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» im. a j*», z. ininp des Jjrmitts" Sttlim Bolliülilatt.«i»«« Hu 6 Induftrie und Handel. Eine weitere Konzentration im Baiikqcwerlic wird durch eine Nachricht aus Leipzig bekannt. Danach sind zwischen der Ko in merz- und Diskontoban! in Hainburg und Berlin sowie der Kredit- und Sparbank in Leipzig «intime ge- schäftliche Beziehungen zum Zwecke eine Jnteressengemein- f ch a f t" hergestellt. In einer auf den 22. August einzuberufenden Generalversammlung soll die Wahl eines Vorstandsmitgliedes der Koninierz- und Diskontobank in den Aufsichtsrat der Kredit- und Sparbank erfolgen. Damit ist nur ein Schritt weiter auf der Bahn gethan, die für alle kleineren Bankinstitute mit Naturnotwendigkeit vorgezeichnet ist: die in letzter Zeit so rapide und mit einschneidendster Wirkung erfolgte Konzentration im Bankgewerbe läßt den kleinen und mittleren Banken nur zwei Wege, sich zu halten: entweder auch ihre eigne Interessensphäre zu erweitern oder sich einem großen Institut oder einer Fusion anzuschließen. Bezüglich der Kommerz- und DiSkontobanl in Hamburg und Berlin gingen feit langem Gerüchte dieser Art; sie hatten ihre positive Unterlage darin, daß die Bank bereits im Mai dieses Jahres mit der Berliner Bank betreffs Uebernahme derselben verhandelte. Zu derselben Zeit kamen auch, woran dieVossische Zeitung" jetzt erinnert, Gerüchte in Umlauf, wonach die D a r in st ä d t e r Bank mit der Kommerzbank wegen Fusion in Unterhandlungen stehen sollte, eine Version, für die indes keine offensichtliche Bestätigung einlief. Auch mit der Kredit- und Spar- dank in Leipzig beschäftigten sich letzthin Gerüchte, wonach es hieß, daß die Interessengemeinschaft der Dresdener Bank und desSchaaffhausenschenBankvereinsdie Angliederung des Leipziger Instituts planen sollten. Jetzt also ist es zu einer Interessengemeinschaft dieser Bank mit der Kommerzbank ge- kommen, die außer in Hamburg nur noch durch eine direkte Filiale in Berlin vertreten, aber in F r a n k f u r t a. M. an der Firma J. Dreyfuß u. Co. und in London an der London and Hanseatic Bank hervorragend beteiligt ist. Die Kredit- und Sparbank in Leipzig hat ihre Thätigkeit auf diesen Ort beschränkt und dient hauptsächlich dem mittleren kaufmännischen Verkehr. Die verschiedene Ausdehnung des Geschäftsbetriebes beider Institute tritt demgemäß in ihren Bilanzen(Ende 1903) derart hervor, daß die Leipziger Kredit- und Sparbank nur mit 10 350 000 M., die Koninierzbank aber mit 50 000 000 M. Aktienkapital arbeitet. Die Reserven betrugen bei der ersteren 330 084 M.. bei der letzteren ö 000 000 M.; ihre Debitoren verzeichnete die Kommerzbank mit 105 103 644 M., die Kredit- und Sparbank mit 6 369 258 M. Aus dieser Gegenüberstellung geht schon zur Genüge hervor, daß die Kredit- und Sparbank nur über ein recht beschränktes Geschäft verfügt, wie sie denn auch im Jahre 1903 nur 4'/2 Proz. und im Jahre 1902 nur 4 Proz. Dividende verteilen konnte. Für 1901 konnte sie nicht nur keine Dividende verteilen, sondern sah sich sogar wegen starker Verluste bei der Leipziger Bank genötigt, im Frühjahr 1902 eine Zusamnienlegung des Aktien- kapitals im Verhältnis von 5: 3 vorzunehme», beziehungsweise eine Zuzahlung von 30 Proz. auf die Aktien zu bewirken. Die Kommerz- und Diskontobank steht wesentlich anders da. Sie verteilte an Dividenden 1903 und 1902 je 6 Proz., 1901 5>/z, 1900 6l/z Proz. Im laufenden Jahre hat die Bank die Auflösung ihrer Frankfurter ?tiederlassung durchgeführt, ist zugleich aber eine Kommanditbeteiligung bei dem dortigen, wiedererstandenen Hause I. Dreyfuß u. Co. mit drei Millionen Mark eingegangen. Der Vorteil bei der neuen Interessengemeinschaft wird für sie also vornehmlich darin bestehen, daß sie in Leipzig festen Fuß faßt, wo gerade der Baukmarkt durch die letztjährigen Veränderungen, wie Auflösung der Leipziger Bank und Niederlasiung der Deutschen Bank, eine starke Anspaniumg zeigt, der andrerseits die Kredit- und Spar- dank allein auf die Dauer zweifellos nicht gewachsen gewesen wäre. Die Einkaussvereinigungen der Detaillistr» haben in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Ausdehnung erfahren und auch in ihren Umsätzen eine starke Steigerung erzielt. Der Kampf gegen die Warenhäuser hat die einzelnen Detaillisten vornehmlich erst dazu getrieben, sich den inneren Tendenzen des modernen Wirtschafts­lebens anzupassen, dann aber auch ihr Kampf gegen die Konsum- vereine. ImKonfektionär" werden jetzt einige dieser Um- sähe der Detaillisten-Einkaufsvereinigungen angegeben. Danach hat z. B. der Verband Deutscher Kurzwaren- und Posamentengeschäste. E. G. m. b. H., ftüher in Weimar , jetzt in Berlin , im Jahre 1903 nicht weniger als 17 Millionen Mark um- gesetzt, die Deutsche Einkaufsgenossenschaft für Kurz-, Weiß- und Wollwaren, E. G. m. b. H. in Erfurt , über 2 Millionen Mark, der Verband Mitteldeutscher Manufalniristen, G. m. b. H. in Leipzig , beinahe 3 Millionen Mark, und selbst eine jüngere Vereinigung, ww die Westfälische Einkaufsvereinigung in Gütersloh , brachte eS auf über Va Million Mark Umsatz im letzten Geschäftsjahre. Soziales. Der Pflicht-Feuerwehrmann und seine Pflichten. In Schwetzkau ist durch Ortsstatut eine Pflicht-Feuerwehr eingeführt worden. Das Statut bestimmt, daß auch z» den Hebungen jeder Feuerwehrmann in der vorschriftsmäßigen Ausrüstung zu erscheinen habe. Zu dieser Ausrüstung gehört auch als Abzeichen eine Armbinde. Em Kauf- mann N. war zu einer Uebung ohne Armbinde erschienen und weigerte sich, oer Ausforderung des Bürgermeisters, sie von Hause zu holen, nachzukommen. Auf Grund einer Polizei- Verordnung, die zur Durchfiihrung der Bestimmungen des Orts- statuts erlaffen war. wurde er deshalb mit einer Geldstrafe bedacht. Das Berufungsgericht sprach ihn jedoch frei, weil es sich lediglich um ein Disciplinarvergehen handele, das nicht durch Polizei- Verordnung mit Strafe bedroht werden könne. Das Kanimergericht hob das Urteil auf und verwies die Sache noch einmal an das Landgericht zurück. Jetzt wurde Angeklagter verurteilt und das Kammergericht, diesmal vom Angeklagten angerufen, billigte das Urteil. Das Kamniergericht vertritt folgende Auffassung: Die Feuerlöschpflicht und die damit zusammenhängenden Naturaldienste gehörten zi» den Handdiensten, die nach§ 68 des Kommunalabgaben- Gesetzes den einzelnen Gemeindemitgliedern auferlegt werden könnten. Die Nichtleistung der Handdienste könne durch Polizeiverordnung mit Strafe bedroht werden. Eine Nichterfüllung der Dienste könne aber auch in der Nichtbefolgung der Vorschriften gesehen werden, welche die Handdienste im einzelnen regeln, und zwar dann, wenn diese Vorschriften einen wesentlichen Teil der Pflichten des Feuerlvehrnranns beträfen. Darum handle eS sich aber bei der Armbinde. Das Abzeichen sei von großer Be- deutung insofern, als daran jedermann ans den: Publikum sehe, daß er es mit einem Feuerwehrmann zu thun habe. Seinen Anordnungen werde eher nachgekommen werden. Auch erleichtere ihm das Kennzeichen das Durchschreiten von Absperrungen. Für Uebungen komme das auch in Frage. Auf jeden Fall habe sich N. strafbar gemacht, indem er der Ausforderung des Ucbungsdirigenten. des Bürgermeisters, nicht Folge leistete und nicht die Binde herbei« holte. Eine für Artistenkreis« wichtige Entscheidung wurde vom Land­gericht Nürnberg gefällt. Der Besitzer des dortigen Zeughaus- VariötoS. Kobl, hätte für Monat April die Gesangs- und Tanz- duettisten Geschwister Selpini und den Humoristen Martcll engagiert und mit ihnen vereinbart, daß ihm das Recht zustehe, bei un- genügenden Leistungen sofort oder nach achttägiger Kündigung den Vertrag zu lösen. Aber schon am 2. April wurden die Genannten ent- lassen, weil Kobl mit ihren Leistungen und mit dem Beifall des Publikum nicht zufrieden war. Sie klagten deshalb beim Gewerbe- gericht auf Entschädigung. Kobl erhob den Einwand der Unzu- ständigkeit des Gerichts und berief sich auf sein vertragsmäßiges Recht zur Entlassung der Kläger , aber ohne Erfolg. DaS Gericht verurteilte ihn, indem es Artisten von der Art der Kläger als Gewerbe- gehilfen, die der Gewerbc-Ordnung unterstellt sind, erklärte. Daraus erkläre sich nicht nur die Zuständigkeit des Gerichts, sondern auch die Unzulässigkeit der Kündigungsklausel. Gegen dieses Urteil erhob Kobl Berufung beim Landgericht Nürnberg mit dem Antrag, das Urteil des Gcwerbegerichts wegen dessen Unzuständigkeit auf- zuhcben, eventuell Beweis über die Mangelhaftigkeit der klägerischen Leistungen zu erheben. Das Gericht verwarf die Berufung alS un- gerechtfertigt und sprach damit die Zuständigkeit des Gewerbe- gerichts auS._ Gerichte-Zeitung. Der Gclsenkirchener Prozeß gegen die Leiter des WafferwerkeS wurde am Donnerstag vertagt, da Professor Holz in Aachen , der ein klares Bild der Schieberstellung und der Wasserversorgung zur Zeit der Typhusepidemie geben soll, die Erklärung abgab, er werde zur Rekonstruktion ungefähr drei Monate brauchen. Es wird daher angenommen, daß der Prozeß erst im Dezember seinen Fortgang nehmen werde. Durchstechereien im Weibcrgefängnisse in der Barnimstraße be- schästigten gestern die zehnte Strafkammer des Landgerichts I . Die ftühere Gefangenenaufseherin Mathilde Rieß war des Vergehens im Amte beschuldigt, einer Gefangenen gegen Entgelt Er- leichterungen und sonstige Vorteile gewährt zu haben, welche zu der Gefängnisordnung im Widerspruch standen. Die Prostituierte Anna W. hatte wicderholentlich inBarnim ", wie das Gefängnis in jenen Kreisen kurz genannt wird, Strafen zu verbüßen. Ihren Mitgefangenen war es aufgefallen, daß sie von der Angeklagten besonders begünstigt wurde und daß auch während die W. sich auf freiem Fuß befand zwischen ihr und der Angeklagten ein freundschaftlicher Verkehr bestand. Die W. machte ihr verschiedene Geschenke an Kleidungs- stücken. Als sie eines Tages von einer Bekannten gefragt wurde, warum sie dies thue, soll sie geantioortei haben:Kinder, wenn Ihr ein Z w a n z i g m a r k st ü ck an die Rieß springen laßt, habt Ihr eS besser, wenn Ihr wieder hineinkommt". Die Angeklagte soll sich auch als Mittelperson hergegeben haben, um Briefe der'W. in die Außenwelt zu besorgen usw. Die Verhandlung bot dasselbe Bild als früher in den vielen Prozeffen gegen Auffeher der Gefangenenanstalt Plötzenfee. Die Angeklagte bestritt den größten Teil der ihr zur Last gelegten strafbaren Handlungen. Die ihr von der W. gegebenen Gegenstände feien keine Geschenke gewesen, sondern als ÄbichlagS- zahlungen auf ein Darlehn von 120 M.. das sie ihr gewährt habe, zu betrachten. Demgegenüber bekundete die eine Zeugin, daß die Angeklagte ihr geklagt habe, sie könne mit dem Gehalt von mir 700 M. jährlich nicht nnSkommen. Es kam ferner in der VerHand- lung zur Sprache, daß es eine bestimmte Stelle in der die Anstalt umschließenden Mauer gäbe, die sicb besonders dazu eigne, um Pakete, Briefe und dergleichen in das Innere hinüberzuwerfen, eS sei unweit der Stelle, wo der grüne Wagen halte. Die An- aeschuldigte gab zu, einmal einen Brief an den Liebhaber der W. besorgt zu haben, worin er gebeten wurde, der W. ein Bein- k l e i d, einen Färbekamm und eine Wurst zu schicken. Durch ihre Vennittelung habe die W. diese Gegenstände auch erhalten. Die Zeugin W. suchte die Angeklagte so viel wie möglich zu ent- lasten und mußte eindringlich zur Wahrheit ermahnt werden. Auch die Zeugin bestätigte, daß die Angeklagte ihr ohne jede Unterlage die 120 M. geborgt und sie sich dafür habe erkenntlich zeigen müssen. Der Staatsanwalt wollte dieser Behauptung keinen Glauben schenken, er hielt die Angeklagte für überführt und beantragte gegen sie einen Monat Gefängnis. Der Verteidiger, Rechts- anwalt Berg, bat um ein niedrigeres Strafmaß, indem er darauf hinwies, daß die Angeklagte durch den Verlust ihrer Stellung schon genügend bestraft sei. Der Gerichtshof beließ eS bei 14 Tagen Gefängnis. Fälle dieser Art werden sich immer wieder ereignen, solange einerseits das Gefängnispersonal ungenügend besoldet wird, und andrerseits die Gefangenen derart behandelt und bekössigt werden. daß sie, falls sie nur irgend dazu im stände sind, alles aufwcnden, um ihr Elend zu erleichtern. Besondere Entrüstung ist hier weder gegen die Gefangenen noch gegen die bestochenen Beamten am Platze. Kindesmord! Eine von entsetzlichen N e b e n u m st ä n d e n be- gleitete That führte gestern die 28jährige unverehelichte Karoline Köcklin unter der Anklage der fahrlässigen Tötung vor die vierte Strafkammer des Landgerichts II. Die Angeklagte, eine auffallend kleine, zart gebaute Person, hat bei der ihr zur Last gelegten Straf- that eine außerordentliche Willenskraft an den Tag gelegt. Sie kam von Stralsund nach Oranienburg , wo sie bei den, GärMereibesitzer Blume eine Stellung als Dienstmädchen fand. Schon seit längerer Zeit hatte sie mit einem früheren Unteroffizier ein Liebesverhältnis unterhalten, welches nicht ohne Folgen geblieben war. Sie wußte ihren Zustand in so geschickter Weise zu verbergen, daß niemand etwas davon bemerkte. Am 2. April d. I., am Ostersonnabend, merkte sie. daß ihre Stunde ge- kommen war. Im letzten Augenblick suchte sie einen auf dem Hofe befindlichen Abort auf, wo sie einem Kinde das Leben gab. Schon nach wenigen Minuten erschien die Angeklagte wieder, als ob nichts geschehen wäre, sie ging ihrer häuslichen Beschäftigung wieder nach und verrichtete verhältnismäßig schwere Arbeit. Am folgenden Tage machte der Gärtnergehilse G. eine Entdeckung, die seinen Verdacht erregte. Die sofort herbeigerufene Polizei nahm eine Durchsuchung vor undfand, von Exkrementen verdeckt, dieLeiche eines neugeborenenKindeS. Nach erfolgter Reinigung machte der Beamte die entsetzliche Eiit- deckung, daß an der kleinen Leiche Nase, Mund und ein Teil der unteren GesichtShälste von Ratten abgefressen waren. Der Kreisarzt Dr. Schulz stellte bei der Obduksion fest, daß es sich um ein durch- aus lebensfähige?, kräftiges Kind handelte, welches den Tod durch Erstickung gefunden. Gegen die unnatürliche Mutter wurde Anklage erhoben, merk- würdigerweise nur wegen fahrlässiger Tötung, indem an- genommen wurde, die Angeklagte habe dadurch, daß sie zu dem GeburtSakte keine Hilfe hinzuzog, den Tod des Kindes verursacht. Der Staatsanwalt glaubte dieser Auffassung beitreten zu köunen und beantragte ein Jahr Gefängnis. Die Straf- kammer war indeffen der Ansicht, daß die Beweisaufnahme Umstände ergeben habe, die auf eine mit Vorsatz ausgeführte Tötung schließen ließen. Der Gerichtshof erklärte sich deshalb für unzuständig und verwies die Sache an das Schwurgericht, weil dringender Verdacht des KindeSmordeS vorliege. Versammlungen. Charlottendurg. lieberDie Schule im preußischen Landtag" referierte Dr. A r o n s am 5. Juli in einer gut be- suchten Volksversammlung. Der Redner knüpfte an den bekannten Antrag der freikonserbanven Fraktion im Abgeordneten- hause an, der von der Regierung die Vorlegung eines VolkSschul- gcsetzes verlangt, und der von den Nationalliberalcn und Konser- vativen unterstützt wird, nachdem er ihnen zu Liebe mit einer Anzahl von reaktionären Bedingungen und Wünschen für dieses Gesetz ver- sehen worden ifh Verheißen wurde ein Unterrichtsgesetz bereits in der Verfassung von 1850; alle Versuche, dieses Versprechen einzulösen, sind bisher jedoch gescheitert, und zwar an der konfessionellen Frage, die in der That für jeden, der der Religion und damit der Kirche überhaupt einen Platz in der Schule anweist, unlösbar ist. Während das unter Friedrich II. erlassene allgemeine Laudrecht keine konfessionellen Schulen kennt, sondern nur im Namen des Staates errichtete und unter Aufsicht des Staates verwaltete, in denen der Schullehrer allen Kindern ohne Unterschied der Religion den Unterricht in allen nicht zur Religion gehörenden Kenntnissen erteilt, heißt es in der aus der Reaktionszeit nach 1348 stammenden preutzisckzen Verfaffung:Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschule sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffenden Religionsgesellschaften." Auf Grund dieses Artikels versucht die Kirche, die Schule überhaupt an sich zu reißen und die Lehrer unter die Kontrolle und Aufsicht der Geistlichen zu stellen, und das liberale Bürgertunk hat sich diesen Bestrebungen niemals grundsätzlich gegenübergestellt. So erklärte bei der Beratung des Gesetzes von 1872, das die Schulaufsicht des Staates regeln sollte, der Abgeordnete Virchow ausdrücklich:Wir wollen keine Entchristlichung der Schule, wir verwahren uns gegen die Verleumdung, als ob wir den Artikel 24 der Verfassung be- scitigen wollten", eben den oben citierten Artikel, welcher der Kirche die Gewalt über die Schule gab. Den Anmaßungen der Kirche gegenüber und ihrer Vertreter im Abgeordnetenhausc, welche eine Loslösung der Kirche von der Schule für undenkbar erklärten, haben es die Liberalen eben niemals geiaagt, diese selbstverständliche Forderung grundsätzlich zu erheben, sie beschränkten sich auf die Forderung und Förderung der sogenannten paritätischen oder Simultanschule gegenüber der konfessionellen Schule. In dieser sitzen nur Kinder einer Konfession, die nicht nur in Religiortz, sondern überhaupt von einem Lehrer ihrer Konfession unterrichtet werden; in der Simultanschule dagegen sitzen Kinder beider Kon- fessionen und erhalten gemeinsam Unterricht von demselben Lehrer, nur für die Religionsstunden werden sie getrennt. Der Fortschritt der Simultanschule gegenüber der konfessionellen ist also ein außer- ordentlich geringer. Er liegt darin, daß durch den Zwang 5Ander gemischter Konfessionen in derselben Klasse und Stunde zu unter- richten, verhindert wird, daß der Unterricht in den andern Fächern so vollständig mit Religion durchtränkt wird, wie es in den ton- fessionellen Schulen der Fall ist. Der hauptsächlichste Vorteil der Simultanschule liegt jedoch darin, daß die zweiklassige Schule früher erreicht wird. Anstatt die Kinder in zwei einklassige konfessionelle Schulen zu trennen, kann man sie hier in einer zweiklassigen unter- richten und dadurch natürlich schneller fördern. Das ganze Elend der preußischen Volksschule tritt allerdings klar zu Tage, wenn man das Einrichten einer zweiklassigen Schule schon als einen Fortschritt bezeichnen mutz. Die Junker und Pfaffen, die im preußischen Ab- gcordnetenhaus das große Wort führen, sagen freilich, die religiöse Erziehung in einer einklassigen konfessionellen Schule sei dem Unter- richt in einer mehrklassigcn nicht konfessionellen Schule vorzuziehen, wenn auch in letzterer bessere Fortschritte gemacht werden. Dem- gemäß verlangen sie auch jetzt em Volksschulgesetz auf konfessioneller Grundlage. Und unsre Liberalen im Landtag zeigen dasselbe jammervolle Verhalten wie bisher. Sie jammern, der Antrag sei ihnen nicht so zeitig bekannt geworden, daß sie dazu hätten Stellung nehmen können, als ob diese Stellung nicht von selbst gegeben wäre, falls sie wirkliche Grundsätze besähen. Aber ihr ganzes Ideal läuft auf die Erhaltung der bestehenden Simultanschulen hinaus, und hoch und heilig versichern sie auch jetzt wieder, sie denken gar nicht daran, den Religionsunterricht in der Volksschule abzuschaffen. Demgegen- über müssen wir um so schärfer die Forderung unsres Programms betonen:Erklärung der Religion zur Privatsache", welche die voll- ständige Trennung der Schule von der Kirche und damit die einzig mögliche Lösung der konfessionellen Frage in der Schule in sich schlicht. Für die Arbeiterschaft hat diese Frage noch eine größere Bedeutung. Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! ist das Losungswort der Arbeiter, und da sollen die Arbeiter Deutschlands es leiden, daß ein Ritz nach Konfessionen zwischen ihnen gemacht wird? Nein, die Macht der Arbeiterklasse beruht auf dem Zusammen- schluß der Arbeiter, über den elenden und kleinlichen Zustand des konfessionellen Haders müsien die Arbeiter sich erheben. DaS ist nur möglich mit dem Rufe: Hinaus mit der Religion aus der Volks- schule I Eine Diskussion schloß sich an den beifällig aufgenommenen Vortrag nicht an. J-hanniSthal. Der hiesige Socialdemokratische Wahlverein hielt am 12. Juli seine fällige Generalversammlung ab. Aus dem Bericht des Vorstandes ist zu ersehen, daß im verflossenen Quartal sechs Vereinsversammlungen und sechs Vorstandssitzungen stattfanden. Der Verein zählt zur Zeit 128 Mitglieder. Der Kassenbericht konnte wegen noch ausstehender Gelder nicht erstattet werden. Derselbe wird bis zur nächsten Versammlung, die eine außerordentliche Generalversammlung sein soll, zurückgestellt. Eine längere Debatte entspinnt sich beim Bericht der Lokalkommission. Von verschiedenen Genossen wird herbe Kritik geübt über den Satz oben auf der Lokal- liste:Lokale, die keinen Saal haben, sind frei." In kleineren Orten, wo die Genossen häufig mit Zimmern, die 20 Personen fassen, vorlicb nehmen müssen, sei dieser Satz von äußerst schädigendem Einfluß für die Parteibewegung des Ortes. Das zeige sich recht deutlich, wenn der betreffende Ort ein viel besuchter Ausflugsort ist. So hatten einige hier nicht ansässige Parteigenossen, die sogar im Vordergrund der Bewegung stehen, geplant, in dem gesperrten Lokale des Gastwirts Werner ein Kcgelfest zu veranstalten. Als die Be- treffenden von einem hiesigen Genossen aufmerksam gemacht wurden. daß der Wirt sein Lokal uns zu Versammlungen nicht zur Ver- fügung stelle, beriefen sie sich auf obigen Satz der Lokalliste und be- merkten, daß das Lokal ja keinen Saal habe; im übrigen lege der Wirt auch denVorwärts" aus. Die Genossen liehen sich dann allerdings umstimmen und hielten das Äegelfest in einem freien Lokal ab. Vom Genossen Mann wurde noch ausgeführt, daß er schon seit mehreren Jahren in der Lokalkommission den Antrag auf Streichung des betreffenden Satzes in der Liste gestellt habe. Die Lokalkommission habe dann schließlich auch zugestimmt; die Berliner Vertrauensleute als obere Instanz hätten jedoch jedesmal dagegen Einspruch erhoben. Es kam hierauf folgende Resolution zur An- nähme:Die heutige Generalversammlung erblickt in der Weigerung der Berliner Vertrauensleute, den Kopf der LokallisteAlle Lokale, welche keinen Saal haben, sind frei" wegfallen zu lassen, eine Schädigung der Partei-Jnteressen in den kleinen Ortschaften. Sie erwartet, daß die Berliner Vertrauensleute endlich von ihrem die Zchätigkeit der Genossen in den Vororten schädigenden Verhalten Abstand nehmen, da die Genossen in den kleinen Orten oft mit dem klemstcn Vereinszimmer rechnen müssen." »lllgemeine Kranken- und Sterbekafle der Metallarvetter (E. H. 29, Hamburg ). Filiale Berlin 9. Sonnabend, den IS. Juli, abends 9 Uhr, bei Gundlach, Waldemarstr. 24: Versammlung. TageS- ordnung: I. Abrechnung sür die Monate Mai, Juni. 2. Wahl der Kon- trolleure. Z. Verschiedene». Allgemeine Kranken- und Tterbekasie der Metallardetter (E. H. 29, Hamburg ). Filiale RummelSburg . Sonnabend, den 16. Juli, abends 8'/, Uhr, bei Gust. Tempel, Boxhagen, Ecke der Bahnhos- ftrafje: Mitglieder- Versammlung. Tagesordnung: 1. Kassen- Bericht. 2. Bericht der Delegierten von der Generalversammlung. 8. Verschiedenes. Erscheinen notwendig, da die neuen Statuten zur Ausgabe gelangen. Nothenbnrger Sterbekaffe. Heute, Freitagabend 8'/, Uhr. bei Dräscl, Neue Friedrichstr. 35: Versammlung. Tagesordnung: 1. Anträge zur Generalversammlung m Görlitz . 2. Wahl etneS Delegierten. Die Mit­glieder werden ersucht, der wichtigen Tagesordnung wegen pünktlich zu erscheinen. Dauzlehrer-vereinSolidarität". Heute abend: Uebungtstunde im Restaurant Collwig. Gr. Franlsurtcrstr. 102. Berliner Tanzlehrer- Berband. Heute abend 9 Uhr, Mte Jakob- straße 75: Uebungsstunde.