9. 176. 21.?°htMg. i. ifiiöp hts„Mmillls" Kerlim Wllislllktt. kt.ii«s. 2». z«6 1664. Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Ueber die Kämpfe bei Taschitschiao liegt heute außer einer neuen russischen Darstellung auch ein ausführlicherer japanischer Bericht vor. Die beiden Darstellungen weichen sehr beträchtlich von emanoer ab. Während die Japaner behaupten, daß ihnen fünf Divisionen gegenübergestanden hätten, wird von russischer Seite behauptet, daß bei der Schlacht nicht mehr als 18 Bataillone— also circa anderthalb Divisionen— engagiert gewesen wären. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen. Daß fünf Divisionen bei Taschitschiao gestanden haben sollen, ist unwahrscheinlich, ebenso unwahrscheinlich ist freilich, daß die 100 russischen Geschütze, von denen ja auch in russischen Meldungen die Rede war, nur von 13 Bataillonen gedeckt gewesen sein sollen. Unter diesen Umständen hätten ja die Russen einen großen Teil ihrer Artillerie geradezu leichtfertig aufs Spiel gesetzt! Man wird kaum fehl gehen, wenn man die russische Stärke auf 3 Divisionen veranschlagt. Die Telegramme lauten: Petersburg , 23. Juli. Wie General Kuropatkin dein Kaiser unterm 26. Juli meldet, erhielt er an deinselben Tage eine Depesche von General Sarubajew, worin dieser die am 24. Juli in der Umgebung von Nandalin, Dafantschen und Tsiantschiaissi stattgehabten Kämpfe eingehend schildert. Der Kampf begann um fünf Uhr früh, das japanische Artillerie- fcuer währte fast ununterbrochen 15 Stunden, das Geschütz- feuer verstummte um 9 Uhr abends, während das Gewehr- fever bis in die späte Nacht dauerte. Nach Beendigung des Kampfes wurde festgestellt, daß 18 russischen Bataillonen nicht weniger als zwei japanische Divisionen und eine er- drückende Anzahl von Batterien(?) gegenübergestanden hatten. Die Gesamtlänge der Stellungen betrug 16 Werst. Unter diesen Umständen hielt es Generallientenant Sarubajew, dessen Truppen sich auf allen Stellimgen behauptet hatten, nicht f.ü r an- gebracht, den Kampf am folgenden Tage fort- zusetzen und beschloß, nach Norden zurückzugehen. Die Verluste sind noch nicht festgestellt, doch nimmt Sarubajew an, daß etwa 20 Offiziere und 600(?) Mann aus der Front ausgeschieden sind. Wie der General meldet, zeichneten sich be- sonders die sibirischen Regimenter aus, die den Hauptangriff der Japaner auSzuhalten hatten. Im Centrum der russischen Stellungen kam es viermal zum Bajonettangriff, dem die Japaner nicht Stand hielten. Großen Kampfesruhm erwarb sich insbesondere das Rc- giment Barnaul sowie die Regimenter Tobulsk, Tomsk und zwei Bataillone des Regiments Ssemipalotins. Auch die Thätigkeit der russischen Batterien, die während 15� Stunden ununterbrochen dem Feuer ausgesetzt waren, war hervorragend. Die Verluste der Japaner hält Generallieutenant Sarubajew für bedeutender als die eignen.(?) Tokio , 28. Juli. Amtliche Meldung. General Oku berichtet: Die Armee begann am 24. d. M. einen Angriff auf den Feind zu machen, der ber Tapinaling und auf andern stark befestigten Höhen in der Nähe von Taschitschiao Ausstellung genommen hotte. Die ganze Operationslinie des Feindes dehnte sich von Osten nach Westen m einer Länge von etwa 10 Meilen aus. Der Feind war etwa fünf Divisionen stark mit wenigstens 100 Geschützen. Unser rechter Flügel erreichte die Höhen 3 Kilometer südwestlich von Tapingling, Ivorauf auf beiden Seiten die Kanonade begann. Unsre Front war bis zum Eintritt der Dunkelheit dem feindlichen Artillerie- feuer ausgesetzt, während die örtliche Beschaffenheit der Gegend unsre Artillerie nicht voll zur Geltung kommen ließ. Um 10 Uhr abends vertrieb eine Abteilung unsres rechten Flügels den Feind aus seiner Stellung bei Tapingling. Hierauf nahmen wir auch alle übrigen Stellungen, welche Taschitschiao beherrsche» und der- folgten den Feind nach Taschitschiao hin. Unsre Verluste werden auf 800 geschätzt. Aus Niutschwang liegt folgende Nachricht vor: Tokio , 28. Juli. Amtliche Mitteilung. Der Höchst- kommandierende der Mandschurei - Armee berichtet folgendes: Niutschwang wurde am 25. Juli von den japanischen Streitkräften besetzt. Zuerst wurde eine Abteilung Kavallerie und dann eine Abteilung Infanterie hingeschickt; beide Abteilungen wurden in- dessen wieder nach Niutfchiatun(ungefähr drei Meilen von Niutfchwangl zurückgezogen, nur so viel Soldaten im Ort lassend, wie es für Polizeizwecke notwendig schien. Die Japaner konzentrieren also ihre Hauptmacht ohne Ver- zettelung gegen Haitschüng und L i a u j a n g. Drei russische Torpcdoboots-Zerstörer vernichtet? Tschifu , 27. Juli. (Meldung des.Reuterschen Bureaus".) Hier eingetroffene russische Flüchtlinge melden, daß der russische Torpedoboots-Zerstörer.Lieutenant Burakow" und zwei andre russische Torpedoboots-Zerstörer am 25. Juli von den Japanern durch Torpedos beschossen wurden und gänzlich ver- loren gingen. Der„Lieutenant Burakow" ist bekanntlich das Torpedoboot, das vor einiger Zeit zweimal die japanische Blockade Port Arthurs brach und von dort nach Jnkou und zurück fuhr. Die Bestätigung dieser Meldung bleibt abzuwarten. Ein russisch-amerikanischer Konflikt. Aus Washington meldet das„Wolffsche Bureau" offiziös: Das Staatsdepartement erhielt Mittwoch den formellen Protest des Vertreters der'„Portland Müllereigesellschaft" gegen die Beschlagnahme der amerikanischen Ladung an Bord des Dampfer?. A r a b i a" der Hamburg- Amerika- Linie . Das Staatsdepartement ist nach vorhergehendem Studium der Gesetze und der Präzedenzfälle vorbereitet, schnell und energisch vorzugehen. Der Vertreter der Gesellschaft erklärt. das M e h l an Bord der„Arabia" wäre nicht Kriegskonterbande, sondern regelrechte Handelsware gewesen, die nicht für Japan bestimmt war. Ein Protest ist noch nicht aufgenommen worden. Bezüglich des .Knight Commander" wird sich das Staatsdepartement auf den Standpunkt stellen, daß das Jngrundbohren neutraler Schiffe gänzlich unverantwortlich ist. Ferner meldet die Londoner „Morningpost" aus Washington : Nach einem Meinungsaustausch mit dem Londoner AuS- wältigen Amt hat da« amerikanische Staatsdepartement beschlossen, an Rußland eine Note zu richten, in welcher Entschädigung für die Ladung des„Knight Commander" gefordert wird, die amerikanischen Eigentümern gehörte. Präsident Roosevelt und Staatsfekretär Hay kommen am heutigen Donnerstag nach Washington , um den Wortlaut der Note zu besprechen. Sollte Rußland versuchen, sich seiner Verantwortung zu entziehen, so würden die Vereinigten Staaten von ihrer festen Haltung nicht abgehen. Weiter berichtet ein Laffan-Telegramm aus Washington : Das Staatsdepartement hat der Pacific Mail-Steamship- Company, der Eigentümerin des PostdampferS „Korea ", auf deren Anfrage mitgeteilt, daß die amerikanische Regierung Artikel, die nicht für eine Regierung bestimmt sind, nicht als Konterbande betrachtet, auch nicht Artikel, die für militärische Zwecke verwendet werden können, falls nicht klar nachgewiesen werden kann, daß diese Artikel für den Gebrauch einer kriegführenden Regierung an- gekaust wvrden find. DaS sei immer die Politik der Vereinigten Staaten gewesen, und sie werde aufrecht erhalten werden. Im Schlachtenlärm. Professor Zoege-Mantenffcl von der Dorpater Universität nimmt als Leiter eines Feldlazaretts, das die Kaiserin-Witwe von Rußland auf den Kriegsschauplatz geschickt hat, an den Kämpfen im fernen Osten teil._ Einer seiner Assistenzärzte schildert in einem Briefe an seine Familie die Schlachtenerlebnisse von Wafangkou äußerst an- schaulich. Der„Düna-Zeitung" sind folgende Stellen entnommen: Liaojang, 21. Juni 1904. Was hat sich doch alles zugetragen während der Zeit, in der ich nicht in Ruhe geschriebin habe! Wir haben zu viel erlebt, und all das Schrecklich e des Krieges in höchstem Maße genossen. E s läßt sich nicht beschreiben, was man jetzt eine Schlacht nennt— es läßt sich kaum deutlich empfinden— man muß es erleben, und man muß dann zur Einsicht kommen, daß es Schrecklicheres, Widerlicheres und Gros-artigcrcs wohl kaum sonst auf der Welt so dicht bei einander geben kann. Eine Schlacht in den Bergen— �eine Schlacht, in der zwei Tage, zwei lange, müde, heiße, quälende Tage lang nur Artillerie das Wort hatte und wo Granate» und Schrapnells in so unerhörten Mengen die ganze Luft in 14 Werst Ausdehnung erfüllten, das? ganze, große, große Berge, Thäler und Plätze in dichten, gelben, erstickenden Staub verwandelt waren. 30 und mehr zur Zeit platzende, heulende, pfeifende Geschosse fielen rundum stundenlang ohne die kleinste Pause. Und wie gut wissen sie zu treffen, die kleinen gelben Teufel! Den Erfolg unsrer braven Jungen, die wie Helden zwei Tage lang in dieser Hölle standgehalten haben, ihrer Arbeit Erfolg, den konnten wir nicht überblicken— was die Japaner uns gethan, das ist schauerlich genug. Unser schönes friedliches Idyll auf den Chinesengräbcrn in Kaitschou wurde eines Abends jäh unterbrochen durch den Befehl, am nächsten Tag um 4 Uhr früh abzurücken. 18 Werst südlich sollten wie reiten, nach Wafandjan, der nächsten Station. Es sollte also ernst werden und wir sollten �— wonach sich so viele, viele schon lange sehnten— eine Schlacht miterleben. Wie wir uns Wafandjan(od. tien) nähern, begegnen uns Troßfuhrwerke und Truppen in langer Reihe, die nach Norden ziehen und auf dem Bahnhof irnd in dem Städtchen herrscht ein wüstes Durcheinander. Es ist klar— man zieht sich zurück. Die Japaner unter Okn sind ganz nahe und drängen nach Norden. Wie aber sah dieses Wafantien aus! Du lieber Gott ! Kein gaus hat ein Dach oder eine Diele,— kein Fenster ist heil— kein fen steht mehr, und die ca. 160 Gebäude gleichen elenden Ruinen. Das ist in zwei Stunden verrichtet, als die Unfern die Station um ersten Male räumen mußten. Kein Stroh für die Pferde— ein Brot für die Leute. So sind wir denn ein wenig trübe gestinnnt zurückgeritten. Auf dem linken Flügel war unser Platz, bei General Gerngroß. Wir sollten dem 1. Divisionslazarett am Hauptverband- platz zur Hand gehen. In einer Fanse hatten wir uns gerade hübsch sauber und praktisch eingerichtet, als um 3 Uhr früh die ersten Geschütze mit der Arbeit begannen. Dumpf und grollend hallten die Schüsse durch die Thäler und der Nebel ließ das schreckliche Platzen der sechspfündigen japanischen Granaten noch nicht so grellend schärf, so stählern und so schonungslos erscheinen. Und schon sah man über unsre Batterien— gewissermaßen zaghaft— die ersten weißen Wölkchen platzender Schrapnells erscheinen. Sie schössen noch zu weit— zu nah und noch nicht so systematisch. Von Minute zu Minute aber wurde es besser. Der linke Flügel war am ersten Tage besonders aufs Korn genommen. Wir hatten einen nicht ungefährlichen Stand- ort. Die lieben Schrapnells kamen bedenklich nah zu uns heran- geflogen. Wir mutzten unfern Platz wechseln und richteten uns in einem kleinen Wäldchen von neuem ein. Man brachte die ersten Verwundeten, unter denen auch General Gerngroß selber erschien— rechts am Halse von einem Granatsplitter leicht verletzt. H. hatte ihm eben einen Verband gemacht, und die Gruppe, die sich an der Stelle gebildet hatte, war gerade drei Schritt beiseite getreten, als ein Pfeifen und Heulen ertönte und ein fürchterlicher KAall die Spannung löste. Mitten unter uns war so ein Ding geplatzt, ohne den geringsten Schaden angerichtet zu haben, nur einige Bäume ließen müde ein paar Aeste sinken. Ein Fehlschuh, der der stürmenden Infanterie gegolten hatte, war über einem Gipfel zu uns geflogen. Gerngroß aber sagte:„Teufel, ich kann stehen, wo ich will, überall platzt so eine Kanaille!" Kononowitsch reitet heran und bittet um Hilfe. Auf der ersten Position seien viele Verwundete. Er, Z., drei Sanitäre und ich machen uns auf. Drei von unfern Krankenwagen gehen mit. Wir müssen einen freien Platz von etwa 200 Schritt, am Bergabhang gelegen, passieren. Mitten darauf ward ich zurückgeschickt, um die in der Eile von den Sanitären vergessenen Verbandtaschen zu holen. und wie ich zurückreite, stürmen mir zwei Gespanne Protzkasten mit je sechs Pferden bespannt in wilder Eile, venire ä terre, entgegen und drängen meinen Gaul aus der Bahn. So bin ich ein Stück mitgesaust, bis neben mir ein Pferd tödlich getroffen niederfiel und das Ganze hielt. Dann gab ich meinem Tier die Peitsche und unter unzähligen reflektorischen Bücklingen jagte ich den Unfern nach und habe sie glücklich erreicht. Einen Moment aber sah ich nach oben und zählte zwölf Rauchwolken über mir. Wie ich an Z., der Schritt ritt, heranjagte, rief ich ihm schnell zu:„Um Gottes willen, eilen Sie, wir sind ja mitten drinl" Und so sind Imr die letzte Strecke alle in voller Gängart an den Berg herangeritten. Kononowitschs Leibkaukasier verlor auf diesem Ritt sein Pferd— eine Schrapncll- hülse ist dem Tier in die linke Schulter hinein und aus der rechten herausgefahren. Er selbst ist unverletzt. Seht, so entstehen die Geschichten, daß die Japaner anfs„Rote Kreuz" schießen. Das„Rote Kreuz" macht Unvorsichtigkeiten und dann sind die Japaner daran schuld! Als wir den Berg erreicht hatten, waren wir ziemlich außer Gefahr, auf den Platz aber regnete es weiter Schrapnells. Z. und die Sanitäre stiegen hinauf zur Batterie; mich hat er 100 Schritt tiefer bei den Pferden gelassen. Z. kehrte bald zurück, nachdem er die Leute oben gelassen, da kein einziger Verwundeter dagewesen war! Wir sind denselben Weg zurückgeritten— diesmal ohne von Kugel- pfeifen und Staub begleitet zu werden. Die Japaner machten Mittags- pause, um danach noch schrecklicher zu beginnen und fortzufahren. Man brachte uns in großen Mengen Verwundete und die ersten Toten. Seiner Majestät 1. Ostsibirischcs Schützenregiment, das sehr gelitten hat. verlor seinen Kommandeur und dessen Adjutanten. Von den vier Regimentskommandeuren der vier Schützenregimenter sind einer tot, zwei verwundet und der dritte verschollen; und dabei wiederholen die verwundeten Soldaten immer wieder:„Wohin hat man uns geführt, das ist keine Schlacht, das ist eine Hölle!" Stackelberg fuhr umher von Position zu Position. Das Schiehen wurde immer stärker und es machte den Eindruck, als ob die Japaner in großer Uebermacht seien. 35 000 Mann hatten wir. Um 7 Uhr haben wir einen Parlamentär zu den Feinden gesandt und um« Schluß für heute gebeten, um Tote und Verwundete zu besorgeft. Sie sind darauf eingegangen, und dann haben wir in aller Ruhe die Nacht dazu benutzt, zu verbinden und zu transportieren. Bei elendem Laternenschein und Lichten. Es war eine heiße Arbeit. Früh, früh am nächsten Tage ging es wieder los. Wenn ich geglaubt hatte, das fürchterlichste Schießen schon erlebt zu haben, so hatte ich mich geirrt. Wir hatten die Toten kaum beerdigt— die Soldaten in einem Grabe, den Regimentskommandanten und seinen Adjutanten in einem andern— als der Geschützdonner von neuem einsetzte. Wir mußten unfern Platz wieder verlassen und kehrten zur Fanse zurück. Diesmal galt es dem rechten Flügel. Centrum und linker Flügel hatten weniger zu leiden. Rechts arbeiteten Rodziankos Aerzte. Die Japaner hatten die Nacht wenig geschlafen— ihre Positionen waren verstärkt und verändert. Sie haben eine der unfern bei weitem überlegene Artillerie neuester Konstruktion und Kruppscher Arbeit, und ihre Infanterie ist in den Bergen so zu Hause und so geschickt, daß man entsetzt ist zu sehen, wie schnell sie sich nähern können. Am 2. Juni war der Lärm so groß, daß man sein eigenes Wort schwer verstehen konnte. Das Knattern und Rollen der Jnfanteriesalven trat fürchterlich deutlich hervor.. Bon Hügel zu Hügel stiegen die Japaner, gedeckt und gefolgt 1 von den Geschützen. Verwundete bei uns in Menge. Um 1 Uhr mittags hörten wir links ein brausendes Hurra und wußten, daß Gerngroß vorgegangen war und vorgeht, während wir zugleich sehen konnten, wie rechts sich alles zurückzog. Gleich darauf aber stürmten sie auch links die Berge hinab— mit starren Augen, ganz benommen, schmutzig und sinnlos schreiend. Z. rief dem ersten zu:„Steh, hörst Du nicht, daß Unsre mit Hurra vorgehen!" und ganz benommen, mechanisch machte er Kehrt. Aber es war kein Halten mehr. Immer schneller, immer besser schössen die Japaner und eine Batterie nach der andern verstummte bei uns. Es begann ein großes Fliehen. Zur Station! Da ordneten sich die Wagen und Truppen so gut es ging und in langer Kette zogen sie zu Seiten der Bahn ab. Wir hielten uns ganz rechts am Gebirge und sahen. wie sie anfingen, den Bahnhof zu beschießen und wie die Schrapnells alles deckten. Der letzte Sanitätszug ist mit knapper Not dem Feuer entwischt, doch haben unsre Schwestern und Kollege G. all ihr persönliches Eigentum, das sie da mit hatten, verloren, und G. zudem 200 Rubel in Geld. Es war unbeschreiblich. Bis zum letzten Augenblick arbeiteten unsre letzten zwei Batterien und zogen sich kämpfend zurück. Neun Geschütze haben wir ver- loren. Eine Batterie hat nicht einmal vernagelt werden können, weil von der Bedienung nur zwanzig Mann nachgeblieben waren. Gerngroß hat sechs eroberte Ge- schütze fahren lassen müssen. Er hat sich noch lange, lange in den Bergen kämpfend gehalten. Dann sind wir abgeritten und der Lärm um uns her hörte allmählich auf. Wilde Bilder all- überall am Wege. Es ist was Schlimmes um so einen Rückzug. Das Herz ist einem schwer und der Mut gebrochen. Drei Werst von der Station schlug noch eine letzte Granate in einen Transportwagen, zertrümmerte den Wagen und tötete das Pferd. Der Soldat auf dem Bock aber blieb unverletzt. Wir machten dann eine kleine Rnhestation an einem Bach, und als unsre Küche zu arbeiten anfing, sind sie herangekommen von allen Seiten, um Thee und vor allem Grobbrot zu erbitten. Elegante Gardeoffizirre baten ganz bescheiden und verlegen um ein Stück Schwarzbrot— da sie drei Tage kaum was gegessen hätten. So viel wir hatten, haben wir gegeben. Da im Fluß habe ich gebadet und mir reine Wäsche angezogen. Drei Tage auf der Erde in Kleidern schlafen ist nicht so sehr unangenehm— aber man wird schmutzig. Kapitän K. be- merkte hier, daß er einen Koffer mit 10 000 Rubel in Wafangkou gelassen hatte und schickte drei Ossjetinen danach, die für 25 Rubel pro Mann erbötig waren, den gewünschten Koffer zu holen. Und es ist ihnen auch geglückt, da die Japaner die Station nicht beseht hatten, sondern gleich weiter gegangen sind. Die Unsren haben noch hier und da verzweifelt gekämpft. T. war von uns vorausgefahren, um in Kaitschou ein Hospital einzurichten. Dahin fahre ich nun auch zurück. Partei- l�acbricbten. Der Lanbcspartcitag der Socialdcmokratie im Herzogtum Sachsen-Altenburg tagte am Sonntag in Gera -Reuß. Diese Flucht ins„Ausland" war deshalb nötig, weil die im Herzogtum Altenburg noch bestehenden Verfrommungsbestrebungen es unmöglich machen, an einem Sonntag bor 3 Uhr nachmittags öffentliche Angelegen- heilen zu beraten. In dem benachbarten Reuß ist dies aber bereits vormittags gestattet. Anwesend waren auf dem Parteitag 52 Dele- gierte, ferner der Landesvertrauensmann, die Landtagsfraktion und als Vertreter der Redaktion der„Altenburger Volkszeitung" der Reichstagsabgeordnete Genosse Stück len. Der Bericht über den Stand der finanziellen Verhältnisse bot ein erfreuliches Bild. In der neun Monate umfassenden Berichtsperiode wurden inklusive eines Kassenbestandes von 2570,80 M. vereinnahmt 6929,89 M.; außer- dem wurden eingenommen aus Sammlungen für die Landtags- wählen 1935,48 M., für die Nachwahl zum Reichstag 3920,15 M. Die Parteigenossen im Herzogtum haben sonach in neun Monaten rund 10 000 M. für Parteizwecke aufgebracht. Gewiß ein Zeichen freudiger Opferwilligkeit. Für die Landtagswahlen wurden auSge- geben 2076,66 M., die Nachwahl zum Reichstag erforderte einen Kostenaufwand von 5605,75 M.— Ebenso erfreulich hat sich unser Parteiorgan, die„Altenburger Volkszeitung", entwickelt, die unter den sämtlichen im Herzogtum Altenburg erscheinenden Zeitungen jetzt die höchste Auflage hat. Die in den neun Monaten erzielte Einnahme belief sich auf 43 310,61 M. Der Verlust des Mandates bei der Nachwahl zum Reichstag hat den KampfeSeifer unsrer Partei- genossen nur noch mehr angestachelt und es unterliegt keinem Zweifel, da ßwir bei erster Gelegenheit das Mandat wieder holen, um es dann hoffentlich für immer zu behalten. Um dies zu er- reichen, ist eine durchgreifende Aenderung der Organisation be- schlössen worden. Diese beruhte bis jetzt auf dem Vertrauensmänner- system und nur in einzelnen Orten bestehen Socialdemokratische Vereine. Das soll nun anders werden, indem der Parteitag ein- stimmig beschlossen hat, eine Centralorganisation für den Bereich des Herzogtums zu schaffen.— Von der Beschickung des Jnter- nationalen Kongresses in Amsterdam wurde mit Rücksicht auf die erheblichen Kosten Abstand genommen.— Als Delegierter zum Parteitag in Bremen ist Genosse Böhme-Eisenberg gewählt worden. — Zu einer langen und sehr lebhaften Debatte bot ein Antrag Anlaß, der eine Aenderung in der Erscheinungsweise der„Alten- burger Volkszeitung" bezweckte. Statt morgens sollte die Zeitung abends zur Ausgabe gelangen. Gegen die Stimme des Antrag- stellerS wurde dieser Antrag abgelehnt. So lange am Ort nicht eine eigne Druckerei geschaffen werden kann, so lange bleibt es bei dem jetzigen Druckereiverhältnis. Bekanntlich wird das Blatt jetzt in Leipzig hergestellt.— Von andren Beschlüssen sei noch der hervor- gehoben, daß auch in diesem Jahre wieder ein Agitationskalender in einer Auflage von 20 000 Exemplaren verbreitet werden soll. Ein- stimmig angenommen wurde dann noch die folgende Resolution: Die socialdemokratische Partei in Sachsen-Altenburg spricht die Erwartung aus, daß in Zukunft die Meinungsäußerungen innerhalb unsrer Partei in einer solchen Form zum Austrag gebracht werden, wie es in ihrer Partei, deren Angehörige es mit der Erringung der im Programm festgelegten Ziele ernst meinen, die Pflicht jedes einzelnen gebieterisch erfordert. Der zum Parteitag nach Bremen gewählte Delegierte erhält den Austrag, zur Verhinderung ähnlicher Vorkommnisse, wie in Dresden , in der entschiedensten Weise m,t. zuwirken.— Damit hatten die Verhandlungen ihr Ende erreicht und es steht zu hoffen, daß die Partei sowohl als auch die Zeitung unter der neuen Organisation sich weiter in erfreulicher Weise entwickelt. Zwischen den Mailänder Partci-Organisationc» dürfte es schwerlich zu einer Einigung kommen. Die alte Organisation(revolutionärer Flügel) hatte die Reformisten aufgefordert, Mitglieder zu einein gemeinsamen Komitee zu wählen, das eine Verständigung herbei- führen sollte. Dies haben die Reformisten abgelehnt. Serliner partei-)Znge!egenkeiten. Der Königsberger Prozeß. Am Freitag, den SS. Juli, abends 8 Uhr, findet im Palast-Theater(früher Feenpalast), Burgstrasie, Ecke St. Wolfgangstrasie, eine Bolksversammlnng statt, in der Genosse Dr. Karl Liebknecht über den Königsbcrger Prozesi referieren wird. Zahlreichen Besuch erwarten Die socialdemokratische,, Vertrauensleute von Bevlifl.
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