MS Verteidiger Liebknecht den Zeugen dann nach der Tendenz der socialdemokratischen russischen„Revolution" fragt, unterbricht ihn der Vorsitzende: Der Zeuge kann doch darüber nichts wissen, er kann doch gar nicht russisch. Diese ganze Zeugen- aussage ist doch überhaupt völlig wertlos.— Zeuge O u e s s e l .nacht noch darauf aufmerksam, dost seine Frau Russin sei und daß auch die russischen Studenten seine Auffassung von der Zuverlässigkeit Skubbiks teilten. Oberwachtmeister v. Fritschen-Memel: Vor zwei Jahren erhielt ich anläßlich der Beratungen im Parlament über die Verhaftungen und Ausweisungen nach Ruß- land den Austrag, festzustellen, ob russische Agenten diesseits der Grenze thätig seien. Er habe damals Kugel rm Verkehr mit vier Leuten gesehen, die er für russische Spione gehalten habe, die aber Schmuggler gewesen seien. Er habe bei Kögst eine Kiste mit Drucksachen beschlagnahmt, die Kögst selbst auf eignem Wagen zur Polizei hinfahren half. Bei einigen andren Schmugglern habe er nur Kisten mit Gebetbüchern gefunden.(Heiterkeit.) Zeuge Kriminalkommisiar Wohlfromm: Die Behörde hat mir gestattet, auf die gestellten Fragen zu antworten. Die Schriften sind durch das Steueramt auf die Polizei gekommen, ausgesucht hat sie der Vorsteher des Zollamts selbst. Die Uebersetzung sei erfolgt durch das russische Konsulat. Es habe sich dabei nur um eine ungefähre Inhaltsangabe gehandelt. Vert. Liebknecht: Danach also hatte nicht das Konsulat erklärt, daß nur die blaue Broschüre bedenklich sei. sondern S i e haben angenommen, daß die andren Schriften nichts Strafbares enthielten. Ist Ihnen bekannt, daß die Inhaltsangabe, die Sie als Abschrift vom russischen Generalkonsulat erhalten haben, im Reichstage und in der Presse als bewußte Fälschung bezeichnet worden ist? Der Vorsitzende beanstandet diese Frage.— Erster Staatsanwalt Geh. Rat Schütze: Es handelte sich doch lediglich um eine Information, ob man einschreiten sollte. Da ist bei der notwendigen Eile ein Irrtum wohl möglich.— Verteidiger Liebknecht : ES handelte sich doch um Akte, auf Grund deren Leute ans Monate hinaus ins Gefängnis wandern mußten, da durfte man nicht so flüchtig sein.— Erster Staatsanwalt: Damals war wohl noch kein Gedanke an eine Verhaftung. Es handelte sich nur um ein objektives Ver- fahren.— Vert. H a a s e(zum Zeugen Wohlfromm): Haben Sie oorhin, als Sie'entlassen wurden, mit Ihren Beamten ge- sprachen?— Zeuge Wohlfromm(zum Präsidenten): Muß ich die Frage beantworten?— Vors.: Jawohl.— Zeuge Wohl- fromm erklärt auf weiteres eindringliches Befragen des Ver- teidigers, er habe seinen Beamten gesagt, daß jetzt FrauBorchardt über die Haussuchung bei Braun vernommen werden solle und gestagt, ob sie damals etwas von Klein gewußt und gehört hätten.„Ich weiß nichts, ich kann mich nicht entsinnen," habe er hinzugefügt.— Vert. H a a s e: Das wollte ich nur wissen. Im übrigen frage ich noch einmal nach dem, waS der Staatsanwalt schon durch eine Suggestivfrage erfahren wollte. Haben Sie vom russischen Konsulat nur erfahren wollen, ob etwa» Strafbares in der Sendung wäre, oder wollten Sie alles Strafbare erfahren?— Zeuge Wohlfromm: Das kann ich nicht sagen. Es wird weiter der Bericht des KönlgSberger Polizeipräsidiums verlesen, nach dem bei Frau Ouessel, Frau Nowagrotzki, der Mutter des Angeklagten, und bei 22 russischen Studenten in Königsberg mit ihrer Zustimmung eine Durchsuchung stattgefunden habe, bei der sich keinerlei Anhaltspunkte für eine geheime Verbindung ergeben hätten. Der Gerichtshof beschließt sodann, den Zeugen Ouessel wegen Verdachts der Beihilfe nicht zu vererdigen. Die übrigen Zeugen werden vereidigt. Auf Antrag der Verteidigung werden der Königsberger Zollvorsteher Seth und der russische Generalkonsul Staatsrat v. Wymodze als Zeugen vorgeladen. Nach einer Pause von 10 Minuten wird in der Verhandlung fortgefahren. Zeuge Zehner- Stuttgart , Angestellter im D i e tz s ch e n Verlag, bekundet, daß Ende August vorigen JahreS an die Buch- Handlung plötzlich ohne jede vorherige Bestellung etwa zwanzig Nummern des„Novorodoletz" geschickt und auf An- ordnung von Dietz vernichtet worden seien. Zeuge Reichstags-Abgeordueter Dietz- Stuttgart bestätigt diese Darstellung. Als er von der Einleitung dieses Prozesses gehört habe, habe er zu Zehner gesagt:„Sehen Sie, hätten Sie damals die Nummern in den Buchhandel gebracht, ohne mich zu fragen"— Zehner könne nicht russisch —„so wären Sie zwar jetzt auch un- schuldig, säßen aber auch auf der Anklagebank, wie die Königsberger Genossen."(Große Heiterkeit.) Im„Buchhändler- Börsen- blatt" würden in kurzen Zwischenräumen die von der russischen Censur teilweise oder ganz beschlagnahmten Schriften veröffentlicht. Diese Verbotsliste enthält alle politischen und die meisten historischen Schriften. Für diese sei auch der ganze legitime Buchhandel auf den Schmuggel angewiesen. Unter den sogenannten revolutionären Schriften, die in England ge- druckt werden, befänden sich auch die der Anarchisten Krapotki» und Leo Tolstoj. lHeiterkeit.) Burzcff und Nadgy hätten keinerlei Partei hinter sich. Ihre Schriften wären die reinste Tollheit und nur pathologisch ,zu erklären. Bu rzeff habe übrigens zuletzt ein- einhalb Jahre in England im Gefängnis gesessen. Inzwischen sei auch seine Zeitung nicht erschienen. Er könne auch mit den Attentate« der letzten Jahre nicht in Verbindung stehen, da alle diese, wie dasjenige des Finnländer S ch a u m a n, Emzelthaten seien. Auf Bestagen der Verleidiger spricht sich Z e u g e Dietz noch über die Stellung der Socialdemokratie zu den Majestätsbeleidigungen aus. Er leite feinen Verlag, zu dem auch die Stuttgarter socialdemokratische„Tagwacht" gehöre, seit 21 Jahren. Niemals sei er oder ein Redakteur der „Neuen Zeit" oder der„Tagwacht" angeklagt worden, auch nicht unter dem Socialistengesctz. Der überhaupt größte Prozeß, an dem sein Verlag irgendwie beteiligt gewesen lei, sei eine Anklage wegen Gotteslästerung gewesen. Damals habe der Staatsanwalt zwei Monate Gefängms beantragt, der Redakteur sei aber infolge seiner„geschickten" Verteidigung zu drei Monaten verurteilt worden. (Große Heiterkeit.) Die Socialdemokratie bekämpfe das monarchische Prinzip. halte aber MajestStSbeleidigungen für zweck- und sinnlos. Diese Prozesse seien deshalb auch eine sehr seltene Erscheinung in der guten socialdemokratischen Presse. (Heiterkeit.)— Vors.: Aber eS gießt auch eine andre social- demokratische Presse!— Vert. Hanfe: Herr Präsident. jeder liest die Zeitung der Richtung, der er angehört. Da erblickt man die Dinge im Parteilicht. Hier aber sollen wir objektiv Recht sprechen, darum müssen Sie uns bestimmte Thatsachen für Ihre Auffassung benennen, daß Majestätsbeleidigungen in der social- demokratischen Presse besonders häufig seien. Die Zeugen Kriminalinspektor Krause, Wachtmeister Haß, Schutzmann W o d t k e und Schankwirt Weber, sämtlich anS Charlottenburg» schildern alle, unter sich und mit dem Angeklagten Ehreupfort übereinstimmend, die Haussuchungen bei diesem und bei Weber. Dabei stellt die Verteidigung auf Befragen fest, daß die zuerst bei Ehrenpsort beschlagnahmten armenischen Schriften, trotzdem sie als unbedenklich bezeichnet worden feien, noch jetzt nicht frei gegeben feien, ferner daß die dritte Schriftensendung in dem Äugen- blick ihrer Uebermittelung durch die Post beschlagnahntt worden ist. Die Verteidiger stellen zur Aufklärung dieses Zulammen- treffens den Antrag, die bei dieser Beschlagnahmnng beteiligten Beamten laden zu lassen und die Akten über diesen Vorfall sowie über eine schon vor zwei Jahren bei Weber stattgehabte Beschlag- Kerantw. Redakteur: Paul Büttner , Berlin . Inseratenteil verantw. nähme einzufordern. Sie sprechen ihre Verwunderung darüber aus, daß in den Mten die Thatsache fehle, daß schon vor zwei Jahren bei Weber ohne jedes belastende Ergebnis gehaus- sucht worden sei. Der Staatsanwalt meint, das sei gänzlich unwichtig. Vert. H a a s e: Es ist allerdings für die E n t l a st u n g von größter Wichtigkeit.— Der Vorsitzende glaubt nicht, daß sich bei der großen Zahl der notwendig gewordenen Beschlagnahmungen noch jetzt etwas Wesentliches werde ermitteln lassen. Die Polizeiatte» seien übrigens vertraulich.— Vert. Liebknecht: Wir müssen feststellen, durch welche Quellen der Polizei diese Nach- richten zufließen. Vielleicht könnten sie durch Beimischungen schmutzig geworden sein. Die Verlesung von Akten kann nur ver- weigert werden, wenn dadurch die Sicherheit des Staates g e- f ä h r d e t wird. Der Gerichtshof beschließt gemäß dem Antrage der Verteidigung. Die Zeugen Zehner, Dietz und Weber werden vereidigt. Die Zeugen Tie! und Arthur Abel, An- gestellte im Spedittonsgeschäft Krantz in Tilsit bekunden, daß MertinS etwa zehn Sendungen erhalten und drei abgesandt habe. Die falsche Bezeichnung des Absenders auf emem für Kögst be- stimmte» Kolli sei als ein aus der Verwechselung zweier Pakete her- vorgegangenes Versehen des Zeugen Tiel aufzufassen. Auch der Speditionsarbeiter G r i e s ch k a t aus Tilsit hat Pakete von Mertins abgeholt. Er behauptet, daß Mertins gesagt habe, er solle die Pakete als Schuhwaren deklarieren,— Der Angeklagte Mertins b e st r e i t e t das mit aller Entschiedenheit. Er habe wiederholt mit diesem Zeugen darüber gesprochen, daß in den Kvllis Druckschriften seien.— Der Vorsitzende, em Beisitzer und die Staatsanwaltschaft weisen den Zeugen wiederholt darauf hin, daß er ja an der S ch w e r e der Kisten gemerkt haben müsse, daß sie keine Schuhwaren enthalten haben könnten und daß ein Flickschuster ohne Laden wie Mertins soviel Schuhwaren nicht habe gebrauchen könne».— Zeuge Gries chkat bleibt dabei, daß er sich darum nicht gekümmert habe.— Vert, H a a s e: Sie haben also nicht gewußt, daß die Pakete Druckichriften enthalten?— Zeuge Gries chkat: Das weiß ich nicht. Die Verteidiger halten nun mit dem Staatsanwaltschaflsrat eine vertrauliche Besprechung über weitere Beweisanträge ab. Schließlich erklärt Verteidiger Haase, die Verteidigung bestehe darauf, daß der kommissarischen Vernehmnug Skubbiks in Dorpat ein dortiger Anwalt beiwohne. Der Borsitzende erllärt das für juristisch unmöglich.— Verteidiger Haase: I» Rußland giebt es überhaupt kein Gesetz, sondern alles i st für die Regierung möglich. Die Ver- teidigung würde unter diesen llmständen ans die kommissarische Ver- nehmnng Skubbiks lieber ganz verzichten. Hierauf wird die Verhandlung auf Freitag früh vertagt. Schluß S'/i Uhr._ Versammlungen. Die Gürtler(Metallarbeiter-Verband) nahmen am Donnerstag in einer bei Buggenhagcn abgehaltenen stark besuchten Versammlung den Bericht der Schlichtungstommission derjenigen Firmen entgegen, mit denen im vorigen Herbst vor dem Einigungsamt ein Tarifvertrag geschaffen worden ist. Der Kommission haben, wie Sperling ausführte, eine Anzahl Fälle von mehr oder minder bedeutenden Durchbrechungen des Tarifs seitens der Arbeit- geber zur Regelung vorgelegen. Es handelte sich nicht um Ueber- schreitungen der Arbeitszeit und Lohndisferenzcn, sondern auch mehr- fach um direkte und indirekte Maßregelnngen von organisierten Kollegen und Vertrauensleuten, die auf stritte Jnnehaitung des Tarifs drangen. Die meisten Differenzen konnten durch Ver- Mittelung der Kommission beigelegt werden: einige Arbeitgeber aber hatten die Kommission auch negiert, indem sie zu den Verhandlungen nicht erschienen waren. Da seiner Zeit auch der Wunsch geäußert war, auch die übrigen Branchen der Metallwaren-Fabrikation in das Vertragsverhältnis mit einzubeziehen, so werden in nächster Zeit die Vertrauensleute dieser Gruppen zusammentreten, um eben- falls einen Tarif auszuarbeiten. In der Versammlung hielt außerdem Cohen noch einen Vor- trag über„Die Arbeitgcberverbände und die Gewerkschaften". Redner gelangte zu dem Sttzlutz, daß genau so, wie die Organisation der Metallarbeiter durch den vom Kühnemänner-Verbande ausgeübten Druck erstarlt ist, so auch die Organisationen der übrigen Industrie- Arbeiter durch die verschärften Maßnahmen des Bundes der Arbeitgeber-Verbände zur Unterdrückung der GeWerk- schaften an Festigkeit und Ausdehnung gewinnen werden. Der Centralverband der Schmiede hielt am 7. Juli bei Dräsel eine Generalversammlung ab. Den Bericht der Ortsverwaltung erstattete Siering. Genannte Körperschaft hat im letzten Ge- schästsjahre 28 Sitzungen abgehalten, darunter 4 kombinierte. Die Mitgliederzahl betrug im vorigen Jahre 1170, sie beträgt jetzt ca. 1800. Neuaufnahmen fanden 1226 statt. Besonders hervor- zuHeben ist die Einführung einer Einheitsmarke von 40 Pf. und die Anstellung eines besoldeten Beamten am 1. Februar, wodurch es er- möglicht wurde, in den dunkelsten Gebieten der Zahlstellen einiger- maßen festen Fuß zu fassen. Mitgliederversammlungen fanden sieben statt, davon 4 ordentliche und 3 außerordentliche. In einer der ersteren hielt Genosse Grunwald einen Vortrag über„GeWerk- schaften und Landtagswahl".— Für die Zukunft soll nach dieser Richtung hin mehr für die Aufklärung der Mitglieder Sorge getragen werden.— Die Einnahme der Hauptkasse betrug 18 013,10 M., die der Lokalkasse 6626.92 M. Ausgaben waren 2637,45 M. zu ver« zeichnen, u. Ä. für Unterstützung andrer Gewerkschaften 910 M. Außerdem wurden für Crimmitschau 351,30 M. auf Listen ge- sammelt. Die Zahlstelle war an zwei Lohnbewegungen beteiligt: Hein, Lehmann u. Co., Reinickendorf , und Große Berliner Straßen- bahn. Beide haben mit einer Niederlage der Beteiligten geendet, teils wegen Zuzug von Streikbrechern und teils wegen mangelhafter Organisation. Bei letzterem Streik mußten vier Mitglieder wegen Streikbruch ausgeschlossen werden. Erhebliche Fortschritte sind in letzter Zeit in folgenden Vororten von Berlin zu verzeichnen: Tegel . Reinickendorf , Weißensee. Zchlen- dorf, Steglitz und Groß-Lichterfelde . Dort ist es infolge der Ein- mütigkeit der Kollogen gelungen, das verhaßte Kost- und LogiSwesen abzuschaffen und annehmbare, menschenwürdige Löhne zu erzielen. Rastloses Arbeiten sei die Pflicht eines jeden, damit die Zahlstelle im nächsten Jahre daS dritte Tausend überschritten habe, erklärte Siering am Schlüsse seines Berichtes. Den Bericht der Beschwerde- kommission, des VergnügungSkomitecs und der Bibliothek giebt B a s n e r. Den Bericht der Delegierten zur Gewerkschafts- kommission erstattet Haberland. Er bedauerte, daß er in jener Sitzung, wo die Erhöhung der Gehälter der Selretäre von 2200 auf 2400 M. stattfand, nicht anwesend sein konnte. Nach seiner Ansicht seien 2200 M. ein auslömmliches Gehalt. Der Anstellung des dritten Beamten könne man zustimmen, denn im letzten Jahre sei da? Institut von 9284 Personen in Anspruch genommen worden, mit Ausnahme von so und soviel kleineren Fällen.— Die Neuwahl eryiebt folgendes Resultat: 1. Bevollmächtigter Sierina, 2. Bevollmächtigter Battmer, Kassierer Hentschel, Schriftführer Kaulfuß. Revisoren: Haberland, Werk und Erdmann. Bcschwcrdekommission: Basner. Dressel, Tippel, Arndt und Marten. Gewerkschaftskommission: Haberland und Hentschel. Bibliothekar wurde Basner.— In das Vergnügungskomitee wurden 16 Kollegen gewählt. Den ausständigen Rammern und Steinsetzern wurden 100 M. Unterstützung über- wiesen. Auf Antrag Wicchmann wurden dem Ausschuh des Volks- hauseS in Charlottenburg als Beitrag zum Schuldentilgungsfonds pro Jahr und Mitglied 40 Pf. bewilligt. Lichtenberg . Der ReichstagZ-Abgeordnete A. St a d t h a g e n sprach am Dienstag im größten Partci-Orte seines Wahlkreises in : Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u, Verlagsanstal einer den großen Saal des„Schwarzen AdlerS" in Lichtenberg BtD auf den letzten Platz füllenden Volksversammlung über die Ergebnisse der Session des vertagten deutschen Reichstags. Der Redner besprach die einzelnen Verhandlungsgegenstände und die Stellungnahme der socialdemokratischen Fraktion zu denselben. Die ungeteilte Auf» merksamkeit und der reiche Beifall, dessen der Redner sich erfreute, legten Zeugnis dafür ab, daß die Wähler mit der Haltung der Fraktion und der Thätigkeit des Abgeordneten des Kreises durchaus einverstanden seien. Nachstehende Resolution wurde von der imposanten Versammlung einstimmig angenommen:„Die Versamm- lung erklärt sich mit der Haftung der socialdemokratischen Reichstags- Fraktion und mit der Thätigkeit des Abgeordneten Arthur Stadt- Hägen einverstanden. Die Versammlung steht Mann für Mann zu ihrem Abgeordneten und verspricht, was auch kommen möge, nichts unversucht zu lassen, den Gedanken des Socialismus in immer weitere Kreise des Volkes zu trage», um so zum endlichen Siege der Social- demokratie beizutragen.'— Der Vertrauensmann des Ortes er- suchte, die Mahnrufe des Abgeordneten:„Agitiert unablässig!" „Organisiert den letzten Mann!" zu beherzigen, ermahnte zum Bei- tritt in den Socialdemokratischen Wahlverein und zum Abonnement auf den„Vorwärts", machte dann noch die Mitteilung, daß am Sonntag, den 24. Juli, ein großes Volksfest in Mentes Volksgarten stattfinden soll und bat um recht nachhaltige Agitation für dasselbe. Am Dienstag, den 19. Juli, soll eine Wahlvereins-Versammlung die Besprechung der Parteitags-Tagesordnung einleiten. Letzte IVachnchten und Dcpcfcbcn. Leipzig , 14. Juli. (W. T. B.) Die Brauerei Groß-Crostitz mit dem Sitz in Leipzig ist, wie das„Leipziger Tageblatt " meldet, in Zahlungssckiwierigkeiten geraten. Die Forderungen betragen 650000 M. bei l'/a Milk. Marl Aktienkapital. Es wird ein Arrangement mit den Gläubigern auf der Grundlage angestrebt, daß diese durch 25 Proz. in bar und 75 Proz. in Aktien befriedigt werden. Eine Gläubiger- Versammlung hat bereits stattgefunden. Das Arrangement soll durch die Direktion der Brauerei Naumann Alt.-Ges. in Leipzig durch- geführt werden._ Vom Ausstand in Boryslaw . Boryslaw(Galizien ), 14. Juli. (W. T. B.) Der gestrige Tag und die Nacht sind ruhig verlaufen. Ein unbedeutendes Feuer, das durch Unvorsichtigkeit in einer hölzernen Sckeune zum Ausbruch ge- kommen war, wurde rasch gelöscht. Die Arbeitgeber haben sich bereit erklärt, mit Arbeitervertretern, die aus der hiesigen Arbeiterschaft gewählt werden sollen, neuerdings wegen eines Ausgleichs zu verhandeln. Eine gestern abend abgehaltene Arbeiterversammlung, welche ruhig verlaufen ist, hat diesen Vorschlag jedoch abgelehnt und beschlossen, daß der bisherige Ausstandsansschuß als alleinige Vertretung der Arbeiterschaft angesehen werden soll. Aussperrung von Spinnerei-Arbeitern. Brüssel, 14. Juli. (B. H. ) Sämtliche Spinnereien von Dolhain. Limbourg und Umgegend sind heute durch Lockout geschlossen worden, wodurch Hunderte von Arbeiten: ohne Brot sind. Infolge dringender Bestellungen verlangten die Arbeitgeber, daß von 5'/, Uhr morgens bis 8 Uhr abends gearbeitet werde, worauf die Aroeiter nicht ein- gingen._ Englisches Unterhaus. London , 14. Juli.<W. T. B.) In Beantwortung einer An- frage erklärt Premierminister B a l f o u r, die Regierung sei von der Angelegenheit de? Dampfers„Allanton" durch den Eigner des Dampfers und andre interessierten Parteien benachrichtigt worden. Der englische Botschafter in Petersburg habe die russische Regierung um Angabe der Gründe ersucht, auf die hin das Schiff von dem Prisengericht in Wladiwostok beschlagnahmt worden sei. Die russische Regierung habe eine Antwort versprochen. Am 7. Juli sei dem Bot- schafter die Mitteilung zugegangen, daß in einem weiteren Tele- gramm nach Wladiwostok um nähere Aufklärungen gebeten worden sei. Ein Monat Frist sei gestattet, um gegen das Urteil de? Prisen- gerichts bei dem Admiralitätsrat in Petersburg Berufung einzulegen. Der Botschafter habe um Mitteilung des Tages der Verhandlung gebeten und ferner die russische Regierung ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß die Behandlung des Falle? keine Verzögerung erleide. Walter Foster(liberal) fragt im weiteren Verlaufe der Verhandlung an, ob das Auswärtige Amt über die dem deutschen Sanatorium-Syndikat auf Madeira gemachten Zugeständnisse Mit- teilung erhalten habe, und ob die Regierung im Hinblick auf die Thatsache, daß der Ruf Madeiras als GesundheitSort hauptsächlich durch britisches Kapital und durch britische Thatkraft begründet worden sei. Schritte zu thun gedenke, um für die britischen Jnter- essen Gleichheit der Behandlung zu erlangen. Unterstaatssekretär des Aeußern Earl Perch erwidert, die Angelegenheit werde von der Regierung sorgfältig erwogen. Der britische Gesandte in Lissabon habe entsprechende Anweisungen er- halten. Auf eine weitere Anfrage erklärt der Unterstaatssekretär Earl P e r c y. die Regierung besitze keine amtliche Nachricht über die Durchfahrt eines russischen Kreuzers, der die Handelsflagge ge- führt hätte, durch den Bosporus . Hingegen habe die Regierung Kenntnis davon, daß zwei britische Dampfer im Roten Meere an- gehalten worden sind; die Angelegenheit werde heute untersucht. Bei der Besprechung des Etats des Krieg»- Ministeriums seht der Kriegsminister Arnold Forst er die Pläne der Regierung für die HeereSorganisation auseinander und weist auf die verwickelte Natur des Problems hin. Redner er- klärt, das gegenwärtig vorhandene Heer entspreche nicht den eigen- artigen Bedürfnissen des Reiches. England unterhalte in Friedens- zeiten eine Armee, von der ein großer Teil zum Kriege nicht geeignet sei und die eine der kostspieligsten Maschinen sei, die man jemals er- funden habe. Eö sei notwendig, diesem Uebelstandc abzuhelfen. Man müsse zunächst eine Organisation schaffen, welche die englischen Streitkräfte reorganisieren könne, und deshalb babe die Regierung es für notwendig gehalten, mit der Reorganisation des Kriegs- Ministeriums zu beginnen. Redner besprickn sodann die Schaffung des Verteidigungsausschusses und die Vergrößerung des Intelligenz- Departements. Der Kriegsminister erklärt im weiteren Verlaufe seiner Rede da« dreijährige Dienstsystem für unzweckmäßig; es müßten Schritte gethan werden, um diesem System ein Ende zu machen. Auch sei es notwendig, für eine Beschäftigung der Soldaten nach Schluß ihrer Dienstzeit Sorge zu tragen. Der Minister weist sodann auf den imbefriedigenden Zustand der Miliz hin und giebt dem Wunsche Ausdruck, die HeeresauSgaben herabzusetzen. Der Kriegsminister schließt, da» dreijährige Dienstsystem solle abgeschafft werden', dagegen sollten Ergänzungsdepots errichtet werden, die Ersatzdetachemcnts für die Kolonien liefern sollen. Die Dienstzeit für den„allgemeinen Dienst" soll« 6 Monate im Depot und 8 Jahre 6 Monate bei der Truppe betragen. Campbell-Ban nermann(lib.) drückt seine Befriedigung darüber aus. daß der Kriegsminister dem Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht den Garau« gemacht habe. Im Laufe der Debatte erklärte Kriegsminister Arnold Forster noch, er sei überzeugt, daß die Garnison in Südafrika bald wesentlich herabgemindert werden könne. Madrid , 14. Juli. (W. T. B.) Die Tagung der Kammern ist heute geschlossen worden._ Bom ostafiatischen Kriegsschauplatze. Haitscheng, 18. Juli. (Meldung der Russischen Telegraphen- Agentur.) Die Abteilung des General » Mischtschenko bestand ein glänzendes Gefecht südlich von hier bei den Schwarzen Bergen. Die Japaner befestigten die Stellungen, die sie acht Werst von Taschinschiao inne haben. Die Hitze ist auf 55 Grad Celsius ge- stiegen. Der Geist der Truppen ist durch die Nachricht, daß der An- griff auf Port Arthur zurückgeschlagen lvnrde, außerordentlich ge- hoben. Berlin SV/. Hierzu 2 Beilagen u. Unterhaltung»»««
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