etwa? zu bemerken?— Zeuge Kugel: Herr Präsident, wer be-zahlt mir meine Reise?(Große Heiterkeit.)— Bors.: Sie habenfrüher gesagt, Klein wäre beim zweiten Mal beim Verpacken derSchriften in Memel anwesend gewesen.— Zeuge Karol saufKlein zeigend): Der war es bestimmt nicht, aber vielleichtder(Braun- Königberg zeigend).(Große Heiterkeit.)Schließlich sagt Zeuge aus, es wäre in einem Uhrladen(ftiihersagte er: Tuchladen) gegenüber dem Gronauschen Geschäft in Memelgewesen.— Vors.: Nun, Treptau, da kommen wir der Sache schonnäher.— Bert. H a a s e: Treptau hat selbst gesagt, daß Russen beiihm Schriften verpackt und abgeholt haben.— Zeuge Karol erzähltnoch, daß er vom Polizeimeister in Polaugen für die erste Sendungacht Rubel bekommen und daß Kugel ihm von dem Inhalt derPakete gesagt habe:.Es giebt in Rußland junge Leute: wenndie diese Schriften lesen, werden sie klüger."(Heiterkeit.)—Angeklagter K u g e l:„Wußte ich doch überhaupt nicht selbst, wagsind in die Paketen."(Heiterkeit.)Die Verteidiger stellen noch fest, daß sich in dem Protokoll derkommissarischen Vernehmung Karols in Libau große Ungenauigkeitenbefinden, so der Name: Fritz Klein, die Bezeichnung.revolutionäreSchriften" usw.Zeuge Andreas Skudik, Polizist und Bauer, ebenfallsin Polangen, schildert dieselben beiden Fälle vom Standpunkt derPolizei aus. Er giebt an, daß einer der im ersten FalleVerhafteten Ernst Rolan war. Im zweiten Fall hat derBnider des Zeugen diesem die Schriften in die Hände g e-schmuggelt. Zum zweiten Fall bemerkt Zeuge Skudik, derGastwirt Fe in st ein sei dafür bekannt, daß er jeden Schriften-schmuggel sofort der rtlssischen Polizei mitteilt.— Vert. Schwarz:Ist der Zeuge von dem Polizeimeister in Polangen beauftragtworden, Kugels Haus zu bewachen?— Zeuge: Nein. Ich bin nuröfter über die Grenze geschicktworden, um aufzupassen, ob Schriftenttansport» unterwegsseien.— Vert. Schwarz: Ist Ihnen bekannt, daß andre Polizei-beamte beauftragt Ivorden sind, Kugel bettunken zu machen undüber die Grenze zu schleppen?— Der Zeuge verneint.— Weiter-hin wird sein Bruder Jan Skudik vernommen. Er giebt an,nur wegen Schmuggelns von Schnaps bestraft zusein. Zeuge hat eines Tages auf Veranlassung seines Vaters vonKugel aus einen jungen Russen über die Grenze bringen wollen,er hat aber gemerkt, daß er falsche Schrifttn bei sich hatte und ihndeshalb der Polizei angezeigt. Der Verhaftete war Rökan. Dafürhat Zeuge60 Rubel von der Polanger Polizeibekommen.Zeuge Ansas Szuiszell bekundet, daß K u g e l häufig mitallen möglichen Schmugglern bei Feinstein verkehrt hat, mit Karol,mit Skudik usw.— Vors.: Sind das denn Schmuggler?—Zeug«:Da drüben schmuggelt alles.(Heiterkeit.)Vors.: Schmuggeln Sie denn auch?— Zeuge: Rein, nein!(Große Heiterkeit.) Ich habe nur Sachen bei nur abholen lassen.—Vors.: Hat Kugel Sie überreden wollen, Socialdemokrat zuwerden?— Z e u g e: Er hat mir einen Wahlzettel für Braun ge-geben.Zeuge Hirsch Salomon Frinstein, Gastwirt in Nimmer-satt, giebt an, daß Kugel viel mit Schmugglern verkehrtund sich vom Schmuggeln ernährt hat. Einmal seien Kugel,Treptau und Schlippernick zu ihm gekommen. Der Zeuge giebt an,daß Kugel ihm bis heut« die Miete schuldig ist für die Zeit, wo erbei ihm wohnte.— Vors.: Angeklagter Kugel, Sie haben doch vonTreptau für die Auslösung der Sachen Geld bekommen?— Angekl.Kugel: Das brauchte ich nicht zu bezahlen, weil ich die konttalt-mäßig festgesetzte Leistting nicht bekommen habe.(Heiterkeit.)—Zeuge Feinstein: Kugel ist eines Tages zu meiner Tochtergekommen, hat gesagt, wir hätten uns geeinigt, und hat seine Möbelgeholt. Zeuge hat ihn wegen BettugeS angezeigt, aber es war schonverjährt. Schließlich hat Zeuge gellagt, die Exekutton istaber fruchtlos ausgefallen und er hat noch die Kosten bezahlenmüssen.Auf eine Frage des Vert. Schwarz erzählt Zeuge F e i n st e i n,er sei nur wegen der Frau Kugel inRußland verhaftet und,obwohl er deutscher Unterthan sei,sechs Woche» festgehaltenworden, um auszusagen, was Frau Kugel treibe.Zeuge bestteitet, daß russische Polizeibeamte zahlreich nach Preußenherübergekommen seien, um herumzuschnüffeln.Vert. Schwarz: Herr Präsident, Kugel macht mir soebeneine Mitteiluiig, die er bisher, wie er sagt, auS Furcht, daß es ihmin Deutschland schlecht gehen könnte, unterlassen hat. Der An-geklagte Kugel erzählt nun, daß vier starke kräftige Männereinmal versucht hätten, sich seiner in Nimmersatt zu bemächtigen, umihn gewaltsam nach Rußland zu bringen. Er habe sich aber miteinem Revolver gewehrt, der ihm ftüher einmal zur Reparatur über-geben worden sei und zu dem er sich m Tilsit Pattonen gekausthabe. Schließlich habe er sich in ein HauS gerettet.—Vors.: DaS ist eine etwas mysteriöse Geschichte.die von viel Phantasie zeugt. Schon der Revolver,zu dem Sie sich bereit» vorher die Patronen gekauft habenwollen, macht einen durchaus unglaubwürdigen Eindruck.—Zeuge Oberwachtmeister v. F r i t s ch e n aus Memel: Ich habe viel-fach auch den Zeugen Lemke bei meinen Recherchen im vorigenJahre diesenVorfall erzählen hären.— Zeuge Fein-stein kann sich des Borfalls nicht entsinnen.— Angekl. Kugelerinnert diesen daran, daß er selbst zwei Leute, die b e i ihmBier tranken, bei seiner Vernehmung im Gefängnis in Liebauals russische Gendarmen wiedererkannthabe.— Zeuge Feinstein bestätigt das.— Vors.: Daran istdoch nichts Schlimmes, wenn Polizisten einmal jenseits der GrenzeBier trinlen.— Zeuge Redalteur B o r ch a r d t erbietet sich zu be-zeugen, daß Kugel ihm diese Mitteilung schon vor zweiZähren gemacht habe.— Der Borsitzende erklärt den ganzenBorfall für unerheblich.Der Gerichtshof beschließt, alle fünf Zeugen zu vereidigen undim Einverständnis mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaftauf die Ladung des Oberstaatsanwalts Dr. Dröschrr zu verzichten.Dann ttitt eine Pause von zehn Minuten ein.Nach Wiederaufnahme der Verhandlung bekunden die ZeugenKaufmann Fritz Alexander und Buchdruckereibesitzer EduardDomlowSki aus Tilsit, daß bei MertinS Rusien Pakete ab-holten.Zeuge Dr. Karl Ruhkops,Redakteur der Berliner„Post", sagt aus: Ohne irgend welches Zu-thun sind unsrer Redaktion von dem Zeugen Abel Mitteilungen ge-macht worden, daß im Keller des„vorwärts", in den allen sonstige»Angestellten der Zuttitt versagt worden sei, Schriften von Russen ver-packt würden, deren Charakter er nicht kenne, von denen er aberannehmen müsse, daß eS sich um verbotene Schrifttn handle,weil sie ausschließlich von Russen verpackt worden seien und nichtvon Angestellten des„Vorwärts". Da ich annahm, daß nach denhier schon vorgenommenen Verhaftungen auch in Berlin diePolizei auf solche Mitteilungen zugreisen würde, so prüfte ich denAbel auf seine Glaubwürdigkeit. Er versicherte, er habe nuru u s N 0 t die Stelle beim„Vorwärts" angenommen. Er sei auch nichtals Socialdemokrat, sondern nur wegen seiner geschäftlichen Tüchtigkeitangestellt worden. Auf die Frage, was im Keller unten vorginge.wurde ihm geantwortet:.Ach, das sind die Russen I' Abel habekeinerlei Entgelt verlangt und erhalten, sondern seine Mtteilungnur auS Erbitterung über Bebel» Bestreiten der Beziehungen derrussischen Socialdemokratie zur deutschen Partei gemacht. Inzwischenhat ja die Vernehmung de« Angeklagten Pätzel die Richtigkeit derAussagen Abels bestätigt.— Verteidiger H a a s e: Haben Sie derPolizei Anzeige gemacht?— Zeuge Dr. R u h k o p f: Abel sagte mir,Verantw. Redakteur: Paul Büttner. Berlin. Jnserateuttil vuantw.er hätte die Anzeige schon erstattet. die Polizek have ahernicht zugegriffen.— Verteidiger Schwarz:„Sie glauben,daß etwas Strafbares geschehen sei? Würden Sie aucheinen Leitartikel bringen, wenn Sie bei einigen Leuten aus IhrenKreisen strafbqre Handlungen vermutete»?— Der Präsidentbittet, die Fragen nicht so polittsch zu fassen.— Vert. Lieb-k n e ch t: Haben Sie nun an die ehrliche Entrüstung desAbel geglaubt, als Sie erfuhren, daß er schon beiderPolizei gewesen war?Zeuge R u h k o p f: Ich nahm an, er hättedie Anzeige aus patriotischen Gründenerstattet.— Vert. Heinemann: Warum glaubten Sie denn, daßetwas Sttafbares geschehen sei, nachdem die Polizei nichtsStrafbares gefunden hatte?— Zeuge: Die Polizeikann auch irren.— Vors.: Sie wollten jedenfalls dieGeheimniSthuerei aufdecken; durch die öffentliche Erörterung mußtesich dann ergeben, ob etwas Strafbares geschehen sei oder nicht.Zeuge Hermann Abel,vorbesttaft im Jahre 1883 wegen schweren Diebstahls, 1885 wegenBettelnS, 1391 wegen ErpresiungSversucheS, 1893 wegen Gewerbe-Vergehens, 1903 wegen Unterschlagung, erklärt: er sei durchdie exaltierte Art und Weise, wie August Bebeldie feinsinnige Bemerkung des Justizminifiers Schönstedt,.dieUntersuchung könne noch weiter greifen", inAbrede gestellt hat, zu seinen Mitteilungen an die„Post"veranlaßt worden. Bebel habe die gemeine Lüge aus-gesprochen, im Keller würde nichts verpackt, was nichtoffen im Laden verkauft werde. Dabei lägen imKeller in einem Koffer verpackt russische Schriften, die im.Vor-wärts" gar nicht verkaust würden. Zudem sei Bebel Firmen-träger deS„Vorwärts", und es sei undenkbar, daß solcheEingriffe in den Geschäftsbetrieb, ohne daß die leitendenPersönlichleiten Kenntnis davon haben, möglich seien.—Vert. Haas«: Ist denn Bebel öfter in der Expeditiondes„Vorwärts" gewesen?— Zeuge Abel: Er istwiederholt durch die Expeditton gegangen. Er war ja auch oft mitRussen zusammen.— Vert. H a a s e: Jawohl, auch mit Franzosen,Engländern und besonders mit vielen Deutschen!(Heiterkeit.) Siebehaupten, durch Bebels Parlamentsrede so empört gewesen zu sein?— Zeuge Abel: Ja.— Vert. Haase: Warum warenSie aber schon vorher auf der Polizei, nm Anzeige zuerstatten?— Zeuge Abel: Ich war zwangsweise aus demGeschäft des„Vorwärts" ausgeschieden und die allerdings wahrenUrsachen sind unter anderm von dem Expedienten Glockeverbreitet worden.-» Vert. Haase: Also deshalb. HabenSie von der„Post" irgendwelchen Entgelt erhalten? Haben Siesich um eine Stelle beworben oder sonst mit ihr in Beziehung ge-standen?— Zeuge Abel: Ich hatte früher einen Artikel und eineNottz für die„Post" geschrieben, die honoriert«orde» sind.Vert. Haase: Herr Zeuge Ruhkopf, ich will nicht sagen, daßSie diese Thatfache haben verschweigen wollen, aber aus Ihrer Aus-sage war sie jedenfalls nicht zu entnehmen. Wußten Sie vor. diesemArtikel?— Zeuge R u h k o p f: Ja.Vert. Heinemann: Sie sagten, daß den übrigenAngestelltender gutritt zum Keller untersagt gewesen sei?Was war eigentlich in diesem Keller außer den russischen Schriften?— Zeuge Abel: Nur Makulawr.— Verteidiger Liebknecht:Ich bitte diese Aussage zu protokollieren.— Verteidiger Heine-mann: War in diesem Keller nicht auch die Garderobe für dieAngestellten der Expeditton?— Zeuge Abel: Allerdings.—Verteidiger Liebknecht: Und Sie wagen von Bebel«l» einemgemeinen Lügner zu sprechen I Sie sind wegen BettngS und Unter-schlagung aus dem„Vorwärts" entlassen worden. Soll ich Ihnendas von Ihnen unterschriebene Schriftstück hierüber vorlesen?—Zeuge Abel: Bitte, mir ist das ganz schnuppe!Der Reichstags-Abgeordnete Fischer hat mir dabei noch meineUhr und Kette abgeknöppt.(Heiterkeit.)— Borsitzender:Ich glaube ja, daß Sie durch die ständigen Angriffeder Verteidiger gereizt werden, aber Sie müssen doch in einem an-ständigen Tone antworten. Sie haben schon vorher einen Abwesenden,der sich hier nicht verteidigen kann, in ganz ungehöriger Weise an-gegriffen.— Vert. Heinemann: Sie sagten, es war eine ge-meine Lüge Bebels, daß im Laden des„Vorwärts" dieselbenSchriften verkaust würden, die unten im Keller verschickt wurden,und beriefen sich dabei darauf, daß Tie die im Keller gefundenenrussischen Bücher gesehen hätten. Ist Ihnen nicht bekannt, daßMarx'„Kapital". Bebels„Die Frau" und Kautsky«„Erfurter Programm"den Russen gebunden im Laden des„Vorwärts" verkauft werden?Zeuge Abel: Nein, sie wurden höchstens aus dem Engros-lager geholt.(Lachen im Zuhörerraum.)— VerteidigerHeinemann: War Ihnen irgendwie verboten, in den Kellerzu gehen, oder mußten Sie nicht vielmehrjeden Morgen und jeden Abend von dort Ihre Garderobe holen?Zeuge Abel: Ja, ich habe nie das Gegenteil behauptet.—Vert. Heinemann: Herr Zeuge R u h k o p f, was sagen Siedazu?— Zeuge R u h k o p s: Ich kann nur nach bestem Wissen undGewissen versichern, daß Abel mir gesagt hat, dem Personal seider Eintritt in den Keller verboten gew e sen.—Verteidiger Haase: Herr Ruhkopf, wie kommen Sie darauf,daß der„Vorwärts" an dem Verttieb der russischen Schriften be-teiligt sei, ehe Sie diese Nachricht hatten?— Zeuge R u h k o p f:Der„Vorwärts" nahm sich der Verhafteten in Königsberg in einerso übertrieben lebhaften Weise an und machtedaraus eine so große Haupt- und Staatsaktion, daß diese Ver-mutung sehr nahe lag.— Verteidiger Haase: Das istfür die ArtJhrer Folgerung sehr charakteristisch.— ZeugeAbel giebt schließlich noch an. daß auch unter der Adressevon Bruns russische Druckschriften an den.Vorwärts"gekommen feien.Zeuge Expedient des„Vorwärts". Theodor Glocke,erklärt, daß er russische Parteigenossen öfter» imKeller des.Vorwärts" habe ein- und ausgehensehen.— Der Vorsitzende hält ihm vor. daß er früher andersausgesagt habe.- Zeuge Glocke: Ich war allerdings damalszurückhaltender.— Vors.: Sie bestätigen un» damit, was einVertrauensmann Ihrer Partei uns schriftlich gegebenhat, daß e» nämlich Grundsatz der Socialdemokratie ist, vor Gerichtja nicht die Wahrheit zu sagen.(Große Bewegung.)Vert. Haase(sehr erregt): Ich weiß wirklich nicht. HerrPräsident, wie Sie dazu kommen, aus diesem Borfall und dem Brief,den Linde genügend aufgeklärt hat, einen so verallge-meinernden Borwurf gegen meine Partei zu erheben. Wenn die Be-schuldigten ihre Aussage verweigern, so ist das ihr gutes Re% undjeder Versuch, sie zu einer SuSsage zu veranlassen, ist unzulässig.-- Vors.: Derartige Ausführungen gehören wohl insP l a i d o Y e r.— Bert. Haase: Auch ich vermeide derarttge AuS-sührungen. aber eine solche Bemerkung kann ich unmöglich unwiber-sprachen lassen und ihre Richtigkeit damit gleichsam zugeben.Zeuge Expedient Rautmann schließt sich den BekundungenGlocke'« und Pätzel'» an._Db-GlMte-Berlm. u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagsanstglDie Sachverständigen Dr. Ball od und Professor Rost legennunmehr die wortgetreue Uebersetzung der einschlägigenParagraphen des russischen Sttafgesetzbuchs vor. Der strittigeParagraph lautet in der Uebersetzung des Königsberger Konsulats,die von der russischen Botschaft in Berlin bestätigt ist, folgender-maßen: Russisches Strafgesetzbuch Z 260:Wenn ein in den§§ 241, 242 und 249 vorhergesehenes Verbrechen gegen ein auswärttges Reich verübt worden ist, mitwelchem Gegenseitigkeit verbürgt ist, oder gegen den Herrscher des-selben Reiches, so wird der Thäter zur Verbannung nach Sibirienund zum Verlust aller Rechte verurteilt.Der hier angezogene 8 241 lautet:„Jedes Verbrechen und Vergehen gegen daS Leben, die Gesundheit und die Ehre des Kaisers von Rußland... wird mitdem Tode Bestraft."Die Verteidigung behauptet, daß im§ 260 nach dem Worte»Gegenseitigkeit" die Worte„durch besondere Traktate»derGesetze" fehlen und daß in dem§ 241 das Wort„Ehre" nur so vielwie„körperliche Unversehrtheit" bedeute, so daß für Mnjestäts-beleidtgungen die Gegenseitigkeit nicht verbürgt wäre. Die S a ch-v e r st ä n d i g e n stellen fest, daß die bezeichneten Worte in demrussischen Sttafgesetzbuch stehen und daß die wörtlichen und schrist-lichen Majrstätsbeleidigungenin andren als den von der russischen Botschaft angegebene»Paragraphenangegeben werden.(Große, langnndaurrnde Bewegung.)—Der Gerichtshof beschlieht, den Zeugen Glocke wegenVerdachts der Mitthäterschaft nicht zu vereidigen,wohl aber die Zeugen Abel, Ruhkopf und R a u t m a n n.Inzwischen ist ein T e l e g r a m m des Charlottenburger Polizei-Präsidenten eingelaufen, worin er die Vorlegung der Akten über dieBeschlagnahme bei Weber verweigert und den PolizeibeamtenZwitschinski und v. Kusinowskidie Aussage hierüber verbotenhat.— Vert. Liebknecht beantragt, daß daS Gericht gegendiesen Bescheid von Amtswegen die gerichtlich zulässige Beschwerdeerhebt. Die Aktenvorlegung kann nur verweigert werden,wenn durch die Mitteilungdie Sicherheit des Staates gefährdet wird.Davon kann hier nicht die Rede sein, eS sei denn, daß Tbat-fachen dadurch zu Tage kommen, die aufs äußerste belastend für dasBerliner Polizeipräsidium find.Der Gerichtshof lehnt diesen Antrag ab.— Bert. Lieb-knecht erklärt, daß nunmehr die Verteidiger den Beschwerde-weg beschreiten würden und giebt zugleich für den ZeugenGlocke folgende Erklärung ab: Der Zeuge Glockebedauert das Mißverständnis, das zu dem hefttgen,allgemeinen Angriff des Vorsitzenden geführt hat. Er hatseiner Zeit in Berlin die Empfindung gehabt, als Beschuldigteraussagen zu müssen, und ist darum so zurückhaltend gewesen. Erbedauert, so ungeschickt gewesen zu sein, durch seineheutige Darstellung die allerdings unmotivierte Aeußcrung desPräsidenten verursacht zu haben.Hierauf wird die Verhandlung auf Montag 9 Uhr vertagt.Schluß L'/z Uhr._Letzte INacbncbten und Depefeben«Der Rückzug des Vatikan.Rom, 16. Juli.(W. T. B.) Der„Osservatore romano* veröffentlicht unter Bezugnahme auf einen in dem Pariser„TempS"vom 13. d. Rl enthaltenen Artikel mit der Ueberschrift„Frantteichund der heilige Stuhl" eine Note, in der e» heißt: Es ist durchausfalsch, daß die Erzbischöfe von Rouen. Avignon, Aldi und Algier unddie Bischöfe von Tarentaise und Mende aufgefordert worden seien.nach Rom zu kommen, oder daß sie Gegenstand irgend einer DiS-ziplinarmaßregel gewesen seien. Es ist serner durchaus falsch, daßder heilige Stuhl jemals daran gedacht habe, wegen des dem fran-zösischen Botschafter Nisard erteilten Urlaubs zu Repressalien zugveifen und die Bischöfe zu besttafen, die im vergangenen Jahre sichdem Proteste des Erzbischofs von Paris nicht anschlössen. Es istdurchaus falsch, daß der heilig« Stuhl jemals die auf Irrtum beruhenden Grundsätze, von denen der„TempS" spricht, direkt oderindirekt zugelassen oder anerkannt habe.Vom Ausstand in Boryslaw.BorySlaw, 16. Juli.(W. T. B.) Gestern überfiel eine AnzahlAusständiger einen Schacht der Karpathen-Pcttoleumgesellschast undversuchte, die Arbeiten zur Ableittmg des Rohöls in die Behälter zuverhindern.(?) Militär hinderte die AuSstänoigen daran. Auch inWeglowka sind die Napthagrubenarbeiter in den Ausstand getreten.In Rowno, Rogi und Weglowka haben die Unternehmer die AuS-ständigen aufgefordert, am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen,weil sonst der Dienslvertrag als gebrochen gelten müßte. Wegender Ausbreitung des Ausstandes im westgalizischen Erdölrevier istda» Militär dort noch weiter verstärkt worden.Bom ostastattschen Kriegsschauplätze.Petersburg, 16. Juli.(W. T. B.) In dem Telegramm desStatthalters Alexejcw an den Kaiser heißt e« weiter:Wie gemeldet wird, wurden m Dalny Truppenlandungenvorgenommen, und zwar waren daselbst bis zum 2. d. Mts.gegen 20 000 Mann und 50 Geschütze gelandet worden. DerFeind bessert die Docks und die elektrische Centralstatton aus:Auch die Eisenbahn wird wieder hergestellt, da aber keine Loko-motiven vorhanden sind, werden die Wagen von Chinesen geschoben.Am 9. Juli stellten die Japaner den Vormarsch ein und befestigtenseitdem ihre Stellungen stark. Tägliche Schannützel erschweren ihnendie Arbeiten. Regengüsse haben die Wege sehr vervorben. DieStimmung der Truppen ist vortrefflich.«ergedorf, 16. Juli.(W. T. B.) Der heute nachmittag um 2 Uhr25 Min. von Hamburg nach Schwarzenbeck abgegangene Personenzugfuhr kurz vor Bergedorf auf einen vorauffahrenden Güterzug.Mehrere Personen wurden verletzt, darunter einigeschwer; der Materialschaden ist bedeutend.Meran, 16. Juli.(W. T. B.) Der Ortlerführer Alois Pinggeraist gestern abgestürzt und in einem Gletscherbach ertrunken.Darmstadt, 16. Juli.(23. T. 23.) Heute vormittag um 10 Uhrwurde die zweite Auspellung der Darmftädter Künstlerkolonie imErnst Ludwighause vom Großherzog eröffnet. Der Groß-Herzog hielt eine Ansprache, indem er ausführte, ein neuesGeschlecht sei sich seines Rechtes und seiner Pflicht bewußt ge-worden, nicht nur in den Formen der Vergangenheit, sondern auchseinem eignen Künstlerempfinden gemäß frei und zweckmäßig zu ge-stalten. In diesem Drange des fteien und neuen GettaltenS offen-bare sich sie der Gegenwart eigne kulturschaffende Kraft, m derenDienst er die Künstlerkolonie geftellt habe.Sharleville. 16. Juli.(W. T. B.) Seit drei Tagen stehen dieArdenneuwaldungen in Flammen. 500 Hektar Wald sind schon zer-stört. Ein Dorf ,st ernstlich bedroht. Zur Hilfeleistung sind Truppenentsandt worden.London, 16. Juli.(W. T. B.) Bei Kingsbridge(Devonshire)wurde heute ein Leichnam an Land gespült. AuS amerikaniichenMünzen und Karten mit dem Namen Kent Looims, die bei demLeichnam gefunden wurden, vermutet man, daß eS die Leiche desSekretärs des Staatsdepartements der Bereinigten Staaten ist. dervon Bord de» Dampfers„Kaiser Wilhelm II" kurz vor dessen An-lunft in Plhmouth am 30. v. M. verschwunden war.__Paul Sweer S:Co..P- rkin s 3V. Hittzu4Beilagenu.Nntcrhaltung»dlatt