It. 168. 2L2. ßtilnjf i>es Joraärts" KnIimMM,Mittwoch, 20. Juli 1004.V. Ksugreß der christlichen Gewerkschaften Deutschlands.Essen, 19. Juli.Der Kongreß wurde eingeleitet am Sonntagmorgen durch eineallgemeine Versammlung im.Kolosseum", an der gegen 3000 Per-sonen teilnahmen. Gewerkschaftsbeamter Schiffer-Krefeld redeteüber:„Die Gleichberechtigung der Arbeiter"; erwies an dem unzulänglichen Stande der Socialgesetzgebuna, desKoalitionsrechts usw. nach, wie viel dem Arbeiter an der Gleich-berechtigung noch fehle. Diese Gleichberechtigung sei nur zu erreichendurch eine Stärkung der christlichen Gewerkichasten. Wie der Rednerdie Gleichberschtigung auffaßte, bewies er durch folgende Sätze:.Standesunterschiede bestanden immer und werdenimmer bestehen: sie find notwendig zur Aufrecht-erhaltung der gesellschaftlichen und Wirtschaft-lichen Ordnung. So strebt der kluge und charaktervolle Mannnicht nach Verwischung d er S t a n d e s un t e r s ch i e d e,sondern nach Wahrung seiner eignen Interessen unter Rücksichtnahmeauf die berechtigten Interessen andrer Stände".— ArbeitersekretärBehrens meinte: Ohne die christlich- nationalen Arbeiter sei dieArbeiterbewegung nicht vollständig; wie die Arbeiterbewegung alsgrößte Kulturerscheinung der Gegenwart überhaupt, ebenso b e-beut s am sei die christliche Arbeiterbewegung,die christlichen Arbeiter hätten neben den materiellen Interessen auch Ideale: Die Anhänglichkeit an Vater-land und Kaiserhaus, das wolle man sich nichtnehmen lassen und das trenne die christlichen von den socialdemokrattschen Arbeitern, mit denen allerdings in gewissen Fällen ein Zu-sammengehen möglich sei.— Arbeitersekretär G i e s b e r t s(M.-Gladbach) nennt das abgelaufene Jahr eine.gesegnete Zeit" fürdie christlichen Gewerkschaften, die mehr hätten erreichen können,wenn die Trägheit und Gleichgültigkeit unter denchri st lichen Arbeitern nicht so groß wäre.Am Montag wurden die Verhandlungen des Kongresies eröffnetdurch B r u st<Essen>, der auch mit Ellerkainp, dem Führer der lippe-schen Ziegler, zum Vorsitzenden gewählt wurde. Brust findet, daßdie christlichen Gewerkschaften.schöne Erfolge" erzielt haben. Nachdem Geschäftsbericht, den Stegerwald- Köln erstattet, stellensich diese.schönen Erfolge" so dar: Die christlichen Gewerkschaftenzählen gegenwärtig 101(KX> Mitglieder, im Durchschnitt des Jahres1903 91(XX), sie haben im verflossenen Jahre einen Zuwachsvon 8103 Mitglieder zu verzeichnen.(Die in den Statistikenmit aufgeführten Eisenbahnnerverbände kommen als Arbeiterorgani-sationen nicht in Betracht, sie werden mitgezählt, nur die kläglichgeringe Zahl der christlichen Gewerkschaftsmitglieder, die soauf 203 000 anschwellen, zu bemänteln.) Stegerwald istder Meinung, daß das vergangene Jahr.nicht ungünstig"für die christliche Gewerkschaftsbewegung gewesen sei, mankönne.im allgemeinen zufrieden sein." Es sei fest-gestellt, daß im Verhältnis zu ihrer Stärke die christlichen GeWerk-schasten mehr an Strerks und Lohnbewegungen be-teiligt gewesen seien als die andren Organisationen. Die freienGewerkschaften seien stärker, weil sie mehr Mittel und mehr Beamtehätten. Sodann schlug der Redner ein Thema an. das in der Dis-kussion noch öfter wiederkehrte: das ablehnende Verhaltender Presse— eigentlich der ultramontanen Presse— denchristlichen Gewerkschaften gegenüber. Die Finger einer Hand, someinte Stegerwald. reichten hin. um die Zeitungen aufzuzählen, diesich der christlichen Gewerkschaften annähmen; über dieses Themawerde in der geschlossenen Generalversammlung noch zu reden sein.Die Diskussionsredner ergingen sich namentlich in Schilderungender Schwierigkeiten, die der christlichen Gewerkschaftsbewegungentgegenständen, sie Nagten über den„Terrorismus" der freienGewerkschaften, über die Teilnahmlosigkeit und Feindselig«keit der bürgerlichen Presse, über das Verhalten der Be-Hörden— der geistlichen nicht minder Wiederwelt-lichen. sagte ein Redner aus dem Münsterlande, nach dessen Er-fahrungen in Westfalen die Geistlichen den chri st lichenGewerkschaften mehr Hindernisse in den Weglegen als die Unternehmer.— Ein Redner meint.daß in manchen Gegenden die christlichen Gewerkschaftenmehr verfolgt und bekämpft würden als die Social-demokraten.— Einen Beitrag zum patriarchalischen System desehrbaren Handwerks brachte ein Redner au? Paderborn, der mit-teilte, daß bei Gelegenheit einer Lohnbewegung der Schuhmacherdie Meister den Gesellen den Hausschlüssel ab-genommen hätten, um sie vom Besuch der Versamm-lungen abzuhalten: ein andrer Redner beklagt sich überdas Verhalten der Jnnungsmeister, die sich vielfacharbeiterfeindlicher als die Großindustriellenzeigen.Ein intereffanteS Thema regte Schiff er-Krefeld, einer derFührer der christlichen Textilarbeiter an, er beantragte, daß derAusschutz des GesamtverbandeS in den nächsten zwei Jahren eineninternationalen Kongreß der christlichen Arbeitereinberufen solle. Die christliche Arbeiterbewegung werde erst dannzu wirklicher Bedeutung gelangen, wenn sie aus inter«nationale Grundlage gestellt werde.Die folgenden Redner waren mit diesem Borschlag einverstanden,der in der Fassung zur Annahme gelangte, daß die Einberufungeines Kongresses der christlichen Arbeiter aller Länder in Erwägunggezogen werden solle._5. Gtneralversammlnns des Derems der Lithagrapheil,Steindrulker und Kerufsgellssseu Deutschlands.Dresden, 13. Juli.Nach dem Bericht der Mandats- Prüfungskommission sind«1 Delegierte anwesend, außerdem als Vertreter des Hauptvorstandesder Verbandsvorsitzende und der Hauptkassierer Brell, der Vorsitzend«des Ausschuffes Rieh-Nürnberg, und die beiden Redakteure Obierund Hansen. Die österreichische Bruderorganisation hat einen Ver-treter entsendet; als Vertreter der Generalkommission erscheintRob Schmidt, als Vertreter der Buchbinderorganisation Kloth-Leipzig und als Vertreterin deS graphischen Hilfsarbeiter-VerbandesFrau Paula Thiede. �Ter Vorsitzende Sillier giebt einen kurzen Bericht— wirhaben die Hauptzissern bereits gebracht— und knüpft daran nocheine Reihe von Bemerkungen, die sich auf die verschiedenen Konflikts-Punkte beziehen.R i e ß- Nürnberg rügt, daß die Mitgliedschaft Berlin III, cnt-gegen den gegebenen Vorschriften, ihre Delegierten in einer Mit-gliederversammlung statt durch Urabstimmung gewählt habe.Tischendörfer verteidigt das Verfahren der Berliner Litho-graphen. ES werde auch noch in andern Zahlstellen so gehandhabt.Dazu wird ein dringlicher Antrag angenommen, daß sich zukünftigbei Wahlen jede Mitgliedschaft strikte an die betreffenden Be-stimmungen zu haften habe.Dürr- Stuttgart drückt seine Entrüstung darüber aus, daßeS seinem gewählten Mitdelegierten nicht möglich war. auf dieGeneralversammlung zu kommen, weil sein Arbeitgeber, der nochdazu der Schwiegersohn eines socialdemokratischen Reichstags-Abgeordneten sei und viele Arbeit für den„Wahren Jakob" zu leistenhabe, nicht die Erlaubnis wegen angeblich«ringender Arbeit gegebenhabe.Görlitz- München teilt mit, daß auch ihm die Erlaubnis ver«weigert worden sei, daß er aber einfach seine Stellung, trotzdem erßehn Jahre dort beschäfrigt war, aufgegeben Hab«. Sillier be-merkt dazu, daß eS ähnlich noch vier andern Delegierten gegangen sei;sie hätten sich an dui Verbandsvorstand gewendet und dieser habeihnen empfohlen, trotzdem zu fahren. Es müsie endlich einmalenergisch dagegen Front gemacht werden, daß die Arbeitgeber, mitdenen man noch dazu in Tarifgemeinschaft lebe, so vorgehen.Darauf giebt der Hauptlassierer seinen Bericht, dabei auf dengedruckt vorliegenden Bericht verweisend, aus dem wir schon einigeZiffern gegeben haben. Es könnte konstatiert werden, daß jetzt vonca. 15 000 im Beruf Beschäftigten 10 630 oder 70— 71 Prozentorganisiert seien. 42 Prozent der eingegangenen Beiträge würdenzu Unterstützungen verwendet und 65 Prozent der Unterstützungengingen für Arbeitslosen-Unterstützung darauf, während die Reffe-Unterstützung zurückgegangen sei. Zum Schluß teilt er der GeneralsVersammlung mit, daß die Mitgliedschaft München einen Antrag aufAusschluß des Verbandsvorsitzenden Sillier eingereicht habe.(Pfuil) Der Vorstand habe diesen Antrag nicht in der Fachpresseveröffentlicht, um die Organisation nicht zu blamieren.Rieß- Nürnberg geht in seinem Ausschußbericht sehr eingehend auf die schwebenden Differenzen mit den Münchener Kollegenein und verurteilt scharf deren Vorgehen gegen den Vorstand. Eshätte sich gehört, daß der Ausschuß von dem Münchener Antrag unter-richtet worden wäre. Rieß erörtert dann eingehend den BerlinerStreitfall und besonders das Verhalten Tischendörfers, gegenden er sich in sehr scharfer Weise wendet, besonders in seinem Ver-halten gegen den Redakteur Obier und den Ausschuß. Tischendörferhabe mit unehrlichen Waffen gekämpft. In der Differenz mit demUnternehmer F e t t b a ck in Hannover habe der frühere Vorstanddurch Tischendörfer, der ein politischer Parteifreund von ihm sei, überdie Köpfe der Verwaltung mit demselben verkehrt. Der Ausschußstelle sich da auf die Seite der Hannoverschen Kollegen. Betreffendder Beschickung des Heimarbeiterschutz-Kongresses durch Berufsgenossenwirft Rieß Tischendörfcr Mandalsiägerei vor. Es war bestimmtworden, daß die Berliner Filiale III, Leipzig und der Vorstand jeeinen Delegierten bestimmen sollen. Tisckendörfer sei delegiertworden, nachdem er sich erboten habe, auf eigne Kosten auf denKongreß zu gehen. Ebenso wurde von Rieß mißbilligt, daß dieBerliner Filiale III auf Kosten der Verbandskäffe, ohne Zustimmungdes Vorstandes und Ausschusses, eine Statistik aufgenommen habe.Zum Schluß seiner Ausführungen wendet sich Rieß scharf gegen dieDrohungen, die von gewisser Seite ausgestoßen seien, und die nurauf Gründung einer Sondororganisation der Lithographen hinzielenkönnten, obgleich Tischendörfer bei Gelegenheit des FrankfurterSchiedsgerichts ehrenwörtlich versichert habe, daß er niemals darangedacht habe und auch nie die Hand dazu bieten würde, die Gründungeiner Sonderorganisation zu betreiben.Von zwei Seiten kommen Anträge, die Erledigung all derDifferenzpunkte zunächst einer fllnfgliederigen Kommission zu über-weifen. Darüber entspinnt sich eine lange Geschäftsordnungs-Debatte. Ein Münchener Delegierter und Tischendörfer verlangenzunächst, vor der Generalversammlung ihren Standpunkt zu ver-treten.»Nachmittags-Sitzung.Nach Verlesung der Präsenzliste und zweier Telegramme wirddie Beratung fortgesetzt. Zu den Streitigkeiten zwischen den Mit-gliedschaften München, Düsseldorf und Hannover mit dem Vorstandund der Angelegenheit Tischendörfer soll eine Kommission eingefetztwerden, die diese Sachen zu prüfen hat. A l b u- Düsseldorf berichtetüber die dortigen Vorgänge. Er bemerkt, daß in Düsseldorf dieDifferenz noch immer bestehe; nur um der Allgemeinheit willen seiman dort vorläufig noch etwas zurückhaltend in den Angriffen gegenden Vorstand. Einverstanden aber sei man mit dessen Haltung nicht.Der Vorstand habe nicht die Interessen der Kollegen im rechten Sinnegewahrt. Dieselbe Meinung giebt Brummer- München zumAusdruck. Dieser berichtet über das, was in München Anlaß zurUnzufriedenheit gegeben hat. Der Antrag München auf AusschlußSillicrs brauche nicht gerade zum Beschluß erhoben zu werden, aberSillier sei seinem Posten nicht mehr gewachsen. Redner wendet sichenergisch gegen die Ansicht des Vorstandes, daß Kollegen, die über2000 Mark hier und dort verdienten, nicht versicherungspflichtig seien.welchen Standpunkt der Vorstand eingenommen habe. Das habe vielStaub aufgewirbelt. T i s ch e n d ö r f e r- Berlin legt ausführlichsein« Ansichten dar, die sich zunächst nach einem Geschäftsordnungs-Beschluß nur auf die Schiedsgerichtsfrage und auf die Broschüre be-schränken. Er spreche in diesen Punkten im vollen Einverständnismit den Kollegen in Berlin I und II. Er bitte dringend, das All-gemeininteresse nicht hinter das Jnteresse Einzelner zu stellen. Manhabe kunstlich einen„Fall Tischendörfcr" gemacht. Der Vorsitzende£?.? Ausschusses, Rieh, habe sich für verpflichtet gehalten, gegenTischendorser scharf zu machen. Redner erklärt, vor dem Schiedsgerichtnicht durch Ehrenwort versprochen zu haben, für irgendwie andreBestrebungen(nationalsocial) nicht mehr thätig sein zu wollen. Erbeantragte, ein neues Schiedsgericht einzusetzen. Einem Beschlußder beschlossenen Kommission könne er sich nicht fügen, denn er haltedie Generalversammlung nicht für fähig, objektiv zu sein, da in diesemPunkt gegen ihn lTischendörfer) fast allseitig vorgefaßte Meinungenbeständen.(Oho!) Sollte er vor dem Schiedsgericht eine Erklärungabgegeben haben, die wie ein Versprechen aufgefaßt worden sei, so habeer jedenfalls nur das, was er habe sagen wollen, nicht richtig aus-gedrückt. Die Sache bitte er, der Gewerkschaftskommission in Berlinzu unterbreiten, diesem Schiedsspruch würde er sich fügen, währender sonst gegen die Kommissionsbeschlüsse protestieren müßte. Wenner auch mit diesem zu Protokoll gegebenen Protest sich begnügenwürde, so würde dann aber doch die Angelegenheit wiederkehren.Nach diesen Ausführungen entsteht eine sehr erregte Debatte, weildurch die Haltung Tischendörfers Unklarheit entsteht darüber, ob manden bereits gefaßten Beschlutz, auch den Fall Tischendörfer derKommission zu überweisen, aufrecht erhalten will, oder, dessenWunsche entsprechend, die Sache an die Gewerkschaftskommission inBerlin zu überweisen. Das letztere wird abgelehnt, darauf eineKommission von 7 Delegierten gewählt und hierzu bestimmt:Rudolf, Bauknecht, Bessner, Risch, Hefsel,Müller und Schubert.Die Generaldebatte nimmt darauf ihren Fortgang. Ausführlichgeht T i f ch e n d ö r f e r auf die verschiedenen Differenzpuntte ein.Der Ausschuß halte sich für die oberste Instanz, wolle oft den Vor-stand vergewaltigen und verschulde infolge dieser falschen Amts-auffassung die meisten Differenzen. Diese ohne große? Aufsehen inGüte zu erledigen, fehle eS dem Ausschusse am guten Willen. Einebesondere Staatsaktion habe Rieß(Vorsitzender des Ausschusses)daraus gemacht, daß der Vorstand gegen die Mitarbeiterschaft vonParvus, an der„Graphischen Presse", sich gewendet habe. DieParvusschen Artikel möchten ja ganz gut sein, aber der Vorstandhabe eS doch im Verbandsinteresse für nötig gehalten, hier aufAenderung zu drängen. Er habe dabei nichts andres gethan, als wasder socialdemokratische Parteivorstand gegen die Parteivresse sichebenfalls erlaube. Wenn vom Vorstand das Statut nicht gehaltensein sollte, so geschah auch das in dem Bewußtsein, daß dann ebeneine zwingende Notwendigkeit vorgelegen habe. An der fernerenDebatte beteiligten sich Müller. Bremen, Görlitz- München,Stiebe- Kaufbeuren, P u r s ch e- Zittau und Haß- Berlin.Letzterer stellt sich säst uneingeschränkt auf den Standpunkt desHauptvorstandes, während die übrigen nur zum Teil den Vorstandverteidigen.Sozialed«Ersatzpflicht wegen tödlichen Ausganges einer Trlnkwett«. Ineinem Innsbruck« Gasthause wettete ein Fuhrmann mit einemMaler, er werde in demselben Zeiträume ebenso viele große Wein-gläser Kognak trinken, als der letztere Schnapsgläser, mit derselbenFlüssigkeit gefüllt, leeren werde. Der Fuhrmann hatte die Wette ge-wonnen, war aber nach einer Stunde zusammengebrochen und ge-storbeu. Der Maler, die Wirtin und ein dritter an dem Zustande-'kommen der Wette Beteiligter wurden wegen Vergehensgegen die körperliche Sicherheit verurteilt. Auf Grundlagedieses die Mitschuld der drei Genannten feststellendengerichtlichen Ausspruches begehrte nun die Witwe des durchAlkoholmißbrauch Getöteten von den Verurteilten Ersatz inGestalt einer Rente für sie und die Kinder deS Getöteten. DasGericht anerkannte die Berechtigung eines solchen Anspruches, �stellteaber durch Einvernehmung von Zeugen fest, daß die Vermögens-Verhältnisse des Fuhrmanns, der sein Geschäft immer mehr ver-nachlässigt hatte, dessen Trinkfestigkett also mit dem Niedergangeseines Erwerbs erkauft worden war, zur Zeit seines Ablebens nichtgestatten, die Höhe seines Einkommens aus mehr als 725 Kronen(1 Krone— 85 Pf.) jährlich zu veranschlagen; da nun der Witweaus dem Nachlasse noch eine Rente von 543 Kronen zukommt, könneder Entgang nur mit 182 Kronen beziffert werden. Von diesemEntgange falle aber, da den Fuhrmann selbst zum mindesten eingleiches' Verschulden an dem tödlichen Ausgange treffe, wie die übrigen,auf diese letzteren nur die Hälfte. Es ivurden also die dreiGenannten schuldig erkannt, zu ungeteilter Hand eine Rente von91 Kronen jährlich an die Witwe und die Kinder des Verunglücktenzu leisten._Hub Industrie und Handel.Friedrich Krupp, Aktiengesellschaft. Essen. DieHandelskammer in Essen veröffentlicht den zweiten Teil ihres Jahres,berichts, der eine interessante Uebersicht über die Ausdehnung derKruppschen Werke bietet. Nach diesem Bericht gehören der FirmaKrupp außer der Gußstahlfabrik in Essen mit einem Schietzplatz inMeppen das Kruppsche Stahlwerk vormals F. Asthöwer u. Co. inAnnen i. W., das Grusonwerk in Buckau bei Magdeburg, die Ger-maniawerft in Kiel, das Hüttenwerk Rheinhausen mit 6 Hochösen,von denen 4 bereits in Betrieb sind, und den Stahl- und Walzwerken,deren Betrieb Anfang 1905 eröffnet wird; 3 weitere Hochofenanlagenbei Duisburg. Neuwied und Engers; eine Hütte bei Sayn mitMaschinenfabrik und Eisengießerei; 3 Kohlenzechen, nämlich: ZecheHannover, Zeche Hannibal und Zeche Sälzer u. Neuack; eine großeAnzahl von Eiscnsteingruben in Deutschland, darunter 10 Tiefbau-anlagen mit vollständiger maschineller Einrichtung; außerdem ist dieFirma an mehreren andern Kohlenzechen und an Eiscnsteingrubenbei Bilbao in Nordspanien beteiligt; eine Reederei in Rotterdam mitSeedampfern.Auf der Gußstahlfabrik waren im Jahre 1903 in den etwa60 Betrieben in Thätigkeit: 5350 Werkzeug- und Arbeitsmaschinen,20 Walzenstraßen, 138 Dampfhämmer mit zusammen 248 475 KiloFallgcwicht, 63 hydraulische Pressen, 372 Dampfkessel, 529 Dampf-Maschinen mit zusammen 51 275(43 843) Pferdekräften. 5 Gas-motoren mit zusammen 527 Pferdekräften, 752 Elektromotoren, 609Krane mit zusammen 6 507 400 Kilo Tragfähigkeit.Die Gesamtzahl der auf den Kruppschen Werken beschäftigtenPersonen einschließlich 4190 Beamten beträgt 45 239. Von diesenentfallen auf die Gußstahlfabrik Essen 25 041, das Grusonwerk inBuckau 3329, die Germauiawerft in Kiel 2311, die Kohlenzechen7877, die Hüttenwerke, Schießplatz Meppen usw. 6231. Der Durch-schnittslohn beharrt noch immer auf derselben Stufe, auf die er imvorigen Jahre gesunken ist. Die auf der Gußstahlfabrik durch-schnittlich pro Kopf und Tag bezahlten Löhne betrugen: 19084,56 M.. gegen 4,52 in 1902, 4,63 in 1901, 4,78 in 1900, 4.72in 1899, 4,57 in 1898, 4,43 in 1897, 4,24 in 1396, 3,95 m 1890.Der Konflikt der großen SchiffahrtSgesellschasten. Wie bekannt.haben iüngst die Leiter der großen deutschen und englischenSchiffahrtSgesellschasten in London unter dem Vorsitz GeraldBalfours, des englischen Handelsministers, konferiert, um denzwischen der Cunard-Linie und verschiedenen kontinentalen Linienausgebrochenen Konkurrenzkampf beizulegen. Ueber daS Resultatder Verhandlungen ist bisher nichts bekannt geworden, da, wie eshieß, die Beteiligten sich verpflichtet hätten, zu schweigen. Jetzt wirbder„Frankfurter Zeitung" aus Hamburg geschrieben, daß die'Konferenz zu keinerlei Ergebnis geführt hat. Thaffache sei, daß dieungarische Auswanderung der größte Stein des Anstoßes gewesensei, über den keine Verständigung erzielt werden konnte, daß schrist-liche Verhandlungen als aussichtslos gelten, daß für einen späterenZeitpunkt, der aber keineswegs feststeht, neue mündliche Be-sprechungen in Aussicht genommen seien, daß inzwischen d« ruinäseFrachtenkampf unverändert weitergeht, und daß infolge der RedeLord JnverclydeS beim Stapellauf eines EunarddampierS die Ge»reiztheit zwischen den Parteien vorläufig noch zugenommen habe.Deutsch-niederländische Telegraphengesellschaft. In Köln wurdeheute von einem deutsch-niederländischen Konsortium unter Führungder Dresdner Bank eine deutsch-niederländffche Telegraphengesell-schaft mit sieben Millionen Mark Aktienkapital und dem Sitze in Kölngegründet. Die Gesellschaft will von den ostindischen BesitzungenHollands(CelebeS) nach der Insel Jap und von da einerseits nachShanghai und andrerseits nach der Insel Guam, zum Anschluß andas Pacific-Kabel der Commercial Cable Compagnie ein Untersee-kabel legen und betreiben. Sie wird die der Firma Fetten u.Guilleaume, Carlswerk, in Mülheim a. Rh. und einer holländischenGruppe von der deutschen und niederländischen Regierung erteiltenKonzcssionen für diese Kabelstrecken übernehmen und von beidenRegierungen Subventionen von insgesamt 1 900 000 M. jährlich er-halten. Der zur Legung der Kabel erforderliche Kapitalaufwandvon ca. 14'/, Millionen Mark soll, soweit er nicht durch Einzahlungenauf das Aktienkapital gedeckt wird, durch Ausgabe von Obligationenbeschafft werden, deren Verzinsung und Amortisation durch die Sub-ventionen sichergestellt wird.Ausfuhrhandel der nurdamerikanischen Union nach Kanada. Ob-gleich schon seit dem Jahre 1900 die brittschen Produkte bei derEinfuhr nach Kanada eine Zollreduktion von 83>/z Prozent genießen,nimmt die kanadische Einfuhr von Waren, die in den VereinigtenStaaten von Amerika hergestellt sind, weit schneller zu als die Ein-fuhr brittscher Erzeugnisse. So haben z. B. die Vereinigten Staatenin den ersten zehn Monaten des vor seinem Ende stehenden Fiskal-jahres der Donnnion für 104 000 000 Dollar Waren geliefert gegen93 000 000 Dollar bezw. 89 000 000 Dollar in der entsprechendenPeriode der beiden vorhergehenden Jahre. In den ersten zehnMonaten des Jahres 1897, in welchem in Kanada eine Zollreduftionzu Gunsten von Großbritannien und damit eine Gesetzgebung inKraft ttat, von welcher man in Kanada bofste, sie werde die Ein-fuhr von dem Mutlerlande vermehren, die aus den Ver. Staatendagegen einschränken, waren es dagegen nur für 51 903 579 DollarWaren, die von der Union nach Kanada ausgeführt wurden.Dir Störung der Binnenschiffahrt durch die Abnahme de? Wasser-standeS der Flüsse und Kanäle nimmt von Tag zu Tag zu. NachMeldungen aus Lübeck ist der Schiffahrtsverkehr zwischen Hamburgund Lübeck auf der Elbe jetzt gleichfalls eingestellt worden. AlleFrachtkontrakte treten bis auf weiteres außer Kraft. Die Abnahmebezw. Beförderung von Gütern geschieht nach besonderer Ueberein»kunft. Auch der Schiffahrtsverkehr Lübeck-Berlin, Lübeck-Dresdenund Lübeck-Magdeburg ist bi» auf weiteres eingestellt worden.Der Saatenstand Oesterreichs in der Mitte des MonatS Juli.Infolge der außerordentlichen Dürre hat sich nach offizieller Meldungder Stand der Saaten und der Feldfrüchte bedeutend verschlechtert.Die Weizen- und Roggenernte verspricht nur einen teils schwachen.teils mittelmäßigen, teils aber guttnittleren Ertrag. Die Gerste, be«sonders die Spätsaat, bietet«in klägliches Bild. Die Haferernte wirddirekt als schlecht bezeichnet werden müssen. Auch das Wachstum derZuckerrübe ist vielfach stark beeinträchtigt.