hatten, wurde die Session des Parlaments geschlossen.— Paris , 13. Juli. (W. T. 83.) Der Senat hat den von der Kammer bereits genehmigten Gesetzentwurf angenommen, nach dem die Einfuhr von tunesischem Getreide in Frankreich zollftei sein soll, sobald die Einftihr ftemden Getteides in Tunis mit dem ftanzösischen Mindestzollsatz belegt ist. Paris , 13. Juli. (W. T. 83.) Wie aus TarbeS , Pau, Agen und Bordeaux gemeldet wird, wurden dort Erderschütterungen wahr- genommen._ Beschuldigung deutscher Marine-Offiziere. London , 13. Juli. (W. T. B.) U n t e r h a uS. M o n t a g u fragt, ob die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Thatsache gelentt worden sei, daß deutsche Marine-Offiziere die Festungswerke und Schiffswerfte von Devonport photographiert haben, ferner, wenn das der Fall sei, ein Einschreiten im Interesse der nattonalen Verteidigungswerke beabsichttgt sei und ob schließlich englischen Offizieren in deutschen Kriegshäfen gleiche Zu- geständnisse gewährt würden. Der Civil-Lord der Admiralität, Lee. erwidert, über den angeregten Vorfall sei nichts bekannt, wenn aber irgend etwas Ungehöriges vorgekommen sein sollte, würde es von den verantwortlichen Behörden gemeldet worden sein. Es ist anzunehmen, daß fich die Anschuldigungen MontaguS als haltlos erweisen werden._ Vom ostasiatischen Kriegsschauplätze. Petersburg, 13. Juli. (W. T. B.) Wie Generattieutenant Ssacharow dem Generalstabe von gestern meldet, errichtete der Feind am 10. Juli auf den Höhen zwischen der Eisenbahnlinie und der Fahrstraße Kaiffchou— Tafchitschiao Feldbefestigungen. Feindliche Vorposten-Abteilungen standen, wie Rekognoszierungen in der Nacht auf den 11. Juli ergaben, von Maolingou bis Sangoischi, 8 Werst von Kaitschou, und bis zur Eisenbahn. Als eine russische Ausklärungs- abteilung bei Tagesanbruch bei Sinschilipu erschien, zogen sich die feindlichen Vorposten von Maolingou nach Schuanlinsy zurück und die Erdarbeiten auf den benachbarten Höhen wurden eingestellt. Am Morgen des 11. Juli unternahmen zwei japanische EskadronS eine Rekognoszierung im Westen von der Eisenbahnlinie. Gegen 9 Uhr morgens eröffnete eine japanische Compagnie im Norden von Jaolindsa das Feuer auf eine russische Feldwache, die ein Dorf be- setzt hielt. Als die Russen Verstärkungen erhielten, zogen sich die Japaner zurück. Auf russischer Seite wurden zwei Schützen ver- wundet. Eine feindliche Abteilung in einer Stärke von einem Bataillon und drei ESkadrons ist bei Saodsiatun, 12 Werst nordöst- lich von Kaitschon, gesehen worden. Auf der Linie Siujan— Taschitschiao befinden sich Abteilungen der japanischen Vorhut im Thale des Nantahe von Judiatin(14 Werst östlich von Kaitschou)� bis Panschipfusa, 6 Werst südlich von Tschiadiagou. Von Siaohotan (30 Werst südöstlich von Taschitschiao) und von den Schwarzen Bergen rückte der Feind bis zum Morgen des 11. Juli nicht vor. Am 10. Juli wurde bemerkt, daß der Gegner Geschützschanzen bei Liaokuschan und auf den Höhen bei Oheju aufwarf.— In der Umgegend von Ssemagiu, 8 Werst vor dem Pchanlinpah, auf der großen Straße Ssimulschen-Fönghwangtscheng bemerkte eine russische Streif- wache ein feindliches Biwak von etwa zwei Bataillonen Infanterie. Abteilungen der japanischen Vorhut halten das Thal des Lanhe, 50 bis 60 Werst östlich von Liaujang, besetzt.— Bei Anpin, 40 Werst üdwestlich von Liaujang, sind Chunchusen-Banden aufgetaucht. Petersburg, 13. Juli. (W. T. 83.) Wie Generallieutenant Ssacharow dem Generalstabe unterm 12. Juli weiter meldet, fuhr der eind am 11. d. M. fort, seine Stellungen am Nordabhange der öhen zwischen Maolingou und Pinsai, 3 bis 10 Werst nördlich von ..aitschou, zu befestigen. Japanische Kavallerie- und Infanterie- Abteilungen, die sich in der Umgebung der Eisenbahn zeigten, wurden von Schützen und von der Grenzwache vertrieben. Auf russischer Seite wurden in Scharmützeln, die an diesem Tage stattfanden, 7 Mann verwundet. Die Russen fanden 2 tote Japaner und nahmen einen 8Zerwundetcn gefangen. Am Morgen des 11. Juli zeigten sich japanische Vorposten im Thale des Nantahe; gegen abend wurden japanische Feldwachen im Osten auf der Linie Hupeiju— Muguju— Tindiatin gesehen. Am Morgen desselben Tages rückte der Feind von Muguju nach dem etwa 4 Werst von Kutiadsi befindlichen Patz vor. Japanische Schützenketten und eine Batterie zeigten sich 9 Werst udöstlich von Tantschi. Die Batterie eröffnete das Feuer auf die russische Stellung bei Kutiadsi. Berichte über die weiteren Einzel- heiten sind noch nicht eingegangen. Auf der Linie Dalinpaß— Simutschen— Haitscheng sind keine Veränderungen eingetreten. Im Osten vom Pchanlinpaß in der Umgebung der nach Fönghwangffchöng ührenden Straße erhält der Gegner Verstärkungen. In der Um- gegend von Liaujang tauchen Chunchusen-Banden auf, mit denen russische Wachtposten Scharmützel hatten. Petersburg, 13. Juli. (W. T. B.) Eine Mitteilung des General« tabes bestätigt die gestrige Meldung der„Russischen Telegraphen- Agentur" aus Mulden, daß die Japaner bei Port Arthur 30 000 Mann verloren hätten._ Belgrad , 13. Juli. (Meldung deS Wiener k. k. Tel.-Corr.-BureauS.) Nach amtlichen Angaben kam es gestern in Kragujewatz zwischen. Offizieren und socialdemottattschen Arbeitern zu einer Schlägerei, die, da die Stadt infolge des Geburtstages de? Königs sehr belebt war, durch Beteiligung de§ Publikums einen größeren Umfang annahm; auf beiden Seiten wurden von Waffen Gebranch gemacht. Gegenüber Gerüchten, daß bei der Schlägerei gegen 100 Personen getötet oder verwundet worden seien, wird amtlich mitgeteilt, daß bisher nur festgestellt worden ist, daß ein Arbeiter verwmrdet wurde. Verantw. Redakteur: Paul Büttner , Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u.Verlag: VorwäctsBuchdr.u.VerlagSanstaltPaulSingerLiCo.. Berlin SW. Hierzu 2 Beilagenu.Unterhaltungsbl�tt
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